Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

Verhandlungen mit Kg. Maximilian über Materien im Zusammenhang mit dem Landshuter Erbfolgekrieg.

s.l., s.d., jedoch Heidelberg, wahrscheinlich 6. April 1507.1

München, HStA, Fürstensachen 963, fol. 83–88 (Konz., Überschr.: Instruction, wes von unser, Pfgf. Philipsen Kf., wegen durch unsern canzler Florenz von Venningn, Dr., und Bgf. von Alzey Hans Lantschaden, ritter, uf unser hiebyligend credenz abermals und ferner by röm. kgl. Mt., unserm allergnst. H., gehandelt und anbracht werden solle.).

[1.] Die beiden Gesandten werden aufgrund eines Angebots Kg. Maximilians erneut abgefertigt. Er hat mehrmals durch eigene Schreiben an den Kg., dann durch Landschad und zuletzt durch sie beide, Venningen und Landschad, die [im Landshuter Erbfolgekrieg] erlittenen territorialen Verluste geschildert und um deren Rückgabe gebeten. Der Kg. hat mehrfach seinen geneigten Willen bekundet. Zuletzt ließ er durch seinen Kanzler Serntein erklären, daß er ihm und seinen Söhnen zugute einen Vertrag über seinen förmlichen Verzicht auf die Kriegsverluste und dann auch eine Erbeinung abschließen wolle. Der Kg. bat um Stellungnahme zu seinem Vorschlag.

Er bekundet für sich und seine Söhne seine Dankbarkeit. Die Gesandten sind bevollmächtigt, die Verhandlungen zu einem Abschluß zu bringen. Der Kg. hat erklärt, der Kf. solle sich nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten untertänig erzeigen und seinen Verzicht auf dessen Eroberungen erklären, sowohl bezüglich des Eigengutes als auch der Pfandschaften. Dafür bot er 50 000 fl. und forderte ein Gegenangebot.

Die angebotene Summe kompensiert nicht den Verlust der Landvogtei [im Elsaß] und der Ortenau; und wer die jerlich nutzung beder ort, aigens und pfantschaft, uns alweg lieber und nutzer gewest dan XVM fl. jerlichs gelts. Er kann jedoch kein Gegenangebot vorlegen, sondern stellt es dem Kg. anheim, den Verlust und den täglich wachsenden Schaden für ihn und seine Kinder zu ermessen. Dieser wird ihm für seinen Verlust und die entgangenen Einkünfte und gegen seine Verzichtserklärung sowie die Aushändigung der Urkunden sicherlich für nicht unter 120 000 fl. Verschreibungen ausstellen.

Natürlich sind die Landvogtei mit der Ortenau samt seinem Eigengut und dem jährlichen Einkommen viel mehr wert. Dies ist aus den ihnen mitgegebenen Unterlagen zu entnehmen, die die Gesandten jedoch, um Zeit zu sparen und im Vertrauen auf den röm. Kg., daß er den Kf. und seine Söhne wie zugesagt anderweitig bedenken wird, nicht vorlegen sollen. Die Gesandten sollen folgenden Vorschlag machen:

1. Der röm. Kg. übernimmt in Abschlag der oben genannten Hauptsumme die Bezahlung von Gülten; die Empfänger sollen dagegen die kurpfälzischen Verschreibungen herausgeben.

2. Falls der Kg. dies ablehnt, soll er Kf. Philipp die gesamte Summe auf Einkünfte aus seinen Erblanden und aus Reichsstädten verschreiben.

3. Falls der Kg. dies nicht oder nur für einen Teil der Summe tun will, soll die Zahlung in bar – wenn nicht sofort, so doch in absehbarer Zeit – erfolgen.

4. Falls der Kg. einwilligt, in Abschlag der 120 000 fl.a Gültzahlungen Kf. Philipps zu übernehmen, sollen die Gesandten darauf achten, daß solichs an andern enden dan uf den, so wir zu Straßburg gulten geben, geschee, dan das ausgeben, wir vom hundert nemen vier und mussen V geben. 

5. Falls der Kg. nicht bereit ist, 120 000 fl. zu geben, sollen sich die Gesandten mit Nachdruck um die Bewilligung von 100 000 fl. bemühen. Äußerstenfalls können sie sich, um erneuten Krieg und weiteren Schaden zu verhindern, und damit der Kg. sein Entgegenkommen auch in seinen Werken sieht, auf 80 000 fl. einlassen.

[2.] Zentrale Anliegen sind das Aushandeln eines möglichst hohen Summe, die Rückgabe des kfl. Titels und die Lösung aus der Reichsacht. Die Gesandten sollen außerdem auf das zunehmende Räuberunwesen in seinem verbliebenen Territorium und den benachbarten Gebieten hinweisen. Der Kf. will sich darum bemühen, dies durch eine berittene Streife zu unterbinden; diese Maßnahme soll vom Kg. und den benachbarten Ff. nicht als Vorbereitung zu einem neuerlichen bewaffneten Konflikt mißverstanden werden.

[3.] Notavermerke: Wegen der Gülten zu Straßburg wird Jakob von Landsberg mit den Gesandten sprechen. – Zu überlegen ist, ob mit [Niklas] Ziegler wegen Barr verhandelt werden soll2; ebenso, ob – wie dies der Landvogt [Jakob von Fleckenstein] angeregt hat – den zum kgl. Hofstaat gehörenden Inhabern von Rappoltsweiler (Raperßwiler)3 vorgeschlagen werden soll, gegen eine Geldzahlung den halben Anteil wieder an Kf. Philipp zurückzugeben, da dort jeder Zinsgulden mit 40 fl. abgelöst werden muß.

[4.] Die jüngst eingetroffenen Schreiben bezüglich Nürnbergs sollen auch an den kgl. Hof mitgenommen werden. Die Gesandten sollen dem Kg. über die tägliche Feindschaft der Stadt und deren Versuche, sich kurpfälzischer Besitzungen zu bemächtigen, berichten.

[5.] Die Gesandten sollen sich darum bemühen, eine Zusage über weitere 20 000 fl. nach dem Tod des Kg. zu erwirken, falls derzeit nur 80 000 fl. erreichbar sind. Doch sollen eher 60 000 oder sogar 50 000 fl. zuzüglich der Übernahme von 4000 fl. [auf die Landvogtei verschriebener] jährlicher Gülten akzeptiert werden, bevor überhaupt keine Einigung zustandekommt.

[6.] Notavermerk: Mit dem Kg. soll auch über die von Pfgf. Otto [von Mosbach] hinterlassenen böhmischen Lehen4 verhandelt werden, um dessen Haltung zu erkunden, wenn in dieser Angelegenheit etwas unternommen wird.

[7.] Außerdem soll mit dem Kg. wegen des Hst. Speyer verhandelt werden. Der Kanzler [Venningen] ist darüber informiert.

Anmerkungen

1
 Vgl. Nr. 58, Anm. 1.
a
 120 000 fl.] Danach gestrichen: oder 100 000 fl. oder 80 000 fl.
2
 Vermutlich war Barr an Ziegler als Sicherheit überschrieben worden. Die Erwerbung erfolgte erst 1510 (Wiesflecker, Maximilian V, S. 255; Kohlweg, Ziegler, S. 73).
3
 Verschreibung Kg. Maximilians für seine Räte Matthäus Lang, Ulrich von Habsberg, Hans von Neuhaus, Marx Reich und Jakob Villinger vom 24.8.1504 (Wiesflecker, Regesten IV/1, Nr. 19092, S. 563).
4
 Über diesbezügliche Gespräche der Gesandten mit Kg. Maximilian liegen keine Unterlagen vor. Mitte Mai 1507 fanden in Ofen Verhandlungen mit Kg. Wladislaw, Hg. Kasimir von Teschen, dem böhmischen Kanzler Albrecht von Kolowrat und Vertretern der böhmischen Stände über die Belehnung statt, die das Problem illustrieren. Kf. Philipp beanspruchte die Belehnung auf der Grundlage des Lehenbriefs Kg. Georgs von Böhmen für Pfgf. Otto von Mosbach – gemeint ist der Prager Vertrag vom 14.7.1465 (Druck: DuMont, Corps III/1, Nr. CCXLIV, S. 330f. Vgl. Wüst, Pfalz-Mosbach, S. 206) – und vertrat den Standpunkt, daß dieser Anspruch ungeachtet der Aufkündigung der Lehnspflicht durch Otto gegenüber Kg. Matthias weiterbestand (Aufzeichnung des Kurpfälzer Gesandten Hans Nothafft von Weißenstein (Landrichter und Pfleger zu Waldeck) über Verhandlungen am 12.5.1507; HStA München, K.schwarz 16213, fol. 58–64). Abgesehen vom abweichenden Rechtsstandpunkt war Geld das zentrale Problem. Nothafft hatte bei informellen Verhandlungen kurz vor dem Ofener Tag ein Geldgeschenk von 2000 fl. angeboten. Kolowrat forderte allein für Kg. Wladislaw 16 000 fl., eine für Kf. Philipp nach dem Landshuter Erbfolgekrieg unerschwingliche Summe. In Ofen zeigte man sich auch über die rangniedere und kleine pfälzische Gesandtschaft verärgert. Eyb empfahl für den nächsten auf den 8.9. angesetzten Tag die Entsendung eines kfl. Prinzen, zumindest jedoch etlicher Gff. und kfl. Räte sowie die Beiordnung kurbrandenburgischer und kursächsischer Räte (Bericht Ludwigs von Eyb an Kf. Philipp von der Pfalz, Kop. [Amberg], corporis Cristi [3.6.]1507; ebd., fol. 67–73). Weitere Unterlagen zu den Verhandlungen über die böhmische Belehnung in den Jahren 1505 bis 1509: HStA München, K.schwarz 16209–16215; ebd., Fürstensachen 217/II, fol. 18–21.