Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

Mitteilung über die günstige militärische Situation im Venezianerkrieg, Aufforderung zur raschen Bewilligung einer Reichshilfe durch den Reichstag.

Weimar, HStA, EGA, Reg. E, Nr. 56, fol. 158’–159 (Kop. mit imit. Vermm. prps./amdip. und Gegenz. Serntein; Adresse am Textende: An die kaiserlichen rete und comissarien zu Wormbs.) = Textvorlage A. Würzburg, StA, WRTA 5, fol. 177’–178 (wie A) = B. Wiesbaden, HStA, Abt. 131, IV a, Nr. 22, fol. 35’–36 (dem ksl. RT-Protokoll [Nr. 259] inserierte Kop., Vermm. und Gegenz. wie A; Adresse am Textende: An ksl. Mt. rete, so auf dem reichstage zu Wormbs verordent etc.) = C. Frankfurt, ISG, RTA 24, fol. 142’–143 (dem reichsstädtischen RT-Protokoll [Nr. 260] inserierte Kop.) = D. Bamberg, StA, Hst. Bamberg, Geheime Kanzlei, Nr. 6, fol. 169 (wie A). Berlin, GStA, Repos. 10, Nr. ♃♆, Fasz. 2N, fol. 48’ (wie A). Dresden, HStA, Geheimer Rat, Loc. 10180/23, fol. 55’ (Kop., Kanzleiverm.: C.). Karlsruhe, GLA, Abt. 50, Nr. 7, unfol. (dem mgfl. badischen RT-Protokoll [Nr. 261] inserierte Kop.). Karlsruhe, GLA, Abt. 98 a, Nr. 930, unfol. (wie A). Lübeck, StdA, RTA, Vol. II, Fasz. 4, fol. 56–56’ (wie D). Marburg, StA, Best. 2, Nr. 119, unfol. (wie A). Mühlhausen, StdA, 10 B 1–8, Nr. 1, fol. 342’–343 (wie D). München, HStA, KÄA 3136, fol. 424’–425 (wie A). München, HStA, K.blau 103/4b, fol. 43’ (wie A). Nordhausen, StdA, R, Ac 1, fol. 61–61’ (wie D). Stuttgart, HStA, A 262, Bd. 4, fol. 82–81’ (Abschrift von 1564, in falscher Reihenfolge abgelegt; Vermm. wie A). Wien, HHStA, AUR [Est. Salzburg] 1509, fol. 24 (Kop. mit imit. Vermm. prps./amdip.). Wolfenbüttel, StA, 1 Alt 1 A Fb. 1 Nr. 2, fol. 32 (wie D).

Druck: Janssen, Reichscorrespondenz II, Nr. 967, S. 762.

Maximilian, avon Gots gnaden e[rwählter] romischer kayser–a etc.

Hochgeborner, lieber oheym, furst und rat, wolgebornen, edeln, ersamen, gelerten, andechtigen und lieben getreuen. Wir fugen euch zu vernemen, das uns gleublich kundschaft komen ist, auch uns der konig von Frankreich geschriben hat, dz sein lieb den Venedigern die stete, slosser, befestigung, fleck und land, die im dann in der pundnus außgezeichentb sin2, abgewonnen und in seinen gewalt erobert hat, auch uns in demselben seinem schreyben entdeckt, dz er sich versicht, also wu wir mit unser macht komen und die Venediger in kurz, und dieweil sie der slacht und seins sigs in schrecken weren, angriffen, wir wurden on allen zweifel auch gar liderlich [= leicht] die stete, slosser, befestigung, flecken und lande, die uns in bemelter pundnuß auch außgezeichentc sein3, erobern.4

Demnach bevelhen wir euch ernstlich und wollen, dz ir solchs den curfursten, fursten und andern stenden des Heiligen Reichs, so auf dem ytzt gehalten Reichs tag zu Wormbs beyeynander versamelt sein, furhaltet und dabei von unsern wegen an sie begeret, dz sie des Reichs hilf furdern aufs beldest, so sie konnen, in ansehung der nodturft, wie sie selbs ermessen und bewegen mogen. Daran tut ir unser ernstlich meynung. Geben zu Inspruck am XXVten tag May anno etc. [im] IXten, unsers Reichs im XXIIIIten jaren.

Anmerkungen

1
 Dieses Datum wird in allen vorliegenden Abschriften angegeben, ist aber nicht mit dem Ausstellungsort in Einklang zu bringen. Ks. Maximilian hielt sich am 25.5. in Nesselwang auf und traf erst am 31.5. in Innsbruck ein (Wenko, Kaiser, S. 269f.). Auffällig ist zudem die lange Übermittlungsdauer. Das Schreiben wurde den ksl. Räten in Worms zusammen mit den Weisungen vom 2. und 3.6. erst am 7.6. zwischen 11 und 12 Uhr zugestellt. Die RT-Kommissare trugen es dann am gleichen Tag zwischen 13 und 14 Uhr den versammelten Reichsständen vor [Nrr. 261, Pkt. 23; 416, Pkt. 1]. Eine mögliche Erklärung wäre, dass das Schreiben zwar am 25.5. entworfen, jedoch erst am 31.5. oder kurz danach in Innsbruck ausgefertigt und die Datumsangabe des Konzepts irrtümlich übernommen wurde.
a
–a von ... kayser] Fehlt in C.
b
 außgezeichent] In B-D: ußgezeigt.
2
 Laut Vertrag von Cambrai waren für Frankreich Brescia, Crema, Bergamo, Cremona sowie Gera d’Adda, allgemein alle von Venedig besetzten, ehedem mailändischen Gebiete vorgesehen (Druck: Lünig, Reichsarchiv VI (part. spec. cont. I), Nr. LVII, S. 128–131, hier 129; Léonard, Recueil II, S. 58–63, hier 59; DuMont, Corps IV/1, Nr. LII, S. 113–116, hier 114; Mariño/Moran, Tratados III/1, Nr. 10 bis, S. 202–214, hier 208f. Vgl. Skriwan, Kaiser, S. 116f.; Wenko, Kaiser, S. 13f.; Mallett/Hale, Organization, S. 221).
c
 außgezeichent] In B-D: ußgezeigt.
3
 Für Ks. Maximilian waren vertragsgemäß als Eroberungsziele definiert: Rovereto, Verona, Padua, Vicenza, Treviso, Friaul, das Patriarchat von Aquileia, die von Venedig während des Krieges von 1508 eroberten erbländischen Besitzungen sowie allgemein alle von Venedig widerrechtlich besetzten Gebiete des Hl. Röm. Reiches und des Hauses Österreich [Nachweise siehe Anm. 2].
4
 Das zitierte Schreiben des frz. Kg. liegt nicht vor. Allerdings hatten sich die Gesandten Kg. Ludwigs von Frankreich und Kg. Ferdinands von Spanien gegenüber Paul von Liechtenstein in Augsburg über die Verzögerung des ksl. Angriffes auf Venedig beschwert und ließen Ks. Maximilian durch den Innsbrucker Marschall auffordern, so rasch wie möglich nach Tirol zu reisen. Liechtenstein selbst drängte ebenfalls, die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen zu lassen (eigh. Or. Augsburg, 12.5.1509; TLA Innsbruck, Maximiliana I/44/6, fol. 15–15’). Dem Innsbrucker Marschall war auch aus eigenem Interesse an einem Erfolg der Reichshilfe-Verhandlungen auf dem Wormser RT gelegen: Am 29.5. stellte er Kaspar von Winzer für den bevorstehenden Feldzug gegen Venedig einen Bestallungsbrief über 70 Reiter aus. Die Bezahlung für einen Monat in Höhe von 700 fl. übernahm Liechtenstein. Er wies das Geld durch einen von Jakob Fugger ausgestellten Wechsel an. Falls der Wormser RT eine Reichshilfe bewilligen würde, sollte Hg. Wilhelm von Bayern mit seinem Anteil daran die Besoldung des Reiterkontingents übernehmen und Liechtenstein entlasten (Or. m. S., Innsbruck; TLA Innsbruck, Maximiliana I/44/7, fol. 52–52’. Mader, Liechtenstein, S. 108; Wenko, Maximilian, S. 188). – Der Fugger-Faktor in Innsbruck, Wendel Iphofer, gab dem Ks. mit Schreiben vom 21.5. Informationen seines Mailänder Kollegen Hans Kohler weiter: Dieser hatte die Niederlage der Venezianer bei Agnadello gemeldet und angegeben, dass das venezianische Heer viele Fußsoldaten verloren habe und zerschlagen worden sei. Bartolomeo [d’Alviano] und zwei andere führende Kommandeure seien gefangengenommen worden. Am Tag nach der Schlacht habe Kg. Ludwig zudem Caravaggio (Charawaczo)erobert. Einer der mit dem Verhör Alvianos beauftragten frz. Generäle kolportierte gegenüber Kohler provozierende Äußerungen. Demnach bezweifelte der Venezianer einen militärischen Erfolg Ks. Maximilians, weitere Eroberungen traute er allenfalls dem frz. Kg. zu. Laut Kohler hatte Alviano Fahnen mitgeführt, die den ksl. Adler zu Füßen des Löwen von San Marco zeigten – zu verachtung e. ksl. Mt. Er empfahl, den frz. Kg. um die Aushändigung dieser im Mailänder Dom aufgehängten Fahnen zu bitten. Überdies hielt er es für ratsam, die Achterklärung gegen Venedig auch in der Lombardei zu publizieren und den frz. Kg. schriftlich zu deren Umsetzung aufzufordern (Or. Innsbruck; TLA Innsbruck, Maximiliana I/44/6, fol. 47–47’).