Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
[1.] Wunsch nach Kassation des EB Uriel von Mainz zu leistenden neuen Huldigungseides der Erfurter durch den Ks.; [2.] Plädoyer für die Wahl des Erfurter Rates entsprechend dem Herkommen; [3.] Bedenken gegen die öffentliche Freigabe der städtischen Bücher; [4.] Bereitschaft zur Überstellung der durch Friedrich von Thun gefangengenommenen Personen an den Ks.; [5.] Hilfeersuchen Erfurts an die Hgg. von Sachsen unter Berufung auf ältere vertragliche Zusagen; [6.] Besitzrechte der sächsischen Hgg. in Erfurt; [7.] Jüngste Anmaßungen von Kurmainz in Erfurt; [8.] Wiederherstellung der alten Rechtsansprüche der Hgg. von Sachsen als Voraussetzung für ihre Teilnahme an einem ksl. Vermittlungsverfahren; [9.] Übergabe dieser Stellungnahme an die ksl. Räte.
Augsburg, 15. Mai 1510
Weimar, HStA, EGA, Reg. G Nr. 195, fol. 56a-61a, Kop.
Underricht Hg. Fridrichs von Sachsn, Kf. etc., auf ksl. Mt.
jungst furgeslagne mitl [Nr. 151]
[1.] Dieweyl der rat zu Erfurt und ire burger kainem EB zu Menz, der zu Erfurt nit ist eingeriten, geschworn und den Bff., dy eingeritten sind, allain ainen gemessigtn eyden getan haben, aber dannoch, yme treu und holt zu sein, vormals nye geschworen, darumb bit genanter Kf., das solcher neuer eyd mit allen andern furgenomen neuerungen als attemptat von röm. ksl. Mt. ganz abgeschafft und der rat und dy burger bey den eyden gelassen werden, wie sy die uber menschen gedenken herbracht und getan haben.
[2.] So ist auch zu Erfurt dy ordenung oder die gewonhait und das wesen nit, das dy gefrundten daselbst den rat zu erwelen haben, dy andern auch, so itzunt vom neuen rat wider ordnung der stat aufgeworfen, vormal zu den treffentlichn reten nit gegangen, der gelegenhait der stat und sonst in schwern, anligenden sachen zu raten unerfarn und zum tail des herkomens nit sind, das sy zu treffentlichen reten gezogen sollen werden. Darumb bit gedachter Kf., röm. ksl. Mt. wolle gnediglich verfugn, das der alt rat unbefart wider einkome und zur wal des neuen rats, wie von alters und nach der stat freyhaiten und gewonhaiten herkomen ist, darzu zu yrn eren und regiment widerumb gelassen und dabey gehanthabt mogen werden, dweil sy nit uberwunden und unordentlicher weis entsatzt sind worden.
[3.] So ist der stat nachtailig und wider iren alten gebrauch, das der stat pücher vom rathaus solten getragen, zu gemeiner hand erlegt und andern dan dem rat davon abschrift gegeben werden.
[4.] Der gefangn halbn von Fridrichn Thun, haubtman zu Wymar, wil genanter Hg. Fridrich von Sachen, Kf. etc., röm. ksl. Mt. als rechtem H. zu eren und undertenigem gefallen, nicht auf gesynnen Menz, der des kain interesse hat, verfugen, das dieselbtigen gefangen zu seiner Mt. handen sollen gestalt werden, vorbeheltlich ime sein vordrung der malefiz und schme halbn, darumb er sy angenomen hat, und also, das Heinrich Kelner und andere vom rat, so gefangen und verstrickt sind, ledig gegeben und ynen ir clag der erliten marter, schmehe und scheden halbn vorbehalten seyn.
[5.] Auf die nachfolgenden fursleg wolt genanter Hg. Fridrich von Sachsen, Kf. etc., als der gehorsam röm. ksl. Mt. gern underteniglich verfolgen alles das, [das] er gein Got, der welt, seinem bruder [Hg. Johann von Sachsen], irer beyder landen, undertanen und nach vermogen irer verwantnussen gein dem rat und der stat Erfurt mit fug, glimpf und recht an nachtailigen schaden wüst und mocht verantwurten. Weyl aber der rat und die stat Erfurt in vergangen zeiten in seiner und seins bruders alteldern und vorfarn schutz und schirm gewest, hernacher auch Erfurt im jar 1483 montags nach purificationis Marie virginis gloriosissime [3.2.83] von seinem lb. H. und vater [Kf. Ernst] und desselben bruder [Hg. Albrecht] loblicher gedechtnus fur sich, ire erbn und nachkomen in ewigen schutz, schirm und verteding gleich irn aign landn und leuten von neues genomen sind worden, wo sy und ire erben und nachkomen irer zu gleich und recht mechtig sind, sy treulich zu schutzen und vertedingen, mit vehd oder an vehd nit zu beschedigen lassen zu ewigen zeiten, vor sich, ire erbn und nachkomen bey ftl. wirden und warn worten verschriben und verpflicht sind, dergleichen auch Menz mit seinem tumbcapitel, Erfurt bey iren oberkaitn, herligkaitn, gnaden, freyhaiten, rechten und erbarn gewonhaiten zu ewigen tagen bleyben zu lassen und darin kain abbruch oder eintrege in kaynen weg zu tun, bey ftl. wirden inhalts des administrators Albrechts, bemelts Hg. Fridrichs, Kf. etc., bruder, und seins capitels brif und insigel vor gemelter data verpflicht,1 als sy das auch ane das also zu halten schuldig sind a–, als das ksl. Mt. aus beiderseits vertregen in disen clauseln zu vermerken haben, also lautende: [Text fehlt]–a, und der rat zu Erfurt nu obberurtem Kf., seinem bruder und vettern, Hg. Johansen und Hg. Georgn, Hgg. zu Sachsen, geschriben und geclagt, als solch an das auch also offenbar, war und landkundig ist, das es mit kainem glimpf und grund widersprochn mag werden, das sich das gepofel und dy leichtfertigen in Erfurt mit yren anhengern zusamengeworfen, yren rat (dem sy gelobt und geschworn sind) unüberwunden und unbekant ainigs ubels vom regiment und iren eren an ordenlich weg geweltiglich abgesatzt, Heinrichn Kelner, iren eldesten ym rat, gefangen, gefenglich gesetzt, auch schmechlich und hart gemartert und yne noch in schweren heften gefenglich enthalten, auch andere vom rat verstrickt und vil fromer bürger, dy uber der stat rechten und freyhaitn gehalten, ausgetriben und sich an alle ordenung in der stat regiment gesatzt, haben alle bebstliche, röm. ksl. und kgl. privileg, ftl. und andere vertreg, der stat pücher und rechten register und andere heimligkaiten, vom rat und iren vorfarn lange zeit heimlich gehaltn, zu iren handen genomen, den Menzischen furgelegt, darynnen lesen und daraus verzaichn lassen, was ynen gefallen hat, und also der stat verborgene heimligkaiten offenbar gemacht, der stat aufsetze und einkomen, davon und -mit ire glaubiger bezalet und dy stat erhalten mus werden, inen zu vortail, aber der stat und iren glaubigern zu verderblichm schaden abgesetzt und geringert, wider den rat und ire hulde zusamengeschworn und versamnung gemacht, ainen vermainten neuen rat wider der stat gewonhait aufgeworfen und den alten rat, der sie irer glubd, eyd und pflicht nit losgezelt hat, von aller macht, eren und gewalt entsatzt und spolirt, derhalbn derselb rat und gesessen burger recht auf genante drey Hgg. von Sachsen geboten und sy in kraft berurter verwantnus angerufen haben, sy wider solich gewalt und entsetzung zu schutzen, schirmen und zu vertedingen, das sy erst wider eingesatzt werden und wie sy alsdan ainem yeden des rechten sein und recht geben und nemen wollen.
[6.] Benante Hgg. von Sachsen auch in freyer, unbefarter besitzung gewest sin an Erfurt 1500 rh. fl. ewiger verschribner und furtragender gult, volg und dinst, darzu auch der lehensverpflichtung, inen treu und holt zu sein. Domit sy röm. ksl. Mt. und ynen allain, aber nicht Menz vor alters her verwant gewest sind. Welcher freyer besitzung berurter gerechtigkaiten sie, die Hgg. von Sachsen, in dem, so der EB zu Menz in Erfurt mit merer und weitern gerechtigkaiten solt zugelassen werden und darinnen bleyben, auch entsatzt und spolirt, darzu auch gros nachtail leiden würden, indem er der stat vesten, schlosser und burg solt inhaben.
[7.] Menz auch uber das alles von ksl. Mt. auf sein berichten wider dy Hgg. von Sachsen mandat hat ausbracht und ynen verkundigen lassen, in der sachn stilzustehn [Nr. 128], als sy auch röm. ksl. Mt. zu gehorsam getan. Menz aber selbst nit stilgestanden, sondern darnach und als gnanter Hg. Fridrich, Kf., röm. ksl. Mt. zu gehorsam disen reichstag zu besuchen, aus seinen Ftt. geriten, den neuen rat, als sy aufgeworfen, zu neuen, ungewondlichen eyden durch den gepofel mit knütln und waffen wider ire willen gedrungen und dy, [die] den neuen eyd nit habn tun wellen, vom rathaus zum fenster auswerfen wellen. Dy Menzischn haben sich auch, bey der rechnung der stat, wiewol ynen das nit geburt, sy solchs auch nit herbracht haben, zu sein, mit gewalt eingedrungen und domit groblich attemptirt und neuerung eingefürt.
[8.] Darumb vertrauet genanter Hg. Fridrich, Kf. etc., Erfurt und die erbarn burger daselbst auch, die Ff. von Sachsen werden billich und nach der regel aller naturlichn, geistlichen und weltlichn, ungezweiveltn recht erst wider in ir regiment, ere, stand und besitzung, darinnen sy vor berürter empörung gewest, wider eingesatzt, dy attemptat und neuerungen abgetan und das wesen in Erfurt dahin wider gericht, wie es vor der aufrur gestanden, auch das Heinrich Kelner und andere des rats, als noch zur zeit gefenglich sitzen und verstrickt sind, davon erledigt, vorbeheltlich inen ire sprüch solcher erliden marter und iniurien halben. Wan ane das und vor solcher widereinsatzung und abtuung bemelter neuerungen kemen das gepofel auf der stat gut und costen mit yrem mutwilln zum tag, dy Ff. von Sachsen aber, auch der rat und erbarn verdrungen burger auf ir gelt und verpfendt. Darzu hetten Menz und das gepofel unter und bey ynen alle der stat privilegien, vertrag, bucher, register und anders, domit der rat sein unschuld beweysen und sich zum rechtn weren müssen, das ungleich, wider recht und alle billigkeit were, als röm. ksl. Mt. und ain yder verstendiger abnemen kan. Und wissen, das die, [die] offentlich entsetzt sind, erst wider eingesatzt und dy attemptat und neuerungen in werendem angesatztem tag vor röm. ksl. Mt. zuneher erst revocirt und abgestelt sollen werden. So das gescheen, wil genanter Hg. Fridrich, Kf. etc., auch röm. ksl. Mt. obgedachter gebrechen halbn zur gut und dem rechten gehorsamlich verfolgn, auch auf menzisch angeben unterricht, den aigentum in Erfurt belangent, ainen solchn kegenbericht tun, daraus sein ksl. Mt. und meniglich verstehn mogen, das sein furnemen und angeben ergründ und das menzisch unergründ ist, in ungezweiveltem verhoffen, gemelter Hg. sey nit schuldig, mit Menz zu disputirn, welchem Erfurt und an Erfurt mer zustendig sey, bemelte restitution und revocirung sey dan erst gescheen, röm. ksl. Mt. werdn inen deshalb auch gnediglich bey recht bleiben lassen und yme nit auflegen, das im zu recht zu tun nit geburt. Das wil er als ain gehorsamer umb sein ksl. Mt. underteniglich verdinen.
[9.] Dise bericht ist den ksl. reten alhie zu Augspurg am mitwoch nach exaudi uberantwurt worden Ao. etc. 10.