Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Unmöglichkeit einer Hilfeleistung für den Ks. angesichts der noch immer unerledigten Themen Jülicher Erbstreit, hessische Angelegenheit und Erfurter Streitfall; [2.] Negative Auswirkungen von Truppensammlungen in Böhmen auf Kursachsen; [3.] Bitte an den Ks. um eine positive Entscheidung in besagten Angelegenheiten; [4.] Vorbringen dieser Bitte auf persönlichem Weg oder durch ksl. Räte; [5.] Begründung der Nichtbeantwortung von Weißenbachs Schreiben erst nach dessen Heimkehr; [6.] Auftrag zur Betonung der Rechtmäßigkeit der Standpunkte Kf. Friedrichs; [7.] Von diesem gewünschte Form einer ksl. Entscheidung zu den drei für Sachsen relevanten Verhandlungsthemen.

Torgau, 20. August 1512

Weimar, HStA, EGA, Reg. E Nr. 58, fol. 153a-156a, Konz. (Vermerk fol. 156b: Abgefertigt zu Torgau am 20. tag Augusti).

[1.] Lb. getreuer und rat, wir haben dein schreyben, das uns am sontag assumpcionis Marie virginis gloriosissime [15.8.12] zukomen, darinnen angezeigt, daz die handlung des reichstags auf zweyerley hilf und ksl. Mt. acht rete zuzeschicken gestelt sey etc. [Nr. 1628 [7.], [8.]], empfangen und alles inhalts vernomen. Und wiewol wir darus nit ermessen mogen, ob angezeigte meynung berurter dreyer artikel entlich beslossen und zugesagt sey oder nit, dem sey nu, wie im wol. So hastu wol zu achten, das uns swer sein wolt, weyl unsere sachen in forigem wesen und noch unvertragen steen, ksl. Mt. einige hilf zu tun. Derhalba ist unser begerung, du wollest ksl. Mt. in beywesen Gf. Hoyer von Mansfelt und Hansen Renners mit untertenigkait antragen, wir hetten dich an unser stadt auf yrer Mt. gn. begeren zu dem reichstag verordent, dir auch gewalt gegeben, waz von Kff., Ff. und andern stenden des Reichs fur gut angesehen und beslossen wurd, daz von unsern wegen auch zu willigen und allez daz helfen furwenden, das yrer ksl. Mt. und dem hl. Reich zu ere, nutz und gutem reichen mag. Dann wir wern der hofnung gewest, es solt sich durch yrer Mt. gn. einsehen unser sachen, als nemlich die gulchisch, hessisch und sonderlich die erfortisch, dermasen geschickt haben, daz wir der endschaft erlangt hettenb. Weyl aber die noch unvertragen weren, so wolten wir yrer Mt. unverhalten lassen, daz wir yrer Mt., wie unser eltern und wir bisher treulich getan, kein hilf wurden tun mogen, wie wir dann das yrer Mt. hievor auch oftmals hetten anzeigen lassen und yrer Mt. zu undertenigkait verziehen, fur den stenden anzuzeigen, domit sich nymantz dorauf behelfen moge. Daz uns leid werec, dann unser undertan und verwante sind bisher, weyl die aufrur mit den in Erfurt gestanden, merklich beswert wurden in dem, das sie in teglicher entporung sitzen, auch ander beswerung und unkosten tun und tragen mussen. Darzu werden diejenen, so gelt auf den in Erfurt haben, nit zalen. So hette yre Mt. gn. wissen, das sich die Ff. auf nestgehaltem reichstag zu Augspurg beswert haben, hilf von irem camergut zu erlegen, derhalb furgenomen, daz die uf die undertanen solte geslagen werden, wie dann uf ytzigem reichstage abermals furgenomen, daz die auf die undertan solt geslagen werden. Weyl dann die last der obberurten beswerung nachmals auf unsern undertanen leit, darauf uns und unsern undertanen fast bey zweymal hundertausent fl. gelaufen, so were kein hofnung, einiche hilf bey ine zu erlangen, dann sie wurden der nit vermogen, desgleichen wir. Darumb wolten wir solchs yrer Mt. underteniger meynung vermeld haben, wiewol es uns treulich laid were, daz wir yrer Mt. nit beholfen sein solten. Und wollest darauf underteniglich bitten, des nit misfallen zu haben, sonder unser nodturft hirinnen gnediglich zu vermerkend.

[2.] Wir wolten yrer Mt. auch nit verhalten, das uns gleublich angelangt, daz im Kgr. zu Behemen bey 20 000 mann zu roeß und fueß sollen versamelt werden [vgl. Nr. 917-919], des auszug man sich teglich vermut, und doch, wider wen die solten gebraucht werden, were ungewiß und stund darauf, wu dieselben leut yrer Mt. oder dem Reich solten entgegen sein, daz wir und die unsern der ersten beswerung musten gewarten. So sind auch wir, Hg. Fridrich, in kurzvergangen tagen in unserm Kft. zu Sachsen mit mordbrand ganz unbilligerweise und on alle redlich ursach angetast, kirchen und kinder in heusern verprent und spoliert, des wir alle tage weyter musten gewarten. Wie beswerlich solchs und ob wir unser vermogen und unser undertanen hilf diser zeit selbs zu geprauchen bedorfen, sey wol zu ermessen.

[3.] Aber wie dem, so sey dir bevolhen, uf ditzmal nit weyter zu bitten, dann daz ire Mt. uns des gulchischen und hessischen und sonderlich der erfortischen sachen gnediglich abhelfen wolt und bey dem beleiben lassen, so wir vormals bey yrer Mt. erlangt, weyl yre Mt. uns darinnen nichts neues, sonder allein daz, so unser vater seliger gedechtnis [Kf. Ernst von Sachsen] und wir fur der aufrur an und in Erfurt gehabt, geben, und den in Erfurt nochmals gebiete, voriger yrer Mt. mandat zu geleben, wu aber daz nit beschee und von ine verachtlich gehalden wurde, uns gnediglich zu vergonnen, die acht wider sie zu geprauchen. Und so sich yre Mt. hirinnen dermasen gnediglich erzeigen wird, als wir verhoffen, sein wir ungezweivelt, wen unser undertane den trost befinden, werden sich mit der hilf auf unser begern auch underteniglich halten, mit erbietung, daz wir daz auch underteniglich verdienen wolten.

[4.] Und wo ksl. Mt. zu Colln abschied und du ire Mt. erreichen mochst, so wollest yrer Mt. folgen und die obberurte werbung tun mit den allerundertenigsten worten, uf das du in dem ire Mt. nit beswerest und doch yrer Mt. unser nodturft und beswerung nit verhaltest. Wu du aber yre Mt. nit persondlich ersuchen mochst, so wollest Gf. Hoyer und Hansen Renner schreiben, das sie dise werbung auf den credenzbrif hiebey [liegt nicht vor] an ksl. Mt. von unsert wegen tragen und waz ine zu antwort gefelt, uns die furderlich zu erkennen geben. Und ob dir etwas furfallen wurd, das du vermeynst, uns zu wissen von noten, daz wollest uns furderlich zuschreiben. In dem allem tustu unser gefellige meynung. Datum.

[5.] Daz wir dir auch nit eher geschriben, ist aus ursachen verplieben, die wir dir uf dein zukunft zu erkennen geben wollen.

[6.] Zettel: Und wollest in deiner werbung under anderm auch anzeigen, daz wir unsers verhoffens ye nichts unbillichs suchten, sondern das leichtlich gescheen mochte und unsers ermessens billich geschee.

[7.] Dann in der gulchischen sachen stund unser bit darauf, daz die durch sune oder recht, wie sein Mt. mit rat des Reichs vorgeslagen und von uns angenomen, geendet werde, in der hessischen sache, daz es bey dem abschied zu Offenburg1 bleibe, der ksl. Mt. gefallen, und daz dem folge beschee. Aber in der erfortischen sachen, weyl ire Mt. uns nichts neus, sonder allein daz, so unser vater und wir fur der aufrur darinnen gehabt, gegeben, daz wir dabey beleyben mochten, in undertenigem vertrauen, dweil ksl. Mt. unsers verhoffens alles, das wir bitten, von recht zu tun schuldig, uns auch in disen sachen nit weniger recht mit billickait geben mog, ire Mt. werd sich in dem allem gnediglich erzeigen. Datum ut supra.

Anmerkungen

a
 Gestrichener Randvermerk: Nota, ob ein credenz not sey.
b
 Wohl auf diesen Satz bezügliche, jedoch gestrichene Randbemerkung: Vor den stenden nit wollen vernemen lassen, doch underlassen, daz bey.
c
 Vielleicht auf diese Aussage bezügliche, jedoch gestrichene Randbemerkung: Schuld nit folgen, als du weist.
d
 Folgt gestrichen: und des nicht dafur ansehen, als wolten wir unser sachen on not swer machen.
1
 Vom 9. April 1511. Regest: Glagau, Landtagsakten, Nr. 51.