Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Ankunft des Berichterstatters in Konstanz mit dem sächsischen Gefolge; [2.] Festnahme des französischen Gesandten Gian Antonio Crivelli; [3.] Veranstaltung eines Feuerwerks in der Pfingstwoche; [4.] Treffen Kg. Maximilians und Hg. Albrechts von Bayern in Überlingen, Empfang Kf. Friedrichs von Sachsen in Konstanz; [5.] Trauerfeierlichkeiten für Kg. Philipp von Kastilien am 15./16. Juni; [6.] festliche Veranstaltung am 30. Juni; [7.] Reichsbelehnung Ebf. Jakobs von Mainz am 1. Juli; [8.] festliche Veranstaltungen am 6. Juli und [9.] am 14. Juli; [10.] Verständigung Kg. Maximilians mit den Eidgenossen über die Unterstützung seines Romzuges; [11.] Romzughilfe der Reichsstände; [12.] Konstanzer Deklaration Kg. Maximilians im Landshuter Erbfolgestreit; [13.] Höhe der Romzughilfe des Reiches und der Eidgenossen.

Würzburg, StdA, Ratsbücher 1, fol. 59–62’ (Abschr. zweite Hälfte des 17. Jh.).1

[1.] /59/ Hienach folgt die handlung in Costnitz Ao. [1507].

Nemblich wie seina Peter Karl2 seinem H. und vettern, H. Karl Brandt, von Costnitz auß geschrieben hat, daß er mit seinem gn. H., Hg. Georgen von Sachßen, auf mittwochen assumptionis Domini [12.5.] gen Costnitz kommen ist. Und waß die kgl. Mt., alß vil ihnen wißent ist, gehandelt, auch wievil Ff. und Hh. aldo versamblet geweßen sein, solt ihr vernehmen.

[2.] Zum ersten auf zukunft meines gn. H. ist die ksl.[!] Mt. nicht zu Costnitz gewesen, aber bald darnach kumen. Hat sein ksl. Mt. einen münchen [Gian Antonio Crivelli], darzu ein apt gewesen, gefenglich laßen annemen. Derselbig apt in einer sameten münchßkutten gegangen und mit 6 pferden geritten und von Kg. in Frankreich verordnet, vil guts und gelt von ihm empfangen, auch mit in die hl. versamblung gegangen und alleß, daß darin gehandelt, dem Kg. von Frankreich zu wißen getan, sich darnach wißen zu richten, auch deß willenß gewesen, /59’/ die ksl. Mt. vom leben zum tod zu bringen mitsambt allem hofgesind. Und hat sich vast geschäftig gemacht und vil in der kuchen hat sein wollen und sich mit etlichen worten vernehmen hat laßen, darauß man dan ein argwohn auf ihn gehabt, der ursach, daß die gemeine rede gelaut, der Kg. von Frankreich hab dem Philippo, Kg. von Castilia oder prinzen genant, sein leben durch gift abgestohlen. Und auf solches den apt mitsambt den knechten gefanglich angenommen und etlich zeit zu Costnitz nach dem besten lassen verwahren und sich der warheit an ihm zu erfahren. Hat er sich hören laßen, er hab groß gut vom Kg. von Frankreich empfangen, seinen sohn Kg. Philipp vergeben, auch der meynung da gewest, den bronnen, darauß man der ksl. Mt. kochen solt, denselbigen bronnen zu vergiften. Nach solchem hat ihn die ksl. Mt. laßen führen gen der Zell, am Bodensee gelegen, haftenlich mit henden und füßen eingeschlagen, also daß er nicht gestehen, gesitzen noch gelegen kont. Waß aber ihr ksl. Mt. mit ihme handlen will, weiß niemand etc.

[3.] Darnach hat die ksl. Mt. in pfingstfeyertagen laßen zurichten ein faß von 8 aymern, mit pech wol durchgoßen, und darein ob die 600 röhr gleicher größ eineß fingers mit pulfer und papier geladen, dan eingesteckt, darnach zwey faß darneben gesetz[t], mit holz und stroh wohl gestuckt und aufs schief gesetzt und ditz auf daß waßer auf den Bodensee gefürt und drummeter, heerpauker, deßgleichen singer und pfeufer in andern schiffen darbey, und der liebenb auch. Waß die kgl. Mt. mitsambt den Kgin. /60/ und ihren jungfrauen im closter zun Predigern, am Bodensee gelegen, in garten. Da sich tag und nacht scheidet, wurden solche drey faß angezündt und so brennende auf dem waßer geführt. Da aber daß feuer an sulche röhr, mit pulfer geladen, kam, waß ein solchß schißen auf dem waßer mit jubelirn, singen und posaunen, biß so lang die drey faß ganz und gar verbrunnen. Da wahren auch alle Ff. und Hh.

[4.] Darnach kam Hg. Albrecht von München gen Uberlingen. Da für die kgl. Mt. im auf dem Bodensee entgegen und blieben zu Uberlingen bey obgenantem F. ubernacht mit etzlichen Ff. und Hh. Darnach kam Hg. Fridrich von Sachßen, Kf.; fur in die ksl. Mt. mit allen Ff. und Hh. auf zwey jagschiffen3 und andern schiffen entgegen, dieselbige jagschiff mit büchßen und knecht wohl versorgt. Da nue solcher F. kam, wurden auß der statt Costnitz der kgl. Mt. und seim F. zu ehren mehr dan 100 büchßen, groß und klein, abgeschossen. Also mit solchen ehren ward obgenannter F. erlich empfangen.

[5.] Darnach ließ die kgl. Mt. zurichten daß begen[g]nuß seines suhnß, deß prinzen von Castilia, ein grab im chor ze Costnitz im tum, dasselbig grab mit schwarzen tüchern und schilten schön behängt, und auf dem grab 400 brennende kerzen; und außwendig deß chorß mitten im tum aufgeschlagen ein gestihl, dasselbig gestühl alleß sambt mit schwarzen tüchern unten und oben behangen und mit vil brennenden körzen; deßgleichen /60’/ alle altar im tum mit schwarzen tüchern verschlagen und mit schilden behengt, mit kerzen versorgt und zu einem jeden altar 2 knaben in schwarz gekleydt mit zweyen brennenden fackeln zu end aller meß bestanden, und gar vil ehrlicher pristerschaft daselbst. Die zahl weiß ich aber nicht. Aber der kerzen alle in einer summa, ward ich von einem bericht, der solche kerzen aufgesteckt hat, 1800 sunder. Solche begengnuß wart angefangen auf den nechsten mittwochen vor Joannis baptistae4 umb 8 uhr fruh. Waß versamblet die kgl. Mt. mit allen Ff. und Hh. im tum, deßgleichen die Kgin. mit 36 jungfrauen. Als der Bf. von Costnitz in seinem ornat daß erste ambt, requiem genant, sungen und die zway ministranten, zwei weyhebischof [Balthasar Brennwald und Tilman Limperger], also ging die kgl. Mt. mit allen Ff. und Hh. selbst zum opfern, deß bapst botschafter [Costantino Arianiti] zu der rechten seyten, mein gn. H. von Menz auf der linken seyten, begleyt in einem schwarzen rock, ein schwarz biret, ein schwarze kappen gleich einem studenten. Also war auch anderer Ff. kleydung. Deßgleichen auch die Kgin., ward zu solchem opfer mitsambt allen jungfrauen geführt, von meinem gn. H. Bf. von Mäydburg und einem Gf., der Kgin. hofmeister [Niklas von Firmian], geführt. Und nach endß deß requiems ward ein sermon von einem doctor Barfüßers ordens [Konrad von Bondorf] getan, der solchen verstorbenen Philippum, Kg. von Castilia, gar sehr hoch rümpt und klagt. Nach end der sermon ward angefangen ein schön officium von unßer lb. Frauen assumptionis von deß Kg. singern, deßgleichen pfeifern und /61/ posaunen und zinken, bließen ein stuck umb daß ander. Ging aber die kgl. Mt. und alle Ff. und Hh., deßgleichen auch die Kgin. zum opfer, also wart solche trauer hingelegt. Requiescat in pace.

Und nach end deß officiums lud die kgl. Mt. alle Ff. und Hh. zu tisch. Und die Kgin. ward geführt auß der kirchen von meinem gn. H., Hg. Jeörgen von Sachßen, und von dem Bf. von Mäydburg. Und von stund an solche schwarze tücher und grab hinweggenommen und armen leüten geben.

Aber die vigilia der begengnuß wart nicht im tum gehalten, sunder zuvor uf den dinstag [15.6.] zu nachtß. Ward solche vigilia zu den Predigern gehalten in gegenwart der kgl. Mt., der Kgin. und aller Ff. und Hh.

[6.] /59/ Nach dießer klag hat die kgl. Mt. zugericht einen schützenhof und mitwochen nechst uf Petri und Pauli [30.6.] umb 3 ellen sammet 3 schuß in einer halben stund außgegangen und unser H., der Kg., selbst persöhnlich mit allen Ff. und Hh. 3 schuß geschoßen. Von stund an nach außgang des schüßens zugen 2 [Gf. Hans von Hardegg und Bernhard Ritschan] uf die rennban und renten scharf. Aber sie felten alle beede, sunder die pferd trafen einander mit den bügen, daß der eine mit dem pferd fil. Darbey waß der Kg. und Kgin. mit allen Ff. und Hh.

Darnach von stund an war bestelt von allen Ff. und Hh. ein banket, darzu geladen die Kgin. mitsambt ihren jungfrauen und mit vil andern hübschen frauen und jungfrauen, burgerin und burgerßtöchter, darzu sich ein iglicher /61’/ F. versahe mit seinem essen und trinken uf zwen Ff. tisch. Aber die kgl. Mt. mitsambt der Kgin. nicht lenger blieben, alß lang waß frauen und jungfrauen zu tisch saßen. Darnach schide der Kg. mit der Kgin. mit 3 jungfrauen von dann. Also gab man jederman genug zu eßen und zu trinken nach seinem stand. Und da man solche freud follendt, ward ein tanz von Ff., Gff., ritter und knecht angefangen auf einer schönen wißen, auf dem Prüll genant. Waß uß die 10. uhr in der nacht.

[7.] Nach solchem panquet darnach uf den donnerstag [1.7.] umb 4 uhr nachmittag die kgl. Mt. mit allen Kff. und Ff. satzen auf einem lehenstuhl in kgl. ornat und mayestet, die lehen meinem gn. H. von Meinz also gelihen geschehen ward.

[8.] Darnach auf den dinstag nach visitationis Mariae [6.7.] wurden aber zwen uf die rennban verordnet und drafen alle beede wol und filen beede. Und auf den abend wart aber ein panquet von der kgl. Mt. zugericht. Und alle Ff. und Hh., in rot und weyß kitteln gekleydt, ein schwarz baret, darauf ein weiße straßenfeder, und alle mit frauen und jungfrauen auf den Bodensee aufsaßen ob den 20 schiffen, und alle fuhren fast in einen garten, darin daß panquet bestellet waß, der da ligt uber der rainbruck.

[9.] Darnach mittwoch nach St. Kiliani [14.7.] wurden 2 par scherfrenner und 2 par stecher auf die bahn verordnet, die da alle wol trafen und daß best teten. Solchs hab ich alleß gesehen, wie obberührt ist. Und mein H.[Georg von Sachsen] /62/ ist do gelegen biß in die zehende wochen, darnach abgeschiden.

[10.] Auch fuge ich euch zu wißen, daß sich die kgl. Mt. mit den Schweizern und Eydgenoßen vereinigt hat und die ihm gelobt und geschworen hat, der kgl. Mt. und dem Reich gehorsam zu sein. Und die kgl. Mt. ihnen zu verstehen geben hat, mit der hülf Gotteß gen Rom zu ziehen, und sie also gebeten, ihme behulflich zu sein, daß sie ihme dan also zugesagt haben, mit leib und gut beystand zu tun. Darauf in die kgl. Mt. alle jahr ein dinstgelt zugesagt hat und von stund an ob die 6000 wohlgerüster knecht auf ditz jahr auf den weg gen Rom zu zihen angenommen; und auf montag nechst nach Jacobi [2.8.] sulcher sold angehen, nemblich ein monat 5 fl.rh. jeder. Nach solchem ayde und gelübt, die die Eydgenoßen der kgl. Mt. geton, haben die Schweizer von stund an geschriben den knechten, die dem Kg. von Frankreich mit dinst verhaft gewesen sein, angesichtß deß brifs alle von dem Kg. haben mussen heimziehen und keiner bey im bleyben müßen, bey pöen der verlustung leybß und gutß oder ewig deß landß meyden etc. [Nr. 217, Anm. 3]. Es hat auch die kgl. Mt. die obersten geschickten auß allen stetten deß Schweizerlands alle geladen zu gaste, ihnen große ehr erboten mit grosser schenk, die ihnen die kgl. Mt. erzeigt hat, der da ob die 200 wahren. Und die ksl. Mt. verbitten ließ bey verlierung leibß und lebens edel und unedel, reysigen und fußknechten, kein boß wort keinem Schweizer zu geben; welcher daß brech, soll gestraft /62’/ werden ohne alle gnad mit der straf, so oben berührt ist etc.

[11.] Eß haben auch alle Kff., Ff. und Hh., deßgleichen alle stett mitsambt dem ganzen Reich der kgl. Mt. zugesagt, ihme auf solchem zuck gen Rom die ksl. [krone] anzunemen, hilf und beyständig zu sein mit etlich reysigen, fußknechten jahr und tag uf ihren kost und scheyden. Gott der allmächtige wend es zum besten etc.

[12.] Auch hat die kgl. Mt. Hg. Albrechten von Bayern und Pfgf. Fridrichen ihr uneinigkeit, die sie zusammen gehabt deß Beyerlandß halben, ganz hingelegt und vertragen und frid zwischen ihn geboten [Nr. 410], daß nemblich Hg. Albrecht dem Pfgf. eine große summa gelts geben muß unverzogenlich; wievil aber, daß ist mir unbewust.

[13.] Auch mehr, daß daß Röm. Reich der ksl. Mt. soll halten 24 000 man wol gerüst zu roß und auch zu fuß. So will auch die kgl. Mt. den fußknechten, die mehr sold haben, ein sonderlich fähnlein geben, die sollen heyßen die freyen knecht. Und waß sie gewinnen, soll ihr sein. Auch waß die Schweizer schicken von den stetten uber die 6000, sollen dieselbe selbs versolden, aber die 6000 will ihne kgl. Mt. versolden. Also ist es angeschlagen, daß sie der ksl. Mt. schicken sollen 10 000 Schweizer, auch die grauen bauren genant 1400 knecht; seint gar grobe und starke leut.

Anmerkungen

1
 Beschreibung durch Engel, Rats-Chronik, S. 9–12.
a
 sein] Wohl irrtümlich statt: herr.
2
 Laut Engel (Rats-Chronik, S. 69) handelt es sich um einen Bericht des sächsischen Hofdieners Karl Brandt in Form einer undatierten „Neuen Zeitung“. Aufgrund der einleitenden Passage ist jedoch von einem Schreiben Peter Karls an Brandt auszugehen.
b
 der lieben] Wohl irrtümlich statt: dergleichen.
3
 = schnelle, leichte Schiffe (Anderson/Goebel/Reichmann, Frühneuhochdeutsches Wörterbuch VIII/1, Sp. 274).
4
 Eigentlich der 23.6., gemeint ist aber wohl der 16.6.