Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil
Unterredung mit Papst Julius II. über die Lage in Italien.
Rom, 3. April 1507.
Wien, ÖNB, Cod. ser. n. 11973, fol. 5–6’ (Or., Postverm.: In irer kgl. Mt. selbst hand.).
[1.] Nach Fertigstellung seines ersten Berichts [Nr. 33] wurde er erneut zum Papst beschieden. Dieser eröffnete ihm in Gegenwart des Kardinals von Pavia [Francesco Alidosi], daß ihn inzwischen ein Schreiben Costantinos [Arianiti]1 erreicht habe. Er wolle sich in allen Angelegenheiten nach den Wünschen des röm. Kg. richten, vor allem damit der frz. Kg. nicht diesem zu Schimpf und Spott in der Weise, wie befürchtet, nach Italien ziehe. Voraussetzung sei allerdings, daß der röm. Kg. wirkungsvollen Widerstand dagegen organisiert habe. Er zweifle allerdings daran, daß der röm. Kg. dies tun wolle, zumal er fernab in die Niederlande ziehe; vielleicht verfüge er auch nicht über die notwendigen Mittel. Der Papst befürchtet, nach ergebnislosen Verhandlungen mit dem röm. Kg. gegenüber den Kgg. von Frankreich und Spanien kompromittiert zu sein, denen er ganz gesessen ist. Falls der röm. Kg. sich aber für stark genug halte, so bewillige er ihm, auf eigene Verantwortung mit Venedig wegen der Übergabe Riminis und Faenzas zu Händen des Kg. unter den von ihm, Rauber, vorgeschlagenen Modalitäten zu verhandeln. Falls Venedig zustimme, solle der Kg. dies dem Papst unter dem Vorwand einer Vermittlungsinitiative – damit die Venezianer nicht Verdacht schöpften, der Vorschlag ginge von ihm aus – unterbreiten. Der Kg. und Venedig würden eine gute Antwort erhalten. Er wolle dann auch einen Vertrag mit dem röm. Kg. und Venedig zur Vertreibung der Franzosen aus Italien, zur Rückeroberung Mailands und zur Erlangung der Kaiserkrone schließen.
Er versicherte dem Papst, daß der röm. Kg. weder sich selbst noch ihn auf Abwege führen werde.
[2.] Der Papst bittet darum, daß der röm. Kg., wie von diesem selbst immer wieder vorgeschlagen, unverzüglich sein Pläne in Burgund umsetze und ebenso Genua auffordere, Widerstand zu leisten, bis er der Stadt zu Hilfe komme. Sollte der Kg. von Frankreich Genua unterwerfen, befürchtet der Papst, er könne mit ganz Italien nach seinem Willen verfahren. Er meint, daß die Italiener des französischen Hochmuts überdrüssig seien und die Sache ein gutes Ende fände, wenn der röm. Kg. nur käme. Der Papst bat ihn, sich darum zu bemühen, den Kg. von Aragon dem französischen Lager abspenstig zu machen und für den röm. Kg. zu gewinnen. So vermaint er, wir möchten den Franzosen mer dan sein franzosische plag geben und antuen. Der Papst ist auch der Meinung, daß es der röm. Kg. wegen geringfügiger Streitigkeiten nicht so weit kommen lassen solle, daß Unwillen zwischen ihm und dem Kg. von Aragon enstünde. Wo Kg. von Aragon den Franzosen zu einem offenbaren feind annemen wollt, so wer ich der mainung, wir verträuten in gar, damit wir den Kg. von Frankreich strafen mochten.
[3.] Er wird von Neapel aus wieder berichten.2 Der Papst hat ihm unter Androhung der Exkommunikation verboten, die Verhandlungen jemand anderem als ihm, dem röm. Kg., zu offenbaren. Er selbst bittet den Kg. ebenfalls um strikte Geheimhaltung insbesondere gegenüber Venedig, das sonst zusätzlichen Grund hätte, sich mit dem frz. Kg. gut zu stellen. Er bittet ihn darum, nichts zu verabsäumen. Es verdrießt ihn, den Papst und alle Welt so viel von seiner Nachlässigkeit sprechen zu hören.