Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Frage der Behandlung der Nürnberger Supplikation in Sachen Reichskammergericht durch den Supplikationsausschuß, weitere Handlungsmöglichkeiten in dieser Angelegenheit; [2.] Kurzzeitige Heimreise des Bf. von Eichstätt; [3.] Dessen Zusage in Sachen Einung mit dem Bf. von Würzburg und der Rst. Nürnberg; [4.] Sondierungen Dr. Neitharts über eine vorzeitige Verlängerung des Schwäbischen Bundes, Kritik des Ks. am Bund; [5.] Beruhigende Nachrichten über die Bundeshilfe für den Hg. von Württemberg gegen Rottweil.

Augsburg, 26. März 1510

Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei A-Laden Akten 126 Nr. 2, fol. 88b-90a, Konz.

Geht davon aus, daß sein durch einen Augsburger Boten übermitteltes Schreiben vom 25. März (Nr. 538) in Nürnberg eingetroffen ist.

[1.] So ist mir darnach ein stund auf den tag pey Sebolten, euer weisheit poten, ein schrift uberantwort, am datum sambstag [vor] unser Frauen tag irer verkundung [23.3.10], zwu stund vor nachts [liegt nicht vor]. Darin ich vermerk, das derselbigen die handlung, so sich am kamergericht helt, nit wenig gelegen ist. Hab mich darauf zu stund zu meinem H., dem brobst [Dr. Erasmus Toppler], gefugt und diser sachen halb nach der leng geret und geratschlagt und darauf euer weisheit schreiben gemeß fur gut angesehen, das nutz und gut sey, zu arbeiten, damit die ubergeben suplication pey dem ausschuß der reichsstend fuderlich furgenomen und gehort werd. Darin soll auch durch meinen H., den brobst, pey ksl. Mt. und andern, auch pey mir nach meinem pesten vermugen kein fleis geschpart werden. Pin auch sunder zweifels, wa dise hl. zeit so gar nach nit auf dem hals wer, sein erwird wurd erlangen, das die gemelt suplicatio mit dem ersten gehort wurd. Wir vermuten uns aber, das geleichwol angezogner hl. zeit halb weder in diser noch ander sach vor disen veirtagen nichtz oder wenig ausdreglichs gehandelt werd. Es ist aber daneben wewegen, wa wir geleich durch allen unsern ankerten fleiß pey ksl. Mt. und den stenden des Reichs ein gepot oder gescheft zu abstellung vorhabends furnemens an kamerrichter und peysitzer erlangen wurden, das doch weschwerlich und pey dem brobst unmöglich, die clause[l]n, in euer weisheit schrift angezogen, dareinzusetzen, zu erlangen wer[d] sein, zusambt dem, ob das pey ksl. Mt. solchs schon erlangt, wer gewiß, das am kamergericht nichtz darauf geben wurd. Es soll aber hierin kein fleiß geschpart werden. Und was darin wegegen, wirdet euer weisheit mit dem ersten pey tag und nacht zu einem yden mal zu wissen gefugt werden.

[2.] Weiter, als ich pey H. Peter von Aufseß gestern vor dato [25.3.10] diser sachen halb, der dann an stat des hochwirdigen F., meines gn. H. von Wirzpurg, auch der einer zum auschuß uber die suplicationibus ist, gehandelt, hat mir sein erwird zu erkennen geben, das mein gn. H. von Eistet von hin gen Eystett verrukt. Sein Gn. werd aber kurzlich und vileicht in disen veirtagen wider hie sein, dan ksl. Mt. hab im lenger nit erlauben wollen.

[3.] Daneben so hab gedachter von Eistett vor seinem abscheiden der einigung halb mit meinem gn. H. von Wirzpurg gehandelt und entlich weschlossen, das sie sich mit eur weisheit wollen vereinigen und, sobald ir Gn. wider zusammenkomen und ander gescheft halb künnen, mich zu wesenden und ir gemüt entlich enteken, und was alsdan wider die wegriffen abred sey, darin wollen ir Gn. zu eur weisheit schiken. Wes ich mich aber woll mechtigen oder zusagen, das sie doch anders nit von mir, dann der abred zu Haßfurt gemes werden wegern, das hab auch sein weg. Er verhoft aber, als er sich diser zeit horen lest, das wir hie nit voneinander komen werden, es sey dann die sach vor weschlossen. Sovern mir nun in solchen sachen nichtz weschwerlichs oder anders, dan in der abred wegriffen, wegegent, will ich mich eur weisheit wefelch gemes halten.

[4.] [...]  Und dann welangend die einigung, darin mir euer weisheit haben ein ratschlag zugeschikt,1 der mich auch vast [= sehr] wol erwogen wedunkt, mit wefelch, das ich pey dem haubtman des bunts [Dr. Matthäus Neithart] deshalb soll handeln, das hab ich getan und pey im wefunden, das er mit den Hg. Wilhemischen und auch Wirtenberg als fur sich selbs hab gehandelt. Und seines wedünkens vind er in der erstreckung des bunts nit pose neigung, sagt auch dapey, er hab mit ksl. Mt. davon geredt. Die hab geleichwol sich etzwas verdrießlich ob dem bunt lassen merken, und nemlich gesagt, man heiß und nenn den bunt seiner Mt. punt. Das sey wol war, aber mit worten an die werk, und welcher gestalt sich der bund numer lange jar gegen ir Mt. hab gehalten, das sey ir noch unvergessen. Darneben wiß ir Mt. etlich, die buntnüs und einigung an ir Mt. wissen haben aufgericht. Denselben woll sie noch zu rechter maß komen, das sie solten wollen, das sie des müßig gestanden wern. Und doch hat ir Mt. im end weschlossen, die zeit sey noch zu ausgang des bunts lang. Ir Mt. gedenk aber, kurzlich darin zu handeln, damit der mit einer maß erstrekt werd. Der haubtman hat sich aber gegen mir erpoten, nit zu veirn, sunder anschleg zu machen, damit durch dye Beirischen und Wirtenbergischen anschleg gemacht werden, dardurch man deshalb weiter zu rad werden möcht. Mich will aber dannoch gedunken, das der haubtman vast auf dem lig, das die erstrekung ytziger meynung gemes furgenomen werden solt. Man muß aber mit disem mann, wie H. Jorg Holtzschuer als der, dem er wekant, weiß, gemach umbgeen. So will sich, mit den von Augschpurg davon noch zu diser zeit zu reden, auch nit fugen, dann, als vil ich wefind, stet ir gemut, allein die leut zu erlernen und lassen sich irnhalb doch nichtz merken. Wie sich aber die sachen werden allenthalben schiken und anlassen, will ich, soweit mein kleine verstentnus reicht und mir zu wissen wirt, eur weisheit nichtz verhalten.

[5.] Werurn die buntshilf wider die von Rotweil ist an not, das euer weisheit ir anzal westellen, dann ksl. Mt. hat ir potschaft abermals zu den von Rotweil mit weger, die gefangen in ir Mt. hand zu stellen, verordent. Und obgeleich die sachen zu der tat solt komen, sind vil buntgenossen. die weiter zu solhem furnemen gesessen, dann euer weisheit. Darumb wedurfen euer weisheit nit sorgen. Sowald ich vermerk, das die sach irn furgang will gewinen, will ich albeg solchs zu tag und nacht derselben zu wissen fugen, damit nit vergebner costen ausgegeben. [...] Datum zu Augschpurg am eritag nach palmarum Ao. etc. decimo.

Anmerkungen

1
 Dieses Stück, das laut H. von Schubert, Spengler, S. 86 von der Hand Lazarus Spenglers stammt, hat folgenden Wortlaut: Ratschlag, ob nutz und gut sey, die ainigung des swebischen punds, die sich uber ain jar von lichtmeß [2.2.12] enden wirdet, zu erstrecken oder ain ander ainigung anzunemen und mit wem. Actum durch Dr. Jo[hann] Letscher, H. Jorgen Holtzschucher und H. Martin Geuder 3a post judica [19.3.] 1510. Ist also von den sachen geredt, das ainem erbern rate nach gestalt der leufd aller ende und nachdem sy vor andern under den wolfen gelegen, on stattliche ainigung der Ff. und stett, an dye sy den rucken lainen mögen, nit also ze sitzen sey, dann Bamberg möge ainem rate allain mit kainer austreglichen hilf wider ainen tapfern widerstand erschießen. So sey die ainigung mit Wirzburg und Eistett, wo die furgang erlang, nit hoch fruchtpar. Darumb Dr. Letscher in allweg rate, nit zu feyern, nach ainer austreglichen ainigung ze trachten. – Von Ff. konn er kainen fynden, meinen Hh. bequemer, dann Hg. Wilhelmen und Wirtenberg. Bey denen sey sich auch trauen und hilf zu fersehen. Möcht mit denen Menz und Mgf. von Baden auch eingezogen werden. Achtet er nit fur unfruchtpar, nachdem sie wider die Pfalz wol gelegen seien. Dann Hg. Friderichs von Sachsen halben werden on zweifel die andern stett und Ff. entsetzen haben, mit ime in ainigung ze komen, nachdem er der hilf halben an ainichen des punds verwandten nit grenitz und den pundsverwandten ganz entlegen. So sey er on des mit vil Ff. in ainigung, werde sich zuvor wider die Pfalz in ainich ainigung nit geben. Des Pfalzgf. halb, der ist noch nit restituirt und mit Wirtenberg, Hg. Wilhelm, Nurmberg etc. noch nit vertragen, darumb es sich auch nit wol mag erleiden. So achtet er, das Mgf. Friderich vil nützer ausser der ainigung dann darin sey, dann meniglich sey sein wesen bekant, und man verschreib sich, was man woll, so halt er nichtzit, geb auch sein anzale nit und mag ain rate wider ine zu ainicher hilf nit komen, muß auch ain rate alles das halten, so er gegen ine verschriben ist. Zudem, das er nit mög leiden, das ain erber rate Bamberg ausneme, dann on das were ime die ainigung wenig nütz. – Und wiewol die stett ausserhalb Augspurg, Ulm und dergleichen ainem rate wenig erschiesslich mit irer hilf, noch dann seien sy den pundsverwandten in furfallenden sachen der underschlauf halben nit unfruchtpar, hab auch dester mer ansehens, zudem, das in zeiten der ergangen ainigung, als er nit anders wiß, mit denselben klainen stetten, auch den prelaten und adel kain sondere rustigung oder costung nie im pund gelitten sey. Darumb er darzu auch nit ubel bedorf raten. – Wie aber die sachen anzeregen sein, sagt Dr. Letscher, er konn nit raten, das Nützel von wegen ains erbern rats sich derhalben im anfang und allain mit den zweien gemelten Ff. ytzo zu Augspurg anhenck, dann wo das beschehe, wurd es in so gehaymbder verporgenhait nit bleiben, sonder an der ksl. Mt. on zweifel gelangen und in ir Mt. gepildet, als ob Nurmberg die anfenger wern, ain ainigung furzunemen und darin ir Mt. auszuschliessen. Zu was ungnaden solchs wurd gelangen, ist nit schwer zu bedenken. – Und er acht es dafur, so die sach mit den Venedigern, als sich zu vermuten, beygelegt were, der zug wider die unglaubigen seinen furgang nit erlang und das es damit allain ain spiegelfechten sey. Nun mog ksl. Mt. der Sweizer halben kainer ainigung geraten, sonder muß auch ruckhald haben. Darumb wirdet ir Mt. gedenken, widerumb den swäbischen pund zu erneuern oder ainen andern ufzurichten. Und ob man gleich ir ksl. Mt. in solcher ainigung gern ausschließen wollt, so mag doch solchs wider seiner Mt. willen nit beschehen, dann ir Mt. wirdet sagen, dise ainigung sey on sein als ains röm. Ks. wissen und willen beschehen, deß sy zu tun nicht macht gehabt haben, als auch die warhait ist, und daruf gepieten, solche ainigung abzustellen by penen etc. – Uf das nun solche pundsainigung ain ansehen hab und on ungnad und verhinderung bestee, so muß auch die ksl. Mt. dareingezogen werden, dann obwol ksl. Mt. nit mer dann ir anzale in furfallenden sachen schickt, so mag doch ir Mt. mit irn erblanden aller ende den pundsverwandten wol erschießen. So ist man auch gewiß, das ir Mt. alsdann denselben geainigten in irem furnemen kain widerstand tut, hat auch sovil dester stattlicher ansehen. – Das soll man dem Nutzel anzaigen und dabey bevelhen, das er mit dem hauptman von Ulme und den von Augspurg rede habe und inen endecke, sie sehen, wie beswerlich es ytzo ain zeit lang den stetten zugestanden und, als zu besorgen, ye lenger und mer beschehen werde. Darumb irnhalben wol not, sich zusamenzutun, hynder etlich vertraulich Ff. als ruckhalder, bey den sich gnaden und hilf zu fursehen sey zu begeben. Dweil dann, wie sie wissen, die zeit des ausgangs der swebischen ainigung sich nehen [= nähern] werde, sey gut, dieselben sachen numaln zu bedenken, wie by inen on zweifel numer beschehen. Und darauf bitten, demselben nachzugedenken oder, wie derhalb ire gutbedunken und furnemen gericht sey, ine zu berichten. Wurden sy dann fragen, wie ain rate demselben nachgedacht hette, zu sagen, ain rate hett also die sachen bewogen, das nit schad, sonder fruchtpar were, die ainigung des punds mit ksl. Mt. und etlichen Ff., auch mit notdurftiger pesserung zu erstrecken. Und damit solchs on langen verzug beschehe, were not, das sie samentlich derhalben mit Hg. Wilhelmen und Wirtenberg hetten geredt und ir gemute auch vernemen, ob dan ir Gn. darzu auch geneigt werden. Mocht man nachdenken, von den andern, so man dareinnemen wollt, auch reden und dann an die ksl. Mt. gelangen lassen. Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei A-Laden Akten 118 Nr. 6 3. Mappe, fol. 43a-44a.