Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil
Nr. 142 Bericht Kaspars von Winzer an die bayerische Vormundschaftsregierung1 – Mecheln, 10. März 1509
Verhandlungen Winzers über rückständige Reichshilfen, die Veranschlagung Hg. Wolfgangs durch den Konstanzer Reichstag, ein Lehnsindult für Hg. Wilhelm und die weitere Ausübung des Blutbanns durch die bayerische Vormundschaftsregierung.
München, HStA, KÄA 1969, fol. 28–30’ (eigh. Or., sambstag vor oculi) = Textvorlage A. Ebd. fol. 38–39’ (Kop.)2.
Druck: Krenner, Landtagshandlungen XVII, S. 215–220.
Der Ks. gewährte ihm nach seiner Ankunft in Gent auf sein Drängen noch am gleichen Tag eine Audienz.3Bevor er mit seinem Vortrag beginnen konnte, erklärte der sehr ungehaltene Ks., dass die Vormünder ihm durch die Missachtung ihrer offenkundigen Zahlungsverpflichtung Kosten und Spott verursachen würden. Er habe mehrmals seine Räte zu ihnen geschickt4, was sonst bei keinem Fürsten im Reich notwendig gewesen sei. Erst danach konnte er selbst seine Anliegen in Anwesenheit Sernteins und Johann Renners vortragen. Der Ks. versprach, sich darüber zu bedenken und ihm dann eine Antwort zu geben. Er hat es auch nicht versäumt, die Regentschaftsregierung nach bestem Wissen gegen alle Nachreden zu verteidigen.
Serntein und Renner forderten bei den Verhandlungen über die Restanten die Zahlung von 10 000 fl. Im Gegenzug würde der Ks. sich gegenüber Hg. Wolfgang entgegenkommend zeigen, das Verfahren am Kammergericht kassieren und Hg. Wilhelm ein einjähriges Lehnsindult gewähren sowie die Genehmigung zur Ausübung des Blutbanns um den gleichen Zeitraum verlängern. Er erwiderte, dass er keine Weisung für eine Zahlung oder deren Zusage habe. Die beiden ksl. Räte erklärten die Verhandlungen daraufhin für gescheitert. Er konnte jedoch während einer Beizjagd mit dem Ks. sprechen und ihm die schwierige finanzielle Situation des jungen Hg. und seiner Vormünder auseinandersetzen. Bei hohem Schuldenstand würde für das anstehende Treffen Hg. Wilhelms mit dem Ks. Bargeld benötigt und müsste gegebenenfalls außerdem die vom bevorstehenden Wormser Reichstag bewilligte Reichshilfe bestritten werden. Der Ks. hat schließlich entschieden, dass ihm unverzüglich für die Auslösung der Ksin. benötigte 3000 fl.5in bar zu bezahlen seien und außerdem eine am 25. Juli (Jacobi)fällige Obligation über weitere 4000 fl. ausgestellt werden solle. Er hat den Ks. nachdrücklich gebeten, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken; er könne und wolle dies nicht an die Regenten schreiben. Der Ks. hat ihn schließlich beschieden, die Regenten vorläufig über die Forderung von 3000 fl. zu informieren; über alles Weitere werde er ihm in den nächsten Tagen einen definitiven Bescheid geben. Er, Winzer, hofft, die Forderung auf 2000 fl. zu reduzieren.6Ein besseres Verhandlungsergebnis war nicht möglich. Hätte er vorab von den Verleumdungen gegen sie und von der Ungehaltenheit des Ks. gewusst, hätte er gebeten, ihm diese Mission zu erlassen und fähigere Gesandte zu schicken.
Er hat den Ks. auch um ein Lehnsindult und die Verlängerung des Blutbanns bis zum Ende der Vormundschaft gebeten. Die entsprechenden Urkunden7 werden ausgestellt.
Der Ks. will sich auf dem bevorstehenden Reichstag darum bemühen, dass der Reichsanschlag nur noch Hg. Wilhelm allein und in Höhe eines kfl. Anschlags auferlegt wird. Er, Winzer, wird um die Ausstellung der Urkunden und einer Quittung über sämtliche noch ausstehenden Reichssteuern nachsuchen.8Falls sie mit den Verhandlungsergebnissen nicht zufrieden sind, sollen sie ihn unverzüglich durch einen Boten darüber informieren. Andernfalls wird er so bald wie möglich zurückkehren. Sollten sie inzwischen zur Zahlung der 3000 fl. aufgefordert werden, empfiehlt er, seine Rückkehr abzuwarten, damit sie die Quittung und die übrigen Schriftstücke zuvor studieren können.
Der Ks. wird jetzt zum Reichstag ziehen. Er geht davon aus, dass er sich noch heute auf den Weg macht, in den nächsten acht Tagen wegen der vielen Angelegenheiten am Hof allerdings noch langsam reisen wird.
Nr. 143 Hg. Wilhelm IV. von Bayern und ihn begleitende Vormünder an Hg. Wolfgang von Bayern – [Straubing], 24. April 1509
München, HStA, KÄA 1969, fol. 41–41’ (Or., eritags [nach] sand Georgen tag).
Kaspar von Winzer hat ihm heute die ksl. Aufforderung übermittelt, sich so rasch wie möglich zum Ks. und auf den Reichstag nach Worms zu verfügen. Der Ks. werde ihm erlauben, nach Ende des Reichstages wieder heimzureisen. Ihrer Auffassung nach ist es aus schwerwiegenden, ihm noch mitzuteilenden Gründen unumgänglich, dieser Aufforderung Folge zu leisten. Im Übrigen beabsichtigt der Ks., nicht lange in Worms zu bleiben. Zuvor sind Beratungen mit allen Regenten, insbesondere ihm als vornehmsten Vormund, über die beim Ks. vorzubringenden Angelegenheiten notwendig. Bitten ihn um Mitteilung durch den Überbringer dieses Schreibens bis zum Donnerstag [26.4.], ob er, wie bereits angekündigt, nach Straubing kommen wird oder das Treffen in München stattfinden soll.1
Nr. 144 Instruktion der bayerischen Vormundschaftsregierung für Reichstagsgesandte – [München, vor dem 28. April 1509]
[1.] Anmeldung der bayerischen Reichstagsgesandtschaft beim Ks.; [2.] Reise Hg. Wilhelms an den Kaiserhof; [3.] Supplikation an den Ks. wegen des Klosters Niederaltaich; [4.] Lehnsindult für Hg. Wilhelm, Belehnung der Vormünder mit dem Blutbann; [5.] Befreiung Hg. Wolfgangs von Reichssteuern.
München, HStA, KÄA 3136, fol. 433, 434–438 (Kop., Aufschr.: Instruction gen Wurmbs anno etc. 9no . Überschr.: Was und wie von unser, herzog Wolfgangs und anderer unser mitvormunder wegen anstat unsers pflegsons herzog Wilhelms etc. bey der ksl. Mt. anzebringen und zu erlangen sein wil etc.).
[1.] Dem Ks. soll nach Vorlage des Kredenzbriefs [Nr. 191] Glück für seine Unternehmungen gewünscht und er des Gehorsams der Vormünder und Hg. Wilhelms versichert werden. Dessen Fernbleiben vom Reichstag soll entschuldigt werden. Weiterhin ist anzuzeigen, dass er, Dr. Plieningen, vorausgeschickt worden sei; drei weitere Gesandte, die so rasch nicht aufbrechen hätten können, würden in Kürze nachkommen, um ebenfalls am Reichstag teilzunehmen.1Plieningen werde bis dahin an den Beratungen über die Reichssachen mitwirken. Anschließend soll, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt, dem Ks. eine Supplikation wegen des Klosters Niederaltaich vorgetragen werden.
[2.] Falls der Ks. nachfragt, ob und wann Hg. Wilhelm zu ihm kommen wird2, soll darauf verwiesen werden, dass Kaspar von Winzer ihn darüber unterrichten werde. Dieser sei deshalb zum Hg. und zu den bei ihm weilenden Vormündern gereist3, die sich derzeit nicht in München, sondern in Straubing aufhielten. Er, Plieningen, hingegen sei kurz nach dem Eintreffen Winzers von München aus nach Worms aufgebrochen und könne dazu keine Auskunft geben.4
[3.] Erinnern an die Verhandlungen zwischen dem Ks. und Hg. Albrecht wegen des Reichsklosters Niederaltaich5sowie die ksl. Mandate an Pfgf. Friedrich zur Übergabe des gewaltsam eingenommenen Klosters an den ksl. Kommissar Christoph Jörger.6Der Pfgf. hat diese Aufforderung bislang ignoriert. Er hält das Kloster zu dessen großen Schaden wie auch zum Nachteil der geflohenen kaisertreuen Konventualen und des Abtes [Kilian Weybeck] bis zum heutigen Tag besetzt. Darüber hinaus hat der Pfgf. gemeinsam mit den verbliebenen kaiserfeindlichen Mönchen unter falschen Angaben eine päpstliche Kommission gegen den Abt und seine Mitbrüder erwirkt. Kraft dieser Kommission, jedoch in einem unrechtmäßigen Verfahren verhängte der Propst zu Spalt, Johann [von der] Capell, ein Anhänger des Pfgf. und Feind des Ks. wie auch des Abtes, den Bann über die geflohenen Konventualen. Es heißt, er plane auch die weltliche Gewalt einzuschalten, um den Abt und seine Mitbrüder zur Rückkehr zu zwingen und das Kloster zum Nachteil von Ks. und Reich der Herrschaft Pfgf. Friedrichs zu unterwerfen. Im Übrigen werden dem Abt und seinen Mitbrüdern die ihnen zustehenden Einkünfte entzogen. Aufgrund einer in Rom vorgebrachten Appellation wurde der Bann zwar wieder aufgehoben, die Gegenpartei legte indessen eine Gegenappellation ein und erwirkte eine Vorladung an den Abt und seine Anhänger. Diese benötigen dringend die Hilfe des Ks.
Das Kloster Niederaltaich untersteht unmittelbar Ks. und Reich, wovon der Ks. sich anhand der auf dem Konstanzer Reichstag vorgelegten Urkunden7selbst überzeugen konnte. Daraufhin ergingen die erwähnten ksl. Mandate an Pfgf. Friedrich. Bitten ihn, Pfgf. Friedrich und seine Anhänger dazu zu veranlassen, vom geistlichen Prozess zurücktreten und ihre Ansprüche vor dem Ks. und dem ksl. Kammergericht als den zuständigen Instanzen zu vertreten.8Dort soll der Pfgf. beweisen, dass das Kloster tatsächlich seiner weltlichen Obrigkeit und nicht der des Reiches untersteht und er es somit nicht etwa mithilfe des geistlichen Prozesses unzulässigerweise dem Reich entzieht. Sollte sich herausstellen, dass das Kloster dem Pfgf. untersteht, wäre das Vorgehen gegen den Abt und seine Mitbrüder ohnehin unnötig. Denn diese würden freiwillig in das Kloster zurückkehren, da es ihnen ausschließlich darum geht, im Gehorsam gegen den Ks. die Rechte und Reichsfreiheit des Klosters gegen die Usurpation des Pfgf. zu verteidigen. Dem Ks. obliegt der Schutz des Klosters, des Abtes und seiner Anhänger. Er sollte den Papst auffordern, den Prozess an der Rota einzustellen oder wenigstens zu sistieren. Er könnte damit argumentieren, dass er sich als Vogt der Kirche des Falles annehmen wolle, um die Rechte des Reiches und die Freiheiten und Interessen des Klosters zu schützen.
Der Ks. wäre, falls er nicht selbst gegen den Pfgf. vorgehen will, berechtigt, ihn durch seinen Fiskal an das ksl. Kammergericht vorladen und dort die Reichsunmittelbarkeit des Klosters feststellen zu lassen. Anschließend könnte er es – gemäß der seinerzeit Hg. Albrecht gemachten und vom Tiroler Marschall Paul von Liechtenstein aufbewahrten schriftlichen Zusage – der Schirmherrschaft Hg. Wilhelms bzw. seiner Vormünder unterstellen. Diese von ihnen favorisierte Vorgehensweise wäre durch die Konstanzer Deklaration9 gedeckt. Alternativ könnte der Ks. den von Liechtenstein verwahrten Schutzbrief und beglaubigte Abschriften der ksl. Mandate an Pfgf. Friedrich zur Übergabe des Klosters an die Vormundschaftsregierung aushändigen, die den Fall dann selbst vor das Kammergericht bringen könnte. Daneben sollte der Ks. allerdings Pfgf. Friedrich und seine Parteigänger unter den Mönchen auffordern, für die einstweilige Aufhebung des Banns zu sorgen. Die betrübliche Lage des Abtes und seiner Mitbrüder geht aus deren Schreiben an Hg. Wilhelm10 hervor, das dem Ks. vorgetragen werden soll.
[4.] Die Gesandten sollen, sowie ihnen die Gelegenheit günstig erscheint, den Ks. um einen Aufschub für den Empfang der Reichslehen seines Neffen Hg. Wilhelm bis zum Erreichen der Volljährigkeit sowie um eine entsprechend verlängerte Genehmigung für die Vormünder zur Ausübung des Blutbanns ersuchen.11
[5.] Die Gesandten sollen außerdem verhindern, dass Hg. Wolfgang separat zu einer Reichshilfe herangezogen wird. Dem Fm. Bayern darf darüber hinaus keine höhere Steuer als den Kff. auferlegt werden. Die Begründung hierfür ist der Abschrift eines Schreibens an den Ks.12zu entnehmen. Plieningen führt Abschriften der Konstanzer Reichsanschläge und des Reichsabschieds13mit sich, falls diese für die Verhandlungen benötigt werden sollten. Über den Verlauf der Verhandlungen sollen die Gesandten nach eigenem Ermessen berichten.
Nr. 145 Bericht der bayerischen Vormundschaftsregierung über den Konflikt mit Regensburg – [nach dem 29. April 15091]
Konflikt mit Regensburg wegen der Verhaftung Christoph Gießers.
München, HStA, KÄA 1575, fol. 99–111’ (Kop., Überschr.: Instruction und darzu underricht und herkomen ergangner sachen und handlung zwischen unseren gnedigen herrn, den vormundern unsers gnedigen jungen herrn, herzog Wilhelms etc., ains- und der stat Regenspurg anderstails, antreffend den gefangen Cristoffen Giesser, darauf der vormundschaft und irs vorgenannten pflegsons potschaft und gesant rete auf dem reichstag zu Wurms, vor und ee unser obgenannter gnediger herr, herzog Wilhelm, zu ine kumbt, bey unserm allergnedigisten herrn, dem romischen kaiser, und vor den standen des Heiligen Reichs oder seiner ksl. Mt. camergericht und hofraten, oder wohin die sach zu verhor geschoben oder anzubringen not sein wirdet, handeln sollen.) = Textvorlage A. Ebd., fol. 119–131’ (Konz.) = B.
Die Gesandten sollen dem Ks. aufgrund einer knappen Zusammenfassung des folgenden Berichts die Position der Vormundschaftsregierung in diesem Konflikt darlegen, um damit seiner Beeinflussung durch die Stadt Regensburg vorzubeugen: Der hgl. Diener und bayerische Landsasse Christoph Gießer wurde am 8. März (pfintztag nach reminiscere)vom Straubinger Rentmeister Christoph Süß wegen der Reparatur eines Weges in Stadtamhof nach Regensburg geschickt. Der Regensburger Magistrat ließ ihn, als er auf dem Weg zur Messe im Dom war, auf der Steinernen Brücke verhaften und in das Gefängnis unter dem Rathaus verbringen, wo er unverzüglich peinlich befragt wurde. Süß und der Mautner Wolfgang Trainer bemühten sich beim Regensburger Rat vergeblich um die Freilassung Gießers oder wenigstens die Mitteilung der Gründe für seine Verhaftung. Damit verstieß die Stadt gegen den ksl. Reichslandfrieden. Am 10. März bat Anna, die Ehefrau Christoph Gießers, die Vormundschaftsregierung um Hilfe.2Die Vormünder wandten sich unter Übersendung ihrer Supplikation an den Regensburger Magistrat.3Am 17. März (sambstag vor letare)ging die Antwort ein, worin ungegrundt, weitleuftig und unlauter ursachnfür die Verhaftung Gießers geltend gemacht wurden.4Daraufhin wurde die Vormundschaftsregierung durch den Ingolstädter Oberrichter Heinrich Muggenthaler erneut vorstellig.5Dessen Instruktion enthielt eine ausdrückliche Warnung vor ernsten Konsequenzen, falls Regensburg ihre Forderung6weiterhin abschlägig bescheiden würde. Der Gesandte erhielt jedoch laut dessen Bericht lediglich zur Antwort, dass die Stadt gegen Gießer gemäß dem Reichsrecht verfahren würde und die bayerische Regierung noch informiert werden sollte. Der von Muggenthaler weisungsgemäß ebenfalls kontaktierte ksl. Stadthauptmann und bayerische Rat Sigmund von Rorbach nannte vertraulich einige allgemeine und unbewiesene, vor allem im Zusammenhang mit dem Schultheiß Hans Schmaller erhobene Beschuldigungen als Grund für die erfolgte Verhaftung.
Die Vormünder vermuteten aufgrund des Berichts Muggenthalers, dass Gießer wegen einer sonder gehaim und merklich mishandlungverhaftet worden sei, die man gegenüber ihrem Gesandten möglicherweise nicht habe eröffnen wollen. Deshalb warteten sie um guter Nachbarschaft willen drei Wochen lang auf eine Gegengesandtschaft oder ein vertrauliches Schreiben aus Regensburg. Anna Gießer beklagte sich in dieser Zeit mehrmals, dass ihr Mann gefoltert werde und sein Leben bedroht sei.7Dennoch haben die Regenten in der Hoffnung auf eine zufriedenstellende Erklärung Regensburgs vorläufig nichts unternehmen wollen. Da diese ausblieb, die Vormünder aufgrund ihres Eides den Übergriff der Stadt nicht länger untätig hinnehmen konnten und Gefahr für das Leben Gießers bestand, erteilten sie der Straubinger Regierung Befehl, im Hm. Bayern befindliche Regensburger Bürger gefangen zu nehmen.8In Straubing und Umgebung wurden daraufhin am 10. April (eritag in der osterwochen)ca. fünfzig Bürger und Einwohner Regensburgs festgenommen, drei davon auf das Schloss verbracht und die übrigen Gefangenen mit der Auflage zur Wiedereinstellung freigelassen.9 Der Regensburger Magistrat bat daraufhin um Geleit für seine Gesandtschaft, das bewilligt wurde.10
Am 20. April (freitag vor sand Georgen tag)trat die Gesandtschaft, bestehend aus dem ksl. Hauptmann Sigmund von Rorbach, Lic. Ludwig Sachs, Hans Schwäbel, Michael Steyrer und Erhard Aunkofer11, in Abwesenheit Hg. Wolfgangs, jedoch in Gegenwart der meisten Regenten sowie einiger Räte vor Hg. Wilhelm. Die Gesandten kritisierten die Gefangensetzung ihrer Mitbürger scharf als Verletzung des Landfriedens und forderten deren sofortige unentgeltliche Freilassung.12 Die Vormünder rechtfertigten diesen Schritt mit der starren Haltung Regensburgs im Fall Gießer. Sie schlugen erneut vor, entweder Gießer auf freien Fuß zu setzen oder Beweise für ein von ihm begangenes Verbrechen vorzulegen. Dann würde man sich bezüglich ihres Anliegens entgegenkommend zeigen. Ludwig Sachs erklärte, dass der Rat über den hgl. Auftrag für Gießer nicht informiert gewesen sei, als er dessen Verhaftung befohlen habe. Dem Rentmeister habe man wegen der Vielzahl von Geschäften an diesem Tag keine Antwort geben können. Als die Vormundschaftsregierung aufgrund der Supplikation der Ehefrau Gießers an die Stadt geschrieben habe, habe der Rat darauf eine angemessene Antwort erteilt [Beilage C]. Sachs gab für die Gefangensetzung Gießers keine weitere Begründung ab, sondern bekundete, dass man nach der erfolgten schriftlichen Erklärung nicht mit weiteren Schritten Bayerns gerechnet habe. Der Gesandte Muggenthaler habe seinen Vortrag so ernstlich nit geton, wie dies in seiner Instruktion vorgesehen gewesen sei, und keinesfalls mit ernsten Gegenmaßnahmen gedroht. Wohl habe er Konsequenzen angedeutet, woraufhin der Magistrat den Gesandten durch Sigmund von Rorbach über die Vergehen Gießers informiert, deren schriftliche Fixierung jedoch aus triftigen Gründen abgelehnt habe. Wäre die Reaktion der Vormundschaftsregierung absehbar gewesen, hätte man schon früher Gesandte geschickt.
Nach Aufforderung durch die Vormünder trug Sigmund von Rorbach im kleinen Kreis die Gründe für die Verhaftung Gießers vor: Der Magistrat habe bereits früher von Taten Gießers gegen die Stadt erfahren, aber mit Rücksicht auf Hg. Albrecht nichts unternommen. Während der Fastenzeit habe der frühere Schultheiß Hans Schmaller von Behauptungen Gießers über das angebliche Geständnis eines gewissen Findich berichtet, wonach Schmaller ihm im Namen der Stadt Nürnberg 20 fl.rh. für die Ermordung [Heinrichs von] Guttenstein und Heinz Baums angeboten habe. Gießer habe seine Aussage vor dem Magistrat bestätigt. Dieser habe nach Rücksprache mit ihm, Rorbach, beschlossen, sich an Albrecht von Wirsberg, einen Verwandten des damals bei Kg. Wladislaw in Prag weilenden Guttenstein, zu wenden. (Dessen Antwortschreiben13wurde von den Regensburger Gesandten in Abschrift vorgelegt und verlesen.). Doch habe der Rat ungeachtet eines Antrags des verleumdeten Schmaller in dieser Sache nichts gegen Gießer unternommen. Dieser sei vielmehr wegen früherer Übeltaten verhaftet worden. Tatsächlich habe er on schware martergestanden, gemeinsam mit dem damaligen Viztum in Landshut, Bernhardin von Stauff, und Ulrich14Liebhard einen Anschlag geplant zu haben, den Liebhard zusammen mit Gießers Knecht Künzlin (Conzlin)dann auch ausgeführt habe. Der Regensburger Bürger [Hans] Portner sei gefangengenommen und um über 2000 fl. geschädigt worden. Der Regensburger Magistrat habe dies seinerzeit Hg. Albrecht angezeigt, der Stauff zur Rede gestellt und sein Missfallen an dem Vorgang bekundet habe. Für diese Missetat müsse Gießer gemäß dem Reichsrecht bestraft werden. Man habe diesen Vorgang aus Rücksicht auf die Söhne Stauffs15nicht publik machen wollen. Dies alles habe Gießer freiwillig, ohne Anwendung der Folter gestanden. Er sei allerdings im Zusammenhang mit einem im Hm. Bayern bei Stadtamhof (am hof)verübten Mord peinlich befragt worden. Gießer habe auch einige angeblich beteiligte Personen benannt, seine Aussage später jedoch widerrufen. Die Stadt bitte, sie und die jungen Hh. von Stauff zu verschonen, die Ungnade gegen sie und die gefangenen Bürger fallen zu lassen, zu bedenken, dass Regensburg als Reichsstadt unmittelbar dem Ks. unterworfen sei, und die Bürger unentgeltlich freizulassen bzw. aus dem Eid zu lösen. Andernfalls müsse sich die bayerische Regierung wegen dieser Angelegenheit vor dem Ks. verantworten.
Die Vormünder erwiderten, dass Regensburg trotz alledem nicht das Recht gehabt habe, einen hgl. Diener und Edelmann zu verhaften. Gemäß der Reichslandfriedensordnung hätte man Gießer vor seiner zuständigen Obrigkeit belangen müssen. Es sei auch wenig glaubwürdig, dass der Regensburger Magistrat von dem hgl. Auftrag für Gießer nichts gewusst habe. Dieser habe die Steinerne Brücke gemeinsam mit dem Rentmeister [Christoph Süß] zuerst unbehelligt passieren können. Als er eine halbe Stunde später dort allein unterwegs gewesen sei, habe man ihn verhaftet. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum der Rentmeister auf seine Fürsprache keine Antwort erhalten habe. Die schriftliche Antwort Regensburgs an die Vormünder sei unklar gehalten gewesen. Man hätte sie dahingehend deuten können, dass die Verhaftung eher von Neid und Hass veranlasst worden sei. Aus der Instruktion wie auch aus dem Kredenzbrief Muggenthalers habe Regensburg die Androhung von Gegenmaßnahmen unmissverständlich entnehmen können. Dieser habe nach seiner Rückkehr auch glaubhaft berichtet, seinen Auftrag weisungsgemäß durchgeführt zu haben. Auch die vom ksl. Hauptmann [Sigmund von Rorbach] gegenüber Muggenthaler geltend gemachten Gründe seien für eine Verhaftung nicht ausreichend gewesen. In der Angelegenheit mit Hans Schmaller hätte Regensburg den Kläger gemäß Reichsrecht und Landesgebrauch an die zuständige Gerichtsbarkeit verweisen müssen. Nur wenn Schmaller Gießer einer Straftat bezichtigt hätte, wäre die Stadt zu dessen Verhaftung berechtigt gewesen. Gießer habe in der Befragung seine als Warnung an den Schultheissen verstandene Aussage keineswegs geleugnet. Laut der Erklärung Rorbachs sei die Affäre Portner der eigentliche Grund für die Verhaftung Gießers gewesen. Außerdem habe man ihn wegen eines während seiner Amtszeit als Richter in Stadtamhof verübten Mordes peinlich befragt. Letzteres sei nach Auffassung der Vormünder unrechtmäßig. Es habe keinen Kläger gegeben, der Gießer dieses Mordes bezichtigt hätte. Auch habe für die Stadt keine Veranlassung bestanden, in dieser Sache tätig zu werden, da die ermordete Frau keine Regensburgerin gewesen und die Tat nicht im städtischen Gerichtsbezirk, sondern im Hm. Bayern geschehen sei. Die Stadt habe durch ihr hartes Vorgehen gegen einen ehrbaren Adligen ein Unrecht an Gießer verübt. Ausschlaggebend für ihr Vorgehen seien offenkundig niedere Beweggründe gewesen.
Bitten den Ks., die Stadt Regensburg zum Schadenersatz für Hg. Wilhelm gemäß dem Landfrieden wegen Verletzung seiner obrigkeitlichen Rechte und für Gießer wegen der unrechtmäßig erlittenen Folterung und Ehrabschneidung zu verurteilen.16
Was die Affäre Portner angeht, hat der verstorbene Bernhardin von Stauff niemals eine Beteiligung daran eingeräumt. Laut Aussage seines Bruders Hieronymus existiert noch ein eigenhändig verfasstes Dokument, worin er seine Unschuld beteuert. Eine gemeinsame Verschwörung mit Gießer ist deshalb unglaubwürdig. Die beiden Beschuldigten hatten nach der Tat weiterhin freien Zugang zur Stadt. Gießer wurde zu Lebzeiten Bernhardins von Stauff niemals vom Regensburger Magistrat wegen dieser Angelegenheit behelligt. Stattdessen ernannte ihn Hg. Albrecht zum Richter in Stadtamhof. Selbst wenn Stauff den Anschlag gegen Regensburg in Auftrag gegeben hätte, so wäre Gießer zu diesem Zeitpunkt zwar sein Knecht, an der Tat jedoch nicht unmittelbar beteiligt gewesen. Dafür liegen weder Beweise noch ein Geständnis des Beschuldigten vor. Gäbe es ein solches Geständnis, hätte die Stadt Hg. Wilhelm und seine Vormünder unverzüglich unterrichten müssen. Künzlin (Conzl), der Helfer Liebhards, war zum Zeitpunkt der Tat längst aus dem Dienst bei Gießer ausgeschieden. Selbst wenn Gießer bei dem Anschlag anwesend gewesen wäre, was keinesfalls eingeräumt wird, wäre er nicht verpflichtet gewesen, Regensburg zum möglichen Nachteil seines Herrn Bernhardin zum Stauff zu warnen. Die Affäre Portner war also mangels Beweisen keinesfalls ausreichend für die Verhaftung Gießers. Auch nach der Tat gegen Portner unterhielt die Stadt weiterhin gute Beziehungen zu Gießer als Richter in Stadtamhof. Er war häufiger Gast in der Stadt. Der ksl. Stadthauptmann hat ihn wiederholt zu Gerichts- und Schiedsverfahren herangezogen. Dieses Verhalten erscheint mit den später erhobenen Vorwürfen unvereinbar. Keinesfalls war die Stadt befugt, Gießer wegen der Affäre Portner zu verhaften. Stattdessen hätte sie sich gemäß der in Worms, Freiburg und Augsburg verabschiedeten Reichsordnung17an Hg. Wilhelm als für Gießer zuständigen Richter oder an das in Regensburg residierende ksl. Kammergericht wenden und dem Beschuldigen Gelegenheit zu dem im Reich, in Bayern und in den Reichsstädten üblichen Reinigungseid geben müssen.
Die Vormünder hoffen auf einen Entscheid des Ks. und der Reichsstände bzw. des Kammergerichts, dass die Stadt Regensburg gegen die Reichsordnung und den Landfrieden verstoßen, Rechte des jungen Hg. und der Vormundschaftsregierung verletzt, ihren Diener unrechtmäßiger Weise gefangengenommen und gefoltert hat und somit der im Landfrieden vorgesehenen Strafe verfallen ist. Sie beantragen, dem Hg. bzw. seinen Vormündern und Gießer Schadenersatz zuzusprechen.
Nr. 146 Memorial der bayerischen Vormundschaftsregierung für die Verhandlungen Hg. Wilhelms und der deputierten Vormünder mit Ks. Maximilian – [Straubing/München, Ende April/Anfang Mai 1509].
[1.] Ausstände an den Reichshilfen aus der Zeit Hg. Albrechts IV., Besteuerung der Besitzungen Hg. Wolfgangs durch das Reich; [2.] Lehnsindult für Hg. Wilhelm; [3.] Vertretung Bayerns auf dem Reichstag durch eine Gesandtschaft; [4.] Streit mit Pfgf. Friedrich um das Kloster Niederaltaich; [5.] Rückkaufrecht an Kufstein, Kitzbühel und Rattenberg; [6.] Heiratsprojekte für Prinzessin Sibylle von Bayern; [7.] Fortsetzung der Vormundschaft für Hg. Wilhelm; [8.] Taxationsverhandlungen im Landshuter Erbfolgestreit; [9.] Änderung des ksl. „Interessebriefes“ in Bezug auf Merching; [10.] Ankauf von seltenen Erden durch Heinrich Barth; [11.] Rückgabe des Schlosses Partenheim an Kuno von Wallbrunn.
München, HStA, KÄA 3137, fol. 132–136’ (Konz.) = Textvorlage A. München, HStA, KÄA 3137, fol. 117–118 [Pkt. 1 – Falls der Ks. … Anschlag gleichkommt.], 129 [Pkt. 2], 130 [Pkt. 3] (unvollständiges Or.) = B.
[1.] Der Ks. hat von Hg. Wilhelm und seinen Vormündern mehrfach – durch Hans von Landau und Albrecht von Wolfstein1, kürzlich durch Kaspar von Winzer [Nr. 142] und in diesen Tagen durch eine schriftliche Aufforderung Pauls von Liechtenstein2– nachdrücklich die Begleichung der ausstehenden Reichssteuern Hg. Albrechts eingefordert. Winzer hatte deshalb bereits Verhandlungen mit dem Ks. geführt. Er informierte sie über die danach durch Wolfstein und Liechtenstein erneuerte Forderung, in Abschlag der Schuld unverzüglich 3000–4000 fl. an Jakob Fugger in Augsburg zu bezahlen, um mit dem Geld die Kaiserin in Konstanz auslösen zu können. Die Zahlung wurde nicht etwa aus Ungehorsam verzögert, sondern mit Hinblick auf das bevorstehende Treffen Hg. Wilhelms mit dem Ks. aufgeschoben. Bei dieser Gelegenheit soll der Hg. auf seine große finanzielle Notlage wegen der hohen Verschuldung infolge des [Landshuter Erbfolge-]Krieges hinweisen. Die Vormünder müssen täglich Güter verpfänden und verkaufen, um diese Schulden bedienen zu können. Der Ks. hat mit dem Hg. als seinem Neffen und als einem jungen Fürsten sicherlich Mitgefühl. Dieser bittet, seine Notlage zu bedenken und von der Forderung zurückzutreten. Falls der Ks. dazu trotz aller Bemühungen nicht bereit ist, soll über einen Vertrag verhandelt werden, der eine Barzahlung von 2000–4000 fl. gegen Rücktritt von der Gesamtforderung vorsieht – wenngleich das Geld nur unter großen Schwierigkeiten aufgebracht werden kann.3Im Gegenzug soll der auf dem Konstanzer Reichstag von Hg. Wolfgang erhobene Anschlag in Erwägung der bereits schriftlich geltend gemachten Gründe4gestrichen werden.
Da der Ks. wegen seiner Angelegenheiten möglicherweise nicht selbst auf dem Wormser Reichstag anwesend sein wird, soll er a–um einen Befehl an seine Stellvertreter–a gebeten werden, sich bei der Reichsversammlung dafür einzusetzen, dass die Besitzungen Hg. Wolfgangs nicht mehr separat veranschlagt werden. Gemäß dem vom Ks. bestätigten Vertrag über die Regierung5sind Hg. Wilhelm und die Vormundschaftsregierung verpflichtet, Hg. Wolfgang gegenüber Ks. und Reich zu vertreten. Dieser hat seine Besitzungen nur als Leibgedinge inne und nicht als Regalien oder Lehen vom Reich empfangen. Als Lehnsnehmer tritt gegenüber dem Reich allein der regierende Landesfürst Hg. Wilhelm auf. Diesem obliegt die Vertretung des gesamten Fm. gegenüber dem Reich. b–Wenn die Besitzungen Hg. Wolfgangs an Hg. Wilhelm zurückfallen, müsste dieser auch dessen Anschlag mitbestreiten und somit mehr leisten als die Kff., was zu Zeiten Hg. Georgs [von Bayern-Landshut] nie der Fall war. Überdies wird Hg. Wilhelm auch nach dem Heimfall der Gebiete seines Onkels über kein größeres Territorium verfügen als seinerzeit Hg. Georg. Von solcher Belastung möge der Ks. seinen Neffen verschonen und Vorsorge treffen, dass Hg. Wolfgang auf künftigen Reichstagen nicht mehr veranschlagt wird–b.
Wenn die Verständigung über eine Zahlung mit dem Ks. gelungen ist, soll dieser für sich und seine Nachfolger eine Verzichtserklärung über die Gesamtforderung ausstellen und eine Erklärung, dass die Besitzungen Hg. Wolfgangs künftig nicht mehr vom Reich besteuert werden; stattdessen sind diese in den Reichsanschlag Hg. Wilhelms mit einzubeziehen, c–der ohnehin einem kfl. Anschlag gleichkommt–c.6
[2.] Der Ks. hat ein zweijähriges Indult für den Empfang der Lehen und Regalien genehmigt und Winzer eine entsprechende Urkunde7ausgehändigt. Hg. Wilhelm benötigt jedoch einen längeren Aufschub bis zu seiner Volljährigkeit. Der Ks. soll gebeten werden, die Urkunde entsprechend dem erstellten Entwurf zu ändern.8
[3.] Falls der Ks. Hg. Wilhelm in Augsburgdauffordern sollte, persönlich am Wormser Reichstag teilzunehmen, soll er gebeten werden, dies dem Hg. in Anbetracht seiner Jugend und Unmündigkeit zu erlassen und sich mit einer Gesandtschaft zu begnügen, die von den Vormündern Vollmacht erhält, neben den anderen Reichsständen zum Besten von Ks. und Reich zu handeln. Der Ks. möge auch berücksichtigen, dass die persönliche Teilnahme am Reichstag dem verschuldeten Hg. erhebliche Kosten verursachen würde. Falls eine Reichshilfe für den Ks. beschlossen wird, würden die Aufenthaltskosten seine Fähigkeit beeinträchtigen, diese zu leisten. Die Vormünder wissen in Wahrheit nicht, wie sie die Schulden bedienen und gleichzeitig den hgl. Hof unterhalten sollen.
[4.] Über das Kloster Niederaltaich soll mit dem Ks. entsprechend der Plieningen mitgegebenen Instruktion [Nr. 144] verhandelt werden.
[5.] Hg. Wilhelm soll den Ks. bei einer günstigen Gelegenheit in einem vertraulichen Gespräch darum bitten, ihm und seinen Erben das Rückkaufrecht an Rattenberg, Kufstein und Kitzbühel einzuräumene. Der Ks. könnte dem Hg. eine entsprechende geheimefVerschreibung mit einer Klausel ausstellen, wonach der Kauf erst nach seinem Tod erfolgen soll. Hg. Wilhelm soll gegenüber dem Ks. erklären, dass er in ihm nicht nur einen Onkel, sondern einen Vater sehe und dass er und seine Brüder [= Hgg. Ludwig und Ernst], abgesehen von dessen Enkeln, seine nächsten männlichen Erben seien. Er würde ihm damit eine besondere Gnade erweisen, die er vergelten wolle.
[6.] Zu einem geeigneten Zeitpunkt soll der Hg. den Ks. auch an dessen Überlegungen bezüglich des Heiratsprojekts mit dem Kg. von England erinnern: Der Ks. stand bereits in Verhandlungen über eine Vermählung der ältesten Schwester Hg. Wilhelms [Sibylle] mit dem Kg. und hat deshalb auch an die Vormünder geschrieben.9Der Hg. soll sich über den Stand des Projekts informieren. Falls es scheitert, könnten mit ksl. Hilfe andere Kontakte für die Prinzessin geknüpft werden.
[7.] Falls der Ks. den Hg. auf die Übernahme der Regierung und Entlassung seiner Vormünder vor Vollendung des 18. Lebensjahres drängen sollte, soll er auf die [Primogenitur-]Ordnung seines Vaters verweisen. Diese könne er ohne die Mitwirkung Hg. Wolfgangs und der Landstände, die darauf die Erbhuldigung geleistet hätten, nicht ändern. Auf Wunsch des Ks. werde er jedoch mit seinem Onkel und den bayerischen Ständen darüber beraten.
[8.] Falls der Ks. den Hg. wegen des Unterpfands im Niederland (vorm wald)ansprechen sollte, das mit Hinblick auf die bevorstehenden Taxationsverhandlungen an Kf. Friedrich von Sachsen übergeben wurde10, soll dieser bitten, für einen raschen Abschluss des Verfahrens Sorge zu tragen, damit er das Unterpfand zurückerhält. Denn es sei davon auszugehen, dass Pfgf. Friedrich bei Fortsetzung der Taxation größere jährliche Einkünfte als die zugesprochenen 24 000 fl.11 erhalten werde. Dieses Thema soll jedoch nur dann angesprochen werden, wenn der Ks. dazu Anlass gibt.
[9.] Der Ks. hat während der Fastenzeit durch Albrecht von Wolfstein darauf hingewiesen, dass das zum ksl. „Interesse“12 gehörige, bei Augsburg im Gericht Mering (Moring)gelegene Dorf Merching (Manching [!]) im Interessebrief irrtümlich als „Mentzing“ geschrieben worden sei.13 Dem Gesandten war eine Antwort durch einen eigenen Boten angekündigt worden.14 Falls der Ks. diesen Punkt erneut anspricht, soll darauf hingewiesen werden, dass sich das ksl. Interesse aus ehemaligen Gebieten Hg. Georgs zusammensetze, Merching (Menching) aber im Gebiet Hg. Albrechts gelegen und gemäß der vom Ks. konfirmierten Primogeniturordnung (bruderlichen vertrags)auf Lebenszeit an Hg. Wolfgang übergegangen sei. Der Ks. möge Hg. Wilhelm in dieser Angelegenheit nicht weiter behelligen. Auch auf diesen Punkt soll nur eingegangen werden, wenn zuvor die Initiative vom Ks. ausgegangen ist.
[10.] Der Ks. hat schon mehrfach wegen der von Hg. Albrecht an Heinrich Barth verliehenen und die von diesem und seinen Partnern von Grundherren und Klöstern angekauften Sande und Erden an die Vormünder geschrieben.15 Nach Kenntnis der Stellungnahme Barths wird der Ks. sich vermutlich damit begnügen und zu dem Ergebnis gelangen, dass der Vorgang von Leuten, die eigene Interessen vertreten, falsch dargestellt wurde. Ohnehin wäre es nicht rechtens, die Barth ausgestellte Urkunde16 zu missachten.
[11.] Der Hauptmann von Burghausen, Kuno von Wallbrunn, bekleidete während des Bayerischen Krieges die Stelle eines hgl. Hauptmanns vor dem Wald. Sein in der Pfalz gelegenes Schloss [Partenheim] und die dazugehörigen Güter wurden im Krieg eingenommen und an Hans Landschad übergeben. Laut Kölner Spruch sollen alle Eroberungen zurückgegeben werden, doch ist dies trotz seiner wiederholten Bitten an den Ks. bislang nicht geschehen. Er bittet um entsprechende Mandate an den pfälzischen Kf. und Hans Landschad, außerdem um Weisung an die ksl. Reichstagskommissare in Worms, den Kf. und Landschad zur Rückgabe der Güter zu veranlassen.
Nr. 147 Der Hauptmann zu Burghausen, Kuno von Wallbrunn, an Hg. Wilhelm IV. von Bayern – [Burghausen], 1. Mai 1509
München, HStA, KÄA 1242, fol. 21–21’ (Or., am tag Philippi et Jacobi).
Er hatte gehofft, dass er, Hg. Wilhelm, auf seiner Reise auch hierher nach Burghausen gekommen wäre. Nun hat er aber erfahren, dass der Ks. ihn, den Hg., zu sich auf den Reichstag nach Worms geladen hat. Bittet unter Berufung auf gemachte Zusagen, ihm im Rahmen der Ausgleichsverhandlungen zwischen Bayern und Pfalz wieder zu seinem Besitz zu verhelfen.1Er selbst hat jüngst in Kreuznach (Kreichenach)den Ks. in Gegenwart pfälzischer Vertreter gebeten, aufgrund des Kölner Spruches2und eines an Hans Landschad als derzeitigem Besitzer übergebenen Mandats für die unentgeltliche Rückgabe zu sorgen. Der Ks. hat ihn daraufhin zum Reichstag nach Worms beschieden, wo er zwischen der Pfalz und Hg. Wilhelm vermitteln wolle, um den Streit endlich beizulegen; dann werde er auch seine Angelegenheit regeln. Falls aber kein Vertrag zustandekomme, würden seine Anträge und die für ihn eingelegten Fürsprachen berücksichtigt und nach Billigkeit verfahren. Bittet, ihm zur Rückerstattung seines Besitzes zu verhelfen. Seine Interessen würden es erfordern, seine Mitnahme zum Reichstag zu erbitten, damit er dort auf sein Anliegen aufmerksam machen kann. Er verzichtet aber darauf angesichts seiner dienstlichen Verpflichtungen. Deshalb befiehlt er seine Sache ihm als seinem Landesherrn.
Nr. 148 Ks. Maximilian an Hg. Wilhelm IV. von Bayern – Mindelheim, 8. Mai 1509
Treffen in Kaufbeuren, Verhandlungen über den Konflikt mit Regensburg.
München, HStA, KÄA 1575, fol. 88–88’ (Kop. mit imit. Vermm. prps./amdip. und Gegenz. Serntein).
Fordert ihn auf, unverzüglich zu ihm nach Kaufbeuren aufzubrechen und einige seiner vornehmsten Räte mitzunehmen. Und dich darnach richten, furter auf unsern reichstag gen Wormbs zu andern unsern curfursten, fursten und ständen des Heiligen Reichs, die in treffenlicher anzal daselbs sein werden, persondlichen zu ziehen. Er erwartet ihn in Kaufbeuren zu Verhandlungen über diese und andere Angelegenheiten.
Hg. Wolfgang und andere Vormünder haben ihm berichtet, dass Regensburg Christoph Gießer festgenommen und peinlich befragt habe. Im Gegenzug hätten sie die Gefangennahme von Regensburger Bürgern veranlasst. Die Vormünder haben gebeten, in dieser Angelegenheit keine Entscheidung zu treffen, ohne ihn, Hg. Wilhelm, vorher angehört zu haben.1Er hat veranlasst, Gießer in sein Gewahrsam zu überstellen. Er wird nach seiner Ankunft mit ihm darüber verhandeln.
Nr. 149 Aufzeichnung über eine Erklärung Ks. Maximilians gegenüber bayerischen Vormundschaftsräten – [Kaufbeuren, um den 14. Mai 1509]
[1.] Ausstehende Reichshilfen Bayerns; [2.] Teilnahme Hg. Wilhelms am Wormser Reichstag; [3.] Anwerbung von 50 Reitern für den ksl. Italienzug; [4.] Gefangennahme eines ksl. Dieners.
München, HStA, KÄA 3137, fol. 120 (Konz.).
[1.] Der Ks. will jetzt eine Barzahlung von 4000 fl. annehmen und von den verbleibenden 6000 fl. 1000 fl. erlassen. Für 2000 fl. wünscht er die Lieferung von für den Krieg notwendigem Getreide aus nahe bei den ksl. Erblanden gelegenen Kästen. Dafür wird er über die gesamten Ausstände an den Reichshilfen quittieren.
[2.] Der Ks. wünscht, dass Hg. Wilhelm sich umgehend persönlich zum Wormser Reichstag begibt. Wenn ihm dies nicht möglich ist, genügt auch die Entsendung von Räten, doch das die treflich, geschickt und abgevertigt werden und macht haben, in den anslag, so herzog Wilhelm von seinem furstentumb auferlegt werden, ze willigen, nämlich allain raisig und kein fuesvolk ze schicken.
[3.] a) Hg. Wilhelm soll umgehend 50 gerüstete Reiter zum Ks. schicken, der diese wie andere ksl. Dienstleute für einen monatlichen Sold von 10 fl. in sein Heer aufnehmen wird. Wenn der Hg. die Reiter schickt, die ihmaauferlegt werden, so sollen die 50 Reiter dem bayerischen Kontingent zugerechnet werden. b) Den jungen Hg. selbst befreit er davon, während der Sommerhitze nach Italien (welsche land)zu ziehen. c) Ein Drittel der ihm auferlegten Reichshilfe soll Hg. Wilhelm unverzüglich für den Krieg abordnen und dem Kommando des Reichshauptmanns unterstellen. d) Ein weiteres Viertel der Reisigen verbleibt beim Hg., bis der Ks. ihn nach Abflauen der Sommerhitze zu sich berufen wird; dann soll er diese Truppe mitbringen. Da sich die Vormünder wegen der drei Punkte [b-d] voraussichtlich mit ihren Mitregenten beraten müssen, will der Ks. eine Gesandtschaft nach München schicken.
[4.] Der Ks. beschwert sich über die Gefangensetzung eines seiner Diener bei Weilheim durch Hg. Wolfgang.