Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Die Protokollierung für die Sondersitzungen der CA-Stände auf dem RT 1556/57 lässt erkennen, dass die Zusammenkünfte im Unterschied zur institutionalisierten Form im letzten Jahrhundertdrittel1  noch über keinen festen Rahmen verfügten, sondern auch von den Teilnehmern selbst in Abgrenzung von den „offiziellen“ Kurienverhandlungen in KR, FR und SR als Unterredungen offiziösen bzw. privaten Charakters betrachtet und bezeichnet wurden: Vielfach ist von „privat tractation“ oder von Zusammenkünften in „privato colloquio“ die Rede2 . Daneben deutet wohl auch die unvollständige Protokollierung etwa durch Kurpfalz, die viele Sitzungen gänzlich übergeht, auf den eher inoffiziellen Charakter und die noch wenig institutionalisierte Form dieser Beratungen hin. Sie werden deshalb terminologisch abweichend von späteren RTT nicht als „Rat der CA-Stände“, sondern als Versammlung der CA-Stände“ bezeichnet.

Inhaltlich beschränkten sich die Verhandlungen auf die Religionsfrage, also den Religionsvergleich (Einrichtung des Ausschusses, Vorbereitung des Kolloquiums), die Bekräftigung des Religionsfriedens und die Freistellungsforderung (zunächst im Rahmen der Geschäftsordnungsdebatte des RT, folgend als Eingabe an den Kg. und als Reaktion auf dessen Antwort). Versuche, anderweitige Themen wie etwa die Türkenhilfe zur Sprache zu bringen, wurden mehrheitlich abgelehnt3.

Folgende Protokolle wurden ermittelt:

1) Kurpfalz C 4 : Verlaufs-, teils Votenprotokoll, das mit den Eckdaten 21./22. 8. 1556 und 12. 3. 1557 zwar annähernd den gesamten Verhandlungszeitraum umfasst, jedoch bei Weitem nicht alle Sitzungen aufzeichnet. Folgende Versammlungen werden protokolliert: 1556: 21. 8., 4. 9., 13. 11., 8. 12., 13. 12., 22. 12., 27. 12.; 1557: 15. 1., 22. 1., 23. 1., 25. 1., 5.–8. 2., 16.–18. 2., 23. 2., 27. 2., 3. 3., 12. 3.

2) Württemberg A 5 : Reinschriften von zwei Protokollabschnitten für 21./22.8. und 4. 9. 1556, von denen Ersterer als Vorlage für die Kurpfälzer Protokollierung diente6  und dieser damit wörtlich entspricht, während Letzterer seinerseits eine nur leicht bearbeitete Abschrift von Kurpfalz C für 4. 9. darstellt.

3) Württemberg B 7 : Aufzeichnungen von vier Beratungen der CA-Stände. Die Einträge für 21./22.8. und 4. 9. 1556 entsprechen der Reinschrift in Württemberg A. Für die Sitzung am 24. 9. wird lediglich das Thema skizziert und ansonsten inhaltlich auf einen Bericht an den Hg. verwiesen. Der vierte Abschnitt (9. 10. 1556) beinhaltet nur die Billigung der Eingabe zur Freistellung an den Kg. 8  Ein folgender Schlussvermerk weist darauf hin, dass die Verhandlungen der CA-Stände vom 12.–14. und am 17. 11. 1556 einem RT-Bericht zu entnehmen seien. Die knappe Württemberger Protokollierung bietet damit für die Versammlungen der CA-Stände keine Ergänzungen gegenüber Kurpfalz C.

4) Sachsen A 9 : Von Dr. H. Schneidewein verfasstes Votenprotokoll in Berichtsform, das sich auf die Sitzungen am 21./22. 8., 4. 9. und 24. 9. 1556 beschränkt.

4a) Sachsen B 10 : Von Dr. H. Schneidewein verfasstes Votenprotokoll für 24. 9. 1556.

5) Nürnberg B 11 : Protokoll nur für die Sondersitzung der protestantischen Städte am 13. 3. 1557.

Daneben finden sich Aufzeichnungen für die Zusammenkünfte der CA-Stände in einigen FR-Protokollen: Württemberg verweist anfangs auf ein Sonderprotokoll für die CA-Beratungen, integriert diese aber ab Ende November in das laufende FR-Protokoll, wenn auch nur sehr knapp und unter Verweis auf die entsprechenden Berichte. Ebenso zeichnen Hessen (FR), Hessen A (Religionsausschuss) und Sachsen (FR) einige Sitzungen auf. Die in Nürnberg B dokumentierte Versammlung der protestantischen Städte ist zudem im SR-Protokoll der Stadt Augsburg enthalten12.

Als hauptsächliche Textvorlage kommt in Anbetracht des fragmentarischen Charakters aller anderen Mitschriften nur Kurpfalz C infrage, das jedoch seinerseits bei Weitem nicht alle Sitzungen erfasst. Deshalb werden zunächst andere Protokolle – Ergänzungen liefern lediglich die sächsischen Mitschriften (beschränkt auf drei Tage) sowie in Einzelfällen Hessen und Württemberg sowie Augsburg – als Vorlage herangezogen. Da aber auch mit deren Einbeziehung und damit mit der Protokollierung insgesamt nicht alle Versammlungen der CA-Stände zu dokumentieren sind, müssen in diesem Sonderfall die Gesandtenberichte wiederholt als Textvorlage benutzt werden. Dieses vom gängigen Editionsprinzip abweichende Verfahren ist unausweichlich, wollte man in der Dokumentation nicht zahlreiche Sitzungen außer Acht lassen. Die Grundlegung ausgewählter Berichte ist 1556/57 zudem umso leichter möglich, als, wie bereits erwähnt13 , die RT-Korrespondenz vieler Stände sehr breit und teils protokollartig mit der Wiedergabe von Voten angelegt ist. Die sorgfältige Berichterstattung ermöglicht es somit, Lücken in der Protokollierung zu erkennen und zu beheben. Konkret werden für zwei Beratungen der CA-Stände kurpfälzische und für zehn Zusammenkünfte kursächsische Berichte als Vorlage verwendet. Die wechselnde Textvorlage wird bei den Stücken jeweils einleitend angegeben.

Infolge der unzureichenden Protokollierung erweist sich die exakte Datierung einiger Versammlungen als problematisch, da die Berichte wiederholt keine genauen bzw. teils widersprüchliche Tagesangaben enthalten. Deshalb ist es in einigen Fällen trotz der Überprüfung der gesamten erfassten RT-Korrespondenz nicht möglich, das Sitzungsdatum eindeutig zu rekonstruieren, sondern es kann nur der ungefähre Zeitrahmen genannt werden.

Anmerkungen

1
 Vgl. für den RT 1582: Leeb, RTA RV 1582, 1119–1121.
2
 Vgl. Württemberg, unfol. (FR-Protokoll) für 4. 9. 1556: Was die CA-Stände in privato colloquio in der Kurpfälzer Herberge besprochen haben, ist dem neben protocoll zu entnehmen; für 22. 1. 1557: in privata der augspurgischen confessions verwandten stende consultatione. Hessen, fol. 90 (19. 12. 1556): in privata conventione der CA-Stände. Bericht Wolde an Hg. Philipp von Pommern (24. 2. 1557): Verhandlungen der CA-Stände in deren /8/ privat zusamenkunfften, so sie in tractation unnd consultation der religion diesen reichstag haltenn (AP Stettin, AKS I/162, pag. 7–30, hier 8. Konzeptkop.). Bericht Lieberich an die Wetterauer Gff. vom 28. 11. 1556: Beratungen zur Freistellung /330’/ in unserm privat rath bey den confessionisten (wie mans itzo mit kurtzen /331/ wortten nennet) (HStA Wiesbaden, Abt. 171 R 421, fol. 327–334’, hier 330’ f. Or.; präs. Dillenburg, 24. 12.). Die Kurpfälzer Gesandten rechtfertigten ihr Votum für die Beteiligung der protestantischen Reichsstädte an den konfessionsinternen Sitzungen damit, dass diese zuvor zu gemeinenn hendeln nicht getzogenn, alleine inn privat sachen, wie dann dieses auch derselbigen eine were (Sachsen A, fol. 80. Vgl. Nr. 354, Anm. y). Vgl. zur Einschätzung auch Slenczka, Schisma, 57.
3
 Vgl. Anm.25 und Anm. q bei Nr. 353.
4
  HStA München, K. blau 106/3d, fol. 133–205. Überwiegend Reinschr., teils Rap. von mehreren Hdd. Überschr.: Prothocollum in causa religionis, wes jederzeit die augspurgischen confessionns verwanndte stenndt furbracht unnd sich darauf verteulichen unnderredt unnd beschlossen haben. Angefanngen freitags, den 21. Augusti 1556. In causa religionis.
5
  HStA Stuttgart, A 262 Bü. 47, fol. 120–127’ [21./22. 8.] (Überschr.: Berecht [!], was in der augspurgischen confessions verwandten stend versamlung underred worden.); fol. 197–215’ (Überschr.: Beriecht, was in der andern der augspurgischen confessions verwandten stend rhett versamlung underredt.). Reinschrr., teils mit kommentierenden Randvermerken von Hd. Hg. Christoph. Regesten mit Textauszügen: Ernst IV, Nr. 123 S. 132–135; Nr. 137 S. 149–154.
6
 Vgl. Anm.1 und 4 bei Nr. 353.
7
  HStA Stuttgart, A 262 Bü. 49, unfol. Rap. Überschr.: Nebenprothocol in causa religionis.
8
 Vgl. Nr. 356.
9
  HStA Weimar, Reg. E Nr. 179, fol. 57–91’. Reinschr., lediglich fol. 86–91’ Konz. bzw. Rap. Überschr. zum ersten Eintrag: Vorzeichnus der underrede, zwischen der augspurgischen confessions verwandten stende gesandten der religion halben und wie dieselbe vorzunhemen, beschehen.
10
  HStA Weimar, Reg. E Nr. 181, fol. 1–9’. Reinschr. des Rap. in E 179, fol. 86–91’.
11
  StA Nürnberg, NRTA 28, unfol. Reinschr.
12
  Augsburg, fol. 138’–141. Abschrift: HAB Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 57 Aug. Fol., fol. 477–479’.
13
 Vgl. die Vorbemerkung zum KR-Protokoll (Abschnitt B).