Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Teilnehmer; [2.] Haltung der Eidgenossen bezüglich des geplanten Romzuges Kg. Maximilians; [3.] Antwort der Eidgenossen auf das französische Hilfebegehren; [4.] Anwerbungsverbot für eidgenössische Söldner; [5.] Übergabe der Stellungnahme zum Romzug an die Gesandten Kg. Maximilians; [6.] Vortrag der französischen Gesandten mit Bitte um Hilfe für Kg. Ludwig.

Luzern, 26. Januar 1508 (mitwuchen nach Pauls beker angefangen).1

Bern, StA, A IV 10, pag. 282–285 (Kop., Datumverm.). Basel, StA, Eidgenossenschaft E 1, fol. 193’-194’ (unvollständige Kop.).

Regest: Eidgenössische Abschiede III/2, Nr. 298, S. 417f. = Textvorlage A.

[1.] Teilnehmer: Zürich: Bürgermeister Marx Röist; Meister [Felix] Weingartner; Bern: Venner Kaspar Hetzel; Luzern: [keine Angabe]; Uri: Hans Biderbist; Schwyz: [nicht vertreten]2; Obwalden: Walther von Flüe; Nidwalden: Säckelmeister [Ulrich] Andacher; Zug: Ammann [Werner] Steiner; Glarus: Ammann [Jost] Küchli; Basel: Bürgermeister Peter Offenburg; Fribourg: Schultheiß Franz Arsent; Solothurn: Schultheiß Niklaus Conrad, Benedikt Hugi d. J.; Schaffhausen: Bürgermeister [Konrad] Barter; Abt von St. Gallen: Ludwig von Helmsdorf, Ritter; Stadt St. Gallen: Bürgermeister Hans Ab der Rüti; Appenzell: Lorenz Suter.

[2.] [Geldforderungen eidgenössischer Knechte an Frankreich, Schießveranstaltung in Bern]. Der Tag wurde in der Hoffnung anberaumt, Einigkeit herzustellen. Die Instruktionen der Gesandten3 wurden bezüglich des wichtigsten Punkts, des Romzuges, angehört. Es wurde beschlossen, dem röm. Kg. zu schreiben, dz wir sin fürschlag annemen, also lut des stillsitzen, im in dem gehorsam sin und gehept haben wellen, dz der Kg. von Frankrich im den romzug on unser hilf verfolgen lauß, doch dz der röm. Kg. dem von Frankrich an sinen landen, es sig Meyland old andern, nüchzit schädige. Wann man wäri dennoch och daby pflichtig, dem Kg. von Frankrich die aynung zu halten.

[3.] Den französischen Gesandten wurde geantwortet, daß die Bewilligung von Knechten nicht nötig sei, solange der frz. Kg. von niemandem angegriffen werde und der röm. Kg. sich gegen Venedig wende. Sollte der Kg. angegriffen werden, solle er dies vorbringen; sie würden dann gebührend antworten. Falls er jedoch Venedig gegen den röm. Kg. unterstütze, würden sie ihm dabei nicht helfen. Verhandlungen über ein neues Bündnis seien noch nicht notwendig, da der bestehende Vertrag noch lange gelte.4 

[4.] Die auf dem letzten Tag beschlossenen Maßnahmen gegen das Reislaufen wurden bestätigt. Der röm. und der frz. Kg. sollen ermahnt werden, Knechte nicht ohne Bewilligung der Eidgenossen anzuwerben. [...].

[5.] Auf dem Tag erschienen als Gesandte des röm. Kg. [Ulrich von Hohen-]Sax, Hans von Landau5, Dr. [Hans] Schad und Hans von Landenberg und forderten Antwort wegen des Romzuges. Ihnen wurde geantwortet, daß man es beim vorigen Schreiben bleiben lasse. Ein entsprechendes versiegeltes Schriftstück6 wurde ihnen zur Weiterleitung an den röm. Kg. übergeben.7

[6.] Die französischen Gesandten kolportierten eine ihnen zugegangene Nachricht, wonach der röm. Kg. beabsichtigte, auf dem Weg nach Rom vor ein bestimmtes Schloß zu rücken und eventuell in das Hm. Mailand einzufallen. Falls das zutreffe, beantragten sie im Namen ihres Kg., keine Zeit mit Versammlungen zu verlieren, sondern Hilfe zu leisten. – Dieser Antrag wurde in den Abschied aufgenommen. [...].

Anmerkungen

1
 Laut Schilling (ebd., S. 161) trafen die eidgenössischen Gesandten am Abend des 24.1. in Luzern ein und blieben bis zum 28.1.
2
 Schwyz wandte sich mit Schreiben vom 23.1. an die in Luzern versammelten eidgenössischen Gesandten, der Magistrat habe die Gemeinde über die ungleichen Voten der letzten Tagsatzung in Luzern und über die Anberaumung eines weiteren Tages informiert. Und den zusag, wie das uf tagen verschinen geantwurt ist, dem röm. Kg. den romzug zu helfen tun one mündrung und abbruch, gemererter dan stilzesitzen seigend; wir jetzmalen derumen nit fermüglich sin (Or., suntag vor bekerung Pauli; StA Luzern, AKT A 1 F 1, Schachtel 53, Fasz. Maximilian I., unfol.). Vgl. Schilling, Bilderchronik (Schmid), S. 390.
3
 In der Instruktion Basels zum Luzerner Tag wurde festgestellt, daß auf dem letzten eidgenössischen Tag in Luzern vilerlay widerred und doch kein merers, sonder zweytrechtig meynungen und dryerley weg funden. Basel plädierte unverändert für Neutralität zwischen Habsburg und Frankreich. Doch sollte in dieser Frage kein Mehrheitsvotum gelten, sondern ein einhelliger Beschluß gefaßt werden. In separaten Verhandlungen sollten die Magistrate der dissentierenden Orte überzeugt werden, weder Kg. Maximilian noch Kg. Ludwig zu unterstützen (Kop., s.d., jedoch Basel vor dem 25.1.1508; StA Basel, Eidgenossenschaft E 1, fol. 192–193’). Bern hielt an seiner vor dem Luzerner Tag Anfang Januar 1508 formulierten Position [vgl. Nr. 928, Anm. 4] fest (Kop., s.d., jedoch Bern, vor dem 25.1.1508; StA Bern, A IV 10, pag. 279–281). Schultheiß sowie Großer und Kleiner Rat zu Solothurn hatten bei Beratungen über den letzten Luzerner Abschied am 23.1. (sunntag nach Sebastiani) einhellig beschlossen, am Bündnis mit Frankreich festzuhalten. Und ob gemein Eidgnossen wellen des romzugs halb stillsitzen, wellent sy nach irem vermogen auch tun, alsover dz man dem Kg. von Frankrich an Meyland und der kron von Frankrych nit understand ze schedigen. In diesem Fall müsse man der Bündnispflicht nachkommen. Und ob aber der röm Kg. understünd, alz man meint vor augen sin, die Venediger zu schädigen, meynent sy, dem Kg. von Fr[ankreich] nit schuldig sin, an demselben ort eynich hilf zu tund, in ansechen, dz die Venediger mit dem Turken und ungeläubigen vereynung und fruntschaft hant. Die beiden Gesandten Niclaus Conrad und Benedikt Hugi sollten Vorschläge zu einer Verlängerung des frz. Bündnisses lediglich anhören (StA Solothurn , Ratsmanual 1507–1509, A 1,3, pag. 76f.; Ratsmanual 1503–1520, A 1,9, pag. 107f.; Gagliardi, Anteil I, S. 700f.). Die am 23.1. versammelte Landgemeinde des Kantons Uri hatte – wie von Hans Biderbist befürwortet – mehrheitlich entschieden, das dem röm. Kg. gegebene Wort zu halten. Auch in Schwyz und Unterwalden votierte eine Mehrheit für die Teilnahme am Romzug (Schilling, Chronik (Schmid), S. 390f.).
4
 In der Luzerner Überlieferung sind in einer Beilage zum Abschied für die Gesandten Kg. Maximilians [s. Anm. 6] die Voten der einzelnen Orte festgehalten: Zürich: Inen gfal nit dz ufbr[ingen], und wernd nüt schicken us e[iner?] ursach. Bern:  Dergstalt och mißfallen, wie Zürch. Ir bot sin handlung nit in befelch ghan, ein semblichen abschied helfen zu tun. Uri: Es söll jederman stillsitzen. Schwyz: Sy vermeynen, die Franzosen haben nit ghalten. Darum wöln sy der tag eins ubersitzen und inen, sovil an inen stät, ir eynung und gleit abkunden. Doch stillzesitzen were inen ouch lieb, aber yecz losen und heymbringen. Unterwalden ob dem Wald: Loßen, wz ghandlt, dz heimbr[ingen] und darüber sitzen, och antwurten. Und mit den Fr[anzosen] reden, dz sy stillstanden müssig gangen. Zug: Will ein ander ort und ander Eidgn[ossen] ziechen, sy ouch, lut der vereynung. Glarus: Sechen ouch nit gern diß ufrur; doch loßen, wz man tüg, heimbr[ingen]. Basel: Syn den Fr[anzosen] nit verwandt. Wz ghandelt, dz in abschit ze nemen. Fribourg: Will loßen, ouch heimbr[ingen]. Uflof ouch nit. Solothurn: Handlen, wz zu friden dint. Schaffhausen: Wie sy vor geantwurt, bedunk stillsitzen. Ouch heimbr[ingen] diß handlung. Stadt St. Gallen: Stillsitzen, gut gfall am abschid. Appenzell und Abt von St. Gallen wie St. Gallen (StA Luzern, AKT A 1 F 1, Schachtel 53, Fasz. Maximilian I., unfol.).
5
 Landau bestätigte Kg. Maximilian am 23.1. den Eingang seiner Weisung, sich zum 26.1. mit anderen kgl. Räten nach Luzern zu verfügen. Zugleich übersandte er ein – nicht vorliegendes – Schreiben aus Zürich mit dem Kommentar: Daran meins bedunkens e. Mt., wie ich dan dieselb jungstverschiner zeit clerlich in schrift bericht hab, vil gelegen sein will. In dem wais sich e. Mt. wol zuhalten, ob das gewendt werden mocht (Or. m. S., Konstanz; TLA Innsbruck, Maximiliana XIV (1508), fol. 11–11’, 12’). Ivano (Yfan) und Wolfstein teilten dem Kg. am 11.2. mit, daß zwei an Landau adressierte Schreiben aus Zürich eingetroffen seien. Wolfstein habe diese geöffnet und leite sie hiermit an den Kg. weiter. Die Sache dulde keinen Aufschub. Er empfehle, e. kgl. Mt. welle furderlichen, damit die gemaind in Aidsgnossen bey gutem willen und e. Mt. anhengig bleib, darin handlen lassen, dan meins bedunkens e. kgl. Mt. nit wenig daran gelegen sein woll (Anton Frh. von Ivano und Albrecht von Wolfstein an Ks. Maximilian, Or. m. 2 Ss., Konstanz; TLA Innsbruck, Maximiliana XIV (1508), fol. 13–13’, 14–14’).
6
 Eine auf den 25.1. datierte Fassung des Abschieds für die kgl. Gesandten liegt nur in der Luzerner und der Schaffhauser Überlieferung vor: Die Gesandten Hohensax, Landau, Schad und Landenberg teilten mit, daß der röm. Kg. für den Romzug gerüstet sei und Antwort begehre, was er von den Eidgenossen zu erwarten habe. Die Eidgenossen antworteten, daß sie es bei der Annahme des kgl. Angebotes, keiner Partei zuzuziehen, bleiben ließen, soverr dz der röm. Kg. dem Kg. von Frankrych, mit dem wir in vereynung, dz sin in Meyland oder anderswo ninent understand ze beschedigen noch inzenemen. Dann wo dz beschechen und wir um hilf angerüft, wöln wir dem Kg. von Frankrych sin brief und sigel halten (Kop., Pauli conversionis; StA Luzern, AKT A 1 F 1, Schachtel 53, Fasz. Maximilian I., unfol.; StA Schaffhausen, Tagsatzung 1506, unfol. [irrtümlich unter 1506]).
7
 Basel übersandte am 1.2. eine Abschrift des Abschieds nach Mülhausen, mit getruwer warnung, so uns velicht die sachen ansechen, daz allerley zu ersorgen sin mecht (Kop., IIIa purificationis; StA Basel, Missiven A 23, pag. 383). Zur Antwort Mülhausens vgl. Mieg, Politique, S. 56f., Nr. 22.