Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
[1.] Besonderes Wohlwollen des Ks. für seine treuen Helfer; [2.] Starke Verschuldung des Hgt. Württemberg aufgrund der vielfältigen Leistungen für Ks. und Reich, Zahlung eines namhaften Betrags für den Krieg gegen Venedig durch Hg. Ulrich, Verbesserung seiner schwierigen finanziellen Situation durch Erhöhung des Weinzolls; [3.] Ungültigkeit des alten Zolls; [4.] Keine zusätzliche Verzollung des Weins an anderen Zollstätten; [5.] Geleit für die Weintransporte; [6.] Zollbefreiung für Weine aus dem Elsaß, dem Sundgau, dem Breisgau und der Ortenau; [7.] Aufteilung des Zolls zwischen dem Haus Österreich und dem Hgt. Württemberg für Weintransporte auf bestimmten Routen; [8.] Genehmigung österreichischer Zollstätten im Hgt.; [9.] Einrichtung von Zollstätten durch Hg. Ulrich; [10.] Vorgehen gegen Zollverweigerer; [11.] Strafen bei Mißachtung dieses Privilegs.
Trier, 16. März 1512
Stuttgart, HStA, A 1 Bü. 1 Nr. 8, fol. 16a-20b, spätere Kop. (Maximilian per se; a.m.d.i.p.; Gegenzeichnung: Renner).
[1.] Ks. Maximilian bekundet, daß er zwar stets geneigt sei, das Wohl aller seiner Untertanen zu fördern und zu mehren, dennoch sei sein ksl. gemuet billich mer begirlicher zu denen, der[en] voreltern und sie sich allzeit gegen weilund unsern vorfarn röm. Kss. [und] Kgg., uns und dem hl. Reich in getreuer und embsiger dienstparkeit fur ander redlich gehalten, erzogen und beweisen, auch uns die bürdin des hl. Reichs mittragen helfen, sie mit noch mer unserer ksl. gnaden und freyhaiten zu begnaden.
[2.] Wann wir nun gütlich angesehen und betracht die angenemen, getreuen und nützlichen dienst, so der hochgeborn Ulrich, Hg. zu Würtemberg und zu Tegk, Gf. zu Mümpelgart etc., unser lb. schwager und F., und weilund sein vorvordern uns und weilund unsern vorfarn am Reich röm. Kss. und Kgg. in unsern und des Reichs schweren obligenden sachen und gescheften zu erschießlichem nutze, auch zu underhaltung unser und desselben Reichs oberkait in manigfaltig weise, oft, williglich und unverdrossenlich mit schwerem darlegen geton und erzaigt haben, er auch uns und dem hl. Reiche mit darstreckung seins leibs und guts noch teglich tut und er und sein vorvordern dardurch in merklich und uberschwenklich schulden, beschwerung und scheden komen sind, dermassen, wo durch uns mit zeitigem rat nit daringesehen würde, das derselb unser lb. schwager und F. mitsampt seinem Ft. in groß, unwiderbringlich scheden, abfall und nachtail gefürt werden möchte, und wir dann dasselb Ft. Wirttemberg, das on mittel von uns als röm. Ks. zu lehen geet, zu ehern [= Ehre], lob und gezierde ains röm. Ks. und Kg. und des hl. Reichs mit ftl. würde, regalia, titel, gnaden und gaben selbs gewirdigt, erhocht, begnadt und begabt,1 das wir demnach zu bestendigkait und ufnemen des erwelten Ft., auch zu ergetzlichait etlichermassen erlitten costen und scheden und damit hinfür derselb unser schwager und F., Hg. Ulrich zu Würtemberg, und sein erben uns, unsern nachkomen und dem hl. Reiche davon dest stattlicher dienen mogen und sonderlich umb ainer merklichen summa gelts willen, die er uns yetzo zu underhaltung unsers kriegs wider unser und des hl. Reichs offenbar veind und widerwertigen, die Venediger, also bar dargestreckt und gegeben hat, das dann uns und demselben Reich zu merklichem nutz und gutem komen ist, und us andern redlichen ursachen, uns darzu bewegende, mit wolbedachtem mut, gutem, zeitigen rat unser und des hl. Reichs Kff., Ff., Gff., freyen Hh. und reten und rechter wissen dem vorgenannten unserm lb. schwager und F., Hg. Ulrichen zu Würtemberg, auch allen seinen erben und nachkomen dise besonder gnad geton und inen iren zoll, den sie bisher im Ft. Würtemberg vom wein genomen haben, namlich an zwayen zollstetten von ainem roß zwen ß h. Würtemberger münz, nachvolgendermassen gemert und gehöhert haben, also das sie nun fürbaßhin zu öwigen zeiten von ainem yeglichen Eßlinger aimer weins, so in oder durch ir Ft. Würtemberg, land und gepiet hinus, es sey zu aignem gebrauch oder zu verkaufen, gefurt oder getragen würdet, 5 ß h. Würtembergischer münz, von ainem halben aimer 15 d. derselben münz und also nach vile oder anzal des weins uf- und abzusteigen zollgelt ufheben, innemen und das zu irem nutz und notturften gebruchen und geniessen sollen.
[3.] Doch soll dagegen der alt zoll, so, wie vorsteet, von den weinen im Ft. Wirtemberg, namlich an zwayen zollstetten von ainem roß zwen ß, genomen ist, damit tod und ab sein, also das ain yeder Eßlinger eimer weins mit dem zoll nit höcher dann uf fünf ß beschwert.
[4.] Und wann derselb zoll an ainer zollstatt desselben Ft. Würtemberg, wie obsteet, genomen würd, so soll derselb wein darnaht an andern zöllen nit weiter verzollt werden.
[5.] Es sollen auch die furleut oder träger des weins mit raichung und bezalung solichs zolls, in und durch das Ft. Wirtemberg und daraus zu farn und zu wandlen, alld[ie]weil sie uf desselben Ft. strassen sein, mitsampt iren leiben, haben und gütern dieselb zeit von gemelten unserm lb. schwager frey, gestrack sicherhait und gelait haben.
[6.] Desgleichen soll von den weinen, so us den landen Elsaß, Sunkgau, Breysgau und der Ortenau oder andern orten uber den Schwarzwald gefürt, in dem gemelten Ft. von demselben von Wirtemberg kain zoll genomen werden, dann wir uns und unsern erben Hgg. zu Osterreich selbst ain zoll daselbst gegeben haben [Nr. 1509], also das wir als Ehg. zu Osterrich von denselben weinen, so, wie obsteet, über den wald gefürt werden, der zoll an den enden und strassen, dahin der zoll gelegt wird, selbs innemen und verrer in dem gemelten Ft. durch unsern schwagern von Würtemberg nit genomen werden soll, es were dann, das von alter her etlich weggelt gegeben worden were. Damit soll es pleiben und gehalten werden, wie von alter herkommen ist.
[7.] Und sol nemlich zwischen den Ftt. Osterreich und Würtemberg dermassen usgezaigt sein: Was wein oberhalb Mgf. [= Mgft.] Baden uber und in den Schwarzwald bis an den Rein gen Schaffhusen gefürt würdet, das soll unserm hus Osterreich und was wein durch und underhalb Mgf. Baden furab gefürt würdet, das soll dem Ft. Wurttemberg obberürtermassen verzollt werden.
[8.] Derselb unser schwager soll auch uns, unsern erben und nachkomen Ff. zu Osterreich zugeben und zulassen, das wir in seinem land an allen orten, da das die notturft ervordert, zollsteett ufrichten und daselbsthin zolner ordnen und setzen mogen, die in unserm namen den berürten zoll innemen.
[9.] Der gemelt unser lb. schwager und F., Hg. Ulrich zu Württemberg, sein erben und nachkomen sollen und mogen auch disen zoll legen und zolsteett zu empfahung desselben zolls machen lassen an ainem oder mer orten irs Ft., land, gepieten oder oberkaiten zu irem willen und gevallen, doch das derselb zoll obberürtermassen nit mer dann ainmal, wie vorsteet, genomen werd.
[10.] Auch, ob yemands, wer der oder die wern, solichen zoll uf ander strassen oder weg zu verfüren und damit denselben zoll nit zu bezaln understuenden oder sich sonst den zu geben sperren oder widern wollten, wollen wir, das dieselben nichtdesterweniger, solchen zoll zu entrichten und zu bezaln, schuldig sein und unser schwager von Würtemberg, sein erben und nachkomen und die irn sie darzu nöten und die ungehorsamen und uberfarer solichs zolls darumben in irn Ftt. ufhalten, angreifen und bekomern sollen und mogen, wie dann zollsrecht und von alter herkomen ist, von allermeniglich unverhindert.
[10.] Verleiht Hg. Ulrich und dessen Erben und Nachkommen das Recht, diesen erhöhten Weinzoll von allen Reichsuntertanen zu erheben, und gebietet, ihn widerspruchslos und ohne Rücksicht auf eventuelle Freiheiten, die er selbst oder frühere Reichsoberhäupter erteilt haben oder geben werden und die hiermit für kraftlos erklärt werden, zu zahlen. Verspricht, die Zollverleihung nicht zu widerrufen, vielmehr den Hg. und seine Nachkommen dabei zu handhaben. Was immer diese zum Schutz ihrer Freiheit gegen Übertreter unternehmen, wird keinesfalls als Vergehen gegen Ks. und Reich geahndet. Gebietet allen Reichsuntertanen unter Androhung schwerer Ungnade und Strafe sowie einer Buße von 100 Goldmark, Hg. Ulrich und seine Nachkommen im Gebrauch dieser Freiheit nicht zu beeinträchtigen.2