Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Augsburg, 11. Mai 1510

Zürich, StA, A 207.1, Nr. 27, Orig. Pap. m. S. ( p.r.p.s.; a.m.d.i.p.; Gegenzeichnung: Serntein; unter der Adresse: In abwesen Bm. und rate zu Zürich aufzubrechen).

Allen Eidgenossen sind sicherlich die Entstehung und die Hintergründe des Konflikts zwischen Hg. Ulrich von Württemberg und der Rst. Rottweil bekannt.1 Er als Ks., dessen Aufgabe es ist, Aufruhr und Krieg im Reich zu verhindern, forderte durch Mandat und durch Gesandte beide Streitparteien auf, mit der Tat gegeneinander stillzustehen und zu einer von ihm durchgeführten Schiedshandlung auf dem hiesigen Reichstag zu erscheinen. Rottweil wurde zudem befohlen, die Gefangenen bis auf weiteren Bescheid in ksl. Hände zu übergeben. Da sich jedoch im Rahmen der Augsburger Verhandlungen zeigte, daß die Gefangenen nicht überstellt worden waren und die Rottweiler Gesandten keine ausreichende Vollmacht hatten, konnte nichts zustande gebracht werden.2 Er befahl daraufhin in Absprache mit den Reichsständen den Rottweiler Gesandten, heimzukehren und den Rat von Rottweil zur Überstellung der Gefangenen und zur Abfertigung ausreichend bevollmächtigter Vertreter innerhalb von acht bis zehn Tagen aufzufordern. Er werde dann die Streitsache hier in Augsburg verhören und vor seiner Abreise gütlich oder nach Billigkeit entscheiden. All dies ließ er beiden Konfliktparteien auch durch Gesandte mitteilen. Daraufhin erschienen in Augsburg Hg. Ulrich persönlich sowie bevollmächtigte Vertreter Rottweils, die erklärten, die Gefangenen seien größtenteils freigelassen worden. Nach eingehender Verhandlung wurde ein akzeptabel erscheinender Vermittlungsvorschlag unterbreitet, den ksl. Gesandte nach Rottweil brachten und darum ersuchten, ihn anzunehmen und erneut Vertreter nach Augsburg zu schicken, damit dort die Sache zum Abschluß gebracht werden könne. Während Hg. Ulrich auf ksl. Ersuchen und unter hohen Kosten geraume Zeit in Augsburg wartete, kam die Nachricht, die Eidgenossen hätten für den 12. Mai (sonntag exaudi) einen Schiedstag nach Zürich anberaumt, vielleicht in der Absicht, daß Rottweil verschiedene eidgenössische Orte als Unterstützer gewinne, um mit ihnen gegen Hg. Ulrich vorzugehen. Dies würde allerdings sein gegenwärtig intensiv vorbereitetes Unternehmen in Italien, aus dem dem Reich und der Deutschen Nation hoffentlich große Ehre und viel Nutzen erwachsen werden, erheblich beeinträchtigen. Da er gewillt ist, in seinen Ausgleichsbemühungen nicht nachzulassen und sie zu einem guten Abschluß zu bringen, fordert er die Eidgenossen auf, Rottweil bei seinen Bestrebungen, vor allem, soweit sie gegen die ksl. Obrigkeit gerichtet sind, keinesfalls zu unterstützen, es vielmehr zu veranlassen, seine inakzeptablen Handlungen einzustellen, sich gemäß dem jüngst ergangenen ksl. Mandat aller Gewaltaktionen zu enthalten und nichts gegen Hg. Ulrich zu unternehmen, sondern sich durch eine Gesandtschaft am Abschluß der begonnenen Augsburger Schiedshandlung zu beteiligen. Mißachtet Rottweil diesen Befehl, sähe er sich als Ehg. von Österreich und Verwandter Hg. Ulrichs, gemäß der zwischen ihnen bestehenden Verträge, als Mitglied des Schwäbischen Bundes und vor allem aufgrund von Hg. Ulrichs Rechtserbieten auf ihn als röm. Ks. und obersten Richter veranlaßt, dem Hg. beizustehen. Daraus entstünde vermutlich ein großer Krieg, in dem das ganze Reich zu ihm (dem Ks.) hielte. In diesem Sinn mögen die Eidgenossen tätig werden und mithelfen, künftige Mißhelligkeiten zu verhindern.

Anmerkungen

1
 Die Eidgenossen waren seit der Tagsatzung in Schwyz am 4. Februar 1510 immer wieder mit dem Konflikt zwischen Hg. Ulrich und Rottweil befaßt und begannen auch umgehend mit Vermittlungsbemühungen. Vgl. Segesser, Abschiede, Nr. 348a, 350, 351i.
2
 Auf der Tagsatzung am 13. März 1510 informierte Rottweil die Eidgenossen schriftlich darüber, was seine Gesandtschaft auf dem Augsburger Reichstag erlebt hatte, und bat darum, die eidgenössischen Knechte in Rottweil zu belassen. Die Gefangenen wolle es noch nicht freilassen, sich aber auch nicht der eidgenössischen Vermittlung entziehen. Inzwischen habe es dem Ks. einen Waffenstillstand bis nach Ende des Reichstags zugesagt. Segesser, Abschiede, Nr. 352b; Anshelm, Berner Chronik, S. 234.