Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Österreich B, fol. 657–660’.

2. HA (Türkenhilfe): Billigung des Ausschussgutachtens als Resolution des FR. Zusätze: Zuordnung von Verordneten der Reichskreise zu den Pfennigmeistern. Keine Doppelbesteuerung von in Österreich begüterten Reichsständen. Vorbehalte der CA-Stände wegen der noch nicht geklärten Freistellung.

/657/ (Vormittag) Fürstenrat (Gesandte: Österreich, Bayern, Salzburg, Brandenburg-Küstrin Deutschmeister, Brandenburg-Ansbach, Bamberg, Jülich, Würzburg, Württemberg, Eichstätt, Baden [Mgf. Karl], beide Pommern mit Mecklenburg, Speyer mit Worms, Hessen, Straßburg mit Konstanz, Basel, Murbach und Johannitermeister, Augsburg, Freising, Regensburg, Passau, Merseburg, Naumburg, Fulda, Hersfeld, Prälaten, Wetterauer Gff., schwäbische Gff.).

Österreich proponiert: Gutachten des Ausschusses zum 2. HA (Türkenhilfe)1.

Umfrage. Österreich: Billigt das Gutachten und betont, daß solche hilff der kgl. Mt. genntzlich unnd unabgengig gelaist werden, unnd daß auch von ainer beharrlichen hilff, wie offtmaln vermeldeth, zuereden nit eingestelltt.

Bayern: Billigung. Unnd daß davon zuereden, wer die zuegeordneten sein solltten, so den fürsten, fürstmessigen oder grafen, dem das gelltt underthenig gemacht, zuezuordnen2. Inn dem sy inen liessen gefallen, daß dieselben auß den khraisen genomben etc. /657’/ Daß auch neben dem nitt weniger von ainer beharlichen hilff zureden.

Salzburg: Billigung des Gutachtens. Unnd wurde ir herr solche bewilligunng laisten. Allain wolltten sy auch daß vermelden: Nachdem ir herr inn der kgl. Mt. lannden güetter hett unnd dieselben mitt dennselben lannden versteüren müeßt, wo nun sein f. Gn. dem Reich auch dieselben versteüren solltt, fiel iren solches beschwerlich für. Begerte derweegen, daß die mittel fürgenomen, damitt sein f. Gn. mitt solcher dopplen steyr unnd anlag nitt beschweert würden3. Beharrliche Hilfe und Zuordnung zu den Pfennigmeistern: Wie Bayern.

Brandenburg-Küstrin: /657’ f./ Grundsätzliche Billigung des Gutachtens mit Ausnahme der Bestimmung, dass die /658/ stend mit ainem obersten zuverschonen: Achtete er, daß von nötten, ainen obristen zue haben, der dem kriegsvolckh, so daß Reich besoldeth unnd underhüelt, vorstüend. Doch stelltte er es dahin, was inn mehrerem bedacht, sich darvon nit abzuesönnderen. Mitt dem zuegeordneten zum gelltt, auß den chraisen zuenemen: Wie Bayrn. Doch erfordertte seins herren notturfft, die vorige seine vorbehelltt wider zuerholen, nitt allain der andern, hievor vermelltten puncten halb, sonder auch der freystellung etc. Und wölltt sich versehen, man würde fürhin inn religion sachen vleissiger als bißheer forttschreitten, damitt solcher punnct der freystellung dest ee und füeglicher erledigt etc. Der beharrlichen hilff halben achtete er auch, dz darvon zuereden. Unnd achtet, es möchte die berathschlagunng denn jetzigen verordneten zum ausschuß zue bevelhen sein etc.

Deutschmeister: Wie Bayrn.

Brandenburg-Ansbach: Ausschuß bedenckhen /658’/gefiel im, doch mitt dem anhang und condition wie Brandenburg [-Küstrin], daß dann ain oberster vons Reichs weegen geordnet; mitt repetierung der vorbehelltt, sonnderlich die freystellung belanngendt. Im ubrigen, wie davon geredt.

Bamberg: Ausschuß bedennckhen placet. Doch daß zu dem wortt „underthanen“ auch daß wortt „einwoner“ hinzu zusetzen4.

Jülicha: Ausschuß bedennckhen placet. Doch ist im nitt zuewider, daß deß, so der kgl. Mt. der doppel anlag halben an [!] Saltzburg gemeldt, anzubringen. De cetero wie Bayrn.

Würzburg: Wie Bayrn. Es khündt aber sein herr nitt mehr sovil laisten, alß da seine land unverderbt gewesen5. Doch wurd er sich also darundter erzaigen, daß die kgl. Mt. un zweifel benüegig sein wurd. Im übrigen wie Bayrn.

Württemberg: Befunden ausschuß bedennckhen recht gestelltt. De ceteris wie Bayrn, mitt hinzuesetzung deß worts „einwoner“, /659/ auch sonnderlich mitt erholung voriger vorbehälltt, wie marggraff Hannsen6 gesanndter davon geredt.

Eichstätt: Wie Bayrn und Bambergb.

Pommern mit Mecklenburg: Placet ausschuß bedennckhen. Allain daß er von Meckhlburg weegen zuemelden, daß sein f. Gn. mitt der condition hilff bewilligten, bevelch hett, wo der stifft Schwerin inn sein f. Gn. lannds annlag unnd mitt steur gelassen wurde7.

Speyer mit Worms: Placet ausschuß bedennckhen. Anderer bedennckhen halb wie Bayrn, Württemberg unnd Gülch. Hat für Worms noch keine Weisung.

Hessen: Billigung. Doch daß verner zuercleeren, das nitt allain die bewöglichen, sonnder auch die unbeweglichen güetter inn dise steür zue ziehen. Sonnst, daß man mitt dem religion articl fürfier8.

/659 f./ Straßburg mit Konstanz, Basel, Murbach und Johannitermeister: Billigung. /659’/ De ceteris verglich er sich mitt dem mehreren. Allain Basel halben: Wißt man desselben herren unvermügen9.

Augsburg: Billigung. Allain daß seins herrn unnderthanen inn vil weeg unnd sonnderlich junngst durch die musterplätz hart verderbt weren. Doch wurd sich sein f. Gn. von anndern nit absöndern, sonnder laisten, was müglich. Der übrigen puncten halb wie das mehrer.

Freising: Billigung. Allain weil der moderierten anschläg meldung gescheh: Wer sein herr noch nitt moderiert. Sein herr hett auch nit über neündthalb thausent guldin einkhombben inn allem, unnd wurd im aber dise hilff seiner f. Gn. anschlag nach über 9 000 guldin anlauffen, one was er inn Osterreich innsonderheitt laisten müeste. /660/ Darumb begerte er, daß deßwegen beschaidennhait gehalltten, dann es im also und sonderlich an beeden orthen, alls am Reich unnd in Osterreich, zue laisten unmüglich. Darumb solcher doppl anlagen halben innsonderheit einsehen beschehen unnd inn abschid gebracht werden sollt.

Regensburg: Billigung. Es wurd aber seim herren zuelaisten unmüglich [sein]. Er welltt aber sein vermügen laisten, doch daß gleichheit gehalltten. Wegen der Doppelbesteuerung wie Salzburg und Freising, sonst wie die Mehrheit.

Passau: Billigung. Allain daß sein herr auch noch nit moderiert, unnd daß er inn österreichischen lannden begüettet unnd mitt doppel anlaagen beschwerdtt. Dazu wie Salzburg.

/660’/ Merseburg, Naumburg: Wies mehrer.

Fulda: Will laisten, waß seins herren vermügen. Unnd placet ausschueß bedennckhen.

Hersfeld: Placet ausschueß bedenckhen.

Prälaten: Idem, unnd im übrigen wies mehrer.

Wetterauer Gff. 10 , schwäbische Gff.: Placet ausschuß bedennckhen.

Damit Billigungc  des Ausschussgutachtens [als Resolution des FR zum 2. HA]11.

FR wünscht sofortige Korrelation mit KR zum 2. HA. KR schiebt diese auf, da er inn seim mittell noch nit verfaßt.

Anmerkungen

1
 Nr. 475.
2
 Vgl. die Einfügung in der Resolution des FR: Nr. 475, Anm. m.
3
 Vgl. die Einfügung in der Resolution des FR: Nr. 475, Anm. p. Der persönlich am RT anwesende Ebf. Michael von Salzburg befürchtete allerdings, man werde hinsichtlich der Doppelbesteuerung trotz der Unterstützung durch andere Reichsstände beim Kg. wenig oder gar nichts erlangen (Schreiben an Bf. Wolfgang von Passau; Regensburg, 25. 1. 1557: HStA München, Passauer Blechkastenarchiv 4 Nr. 43 [neu 20], unfol. Or.).
4
 Die Ergänzung wurde nicht in die Resolution des FR übernommen. Vgl. Nr. 475, fol. 294 [Unnd insonderheit ist ... derselbenn unnderthonen iren ertzbischoven].
a
 Jülich] In Österreich A (fol. 581’) fehlt Jülich in der Umfrageliste. Der Inhalt des Votums wird dort Bamberg zugeordnet. Hessen (fol. 80) wie Textvorlage.
5
 Vgl. Anm.2 bei Nr. 162.
6
 = Brandenburg-Küstrin.
b
 Bamberg] Hessen (fol. 80) zusätzlich: Baden [Mgf. Karl]: Wie Württemberg.
7
 Im Hst. Schwerin verweigerte bereits Bf./Administrator Magnus von Mecklenburg (1516–1550) die Manifestierung der Reichsstandschaft bei der Leistung von Reichssteuern. Sein Nachfolger Ulrich von Mecklenburg sagte bei der Wahl zum Administrator 1550 zwar zu, daraus kein Präjudiz für eine Dynastisierung abzuleiten, hielt trotz der Mahnungen von Kapitel und Stiftsständen die Reichsstandschaft aber nicht aufrecht. Als Ulrich bei der Landesteilung 1555 zugleich Hg. von Mecklenburg-Güstrow wurde, blieb das Hst. Schwerin zwar nominell unabhängig, faktisch wurde es dem Hgt. Güstrow angegliedert. Dennoch stellte der Reichsfiskal noch 1561 die Reichsstandschaft fest ( Wolgast, Hochstift, 229–234).
8
 Vgl. zum hessischen Votum ausführlicher den Bericht der Gesandten an Lgf. Philipp vom 3. 1. 1557: 1) Bewilligten die 8 doppelten Römermonate nicht precise, sondern nur mit der allgemeinen Zusage, Lgf. werde sich woll zuverhalten wissen. 2) Kritisierten die zu kurzfristigen Erlegungstermine. 3) Bestanden auf der Moderation des eigenen Anschlags. 4) Keine Beschränkung der Besteuerung uffs capital und ligende guter (StA Marburg, Best. 3 Nr. 1247, fol. 94–95, hier 94’. Konz. Hd. Lersner). Vgl. zum letzten Punkt die Weisung des Lgf. vom 13. 10. 1556 (Kassel): Sollen dafür eintreten, dass für die Steuerveranlagung der Untertanen nicht nur das capital und liegende Güter wie Haus, Hof, Äcker, Wiesen etc. herangezogen werden, sondern auch Renten, Zinsen, Bargeld und andere Einkünfte (ebd., Nr. 1245, fol. 100, 101’. Kop.).
9
 Vgl. Anm.13 bei Nr. 182.
10
 Vgl. den Bericht des Gesandten J. Lieberich vom 14. 1. 1557 an die Wetterauer Gff.: Allgemeine Billigung der 8 doppelten Römermonate, wenngleich die Bff. von Würzburg, Bamberg, Speyer, Augsburg, Freising und Regensburg sowie der Abt von Fulda /348/ sich ettlichen köndlicher beschedigung und verderbens irer unterthanen beclagtt. Auf der weltlichen Bank allgemeine Billigung der kgl. Forderung (welchs [ich] mich nit versehen), nur Hessen hat die Moderation des Anschlags vorausgesetzt. Eigenes Votum für die Wetterauer Gff.: Zwar Hinweis auf die erlittenen beschwerungen, jedoch Anschluss an eine einhellige Bewilligung von KR und FR (HStA Wiesbaden, Abt. 171 R 421, fol. 346–353’, hier 347’–348’. Kop.). Die Wetterauer Gff. billigten in einer späteren Weisung, die auf diesen Bericht noch nicht eingehen konnte, dass Lieberich sich trotz der offenkundigen eigenen Notlage der Gff. und Untertanen der Bewilligung anderer Stände anschloss, falls eine neue Steuer nicht zu umgehen wäre (undatierte Weisung Gf. Johanns von Nassau-Beilstein namens aller Gff.; Beilstein, o. D. 1557, jedoch kurz nach 21. 1.: Ebd., fol. 337–341, hier 338’–340. Kop.).
c
 Billigung] Würzburg (fol. 159’) differenzierter: Billigung mit dem Zusatz, dass den ober pfennigmeistern etliche alß under pfennigmeister zugeordnet und dieselben aus den kraißen genomen werden solten. Die angeregte Verordnung eines Kriegsobersten von Reichs wegen wird mehrheitlich abgelehnt, um die damit verbundenen Unkosten zu sparen.
11
 Vgl. Nr. 475.