Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Ankunft in Konstanz; [2.] Audienz vor Kg. Maximilian; [3.] Teilnehmer am RT und ausländische Gesandtschaften am Hof Kg. Maximilians; [4.] fehlende Informationen über die Geschehnisse auf dem RT; [5.] Sorge Vettoris um seine Gesundheit; [6.] Langsamkeit der Nachrichtenübermittlung; [7.] Besuch Vettoris bei Matthäus Lang; [8.] baldiger Abschluß des RT.

Konstanz, 14. Juli 1507.

Druck: Passy, Vettori II, S. 219–222 (frz. Übersetzung).

[1.] Er ist am 11. Juli hier in Konstanz eingetroffen. Wegen der Vielzahl der anwesenden Herren und Gesandtschaften hatte er große Schwierigkeiten bei der Beschaffung einer Herberge. Er bemühte sich durch die Vermittlung Pigello Portinaris [kgl. Sekretär] um eine Audienz beim Kg. Er ist Portinari sehr zu Dank verpflichtet. Denn wie er ihnen schon vor seiner Abreise angekündigt hatte, kam er an einen Hof, wo er niemanden kennt und die Sprache nicht versteht.1 

[2.] Heute gelangte er vor den röm. Kg. und legte ihm so knapp und angemessen wie möglich seinen von ihnen erteilten Auftrag dar.2 Der Kg. bereitete ihm einen sehr liebenswürdigen Empfang. So allgemein gehalten wie seine eigene Erklärung war auch die kgl. Antwort darauf. Bei dieser Audienz waren nur der Bf. von Gurk, Matthäus Lang, der die Antwort gab, der Hofmeister der röm. Kgin., Niklas von Firmian (Fiamaino), zwei Kammerdiener und Portinari zugegen. Der röm. Kg. hatte ihm ursprünglich eine geheime Audienz gewähren wollen, weil er – wie ihm hintertragen wurde – konkrete Vorschläge erwartet hatte. Der Kg. erbot sich ihm gegenüber in vielerlei Weise und entschuldigte sich, ihn nicht länger anhören zu können. Er bat auch, es ihm mitzuteilen, falls er nicht angemessen untergebracht sei, und im übrigen Verständnis für die deutsche Lebensart aufzubringen. – Er dankte dem Kg. und kündigte an, noch einige Tage an seinem Hof zu bleiben, bis dieser ihm mitteilen könne, daß er keine weiteren Anliegen gegenüber Florenz habe.

[3.] Wie bereits angedeutet, sind alle deutschen Fürsten hier. Wer nicht selbst kommen konnte, hat seine Gesandten geschickt. Ebenso sind die reichsfreien Städte hier vertreten. Von den [geistlichen] Kff. sind Mainz und Trier persönlich anwesend. Der Ebf. von Köln, durch eine Krankheit verhindert, hat Gesandte abgeordnet. Im Auftrag des pfälzischen Kf. sind zwei seiner Söhne hier. Der Kf. von Sachsen weilt persönlich in Konstanz. Der Kf. von Brandenburg hat seinen Bruder [Mgf. Albrecht] hier.3 Der Kg. von Ungarn, als Kg. von Böhmen zugleich Kf., hat zwei Gesandte abgeordnet. Aus Italien ist als päpstlicher Legat Costantino [Arianiti] hier. Ein venezianischer Gesandter [Vincenzo Querini] ist ebenfalls anwesend. Der Kg. von Aragon hat wie der Kg. von Portugal einen Repräsentaten geschickt. Vor drei Tagen traf ein Emissär des Hg. von Savoyen ein. Lediglich von Gesandten Pandolfos [Petrucci von Siena], des Hg. von Ferrara und des Mgf. von Mantua hört man nichts; vielleicht nimmt jemand insgeheim diese Funktion wahr.4 

[4.] Von weiteren Verhandlungen weiß er nichts. Zweifellos erwarten sie detaillierte Informationen über die hiesigen Vorgänge. Aber er ist gerade erst hier angekommen und kennt niemanden. An Eifer ließ er es indessen nicht fehlen.

[5.] Im Moment sind in Konstanz alle wohlbehalten. Aber viele Orte in Deutschland werden von Seuchen heimgesucht. Falls sich der röm. Kg. dorthin begeben sollte – die Deutschen bekümmern sich wenig um die Pest – werden sie ihn entschuldigen, wenn er ihm nicht dorthin zu folgen bereit ist. Sie werden sicherlich einverstanden sein, wenn er dann nach Verabschiedung durch den Kg. nach Italien zurückkehrt.

[6.] Er hat Ardingo, der innerhalb von zehn Tagen in Florenz eintreffen soll, 10 fl.rh. gegeben. Der Bote wird morgen, am 16. Juli [!], aufbrechen. Der Weg ist sehr lang – über 500 Meilen – und beschwerlich. Allein die Überquerung der Alpen zu Pferd dauert drei Tage. Die ausgelegten 10 fl. können zu Händen seines Bruders Paolo [Vettori] erstattet werden.

[7.] Er hat heute Matthäus Lang, dem ersten Mann im kgl. Gefolge, einen Besuch abgestattet. Dieser zeigte sich Florenz gegenüber sehr geneigt.

[8.] [PS] Es heißt, daß der RT sich noch in dieser Woche auflösen und alles abgeschlossen sein wird.

Anmerkungen

1
 Laut der späteren Aufzeichnung Vettoris über seine Deutschlandreise wurde er von dem lateinisch sprechenden Friesen „Pierre Dornit“ [= Hicko von Dornum], mit dem er die Herberge teilte, bspw. über die Teilnehmer am RT informiert (Passy, Vettori II, S. 105–108).
2
 Vettori hatte keine Verhandlungsvollmacht, sondern fungierte lediglich als Beobachter am Hof Kg. Maximilians (Devonshire Jones, Vettori, S. 14–18). Vgl. auch den Reisebericht Vettoris über seinen Aufenthalt in Konstanz bei Passy, Vettori II, bes. S. 103–112.
3
 Tatsächlich wurde Kf. Joachim durch seinen Rat Eitelwolf vom Stein vertreten [Nrr. 120; 268, Pkt. 32].
4
 Der ferraresische Gesandte Antonio de’ Costabili traf erst Ende Juli in Konstanz ein, als sich der RT gerade auflöste. Sein Auftrag betraf Erkundigungen über die Vorbereitungen Kg. Maximilians für den Romzug und die Investitur Hg. Alfonsos mit Modena und Reggio. Vgl. – auch zu den Verhandlungen – Voigt, Briefe, S. 108–112. Siena entsandte, wohl ebenfalls erst nach dem RT, Domenico Placidi und Antonio da Venafro an den Hof Kg. Maximilians. Vgl. zu deren Mission Pecci, Memorie I/1, S. 225.