Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Österreich B, fol. 715–720’.

2. HA (Türkenhilfe): Zwischen KR und FR strittige Punkte für die Quadruplik der Reichsstände. Geteilte Beschlüsse zur Höhe der Bewilligung und zur beharrlichen Hilfe. Nebenpunkte.

/715/ (Vormittag) Fürstenrat. Österreich proponiert: Mit KR noch strittige Punkte zur Triplik des Kgs. beim 2. HA (Türkenhilfe).

Umfrage. Österreich: /715–716/ Fasst zuerst die mit KR verglichenen Punkte zusammen: 1) Erbieten des Kgs., fremde Potentaten um ihre Beteiligung an der Türkenabwehr zu ersuchen. 2) Keine Beratung einer beharrlichen Hilfe noch auf diesem RT. 3) Genauere Spezifizierung der gangbaren Münzen für die Erlegung der Steuer. 4) Ansuchen an die Reichsritterschaft und die Hansestädte. 5) Erbieten des Kgs., das Feldoberstenamt zu übernehmen. 6) Maßnahmen gegen übermäßige Verteuerung des Proviants. 7) Erbieten des Kgs. bezüglich seines und seiner Erblande Beitrag. 8) Nochmalige Bitte an den Kg. wegen der doppelt besteuerten Reichsstände.

/716–717/ Noch strittige Punkte: 1) Hauptfrage der Steuerhöhe, die auch innerhalb des KR noch nicht verglichen ist. 2) Anfrage bei auswärtigen Potentaten auch durch die Reichsstände sowie die Kgrr. Ungarn und Böhmen. 3) Berufung eines Generalleutnants. 4) Erlegungstermine, die auch innerhalb des KR noch strittig sind. 5) Klausel im RAb bezüglich der künftigen Beratung einer beharrlichen Hilfe. 6) Verordnungsmodus für die Musterherren. Davon getrennte Benennung der Pfennigmeister. 7) Umlegung der Steuer auf die Untertanen ohne vorherige Landtage sowie Zusatz des KR wegen der Musterplätze. 8) Annahme des Erbietens der ungarischen und böhmischen Gesandten vor oder erst nach ihrer Beantwortung. 9) Abforderung deutscher Söldner von auswärtigen Potentaten.

/717/ Österreich beharrt zu den strittigen Punkten nochmals darauf, sich gänzlich der Triplik des Kgs. 1  anzuschließen.

/717 f./ Dagegen Mehrheitsbeschluss: Insgesamt Anschluss an KR mit Ausnahme von fünf Punkten: 1) Höhe der Steuer. 2) Erlegungstermine. 3) Klausel im RAb bezüglich der Beratung der beharrlichen Hilfe. 4) Verordnung der Musterherren nicht durch die Reichsstände, sondern durch die Reichskreise. 5) Keine Klausel zum Verzicht auf Landtage wegen der Umlegung der Steuer auf die Untertanen.

/717’/ Unnd ist beschlossen worden, das diser 5 puncten halben auff dem vorigen deß fürstenraths bedenckhenn nitt allain inn jetzigem, sonnder auch inn dem referieren, so von aller stennd weegen an die kgl. Mt. zupringen etc., zuverharren sein sollte, unangesechen das ir Mt. hierdurch mitt gespalltnen mainungen zubeschwern.

/718/ (Nachmittaga ) /718–719’/ Kurfürstenrat und fürstenrat. [Entsprechend Protokoll des KR, 701–705. Differenzierter zur Resolution des KR, Punkt [6], Musterherren und Kriegsräte:] /718’/ Keine Verordnung durch die Reichskreise, weil diese türggen hilff /719/ khain craiß-, unnd2 ain gemaine Reichs hilff unnd dermassen angesechen wer, das ain yeder stannd sein angebür inn die benennten legstett unnd nit inn die craiß richtig machen solte etc. Verordnung der sechs Musterherren: Drei durch KR, zwei durch FR, einer durch SR.

/719’/ fürstenrat. /179’ f./ Mehrere Umfragen, um zu einer Einigung mit KR zu kommen3.

/720 f./ Kurfürstenrat und fürstenrat. [Entsprechend Protokoll des KR, 706–708. Differenzierter:] /720/ Vergebliche Verhandlungen biß tieff inn die nacht um die Anzahl der Musterherren. b– Die kfl. Gesandten beharren darauf, dass sy die merer zal haben, unnd dem fürstenrath die weniger zumuetten wöllen4. Deß aber der fürstenrath nitt allain nit annemen, ja auch die gleicheit der personen zwischenn beeden räthen nitt willigen wöllen, auß ursach, das die gröste außgab auff inen ligt, das auch der stennd 4 im fürstenrath, alls nemblich die gaistlichenn, zum anndern die welltlichen fürsten, am dritten die prelaten, zum vierdten die graven und herrenn deß Reichs darundter begriffen seind. /720’/ Sonnder im fürstenrath dahin laboriert unnd gefochten worden, das auß desselben raths mittel (darinnen der stend sovil begriffen) ain meerere anzal zu musterherren und khriegs räthen etc. genomen werden sollt. Wie es dann die churfürstischen bestendigkhlich ersuecht unnd gebetten worden, das sy zu einziechung vile der personen zwo auß inen, 3 auß dem fürstenrath unnd aine von den stettenn deputieren helffen wolten etc. Es hatt aber solcher fürschlag nitt hafften wöllen, sonnder, ye lenger man gehanndlt, ye weitter man dises abennts deß puncten halben vonainander khomen–b. Unnd diß abennts khain vergleichung volgen wöllen uber alle lange und embsige hinwider, sonnderlich durch die osterreichischen referennten gepflegne hanndlung.

Anmerkungen

1
 Nr. 437.
a
 Nachmittag] Würzburg (fol. 203) differenzierter: 3 Uhr.
2
 = sondern.
3
 Die Textvorlage sowie auch Würzburg zeichnen keine Voten aus diesen Umfragen auf.
b–
 Die ... khomen] Würzburg (fol. 207’) differenzierter: Nach längeren Verhandlungen bietet KR als Vergleich an, die Zahl der Musterherren auf 7 zu erhöhen, so dass KR 3, FR 3 und SR einen stellen können. FR lehnt dies in Anbetracht dessen ab, das die churfursten allenthalben inn den verordnungen mit der anzal dem fursten rath gleich sein wolten, dann dardurch dem fursten rath von den churfurstlichen immer ein eintrag uber den andern beschee. Und demnach darfur geachtet, das dem fursten rath, darinnen vil stend begriffen, auch in erwegung, das dieselben wol sechs oder siben mal mher dann der churfursten rath /208/ contribuiren und geben muesten etc., inn alweg mer personen zuverordnen geburte dann den churfursten, so haben sie demnach den churfurstlichen auß erzelten ursachen disen furschlag gethan: Dieweil sie, die churfursten, ir anzal nitt ringern wolten, und aber im furstenrath vil stend, so wolten sie den churfursten die drei personen zulassen, aber aus dem furstenrath sechs personen ordnen, nemlich 2 von wegen der geistlichen fursten, 2 von wegen der weltlichen fursten, 1 von wegen der prelaten und 1 von wegen der graven und herren. Und solten die stett auch ein person geben. Da keine Einigung möglich ist, wird die Beratung bis morgen aufgeschoben.
4
 Vgl. dazu den späteren Bericht des sächsischen Gesandten Tangel an die Hgg. vom 21. 2. 1557: /260’/ Die churfurstliche rethe brauchenn sich irer praeeminentz wol: Es falle ettwas vor des colloquii oder turckennzugs halbenn, so ziehenn sie die embter unnd bestellunge derselben zu sich unnd lassenn oder gebenn dem furstenrath, was sie gelustet. /260’ f./ Ein Beispiel ist die Besetzung der Ämter für den Türkenzug, von denen KR für sich 3 beansprucht hat. Von den restlichen 5 entfällt je eine Stelle an SR, Prälaten und Gff., weshalb für geistliche und weltliche Ff. jeweils nur ein Deputierter bleibt. Dagegen beschwerten sich die weltlichen Ff., /261/ da ein jeder furst fur sich ein glied des Reichs und vollenn gewalt vor sich zustimmenn alleine hette, da doch alle graven zusamen nicht mehr als ein stimm habenn. Dies wurde mit dem Argument abgelehnt, dass Prälaten und Gff. dem Reich insgesamt mehr kontribuieren als die geistlichen und weltlichen Ff. (HStA Weimar, Reg. E Nr. 180, fol. 259–262a’, hier 260’–261’. Or.).