Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil
Sie ziehen aus der durch den Bf. von Würzburg vorgetragenen kgl. Antwort1 auf die gestrigen Verhandlungen den Schluß, daß der Kg. ihre in Straßburg vorgebrachte Werbung2 aufgrund seiner vielfältigen Beanspruchung vergessen hat oder ihr Vortrag nicht so gut war, wie ihnen befohlen wurde. Sie sehen sich deshalb veranlaßt, davon eine Zusammenfassung zu übergeben, und bitten, diese anzunehmen und sich gemäß den gemachten Zusagen gegen Kf. Philipp und seine Söhne gnädig zu erzeigen.
1. Der Kg. wurde, obwohl bereits darüber informiert, auf die enormen Schäden im Kfm. und die territorialen wie finanziellen Verluste Kf. Philipps hingewiesen. Der Kf. mußte wegen seiner Schulden bereits zahlreiche Ortschaften verkaufen oder verpfänden und muß dies weiterhin tun, um seine Schulden bedienen zu können. Er ist deshalb auf die Hilfe des Kg. angewiesen.
2. Kf. Philipp, der zu einem vertraglichen Abschluß kommen und die kgl. Gnade wiedererlangen will, ist bereit, dem Kg. die eroberten Gebiete zu überlassen. Die mehr als 57 Ortschaften erbringen ein erhebliches Einkommen. Der Kf. würde deshalb lieber auf 15 000 fl. jährlich verzichten – eine Summe, welche deren Ertrag wohl übersteigt – als auf die eroberten Gebiete.
3. Der dem Kf. verbliebene Teil der Pfandschaft trägt nicht einmal den Pfandschilling. Die vom Kg. eroberten Gebiete waren die wertvollsten und brachten zusammen mit dem vormaligen kfl. Eigengut nach gewonlichem anschlag ohne Berücksichtigung der herrschaftlichen und obrigkeitlichen, landes- und lehnsherrlichen Rechte jährlich bis zu 12 000 fl. ein.
4. Das an den kgl. Kanzler [Serntein] übergebene Register der Einkünfte nach bemeltem gewonlichem anschlag – wobei 2 Malter Korn mit 1 fl., 4 Malter Rauhfrucht mit 1 fl. und 1 Fuder Wein mit 5 fl. veranschlagt werden – belegt, daß sich der jährliche Ertrag der Landvogtei (Pfandschaft) auf 5275 fl., 19 alb., 2 ß und 1½ Straßburger Pf. beläuft, das Eigengut in der Landvogtei jährlich 1622 fl., 4 alb., 6 Pf. und das Amt Ortenberg 4554 fl., 23 alb. einbringt. Als Gesamtsumme ergeben sich demnach 11 657 fl., 20 alb., 2 Pf. Heidelberger Währung, 2 ß, 1½ Pf. Straßburger Währung.3
5. Sie haben weiter dargelegt, daß der Kf. auf das kgl. Angebot von 50 000 fl. für die Landvogtei kein Gegenangebot abgeben kann. Ein Gegenangebot auf der Grundlage des vom Kf. veranschlagten Wertes in Höhe von 300 000 fl. oder – nach Maßgabe der jährlichen Einkünfte – von mindestens 240 000 fl. hätte dem Kg. wohl mißfallen und hätte dahingehend interpretiert werden können, als wünsche der Kf. keine Einigung. Die Annahme des kgl. Angebots hingegen würde den Kf. und seine Söhne ins Verderben führen.
6. Sie haben die Festlegung des Wertes der eroberten Besitzungen deshalb dem Kg. überlassen und darauf gehofft, daß er die von Jugend an bewiesene Untertänigkeit des Kf. anrechnen und diesen und seine Söhne großzügiger bedenken wird, so daß ihr kfl. Stand gesichert wird und sie Kg. und Reich künftig um so besser dienen können.
7. Sie haben auf kgl. Anfrage hin mitgeteilt, daß sie zum Abschluß der Verhandlungen, auch zur Erledigung der kurpfälzischen Beschwerden wegen der Acht und anderer offener Fragen, zur Wiedererlangung der kgl. Gnade und des kfl. Titels und zur Wiedereinsetzung Kf. Philipps in seine Würden und seinen Stand wie vor dem Krieg bevollmächtigt sind.
8. Sie haben in einer vertraulichen Unterredung mit dem kgl. Kanzler eröffnet, daß sie in der Zahlung von 160 000 fl. für Pfandschaft und Eigengut oder alternativ in der Verweisung auf ein entsprechendes jährliches Einkommen Möglichkeiten für eine Einigung sehen. Damit wäre zwar nicht einmal die Hälfte des tatsächlichen Wertes abgedeckt, aber der Kf. könnte mit dem Geld seine Schulden bedienen.
Dies alles haben sie ihm, dem Kg., vorgetragen und auch bei den Verhandlungen mit dem kgl. Kanzler geäußert. Seither mußten sie unter hohen Kosten viele Wochen lang ausharren. Bitten unter Hinweis auf die dargelegten Aspekte, den Kf., seine Söhne, sein Land und seine Untertanen in der Weise, wie sie gehofft haben, und unter Berücksichtigung ihrer Lage zu bedenken. Der Kf. und seine Söhne werden sich dafür dankbar erzeigen.
[Konstanz], 28. Mai 1507 (frytags nach dem hl. pfingsttag).
München, HStA, Fürstensachen 217/II, fol. 203–204’ (Kop.).