Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Österreich B, fol. 699–701’.

2. HA (Türkenhilfe): Billigung des Ausschussgutachtens zur Triplik des Kgs. als Resolution des FR gegen die Einwände Österreichs.

/699/ (Vormittag) Fürstenrat. Österreich führt an diesem Tag den Vorsitz und referiert nochmals das Gutachten des FR-Ausschusses zur Triplik des Kgs. beim 2. HA (Türkenhilfe)1.

Umfrage. Österreich: Billigung mit Ausnahme von fünf Punkten: 1) Ausschuss lehnt die Zusatzforderungen des Kgs. als Ersatz für verlorene oder unsichere Stände sowie für Anritt- und Laufgeld etc.2  ab. Österreich hat dem hier widerfochten und von neuem merlay ursachen unnd motif außgefiert, warumb ain /699’/ solches die hoche, unvermeidliche notthurfft, neben unnd sampt erholung deren argumenten, so die kgl. Mt. inn irer resolution auch gepraucht. Und demnach mitt irem voto geschlossen, solche begeren der kgl. Mt. mit nichten abzuschlagen. 2) Gleicher gestallt auch außgefüert, warumb die berathschlagung unnd fürnemung der beharrlichen hilff khains weegs lenger einzustellen, sonnder on alles verziechen jetzo allsbald an die hannd zu nemen etc. Unnd darneben deß außschuß motif bey disen beeden punctenn manglung halben bevelchs etc. mit dem abgelaint, das wol auff ratification procediert unnd gehanndelt werden möchte. 3) Der groben müntz halben, unnd das auff der kgl. Mt. begeren3 dieselbe fürsechung also in genere unnd dahin gestellt werden sollt, das sich ain jeder stanndt selbst /700/ der gepur etc. verhalltenn wurd etc.4: Achteten sy dargegen für ain sondere notthurfft, auff das zu meerer richtigkheit solcher groben müntzen unnd derselben sorten halb ain lauttere specification, wie sich deren zuvergleichen, inn den Reichs abschid gebracht werden solte. 4) Die termin der bezaalung belangendt5: Das es deren wegen bey der kgl. Mt. resolution zulaßen sein sollt. 5) Was dann fürs fünfft und letst die angezognen finantzen der prophiant belangte6: Hielten sy wol darfür, das guetter verordnung nitt wenig von nötten, wüßten auch wol, das ettwa inn vorigen veldzügen deß ortts allerhand unordnung fürgegangen wer. Wie sich aber dieselben nicht auß mangl oder verursachung der kgl. Mt. oder das ir Mt. zu irem thaill ettwas vortails dar- /700’/ undter gesuecht, zugetragen hetten, also wäre auch nitt zu zweifflen, ir Mt. wurden nun für sich selbst auff die weeg bedacht sein, damit dergleichen geprechen fürhin fürkhomen. Doch liessen sy inen nitt mißfallen, das irer kgl. Mt. von der stennd weegen deßhalb anregung gethon wurd, aber doch beschaidenlich unnd sonnderlich mit außlassung deß wortts „finantz“ etc.7

Bayern: Liessenn es bey deß außschuß bedenckhen bleiben. Allain der groben müntz halben gefiel inen das osterreichisch bedenckhen der specification halben.

Mehrheitsbeschluss: Entsprechend Bayerna , also Billigung des Ausschussgutachtens als Resolution des FR 8.

Zusätze und Einschränkungen: Worms: Hat erst kürzlich Weisung erhalten, des Bf. armuett und ver- /701/ derben anzuzaigen, und da er ainige hilff willigenn sollt, das er vom stifft enntweichen müeßt. Hett grossen schulden last gefunden, wer noch nitt zallt; wär im9 auff die vilfältigen craißthäg unnd derselben außschreiben10 vil geloffen, item die brandtschatzung11, also das im khaum sovil uberbliben, das er sein bischoffliche tafl unnd besoldung der diener underhalten möcht. Item das ime in spiritualibus durch den augspurgischen abschid alle gaistliche jurisdiction enntzogen12 oder doch die gfäll unnd zechenden, darzu gehörig, abgedrungen. Darumb bett er, sein zuverschonen unnd mit processen nit zubeschweren; deß erpiettens, so er hernach zu besserem stannd khom unnd der beschwerden erledigt, was aim gehorsamen standt gebürt, laisten [werde].

Straßburg mit Basel: /701 f./ Bringt für den Bf. von Basel vor, /701’/ das er armuett und der schweitzer expilation halben13 gar nichts geben khündtb.

Das übrig aber vorgehörter gestallt vast ain ainhellige mainung geweßt.

Anmerkungen

1
 Nr. 477. Erste Vorlage am 24. 1.: Österreich B, fol. 697 [Nr. 180].
2
 Vgl. die Triplik des Kgs. [Nr. 437], fol. 236–237 [Und nachdem von ... ettwas erstattet werde.].
3
 Vgl. die Triplik des Kgs. [Nr. 437], fol. 239 f. [Dabeneben aber wöllen ... verwechsseln musten.].
4
 Vgl. das Ausschussgutachten [Nr. 477], fol. 407’ f. [Zur Bitte um ... zufriden sein werde.].
5
 Vgl. die Triplik des Kgs. [Nr. 437], fol. 239’–240’ [Die in der Duplik ... gethan werden möge.] und das Ausschussgutachten [Nr. 477], fol. 408’–409’ [Lediglich zur Bitte ... gesaumbt sollen werden.].
6
 Vgl. das Ausschussgutachten [Nr. 477], fol. 410’ f. [Darbei erwägt aber... abgestellt werden.].
7
 Der Ausdruck „finanz“ wurde im 16. Jahrhundert negativ konnotiert mit Betrug, List, gewinnsüchtiges Verhalten ( Grimm III, 1639).
a
 Bayern] Würzburg (fol. 192’) differenzierter als Bestandteil des Mehrheitsbeschlusses: Der fünfte Einwand Österreichs wird mit dem Argument abgelehnt, dass mit dem wortlein „finantz“ die kgl. Mt. nit, sonder die jhenigen, so sich under den haupt- und bevelch leuten solcher finantz understeen und gebrauchen etc., gemeint seien.
8
 In der Resolution [Nr. 477] wird auch der Abschnitt zur Erlegung der Steuer in Großmünzen gegenüber dem Ausschussgutachten nicht revidiert.
9
 = ihm: Bf. Dietrich II. von Bettendorf (reg. 1552–1580).
10
 Der Bf. von Worms war neben dem Pfgf. von Simmern ausschreibender F. im Oberrheinischen Kreis. Vgl. Malzan, Geschichte, 195–197; Dotzauer, Reichskreise, 209.
11
 Bezugnahme auf den Angriff des Mgf. Albrecht Alkibiades auf das Hst. Worms 1552: Flucht des Bf. aus Worms, Rückkehrerlaubnis nur gegen Zahlung von 12 000 fl.; anderweitige Brandschatzungen. Vgl. Voigt I, 333 f.; Brück, Kurmainz, 211; Petri, Jahr, 305 f.
12
 Bezugnahme auf den Religionsfrieden (Art. 8) im RAb 1555, § 20 ( Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 390 S. 3110 f.).
13
 Bezugnahme auf die seit Beginn des 16. Jahrhunderts andauernden Übergriffe vor allem der Städte Basel und Bern auf Ämter, Rechte und Einkünfte der Bff. von Basel. Vgl. zur diesbezüglichen Entwicklung vorrangig im Verhältnis mit der Stadt Basel seit den 1520er Jahren: Berner, Politik, bes. 9–68.
b
 khündt] Hessen (fol. 102’) zusätzlich: Votum Hessen: Lgf. bewilligt die Hilfe nunmehr in der beschlossenen Höhe. Haben zu den Zusätzen keine Weisung. Derzeit noch keine Beratung der beharrlichen Hilfe, sondern erst zusehen, wes man sich zu andern [auswärtigen Potentaten] zuversehen.