Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Berneck im oberen Inntal, 28. August 1510

Druck: Segesser, Abschiede, S. 501f.

Bestätigt den Empfang ihres Schreibens aus Zürich vom 24. August bzgl. der Knechte, die sie dem Papst gemäß dem mit ihm bestehenden Bündnis zugeschickt haben.1 Obwohl sie darin, wie schon in einem früheren Schreiben, beteuern, daß sie nicht beabsichtigen, ihn, den Kg. von Frankreich oder sonst jemanden anzufechten oder zum Krieg gegen sie anzustacheln, sondern daß sie die Knechte dem Papst nur zum Schutz der kirchlichen Besitzungen zur Verfügung stellen, so ist doch offenkundig, daß dieser die Knechte gegen den Hg. von Ferrara einsetzen will, in dessen Land er bereits eine erhebliche Truppenzahl unterhält und dem er etliche Schlösser und Städte abgenommen hat, och villicht gegen obbenannten unsern lb. bruder, den Kg. von Frankrich, des Hgt. Meyland und Hft. Genua halben, daruf dann die Venediger üwer zukunft erwarten und mit iren galen [= Galeonen] daselbs Genua nun ein gute zit ligen, einicherley fürzunemen sich underston möchte. Da sowohl der Hg. von Ferrara vom Reich belehnt ist als auch der Kg. von Frankreich mit Mailand, beide seine Verbündeten sind und sich zudem vorberürter sachen halb für uns als erwelten regierenden röm. Ks. alles rechten erbieten, können die Eidgenossen ermessen, daß er für den Fall, daß sie seinen Verbündeten Schaden zufügen, diesen beistehen muß. Ersucht sie deshalb in Anbetracht des Krieges, der aus der Angelegenheit erwachsen wird, die Ihren wieder heimzufordern und sich als gehorsame Glieder des Reiches zu erweisen, wie sie dies ihm und dem Reich schuldig sind. Gibt ihnen auch warnend zu bedenken, wie ihre Knechte unbeschadet heimkommen sollen, wenn sie allzu weit ziehen.2

Anmerkungen

1
 Dieses Schreiben liegt nicht vor. Allerdings hatten die Eidgenossen schon auf der Tagsatzung in Luzern am 18. August über ein (ebenfalls nicht vorliegendes) ksl. Schreiben beraten, in dem sie gerügt worden waren, daß die durch den Bf. von Sitten (Matthäus Schiner) dem Papst zugeführten eidgenössischen Knechte in Wirklichkeit den Venezianern zur Verfügung gestellt würden. Es wurde über mögliche Folgen dieser Handlungsweise diskutiert und ein Antwortschreiben an den Ks. beschlossen. Segesser, Abschiede, Nr. 368a. Auf der Züricher Tagsatzung am 21. August teilten die Eidgenossen zudem Papst Julius II. mit, daß sie vom Ks. durch scharfe Mandate ersucht worden seien, ihre Knechte heimzurufen, da diese letztlich zur Unterstützung der Venezianer und gegen den Kg. von Frankreich eingesetzt würden. Leisteten sie dieser Aufforderung nicht Folge, so könne er (der Ks.) den frz. Kg. als seinen Bruder nicht im Stich lassen. Damit drohe den Eidgenossen ein tödlicher Krieg mit dem Ks., dem ganzen Reich und Frankreich. Eine Verwendung der Truppen zugunsten der Venezianer verstieße zudem gegen die Einung der Eidgenossen mit dem Papst, die nur eine Verwendung der Truppen zum Schutz der Kirche vorsehe. Segesser, Abschiede, Nr. 369c.
2
 In Reaktion auf die fortwährenden ksl. Mandate riefen die Eidgenossen ihre Knechte tatsächlich wieder heim. Diesbezüglich teilte Basel am 5. September 1510 (donrstag nach Verene) Mülhausen im Elsaß mit, es habe von Zürich erfahren, daß Ks. Maximilian die Reichsstände und seine Erblande ernstlich wider die eidtgnosschaft mit hochen mandaten uffmanen solle und sie aufgefordert habe, zum 21. September (Mathei) in Ravensburg und dar nach by siner mt. zü Hagnow an dem Bodensee zu erschinen. Aufgrund dessen hätten die Eidgenossen ir hauptlutt und knecht, so sy in dienst bebstlicher heilikeit sind, wider abgemant. Druck: Mieg, Mulhouse, Nr. 42.