Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil
[1.] Verschiebung des Wormser Reichstages wegen des Friedens mit Frankreich; [2.] Sicherung der habsburgischen Nachfolge in den österreichischen Erblanden; [3.] Sicherung der Erblande gegen Venedig und Rückgewinn der Kriegsverluste; [4.] Beschwerden und Anliegen der niederösterreichischen Länder.
Klagenfurt, KLA, Ständisches Archiv I, Akten, Sch. 651, Fasz. 4, fol. 81–90’ (Kop. mit imit. Vermm. prps./cdiic. und Gegenz. Serntein).
[1.] Fordert die Vertreter der Landstände auf, seinen Gesandten1die Verhandlungen und Beschlüsse des Ausschusslandtags in Mürzzuschlag zu eröffnen. Er hatte sie seinerseits auf den niederösterreichischen Landtagen über wichtige, ihn selbst, seine Enkel sowie die Häuser Österreich und Burgund betreffende Anliegen informieren lassen. Seine Gesandten hatten sie daraufhin aufgefordert, Bevollmächtigte zu dem für den 1. November (aller heyligen tag) einberufenen Reichstag zu schicken. Dort hätten sich auch Vertreter Oberösterreichs und Burgunds einfinden sollen, wie dies aus der [Ende September 1508] vorgelegten Instruktion [Nr. 46] hervorgeht.
Die Landstände haben immer für einen Frieden mit dem frz. Kg. plädiert. Tatsächlich wurde zur Zeit der erwähnten Landtage zu diesem Zweck ein Tag nach Cambrai (Cameregk)anberaumt. Er hat sich entschieden, den Ausgang der Verhandlungen abzuwarten und den Reichstag zu verschieben [Nr. 50]. Da der Zeitpunkt seiner Ankunft in Worms unsicher war, hat er die dorthin geladenen Vertreter der Landschaft vorläufig nach Hause geschickt, um unnötige Kosten zu vermeiden. Sie wurden aber angehalten, sich auf seine Aufforderung hin unverzüglich wieder einzufinden. Inzwischen haben Egin. Margarethe und die sie begleitenden geheime Räte zum Nutzen des Ks., seiner Enkel sowie der Häuser Österreich und Burgund einen Friedensvertrag mit dem frz. Kg. ausgehandelt. Er hielt es aus diesem und anderen Gründen für geraten, die Landschaftsausschüsse Nieder- und Oberösterreichs nach Salzburg zu berufen.
[2.] Seine Kommissare sind beauftragt, den Vertrag vorzulesen und dessen Bestimmungen zu erläutern. Außerdem sollen sie folgende Erklärung abgeben: Er hat nach dem Tod Kg. Philipps die Vormundschaft über dessen sechs minderjährige Kinder2und die Regierung über dessen Länder übernommen, die er nach Möglichkeit bis zu deren Volljährigkeit behalten will. Sie wissen, dass wir nu mit redlichm alter beladen und das leben der menschn zu dem willen des almechtign Gots steet, auch nichts gwissers ist als der tod und nichts ungewissers, dan die stund desselben tods. Die frz. Kgg., die Eidgenossen und andere Feinde zwangen ihm und den Häusern Österreich und Burgund in der Vergangenheit große Kriege auf, die er unter Einsatz seines Lebens und Gutes angenommen hat. Sofern er persönlich beteiligt war, musste er nicht Verluste hinnehmen, sondern hat seine Länder noch vergrößert. Die Bestreben der Feinde geht dahin, die Häuser Österreich und Burgund mit ihren Kgrr., Fmm. und Städten nicht weiter erstarken zu lassen, um deren beabsichtigte Unterwerfung nicht zu erschweren. Und aber unser hogst bedunken und begern nicht anders steet, das was wir die zeit unsers lebens und regierung des bestimbtn unser und unser eenikel baide heuser Osterreich und Burgundi in fride, rue und ainigkait behaltn und dermassen handlen mochtn, damit dieselbn nach unsrem tod, den Got der almechtig lang verhuetn, nicht zertrennet werden, sonder beyeinander beleibn, die wir auch mit Got, eern und dem, so beurtn heusern zuestet, merern und grossern, so lang, bis unser jung enikel erwachsen und selbst zu der regierung kumen. Alsdan hoffen wir, dieselben dermassen zu ziehen und zu underweisen, das sy mit der hilf Gots die vorbestimbtn heuser auch in gutem wesen unzertrent beyeinander behalten sullen. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist Einigkeit und Freundschaft zwischen den beiden Häusern, deren Landschaften sich als seine und seiner Enkel Untertanen ins Einvernehmen setzen sollen. Deshalb hat er für den 2. Februar (unser lieben Frauen tag irer liechtmess)diesen Ausschusslandtag nach Salzburg einberufen.
[3.] Sie wurden bereits auf den vergangenen Landtagen über die Verluste von für die Häuser Österreich und Burgund wichtigen Besitzungen an Venedig in Friaul, Istrien (Ysterreich)und Innerkrain (Karst)informiert. Er beabsichtigt nicht, dies zu akzeptieren. Nicht nur Kärnten und Krain, sondern auch die übrigen Erblande wären für unabsehbare Zeit bedroht. Er selbst kann keinesfalls weiterhin den Spott der Venezianer hinnehmen. Mit den Ständen soll deshalb über folgende Punkte beraten werden: 1. gegenseitige Hilfe der Erbländer im Falle eines feindlichen Angriffes, langfristige Rüstungen gegen die Ungläubigen und andere Feinde der Häuser Österreich und Burgund, Sicherung der Grenzen, Pflege guter Beziehungen zu benachbarten Ländern bis zur Herstellung der Verteidigungsfähigkeit; 2. Möglichkeiten zur Rückeroberung der Verluste von den Venezianern, Hilfe der Erblande im Falle eines Bruches des Waffenstillstands durch Venedig oder falls sich ander zufelle gegen inen zutrugen werden.Sofern die Ausschüsse selbst bezüglich dieser Punkte nicht zur Beschlussfassung bevollmächtigt sein sollten, sollen sie über die dafür erforderlichen Schritte beraten.
[4.] Anschließend können die Ausschüsse der Gft. Tirol und Vorderösterreichs sowie die ksl. Räte und Kommissare abreisen, die Mitglieder des niederösterreichischen Regiments und die niederösterreichischen Ausschüsse hingegen sollen die Ankunft der noch an seinem Hof befindlichen Bf. Christoph von Laibach und Gf. Heinrich [Prüschenk] von Hardegg abwarten, die beauftragt sind, über die Anliegen und Beschwerden der Landschaft zu verhandeln. Michael von Wolkenstein und Paul von Liechtenstein werden ihm auf dem Wormser Tag über die Ergebnisse der Verhandlungen berichten. Die Gesandten sollen den österreichischen Ausschüssen außerdem eröffnen, dass er im gleichen Sinne Verhandlungen mit den burgundischen Ländern geführt hat, des sy dann genzlich zu tun genaigt sein. Kündigt an, die an seinem Hof anwesenden burgundischen Gesandten zu Verhandlungen nach Nieder- und Oberösterreich zu schicken.