Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Gefangennahme ebfl. Räte durch Friedrich Thun während ihrer Reise nach Erfurt, Antrag auf deren Freilassung; [2.] Inhaftierung Erfurter Gesandter zu EB Uriel; [3.] Fortgesetzte Gefangenhaltung weiterer Abgesandter aus Erfurt; [4.] Blockade des Zugangs nach Erfurt durch die sächsischen Hgg.; [5.] Vertragliche Verpflichtung der Erfurter zur Zahlung eines jährlichen Schutzgeldes an den Kurmainzer Administrator Hg. Albrecht von Sachsen, Antrag auf Aufhebung dieses Vertrags; [6.] Gewährung von Schutz für ausgetretene Erfurter Bürger; [7.] Übergabe Kurmainzer Besitzungen an die Hgg. von Sachsen durch die ausgetretenen Bürger; [8.] Verehrung von 15 000 fl. an die Hgg. durch Erfurt, gravierende negative Folgen dieser Schenkung für die Stadt; [9.] Unzulässige vertragliche Übertragung der Münzhoheit in Erfurt auf die Hgg. von Sachsen, Antrag auf Vertragsaufhebung; [10.] Gewalttätige Attacken auf Erfurter Bürger und andere trotz Geldzahlungen an die Hgg. von Sachsen; [11.] Übergriffe sächsischer Amtleute auf Erfurter Bürger trotz des Augsburger Friedgebots; [12.] Einnahme der Ortschaft Vargula durch Hg. Georg von Sachsen; [13.] Diverse Klagen gegen die ausgetretenen Bürger von Erfurt.

[Köln, 16. Juli 1512]1

Kop.: Weimar, HStA, EGA, Reg. G Nr. 208, fol. 158a-162b (Überschrift: Summarium der clagen des EB von Meynz etc. wyder unser gnst. und gn. Hh. von Sachsen etc.); Magdeburg/Wernigerode, LHA, A 37b I, I III Nr. 10, fol. 8a-15a (Überschrift: Menzische clagen wider alle Ff. von Sachsen, auch zum teil wider die alten Bmm. und rat der stadt Erfurt).

[1.] Erstlich, das Erfort dem EB von Meynz als eynem rechten erbherrn zugehorig gewest und ynen vil jar dofur erkant und er, der Bf., also in possession der oberkeyt und gerechtikeyt gewest, auch eynen freien zu- und auszog kegen Erfort gehabt, als ynen gemeyne recht geben. Dannoch solchs alles ungeacht, als dye in Erfort dem EB von Meynz yr schwere obligen zu erkennen geben und gebeten, seyn treffenlich rete kegen Erfort zu schicken und sampt ynen yn yre mengel sehen lassen, seyn dyeselben rete ym closter Jorgental on ursachen durch Fryderich Dhune yn beysein etzlicher sechsischer reysigen und fuesvolks gezwungen, geweltiglich genotiget, wider hinder sich zu zihen yns stift Meynz und nirgent anderswohin zu reyten, auch nicht yn Erfort ane wyssen und wyllen aller Ff. von Sachsen zu komen etc. Und wyewol der abschid zu Augspurg meldet, alle gefangen yrer bestrickung loszulassen [Nr. 158 [1.]], so seyn doch des EB von Meynz rete solcher zusage und verstrickung nicht erlediget. Darauf gebeten, zu erkennen, das solche vorhynderong wider des stifts Meynz oberkeyt, gerechtikeyt und herlikeyt gescheen und dye bestrickten yrer zusage nach zu entledigen etc., myt erstatung des schadens, den der Bf. von Meynz uf 40 000 fl. achtet.

[2.] Zum andern ist geclaget, das dye geschickten der von Erfort, so sie zu dem EB von Meynz abgefertiget, bestrickt seyn durch Fryderich Thune, gegen Wimar gefurt, doraus ane der Ff. von Sachsen erleubnus nicht zu komen. Gebeten wie vor etc.

[3.] Zum drytten geclagt, das Fryderich Thune, etzlich von Erfort zu yme kegen Ingersleuben zu schicken, begert hat. Den er gesagt, es sey meyner gnst. und gn. Hh. von Sachsen meynung, das sie dye von Erfurt, des EB von Meynz rete, dyenere und vorwanten, yn Erfort nicht ynkomen lassen und mit den Menzischen, so derzeyt yn Erfort wern, nichts handeln sollten ane beyseyn der Ff. von Sachsen etc. Doruf dye geschickten eynen hindergang an dye von Erfort genomen und darnach geschickt meyster Frankenberg, Asmus Schad, Hans Hoffman und Anthonius Kitzing keyn Wimar myt befhel, Friderich Thunen der von Erfort yr gemut zu eroffnen uf berurt seyn furhalten, auch ander zwene neben ynen geschickt, als Urban Mulbach und Jacoff von der Sachsen, welche Fryderich Thune yn gefenknus und haft angenohmen, der sye nochmals nicht erlediget. Beschlossen wie vor yn dem ersten artikel.

[4.] Zum vierden, das unser gnst. und gn. Hh. von Sachsen dye gewonliche landstrasse aus dem stift Meynz geyn Erfurt und widerumb im [15]10. jar vorschinen myt reysigen und fueßfolg vorlegt und vorhaut haben. Domyt der Bf. an seyner oberkeyt gebrauch und herlikeyt turbirt etc.

[5.] Zum funften, das weyland Hg. Ernst und Hg. Albrecht loblicher gedechtnus ym jare 1483 yn zeyten, als Hg. Albrecht, gedachts Hg. Ernsten soen, das stift Menz als administrator innengehabt, die von reten, die zeyt in Erford, dohin bewegt und bracht, das sie den Ff. von Sachsen und yren erben und ewigen schutz zu ewigen dyensten gelt und tribut zu geben und volge vorpflicht und vorbunden haben, welchs doch alles nichtiglich ane wissen gedachts Hg. Albrechts und seyner nachkomen stifts und capitels zu Meynz, auch der gemeynde zu Erfurt gescheen etc. Bitten, dye 1500 fl., jerlichen zu schutz enpfangen, wyder zu geben und den contract nichtig zu erkennen ader, wo er bündig und creftig, den ufzuheben und abezutun.

[6.] Zum sechsten, das dye Ff. von Sachsen wider des EB von Menz oberkeyt etzlich burger und sunderlich dye ausgetreten yn yrer ftl. Gn. schutz und schirm sunderlich angenomen, vortreten, schutzen und schirmen die als yre schirmsvorwanten wider den von Menz und gemeyne burger yn Erfort, dorzu wider derselben burger vorpflichtung, damyt sie gemeyner stad vorwandt sein etc.

[7.] Zum sibenden, das etzlich von den ausgetreten burgern unsern gnst. und gn. Hh. Hg. Friderich und Hg. Johansen von Sachsen dye zwey dorfer Stobra und Hernstorf [= Hermsdorf], dye des stifts von Menz eygen und der von Erford lehen sind, mytsampt dem schlos und Hft. Cappendorf [= Kapellendorf] mit vil geschitz und getreyde ane wissen, verwilligung des capitels Menz und gemeyner burger yn Erfurt vereusert und zugestelt etc.

[8.] Zum achten, das dye von Erfort ane sunderlich noittorft ader gemeine nutz erhaltung und ufnehmen, ane wissen gemeyner burger, verwilligung der oberhand und ordenlichen richters ym jar 1483 den Ff. von Sachsen und yren erben zu eyner erkentnus und uberflussigen vorehrung 150 000 fl. rh. geben, entricht und geliebert, dodurch gemeyne stadt yn merklich abnehmen, uberleslig schuld, unleidelich vorschreibung und vorpflichtung gefurt etc.

[9.] Zum neunden, wyewol den EBB zu Menz als der stadt erbfursten und Hh. die regalia und herlikeyt der monz yn der stadt Erfort zugestanden und noch -stehen, so haben doch dye alten Bm. und rat der stadt Erfort im [14]92. jare solche herlikeyt der monz, so dye EBB von Menz gemeyner stadt vor zeyten vorpfendt und in pfandweyse zugestelt haben, mit maß, das sye dye herlikeyt, wye dye bey ynen, den EBB, herkomen und gewesen, handhaben, beschirmen und nicht vorergern sollen, haben sie doch durch eynen vortrag zwuschen den Ff. von Sachsen und dem rate ane verwilligung und wyssen des EB und gemeyner burger der stadt Erfort merklich endern, vordrucken und schmelern lassen inhalts desselben vortrags. Bit, solchen vortrag nichtig zu erkennen myt eynem gemeynen beschlyeß uf al clagen etc.

[10.] Alle punct und artikel, ausgeschlossen der monz halben, clagt der vormeynt rat von Erfort pro suo interesse und doruber sovil m[e]hr, wiewol sie unser gnst. und gn. Hh. von Sachsen jerlich schutzgelt gegeben und dorzu 150 000 fl. eynsmals zu eyner vorehrung, dannoch aber gestaten yre Gn., das dorch yrer ftl. Gn. land und Ft. die von Erfort beraubt, gefangen und geschlagen, das yre genommen, und werden etzliche boten und cremer angezeigt, die nydergeworfen, auch dorfer, die gepocht sein sollen, und vil ander geschichte noch der lenge etc.

[11.] Item wiewol die gegeben commissarie uf den abschid zu Augspurg beyden teylen eyn fridbot gegeben etc., so seyn dornoch dye von Erfort nichtsderweniger dornoch beschediget fuer und fuer in und aus unser gnst. und gn. Hh. von Sachsen Ft. von yren amp[t]leuten und dyenern. Und wiewol dye von Erfort yre ftl. Gn. dorumb ersucht, ist doch solchs von yren ftl. Gn. nicht abgewandt.

[12.] Item wider meyn gn. H. Hg. Jorgen und seiner Gn. amptleut wirdet geclagt, das sein ftl. Gn. ein schlos und flecken Vargla [= Vargula] eingenommen.

[13.] Wider dye ausgetreten burger clagen die von Erfort, das sie den gemeynen nutz yn merglichen schaden gefurt und sich m[e]her gewalts [gebrauchen] dan yne geburt, und zogen dye stadt inwendig 30 jaren ane redlich ursach in schult uber 650 000 fl. vorschryebene schult, gefurth [sic!], vil vorrats vortan etc., inen selbst der stadt burglehen zugezogen und undereinander von der stadt beutel zugezogen und von dem gemeynen guete dem F. von Sachsen 150 000 fl. zugestelt und gereicht etc.

Item das sie von der stat kuntlich schuld hinweggelassen, das sie nicht recht und fug gehabt, auch vorschreybung uf zins von sich geben, davon sie keyn gelt entpfangen.

Item der rechnung halben irer administration, das sie dye bey eydspflicht zu tun schuldig, dannoch bysher gewegert.

Item sunderlich wider Jacoff von der Sachsen, Johan Rembat, Johan von der Sachsen, beyde Drs., Baltzar Kelner, Anthonius Kitzing, Cornelien Daniel, Clauensen Grunberg und Heinrichen Glemberg, Volgmar Rudelstat etc., das sie uber yr eydspflicht von der gemeyne in den clagen, wider den ausgetreten rat angestelt, gewichen.

Item zuletzt, das dye ausgetreten burger sich wider yr eydepflicht und der stadt Erfort under unser gnst. und gn. Hh. von Sachsen yn besundern schutz gegeben wider dye stadt, burger und undertanen zu ungnaden bewegt und sich zu der stat feynden und widerwertigen gehalten, der stadt heymlikeyt geoffenbart, lasterschrift und gemeyne schmebryf wider sie ausgehen lassen, geticht und gemacht etc.

Anmerkungen

1
 An diesem Tag wurde die ausführliche Fassung dieser Klagen durch den Kurmainzer Kanzler Dr. Engellender vorgelegt. Vgl. Nr. 1110 [2.].