Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
[1.] Ersuchen des Ks. um Rat bzgl. der Sicherung von Verona und Friaul; [2.] Empfehlung zur Verstärkung der Besatzung einiger bedrohter Städte; [3.] Rat zur Wahrung positiver Beziehungen zu Frankreich und den Eidgenossen.
Augsburg, 20. Dezember 1511
Wien, HHStA, RK, Maximiliana 26 (alt 19b) 1511 Dez., fol. 55-59, Orig. Pap. m. S.
[1.] Haben vom Ks. drei (nicht vorliegende) Briefe erhalten. Im dritten schreibt er, nachdem die Eydgnossen den Kg. zu Frankreich so stark anfechten, daz euer Mt. gedenk, er möcht sein kriegfolk von Bern [= Verona] gar abfordern und des wider dieselben Aydgnossen und in ander weg notdurftig werden. In Anbetracht dessen weist er sie an, unverzüglich darüber nachzudenken, wie Verona und Friaul dennoch bewahrt werden können, und zwar sowohl auf friedlichem als auch auf militärischem Weg. Hierzu können sie keine besseren Empfehlungen geben als die folgenden:
[2.] Und nemlichen zum ersten, dieweil sich bey allen parteyen etwas selzam und geschwind practicen zutragen und sich euer Mt. keiner entlichen noch bestendigen hilf bey iren pundsverwandten nicht versehen, darzu, wie euer Mt. selbs anzeigt, ir sachen auf keinen entlichen friden setzen noch stellen noch mit irem volk in diser kalten zeit wider euer Mt. vind nichts fruchtparlichs handeln und furnemen mag und dis stat Pern und Graditsch, daran eur Mt., auch derselben land und leut diser zeit am maisten gelegen ist, zudem Görz, Triest und andere vom Ks. besetzte Orte nicht in sorg und geferlicheit gestelt werden, wil uns undertaniger meynung rätlich und fur gut ansehen, nachdem sich der Kg. von Frankreich bewilligt, als uns auch misser Andreas de Burgow zu versteen geben hat, eur Mt. in Bern zu disem winterleger 500 lanzen zu roß und 3000 zu fuß zu halten, das euer Mt., sofer es nit frid wirdet, dennocht in Bern zusampt den 850 knechten, die euer Mt. vor in den geslossen daselbst hat, noch 1100 teutsche knecht und 400 allerley teutsche, welsche und ander reuter in Pern schicke, desgleichen Graditsch mit 400 zu fueß und 200 zu roß, Görz behüt noch mit 100 und Triest auch mit 100 fueßknechten versehe. [...] Und nachdem aber, als zu besorgen ist, sich dasselb euer Mt. kriegsvolk in die besetzung keinswegs oder von ein andern ausserhalb bezalung irer schulden teilen oder pringen lassen werden und wir und sonderlich ich, Paulsen von Liechtenstein, umb gelt meiner merklichen und grossen schulden halben, darin ich mich von euer Mt. wegen verstrickt und ich zu bezalung derselben und erhaltung meins glaubens, wie ich dann euer Mt. zu mermalen schriftlichen zu versteen geben, gnug zu tun hab zu aufbringung des gedachten euer Mt. kriegsvolks noch auf ir kunftig underhaltung keinen weg anzuzeigen wissen und dabey von dem obgenanten Andre de Burgow sovil verstanden, daz sich euer Mt. bey dem Kg. von Frankreich auch keins gelts getrösten sol, muß euer Mt. selbs zu aufpringung desselben euer Mt. kriegsfolk und auf ir kunftig underhaltung ordnung geben, wie und in was gestalt oder wovon solich underhaltung beschehen sol. Dann wo sich euer Mt. der berurten underhaltung halben auf mich, Paulsen von Liechtenstein, oder auf die camer zu Ynsprugg verlassen, würde euer Mt. darinnen gesaumbt und dardurch die bestimpten euer Mt. besetzungen, auch ander ire land und leut in geferlicheit gestelt.
[2.] Und damit aber solich underhaltung dest statlicher beschehen müge, wissen wir darinnen euer Mt. keinen andern wege anzuzeigen, dann so euer Mt. noch der meynung und gemüts were, den ausgeschribnen reichstag seinen furgang haben zu lassen, daz sich euer Mt. den negsten und fürderlich diser stat hie, da dann solcher reichstag gehalten werden sol, zugenehert und ir treffenlich rät zu ir erfordert und mitsampt in von solcher underhaltung, auch, ob sich dise handlungen zu friden oder unfriden wenden, wie sich euer Mt. darinnen halten solle, ratslagen und daz alzeit mit guter vorbetrachtung tun. Dann wir sovil versteen haben, so uns euer Mt. gelaublichen zuschreibt, das die, gewißlichen solchem reichstag zuzuziehen, in willen ist und uns ungefarlichen einen tag benempt, darauf euer Mt. hie oder nit weit von diser stat seine wirdet, das vor euer Mt. zukunft vil Ff. und ander des Reichs stend hie ankumen werden. So dann solichs beschicht und euer Mt. auch hie oder in der nehend ist, zweyfelt uns nit, die andern Ff. und stend wurden sich auch nit saumen und den negsten solchem reichstag zuziehen. Darauf euer Mt. dann mit denselben Ff. und des Reichs stenden zu der gedachten underhaltung Bern umb gelt, auch auf künftig kriegszeit umb volk handeln mag. Die sich, als wir uns verhoffen, gutwilliglich gegen euer ksl. Mt. halten und erzeigen werden, doch das mitler zeit euer Mt., wie vor begriffen ist, auf daz bestimbt ir kriegsvolk mit bezalung und in ander weg fursehung tue. Wo euer Mt. aber nit gelegen, disen ausgeschriben reichstag seinen furgang haben zu lassen und ander mitel und weg wisset, davon euer Mt. kriegsvolk jetz und in kunftig zeit bezalt und underhalten werd möchten, waißt euer Mt. dasselb iren verordenten kriegsräten und commissarien wol anzuzeigen und in darauf bescheid zu tun, wo, wie und in was gestalt sy solich bezalung nemen und tun sollen.
[3.] [...] Und dieweil auch der Franzosen und Eydgnossen furnemen und handlungen noch auf der wag und zu glück steen und niemands waist, wie sich dieselben sachen für oder wider euer Mt. kerden, wil uns abermalen in al weg für notdurftig ansehen, daz sich euer Mt. darinnen gegen den Franzosen, auch den Eydgenossen dermassen halt, dardurch sy sich auf keinen teil wider euer Mt. besweren, und sonderlich noch bey den vier ortern in der Eydgnoschaft [= Basel, Freiburg, Solothurn, Schaffhausen] versuchen laß, die auch in die erbeinigung zu bringen. Und dannocht, so die sachen bey inen, den Franzosen und Eydgnossen, in verainigung oder die ein partey die ander auch in macht zu irem willen bringen würde, daz sy dannocht euer Mt. in die pundnus oder vereinigung, darein sy jetzo komen möchten, zu bringen wisse, dann euer Mt. diser zeit auch nicht klein daran gelegen sein wil. [...] Datum Augspurg am 20. tag Decembris Ao. etc. 11.