Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Kurpfalz C, fol. 195–196’.

Keine Vereidigung, jedoch Verpflichtung der Kolloquenten und Adjunkten zur Geheimhaltung der Verhandlungen des Kolloquiums.

/195/ (Vormittag) Versammlung der CA-Stände (Kurpfalz, Kursachsen, Kurbrandenburg, Pfalz-Zweibrücken, Brandenburg-Ansbach, Württemberg, Hessen, Pommern, Wetterauer Gff., Stadt Straßburg).

/195 f./ Kurpfalz proponiert und votiert: [1] Die katholischen Stände im Religionsausschuss drängen darauf, nicht nur die Notare, sondern auch Kolloquenten, Adjunkten und Auditoren auf die Geheimhaltung bis zur Akteneröffnung nach dem Kolloquium zu vereidigen1 . Kurpfalz befürwortet entsprechende Vereidigung aller Teilnehmer2  mit Ausnahme der Präsidenten. [2] Verpflichtung der Notare und Substituten zur Verzeichnung der Voten und zur täglichen Kollationierung der Akten nach den Verhandlungen im Beisein der Präsidenten. [3] Herstellung einer gewissen Anzahl von Abschriften als Mundierung der Akten durch die Substituten im Beisein eines Präsidiumsmitglieds.

/195’/ Umfrage. Kursachsen: [1] Es ist nit rathsam, die colloquenten, adjuncten oder auditorn schwere[n]3 oder angeloben, dan ob sie schon schweren, were ir aigenschafft der theologen, das sie nit hielten, musten schreiben, wurden dardurch mainaidig, und konndten die herrn der sachen nit bericht werden; sonnder anzuzaigen, seie vorhin auf keinem colloquium der gebrauch gewesen, wiewoll es an sie4 gesonnen, jedoch aus allerhanndt beweglichen guten ursachen abgeschlagen worden5; mit vermeldung, man wolte dieses thails daran sein mit ernnstlichen erinnerungen, das sich die theologen des schreibens ennthalten unnd aller gebuer verhalten sollen. [3] Anfertigung von 3 Aktenexemplaren: je eines für den Kg., für die CA- und für die katholischen Stände.

/196/ Kurbrandenburg: Wie Pfaltz.

Pfalz-Zweibrücken: Wie Sachssen.

Brandenburg-Ansbach: Die Kff. und Ff., die dem Präsidium beigeordnet werden, sollen assessores und nit adjuncti propter differentiam der andern adjuncten6 genent werden. [1] Collocutores sollen angeloben, weil sie nit von wegen irer herren, sonder an stat des ganntzen Reichs aldo handlen, und nichts von inen schreiben, weder herrn noch anndern. Dan die theologi die ding nit in gleichem verstanndt möchten einnemen, und so sie von inen schreiben, wurde einer sein herrn anders als der ander berichten. Daraus vil unrichtigkeiten ervolgen wurden.

Württemberg: Indifferens.

Hessen: Wie Pfaltz und Brandenburg zu Onoltzbach.

Pommern, Wetterauer Gff., Stadt Straßburg: Dergleichen. Dan das colloquium mit verschlossner thur angefangen werden soll, derwegen sie leiden mochten, veraidigt wurden.

/196’/ Beschluss: Die CA-Stände werden im Religionsausschuss votieren, das man den theologis unsers tails wolle ernnstlich einbinden unnd sie dahin vermögen, sich schreibens zuenthalten. Wo sie es aber uberdretten wurden, solten sie daruber zu red gesetzt unnd nach gelegenheit der sachen aus dem colloquio amovirt werden.

Anmerkungen

1
 Vgl. Religionsausschuss am 15. 2. 1557, 2. Umfrage, Voten Kurmainz, Salzburg, Augsburg: Kurmainz A, fol. 168’, 169’ [Nr. 337].
2
 Dagegen lehnte Kf. Ottheinrich in der Weisung vom 6. 3. 1557 (Heidelberg) eine zu eng gefasste Geheimhaltung (vgl. die Quadruplik [Nr. 431] mit Anm. 11) entschieden ab: Er wollte sie nur auf die Akten des Kolloquiums beschränken, während es den Kolloquenten ansonsten freistehen sollte, mit anderen /425/ theologis und gotsförchtigen leuthen [...] von den artickln religionis, wie dieselben etwo gantz wichtig furfallen mögen, zucommunicirn. Geheimhaltung sei gefährlich, angesehen das etwo uff ein oder wenig personen so hohe sachen nit zustellen, da man Glaubensfragen /425’/ nicht im winckel, sonder am tag handlen soll und das liecht, wie die papisten thun, mit nichten scheuen. Mit ähnlicher Begründung wies er die eingeschränkte Beiziehung von Räten durch die dem Präsidium zugeordneten Assessoren [vgl. Nr. 431, fol. 489’] zurück (HStA München, K. blau 106/3, fol. 423–430’, hier 425–426. Or.; präs. 12. 3.). Auch die Hgg. von Sachsen lehnten in der Weisung an Tangel vom 3. 3. 1557 (Weimar) ab, dass die Kolloquenten /66/ an ihre herrnn unnd obern nichts sollen lassenn gelangen, da es /66’/ ann ime selbst billich, das Gottes worth offentlich unnd nicht so enge unnd heimlich gehandeltt sol werden (HStA Weimar, Reg. E Nr. 181, fol. 65–68a’, hier 66 f. Or.).
3
 = schwören, den Eid auf Geheimhaltung ablegen.
4
 = die Kolloquenten bzw. Theologen.
5
 Bezugnahme auf die Debatte um die Eidesleistung der Kolloquenten beim Religionsgespräch 1546. Vgl. Anm.3 bei Nr. 338.
6
 = der den Kolloquenten beigeordneten Theologen.