Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Verhandlungen mit Hg. Albrecht von Bayern über seine persönliche Teilnahme am Konstanzer RT; [2.] Schilderung der Verhandlungen Hg. Albrechts wegen der Verzögerung des Taxationsverfahrens durch Verschulden Pfgf. Friedrichs, Bitte Hg. Albrechts um die Erlaubnis zum Fernbleiben vom RT; [3.] Kriegsgefahr wegen des Konflikts zwischen Pfgf. Friedrich und Hg. Albrecht.

Ingolstadt, 28. März 1507. 

Innsbruck, TLA, Maximiliana XIV (1507), fol. 25–26’ (Or.).

[1.] Bestätigen für den 24. März den Eingang einer kgl. Weisung, sich unverzüglich zu Hg. Albrecht von Bayern zu begeben und mit diesem gemäß Instruktion zu verhandeln.1 Sie haben sich am folgenden Tag nach Ingolstadt verfügt, dem Hg.der cristenhait, des pabstumbs, des Reichs und teutscher nation furfallend beswerung, irrung, obligen und hendl dargelegt und ihn im Namen des Kg. aufgefordert, sich unverzüglich zu Beratungen mit dem Kg. und anderen Reichsständen nach Konstanz zu verfügen.

[2.] Heute erfolgte die Antwort des Hg.: Er habe sich mit dem Nachreisen und anderem gegenüber dem Kg. immer nach seinem Vermögen, manchmal auch darüber hinaus willfährig erzeigt und wolle dies auch künftig tun. Er sei aber mit wichtigen Angelegenheiten befaßt, derenthalben er bereits zum Kg. nach Salzburg gereist sei. Dort habe er ihn ersucht, die zu taxierenden Güter im Wert von 4000 fl. südlich der Donau auszuweisen, und ihn über den Beschluß des Schwäbischen Bundes informiert, ihn bei der Wiedererlangung des Unterpfands zu unterstützen, wenn durch ein Verschulden Pfgf. Friedrichs – anders als in dem um Pfingsten [1506] mit Zustimmung beider Parteien in Augsburg vermittelten Vertrag vorgesehen2 – das ursprünglich bis zum 23. April (St. Jorgen tag) [1506] terminierte Taxationsverfahren3 bis zum 6. Dezember (Nicolay) [1506] nicht abgeschlossen sein sollte.4 Auf dem letzten Bundestag am 6. Januar (trium regum) habe er der Gegenpartei die Schuld für die Verzögerung des Verfahrens angelastet.5 

Er habe den Kg. gebeten6, ihn in seinem legitimen Vorgehen nicht zu behindern. Dieser habe erklärt, er wolle noch einen Vermittlungsvorschlag machen. Falls Pfgf. Friedrich diesen nicht annehme, so werde er ihn gewähren lassen und sich Pfgf. Friedrichs nicht weiter annehmen, dyweil er sich in ander hendl ausserhalb eur Mt. spruch7 geben hat. Auf Nachfrage Hg. Albrechts habe ihm der Kg. seinen Vermittlungsvorschlag mitgeteilt, wonach Pfgf. Friedrich das Unterpfand an den Hg. übergeben solle, jedoch die Amtleute alle anfallenden Einkünfte einbehalten sollten. Sollte sich der Pfgf. Friedrich zugewiesene Anteil am Erbe zur Deckung der 20 000 fl. als unzureichend erweisen, werde die Differenz aus dem Unterpfand ergänzt. Diesen Vorschlag habe Hg. Albrecht akzeptiert. Der Kg. habe daraufhin den Hg. zum 6. Januar (trium regum) nach Augsburg beschieden, wohin er selbst kommen und auch Pfgf. Friedrich einladen habe wollen, um diesem ebenfalls den Vorschlag zu eröffnen. Der Hg. habe sich daraufhin nach Augsburg verfügt und [wie oben schon gesagt] vor der Versammlung in dessen Gegenwart Pfgf. Friedrich die Schuld daran angelastet, daß die Taxation nicht bis zum 6. Dezember (Nicolay) abgeschlossen worden sei. Der Bund habe dem Hg. daraufhin die in Aussicht gestellte Hilfe bewilligt.8 Da der Kg. nicht selbst nach Augsburg gekommen sei9, habe er den Vermittlungsvorschlag Pfgf. Friedrich durch seine Räte eröffnen lassen, der ihn aber abgelehnt habe.10 Paul von Liechtenstein, einer der Räte, habe Hg. Albrecht die Nachricht des Kg. übermittelt, daß er seine [in Salzburg gemachte] Zusage einhalten werde, falls Pfgf. Friedrich den Vorschlag nicht annehme.11 Zum 18. April (misericordias Domini) sei ein weiterer Bundestag zum Vollzug der Bundeshilfe anberaumt worden; der Hg. habe auf den 7. April (mitwoch in den osterfeirtagen) einen Landtag zu Beratungen über diese Angelegenheit ausgeschrieben.12 Deshalb könne er dem Wunsch des Kg. nur unter beträchtlichen Nachteilen für sich selbst, seine Erben und sein Land nachkommen. Dann solt sein Gn. aus dem land sein und dy Hg. Fridrichischen nit feyern, durch manicherlay practiken unrat zu stiften und zu machen, so mocht sich geben, wann sein Gn. wider ins land kome, das es wol stuend oder villeicht dermassen gestallt sein, daz sein Gn. dy hend ob dem haubt zusamenslagen wurd. Der Hg. bitte, dies zu bedenken und ihm die persönliche Teilnahme am RT zu erlassen. Er werde jedoch eine Gesandtschaft nach Konstanz abordnen, mit der Vollmacht, das durch eur Mt., Kff., Ff. und ander stend des Hl. Reychs fur nutz und guet angesehen werd, zu schliessen; und well auch dasselb nach seiner Gn. vermogen helfen volziehen.

[3.] Sie sind der Meinung, daß es zu einem Krieg kommen werde, wenn er den Streit nicht bald beilegt.

Anmerkungen

1
 Die Weisung liegt nicht vor, bei der Instruktion muß es sich um Nr. 17 handeln.
2
 Augsburger Vertrag vom 22.6.1506 (Or.; HStA München, Kurbayern Urk. 13218. Druck: Krenner, Landtagshandlungen XV, S. 324–337, hier 329).
3
 Gemäß Kölner Spruch Kg. Maximilians vom 30.7.1505 (Druck: Heil, RTA-MR VIII/1, Nr. 476, S. 777, § 21).
4
 Schwäbischer Bundesabschied vom 7.6.1506 (Kop.; HStA München, KÄA 2013, fol. 183–190’, hier 190–190’; HStA Stuttgart, J 9, Bd. 25, Stück-Nr. 42. Unvollständiges Regest: Klüpfel, Urkunden I, S. 550f.).
5
 Klage Hg. Albrechts gegen Pfgf. Friedrich an die Schwäbische Bundesversammlung, nach dem 6.1.1507 (Kop., nach trium regum; HStA München, Neuburger Kopialbücher 47, fol. 85’-112’). Zu den weiteren Verhandlungen vor dem Schwäbischen Bund s. ebd., fol. 113–236’.
6
 Gemeint sind wieder die Salzburger Verhandlungen im Dezember 1506.
7
 Kölner Spruch Kg. Maximilians vom 30.7.1505 [Nachweis s. Anm. 3, S. 771–779).
8
 Abschied des am 6.1.507 eröffneten Schwäbischen Bundestages (Kop. Augsburg; HStA München, KÄA 2013, fol. 198–200’, hier 199–200; StdA Augsburg, Lit. 1505–1507, Fasz. [18] 1507, Schwäbischer Bund, Jan.-Dez., unfol.).
9
 In einer Erklärung an Pfgf. Friedrich hatte Kg. Maximilian sein Fernbleiben mit seiner starken Beanspruchung nach dem Tod seines Sohnes Kg. Philipp entschuldigt. Als kgl. Vertreter nahmen Bf. Matthias von Gurk, Christoph von Schrofenstein, Paul von Liechtenstein, Niklas von Firmian und Simon von Hungersbach am Schwäbischen Bundestag teil (Kop., s.d.; HStA München, KÄA 3136, fol. 138–140’. Krenner, Landtagshandlungen XVI, S. 60f.).
10
 Mit der Begründung, die Angelegenheiten Kg. Maximilians und insbesondere seine geplante Reise in die Niederlande dürften nicht behindert werden, hatten Bf. Matthäus von Gurk, Paul von Liechtenstein, Christoph von Schrofenstein, Niklas von Firmian, Wolfgang von Zülnhart und Simon von Hungersbach als Bevollmächtigte des Kg. am 25.1. die Augsburger Verhandlungen eröffnet. Die Vertreter Pfgf. Friedrichs wiesen am folgenden Tag der Gegenpartei die Schuld an der Verzögerung des Taxationsverfahrens zu. Sie beklagten den zu geringen jährlichen Ertragswert der diesem als Vormund zugewiesenen Besitzungen, den sie auf höchstens 12 000 fl. nach dem Krieg und maximal 17 000 fl. davor bezifferten, während die Gegenseite bis zu 30 000 fl. veranschlagte. Sie schlugen vor, den Sachverhalt durch Einsichtnahme in die Unterlagen der Ämter und Pflegschaften zu klären. Dies lehnte Hg. Albrecht in einer Unterredung mit Liechtenstein als Zeitverlust ab. Er machte geltend, daß währenddessen der Obmann – auf dessen Entscheidung über die strittigen Punkte zu seinen Gunsten der Hg. vertraute – abreisen und die ihm zugesagte Hilfe des Schwäbischen Bundes gefährdet würde. Nach dreitägigen vergeblichen Verhandlungen schlugen die kgl. Räte durch Liechtenstein als letzte Möglichkeit vor, aus dem Unterpfand bis zu acht Orte auszuwählen und dem Obmann und einem weiteren Treuhänder zu übergeben. Nach Abschluß der Taxation sollte ein eventuelles Defizit gegenüber den Pfgf. Friedrich zugesprochenen 20 000 fl. daraus gedeckt werden. Soweit die Summe übererfüllt sein sollte, sollte Hg. Albrecht nicht nur die Orte, sondern auch die während der kommissarischen Verwaltung daraus eingegangenen Einkünfte erhalten. Im Gegenzug sollte Pfgf. Friedrich unverzüglich das restliche Unterpfand an die Gegenpartei aushändigen. Die kgl. Räte machten auf die Möglichkeit einer Hilfsbewilligung des Schwäbischen Bundes für Hg. Albrecht aufmerksam und erklärten, daß nicht einmal kgl. Mandate dies verhindern könnten, nachdem Pfgf. Friedrich sich ohne Wissen Kg. Maximilians in die Vermittlung durch den Bund eingelassen hätte. Die Anwälte Pfgf. Friedrichs wiesen den Vorschlag als mit dem Kölner Spruch unvereinbar zurück und hielten an ihrem ersten Vorschlag fest. Im übrigen machten sie geltend, daß der Pfgf. zu der von den kgl. Räten kritisierten, weil ohne Zustimmung Maximilians erfolgten Annahme der Vermittlung des Schwäbischen Bundes gezwungen war, um eine gewaltsame Besetzung des Unterpfands zu verhindern. Der Kg. sei damals in Ungarn gewesen, im übrigen entspreche die gütliche Entscheidung des Bundes dem Kölner Spruch fast in allen Punkten. Hg. Albrecht beharrte gegenüber dem weiteren Vorschlag der kgl. Räte, die im Krieg ruinierten Teile der an Pfgf. Friedrich abgetretenen Besitzungen zu sanieren und so die Differenz beim geschätzten Ertragswert entscheidend zu reduzieren, darauf, daß die übergebenen Güter einschließlich des Unterpfandes bei korrekter Berechnung mit 30 000 fl. weit mehr als den erforderlichen Gesamtwert erreichten, und lehnte die Einsichtnahme in die Unterlagen erneut als Zeitverlust und Gefährdung aller bisherigen Verhandlungsergebnisse ab. Bzgl. der Einkommensverluste infolge von Verwüstungen während des Krieges machte er geltend, daß diese vor allem Prälaten, Adel und Städte beträfen; der Verlust für die hgl. Kammer übersteige keinesfalls 3000 fl., also weitaus weniger, als von der Gegenseite angegeben. Während ihres Treffens in Salzburg habe Kg. Maximilian zur Begleichung der 4000 fl. weitere Güter ausgewiesen [vgl. Nr. 82, Anm. 13]. Er habe dem Kg. auch die Entscheidung des Schwäbischen Bundes mitgeteilt, ihm Hilfe zur Besetzung des Unterpfandes zu leisten, falls Pfgf. Friedrich das Taxationsverfahren verzögere. Der Kg. habe zugesagt, diese Entscheidung zu respektieren, falls Pfgf. Friedrich einen weiteren Vermittlungsvorschlag mit der Abtretung des Unterpfands ablehne (Rechenschaftsbericht der kgl. Kommissare an Kg. Maximilian, Augsburg, 2.2.1507, Kop., unser lb. frauen tag purificationis; TLA Innsbruck, Maximiliana XIV (1507), fol. 8–16, 17–17’. Vermittlungsvorschlag vom 28.1.1507, Kop., act. Augsburg, donerstag nach conversionis Pauli; HStA München, Neuburger Kopialbücher 63, fol. 296–298).
11
 Dies hatte Liechtenstein vermutlich während des Augsburger Schiedstages mitgeteilt. Die kgl. Kommissare mußten in ihrem Abschlußbericht an Kg. Maximilian das Scheitern ihrer Bemühungen konstatieren. Sie empfahlen, die strittigen Punkte gemäß dem Kölner Spruch der Entscheidung des Obmanns anheimzustellen und aufgrund der Salzburger Zusage die Unterstützung Hg. Albrechts durch den Schwäbischen Bund zuzulassen. Da Pfgf. Friedrich sich ohne Zustimmung des Kg. in das Verfahren vor dem Bund eingelassen habe, habe er den Kölner Spruch ignoriert und die Folgen selbst zu verantworten. Dies solle der Kg. dem Pfgf. eröffnen und ihn zur Abtretung des Unterpfands bewegen, nachdem wir achten, so nu der zuefal des maysten teils beschehen ist, es mochte noch ain klaine suma sein uber die 33 stuck, der Hg. Albrecht Hg. Friderichen zu vergnugen het (Abschlußbericht vom 2.2.1507; wie Anm. 10).
12
 Ausschreiben Hg. Albrechts vom 10.3.1507 (Druck: Krenner, Landtagshandlungen XVI, S. 88f.).