Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

Das Gemeine Recht und die Wormser Ordnung [von 1495] regeln, wie gegen die Kriminalität auf der Reichsstraße vorgegangen werden soll, und stellen jedem Reichsangehörigen das Ergreifen von Maßnahmen gegen Verbrecher und Landfriedensbrecher frei. Da es an der Realisierung mangelt, nehmen Plackerei und Straßenkriminalität im Reich und insbesondere in der Umgebung Nürnbergs ständig zu. Der röm. Kg. hat in Konstanz beschlossen, auf einem Tag über Maßnahmen dagegen zu beraten. Der Nürnberger Rat empfiehlt folgende Schritte: 1. Die Ff. mit Gebieten an der Reichsstraße und andere Inhaber des Geleitrechts, eines Reichsregals, sollen verpflichtet werden, jedermann uneingeschränktes Geleit zu gewähren. Wird jemand dennoch geschädigt, haften dafür die Ff., wie dies das Regal eigentlich auch vorsieht. Ein beträchtlicher Teil der Vorfälle auf der Reichsstraße würde so verhindert. 2. Jedermann soll künftig befugt sein, außerhalb der mit Halsgerichtsbarkeit ausgestatteten Städte und Schlösser Straßenräuber, Landfriedensbrecher und andere Verbrecher im gesamten Herrschaftsbereich der Ff. gefangenzunehmen und abzuführen. Diese provisorische Regelung soll einige Jahre in Kraft bleiben, ohne jedoch die ftl. Privilegien und Rechte zu tangieren. 3. Hinsichtlich bekannter Ächter und Friedbrecher soll gemäß Reichsordnung und Landfrieden jedermann überall berechtigt sein, sie entweder zu töten oder gefangenzunehmen und dann mit ihnen nach eigenem Gutdünken zu verfahren. 4. Zuständige Behörden, die vom Aufenthaltsort von Straßenräubern und anderer Übeltäter erfahren, sollen verpflichtet sein, dieser habhaft zu werden und ihre Vergehen zu ahnden. Wird ihnen dies von dritter Seite angetragen, sind sie verpflichtet, dem Folge zu leisten und dem Kläger zu gestatten, bei der Befragung anwesend zu sein. 5. Zur Gewährleistung der Sicherheit auf den Straßen sollen die zuständigen Ff. und Kommunen möglichst oft Streifen durchführen, die Befehl haben, jede Person festzunehmen, gegen die ein begründeter Verdacht besteht oder eine Anzeige vorliegt. Diese berittenen Streifen sollen nach Möglichkeit zusammenarbeiten. 6. Oft werden nicht nur Händler, sondern auch andere Bürger und sogar arme Bauern gefangengenommen oder geschädigt. Alle Behörden und Untertanen sollen nach Bekanntwerden einer Straftat unter Androhung von Sanktionen zur Nacheile verpflichtet werden, um die Täter festzusetzen und das Raubgut zurückzugeben. Das Läuten von Sturmglocken, um die Leute nach erfolgter Straftat zu alarmieren, wäre im Sinne einer wirkungsvolleren Nacheile empfehlenswert. 7. Schließlich ist eine Regelung für die Kosten oder Schäden der zur Hilfe Aufgemahnten erforderlich.

s.l., s.d., jedoch Nürnberg, 29. August 1507.1 

Würzburg, StA, G-Akten 9075, fol. 1–2’ (Kop.).

Anmerkungen

1
 Anton Tucher und Anton Tetzel d. Ä. hatten Kf. Friedrich von Sachsen am 28.8. mitgeteilt, daß der Kg. Nürnberg befohlen habe, am Windsheimer Tag zu Beratungen über Maßnahmen gegen die Plackerei teilzunehmen. Sie kündigten Beratungen darüber an und sagten zu, ihm das gewünschte Gutachten diesbezüglich mitzuteilen (Kop., samstag St. Augustins tag;StA Nürnberg, Rst. Nürnberg, Briefbücher 60, fol. 7. Druck: Westphal, Korrespondenz, Nr. 91, S. 298). Am folgenden Tag übersandten sie ihm dieses Gutachten (Kop., sonntag nach Augustini [29.8.]1507; ebd., fol. 8’. Druck: ebd., Nr. 92, S. 299). Tetzel setzte außerdem die Bff. von Eichstätt und Würzburg davon in Kenntnis (Kop.; ebd., fol. 8’-9).