Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Nr. 221 Deutschordenshochmeister Friedrich von Sachsen an Bf. Günther von Samland und dessen Mitgesandte auf dem Schiedstag in Posen

Rochlitz, 15. Juli 1510 (am tage divisionis apostolorum)

Berlin, GStAPrK, XX. HA, OF 26, pag. 323, Kop.

Hat ihr (nicht vorliegendes) Schreiben mit ihren Überlegungen, wie sie die Verhandlungen (mit den Gesandten Kg. Sigismunds von Polen) beginnen wollen, erhalten und ist damit ganz einverstanden, hört allerdings nicht gern, daß sich die Ankunft des päpstlichen Gesandten (Achilles de Grassis) verzögert. Am 13. Juli (nesten sonnobent) ist der neugewählte Deutschmeister (Johann Adelmann von Adelmannsfelden) hier eingetroffen. Wird diesen so lange bei sich behalten, bis er von ihnen hört, wie die Verhandlungen in Posen verlaufen.1

Nr. 222 Deutschordenshochmeister Friedrich von Sachsen an Bf. Günther von Samland und dessen Mitgesandte auf dem Schiedstag in Posen

Stellungnahme zu den übersandten Vermittlungsvorschlägen der ksl. Gesandten.

ohne Ort, 19. Juli 1510 (freitag noch Margarethe)

Berlin, GStPrK, XX. HA, OF 26, pag. 324-325, Kop.

Bestätigt den Empfang ihres (nicht vorliegenden) Berichts über die Verhandlungen mit den Gesandten des polnischen Kg. Und weren wol geneigt, uns auch nicht liebers, dan das wir mit kgl. wird und der cron Polan ane nochteil unsers ordens freuntlich und wol vortragen worden. Derhalben eur lieb und ander unser geschickten mit den vier vorschlegen unsers gfallens gehalden. Dieweyl wir aber vornemen, das von den ersten zweyen artikeln abgstanden und auf den letzten zweyen ruet, als die sachen rechtlich anzuheften und auszutragen ader auf eyn anzal jare beyzustellen, das die gschickten des Kg. auf vorschlag ksl. Mt. gschickten in bedenken genomen, dorauf ir unser gemüt euch zu vormelden pietet. Wo nu die sachen zu rechtlichem austrage auf die ksl. Mt. sunderlich ader auf sein Mt. und die kgl. wird zu Hungern und Behem semptlich, auf EB Ernst von Magdeburg, EB Johann von Gnesen oder zwei oder vier andere geistliche oder weltliche Kff. oder Ff. im Reich oder außerhalb des Reiches, die der Kg. eynen aber [= oder] zwen dorch sein geschickten mag annemen, dergleichen eur liebe und die unsern geschickten auch zu tun macht haben sollen, [gestellt werden,] ist uns wol leidlich, jdoch, das man sich eyner zeit, in welicher beyd teyl diegenigen unser Hh. und freunde ader yre volmechtigen rete, doreyn gwilliget wirdet, auf eyne benante malstat zu bringen, auch mit wievyl setzen, auch in wievil zeiten ein itzlich teyl sein nottorft sal vorfertigen, dergleichen, das in eyner benanten zeit der rechtlich aussproch von unsern Hh. und freunden ergehe und gschehe vor eynige und nottorftig abred. Konnen auch mit benanter zeit in diser sachen rechtlich erkentnis der auditores rete eyner itzlichen unverdechtlichen universitet erleiden und alzeit zuforderst unsers Hl. Vaters, des Babsts. Ab aber das kegenteyl das recht nicht annemen wold und die geschickten ksl. Mt. und der kgl. wird von Hungern sich flissen, auf eyn anzal jare gutlich anzustellen, wiewol solchs uns und unserm orden wenig frucht villeicht geberen mocht, doch wo solchs mit guter maße gemacht, sold ir dorzu unser auch mechtig sein, so ir befindet, das irs nicht besser machen kondet. Sollen berichten, wie dieses Votum aufgenommen wird, und auch den Rat der Regenten in Preußen einholen. Wo sich auch der tag ader handlung ane weiter vorfassung enden wolde, so wolle sich euer lieb und ander unser geschickten zum rechten, wie vorsteht, erbieten, denn es steht zu hoffen, daß Christus und seine Mutter Maria den Orden in puncto Gerechtigkeit nicht im Stich lassen werden. Wo aber ausserhalben disem allem, wie vorsteht, etwas schwerlichers vorfallen werde, das dem hl. Reich und teutzscher nacion nochteylig mocht ersprissen, so wollet ksl. Mt. geschickten rat dorin pitten, und wo [sie] sich zu raten bschwerten, dan wollet fleissigen, das wir uns, was uns zu tun sein wolle, an ksl. Mt. belernen und in bequemer zeit uns solchs widerumb vernemen lassen.

Nr. 223 Die ksl. Gesandten zum Schiedstag in Posen an Ks. Maximilian

[1.] Ihre Ankunft in Posen, Eintreffen des Vertreters Kg. Wladislaws von Ungarn und Böhmen, Fernbleiben des päpstlichen Orators; [2.] Ergebnis der Befragung der beiden Konfliktparteien; [3.] Annahme zweier Schiedsvorschläge auf Hintersichbringen durch die polnischen Gesandten, Bitte an den Ks. um Hilfe für den Deutschen Orden.

[Posen, Ende Juli 1510]

Berlin, GStAPrK, XX. HA, OBA Nr. 19284, Konz.

[1.] Als euer ksl. Mt. uns zu [gese]tzter tage kegen Posenau, so zwischen kgl. wirde zu Polen an einem und dem hoemeister deutz ordens uf St. Johanstag sonewenden nestverschinen [24.6.10] neben Bebstlicher Hlkt. und kgl. wirde von Ungern und Behmen oratoribus zwischen berurten parteien noch inhalt der instruction, uns darneben ubergeschickt [Nr. 212], gütlichen zu handeln abgefertigt, alzo sein wir mitwuchen noch Johanis [26.6.10] doselbst zu Posenau einkomen und von beiden parteien vil redlicher person, die sie zu sulcher handelung gemechtiget und gefertiget, befunden. Und uf den dritten tag nach uns [29.6.10] ist der Bf. von Presla [Jan Thurzo] von wegen kgl. wirde von Ungern und Behemen einkommen, aber des Babst botschaft [Achilles de Grassis] ist außenbleiben und uns seins außenbleibens keine vermeldung getan. Aber nichtsdesteweniger haben berurte geschickten von uns und dem Bf. von Preslau handeln zu gewarten gewilligt.

[2.] Demnach haben wir beider teil gebrechen schriftlich und mundlich nach aller nottorft gehort, als wir euer ksl. Mt. sulche hiemit ubersenden [Nr. 224]. Daraus wir klar und scheinbar befunden, das die land, so etwan Kg. Casimirus, ditz Kg. vater, dem deutzen orden abgedrungen, dieselbtigen in einem rechten titel besessen, einsteils erkouft, einsteil durch gabe, einsteils mit irem blutvergiesen und swerte von den ungeloubigen mit zulasung Bebstlicher Hlkt. und ksl. Mt. erlangt und das des ordens ungetraue, widerwertige undertan, die wider den orden uber Ks. Friderichs seliger rechtspruch 1 büntnus ufgericht, slos, stet und fleck zerbrochen, zerrissen, verwust und eingenommen. Dieselbten [hat] derselbt Kg. uber vertrege und einungen, so er mit dem orden eingegangen, zu den heiligen gesworen, mit brif und sigel befestiget, wider recht und alle billikeit ufgenommen und darzu den orden mit sweren, harten krigen beleidigt und das land zu Preußen, so er itzunder dadurch eingenommen und noch innehat, [die folgenden ca. 2 Wörter sind wegen einer Beschädigung des Papiers nicht lesbar] [da]durch den orden in einen nichtigen und untuchtigen vertrag und fride 2 gedrungen, den sie aus großer forcht haben annemen und eingehen mussen. Und aus demselbten befunden, das der hoemeister und sein loblicher orden sulchs vertrags, auch entwendung der land beswert.

[3.] Haben wir an demselbten die gutliche handelung angefangen. Es ist uns aber von den geschickten kgl. wirde von Polen sulchs ganz abgeslagen, dergestalt, das sie von widergebung der land, auch von veranderung bemelts vertrags keinen handel erleiden konnen. Und dieweil sie solchs abgeslagen, haben wir andere sunliche wege zu fride und einikeid darin gesucht und vorslagen, einen fridlichen anstand uf 10 ader 15 jar ader einen rechtlichen austrag uf Bebstliche Hlkt., eur ksl. Mt., semptlich und sunderlich, auch uf eur ksl. Mt. und den Kg. von Ungern semptlich und uf einen itzlichen unverdechtigen F. des Reichs. Welche beide wege die geschickten kgl. wirde von Polen, an iren H. zu gelangen laßen, einen hindergang genommen, und was irem Kg. wil gefellig sein ader nicht, dasselbt sall dem hoemeister vermeldet und zugeschriben werden, und uns damit unsern abschid gegeben. Sulchs haben wir eur ksl. Mt. im besten nicht verhalten wollen, und sunderlich, das die geschickten des hoemeisters eur ksl. Mt. von wegen ires H. ufs undertenigst bitten, das eur ksl. Mt. wolte den loblichen orden in iren ufgerichten und gerechten sachen und vornemlich, dieweil sein ftl. Gn. uf euer ksl. Mt. rechts erbutig ist, in gn. schutz nemen und haben. Das wollen wir auch hiemit bei eur ksl. Mt. ufs undertenigst gebeten haben, eur ksl. Mt. wold als ein merer des Reichs und ein handhaber des teutschen adels und ein beschirmer der mutter Gots den berurten teutschen orden nicht verlaßen, den lon von dem almechtigen Got und seyner werden mutter empfaen. So wollen wirs neben dem orden ufs undertenigst verdienen.

Nr. 224 Aufzeichnung der ksl. und reichsständischen Gesandten über die Verhandlungen auf dem Schiedstag in Posen

[1.] Standpunkt der polnischen Gesandten im Konflikt mit dem Deutschen Orden; [2.] Stellungnahme der Vertreter des Hochmeisters mit Darlegung der wechselvollen Beziehungen des Ordens zu Polen bis zum Thorner Frieden von 1466; [3.] Aktuelle Auseinandersetzungen Hochmeister Friedrichs mit Polen; [4.] Unberechtigte Vorwürfe gegen den Orden im Fall Thomas Jodeck; [5.] Vorschläge der Ordensgesandten für eine Vermittlung; [6.] Vorschlag der ksl. Gesandten zu weiteren Verhandlungen auf der Grundlage von vier zentralen Bestimmungen des Thorner Friedens; [7.] Stellungnahme der Ordensgesandten zu diesen Artikeln; [8.] Stellungnahme der polnischen Gesandten; [9.] Vorschlag der ksl. Gesandten für einen zehn- bis fünfzehnjährigen Stillstand; [10.] Hintersichbringen der beiden unterbreiteten Schiedsvorschläge durch die polnischen Gesandten.

[Posen, Ende Juli 1510]

Berlin, GStAPrK, XX. HA, OBA Nr. 19285, 3 Kop.

Kurzregest: Joachim/Hubatsch, Regesta I,2, Nr. 19284.

[1.] Auf solichem tag seint die polnischen geschickten zu uns und dem Bf. von Presla [Jan Thurzo] komen und dise volgende wort ader dergleichen in abwesen des hoemeisters geschickten furgetragen:1

Wie Preußnerland in zwei teil geteilt, ein teyl yn 12 teyl, das do allweg der cron zu Polan zugehorig gewest, und das ander teil, darinne Culmerland gelegen, das Hg. Cunrads von der Mazaw [= Masowien] 2 gewest. Der von den unglaubigen hochlich bestritten, das er ynen widerstand zu tun unvermuigend gewest und derhalben Bebstliche Hlkt., umb cruciatum ausgehen zu lasen, dergleichen den teutschen orden, der auf die zeit genseyt meres gewest, ynen zu hülf zu komen, angezogen. Das dann dermaß und also gescheen, die teutschen Hh. sich dahin gefügt, denen ehegenanter Hg. Cunrad das bestimpt Culmerland gegeben und yren ursprung yrer Hft. davon genomen. Des sie undankpar gewest und volgende dieselben Hgg. von der Mazaw und das reich zu Polan hertiglich bekriget, mannicherlei vertrege aufgericht, der keiner vom orden gehalten und das reich zu Polan so hart bekriget, das sie das Reich zu Polan sechs meil wegs nahe alhie bei Posenau eingenomen und sich alweg in so merglichem unglauben befunden laßen, das das Reich zu Polan durch den mißglauben, so sie zu dem orden zu Preußen und Leiflant getragen, von zweien steten gedrungen wern worden, als nemlich Neugarten [= Naugard] und Kilien-Weißenburg. Die sie umb desselbigen mißtrauens willen zu dem orden getragen, das sie sich aus dem Reich, dieselben zu retten, nicht hetten dürfen begeben und dadurch verlorn. So hette sich auch der ytzige homeister [Friedrich von Sachsen] und die seinen vil unwillens gegen die cron zu Polan geflissen, nemlich die cron zu Polan gegen Bebstliche Hlkt., ksl. Mt. und die Kff. und Ff. des Reichs zu beschweren und den Ks. gegen kgl. irlauchtigkeit in unwillen zu bewegen. So wer auch ain reizung gescheen, des reichs zu Polan undertanen mit cammergericht fürzunemen und in die acht zu brengen und zu erclern etc. Daraus zu vermerken, das sich der orden bisher wider die cron zu Polan alweg alles unguten geflissen.

[2.] Als haben wir bedacht, das solichs des hoemeisters geschickten nicht sey zu verhalten. Und als wir ynen dasselb geoffenbart, haben sie diese volgende underricht uns muntlichen fürtragen laßen:

Als die polnischen rete fürgetragen, das das preusche land in zwei teil geteilt etc. und ein teil in 12 teil, das alweg der cron zu Polan zugehorig gewest, und yn dem andern Culmen gelegen, das dem orden von Hg. Cunrad aus der Maßaw gegeben, göben sie uns dise underrichtung, das war wer, das preusische land in zwei teil geteilt, das ein teil in 11 teil. Das der cron zu Polan nye, sunder vor der zeit, ehe der orden des orts komen, der heiden gewest und das yn dem andern teil Culmen gelegen, das Hg. Cunrads gewest, und das Hg. Cunrad von den heiden schwerlichen bestritten und bekriget, das er sich derselben nicht hette ufhalten mügen, und einen hoemeister [Hermann von Salza]3, der auf die zeit zu Ackers [= Akkon] genseit meres gewest, umb hülf angerufen. Der yme auch zu hülf komen und mit hülf des teutschen adels von der beschwerd der unglaubigen geholfen, und das Hg. Cunrad dem orden dasselbt land gegeben, das doch der zeit in gewalt der heiden gewest und der orden mit großer beschwerd von denselben heiden, als solichs die cronica tet anzeigen, bekomen und erlangt und volgende die gebeude, die noch des orts weren, mit hülf des teutschen adels aufgericht. Und wiewol Hg. Cunrad des fals ein cleine gabe getan, nachdem er solichs in seiner gewalt nicht gehabt, so wer doch der orden alweg gegen demselben Hg. Cunrad und seinen nachkomen, wie volgend solt gehort werden, dankpar gewest. Und dieweil Hg. Cunrad sampt der cron zu Polan von solicher beschwerd erlöst und entpunden, hette ynen und yren nachkomen vil mehr gezimbt, gegen dem orden dankpar zu sein. Es mocht auch wol mit warheit geredt werden, das sich alweg zwischen dem orden und Hgt. zu Mazaw guter wille erhalten. Es hette sich auch der loblich orden von demselben lande die heiden, die zu der zeit in Preußen gewest, so das Hgt. bekriget, zu vertilgen understanden und 53 jar mit denselben heiden gearbeit und gestriten und in derselben zeit mit hülf des teutschen adels dieselben land ganz mit großer, schwerer mühe und blutvergissen erobert und zum glauben gekart. Und nach endung der 53 jaren, als sie die preuschen land genzlich geruglich innegehabt, hetten die brüder des ordens nach ausweisung irer statut weiter die unglaubigen zu vertilgen und mit den Litauen, die auf die zeit auch in heidenischen glauben gewest, angefangen zu streiten und vil großer und schwerer krig gehabt und mit hülf des teutschen adels Saimaten [= Samaiten] ganz erobert und ein großen teil des litauischen landes an schlossen, stetten und flecken eingenomen, gepaut und bevestigt, als solichs noch vor augen wer. Es weren auch auf die zeit die Polan und Mazawer von denselben Litauen, die do die Tatern zu hülfe gezogen, vilmal bestritten und uberzogen worden und den orden umb hülf gegen dieselbigen ungläubigen angezogen. Die ynen alweg zu hulf komen und von solicher beschwerd erlöst und also der orden, das reich zu Polan und das Ft. in Mazaw in gutem willen gegeneinander gestanden, bis solang die Polan ein ungläubigen großfürsten zu Litauen4 zu eynem Kg. aufgeworfen, dem die alden wunden, so yme zu Litauen von dem orden entstanden, nicht geheilet und wider den orden mit hülf der ungläubigen Behmen und Tatern schwere krige erhoben, den orden unversehlich uberzogen, merglichen schaden zugefugt. Des sich der orden zu were gestellt, den Kg. mit seinen helfern ausgetrieben, die land zu Polan, wie angezeigt, in der kegenwere bei sechs meilen hie nahe bei Posenau eingenomen und das reich zu Polan und das Hgt. auf die zeit geschwecht und ganz unmechtig gemacht, das seiner gewalt nymmer zu fürchten gewest.

Als wer der Kg. zu der zeit fur das consilium zu Costenz5 gezogen und beclagt, das der orden wider die unglaubigen und nicht wider die cristen zu streiten gestift und gewidemt wer. Des unangesehen so hette der orden yme als eim cristlichen Kg. vil landes abgewonnen, gebeten, mit dem orden zu verfügen, soliche abgedrungene land widerzugeben. Auf solich des Kg. clag wer das consilium bewegt worden, dem orden zu gebieten, dieselbten land widerzugeben. Das also an krig und schwertschleg gescheen, dem Kg. zu Polan Saimaiten, Litauen und Polan alsbald widergeben. Wolt Got, das sich die Polan dergestalt auch erkennten und das sie die land des ordens, die sie mit vil wenigerm recht, dann der orden die yren innegehabt, inhaben, widergöben. Als wer der Kg. von Polan an solicher widergebung nicht gesetigt gewest und yme ein vermeinte neue forderung wider die land Pomerellen, Culmen und Michelau, das dieselben dem reich zu Polan solten zustendig sein, fürgenomen und abermals große krig wider den orden erhoben, zuletzt dieselbigen gebrechen auf die Kgg. zu Hungarn und Behmen zu entscheiden gestalt. Weliche Kgg. dem orden durch iren spruch berurte land zugesprochen. Uber solichen spruch hette er abermals derselbten land halben krieg ereugt, die auch aufgenomen und mechtig in Ks. Sigmunt gestalt, der abermals durch seinen spruch den vorigen sprüchen der Kgg. zufall gegeben und becreftigt. An welichem spruch der Kg. von Polan auch ungesetigt gewest und abermals neue krige erhoben, die dann zu Thorn gericht und ein ewiger frid gemacht,6 darinnen sich der Kg. berurter land genzlichen verzihen, begeben und zu den heiligen geschworn. Und zu der zeit des vilfäldigen unglaubens, so der Kg. beweist, hat yme der orden nymmer glauben wollen, sunder die lande, als stete und der adel, hetten sich neben ime verschreiben müssen, yme in solichem seinem krige nymmer beholfen zu sein. Das yme abermals in vergessen komen und einen neuen krig angefangen, der dann zu Prisca [= Brest] bericht mit neuer verzicht derselben land.7

Als wer ein zeitlang zwischen dem orden und dem reich zu Polan fried gewest, bis solang des ordens ungetreue undertanen an all ursach wider den orden aufgestanden und zu des ytzigen Kg. vater8 komen und yne angezogen, sie anzunemen. Als wer er anfangs des verpüntnus, mit dem orden eingegangen, seiner eide und phlicht eingedenk gewest und denselben des ordens undertanen irs gesynnens abgeschlagen. Es were aber der Kg. durch bose eingebung angehalten, solichs nicht zu wegern, sunder anzunemen und die große macht und nutz fur seinen eid zu setzen und zu achten, dann er solt betrachten, das yme solichs on schwertschlege an einicherley unkosten zu seinen handen queme etc. Damit er sich wider vertrege, eid und pflicht hette bewegen laßen und die ungetreuen Preussen aufgenomen und dadurch schwere krige, in das 14. jar werende, erhoben.9 In welicher zeit derselbt Kg. Naugart [= Naugard] und die andern stete auch verlorn. Ab aber solichs aus des ordens verursachen dargeflossen ader des Kg. unzimliche handlung, hetten wir zu ermessen.

[3.] Das aber ir H., der homeister, sich auch vil unzimlicher handlung wider die Kgg. von Polan solt geflissen haben, beten sie, diese des homeisters unschult zu vermerken. Und wer nicht on, das der hoemeister in eingang und annemung des homeisterampts beschwert gewest, in den ewigen friede dergestalt zu bewilligen und gegen den verstorbnen Kg. [Johann Albrecht], solichs zu andern, freuntlicher und dinstlicher weis gesucht und auf yre person selbst erkentnus in den cardinal [Friedrich Jagiello], alle in Got verscheiden, in den Kg. von Hungarn und Behmen [Wladislaw II.], in den ytzigen Kg. [Sigismund], auf die zeit Hg., gestelt. Es wer aber von berürten Kgg. ungeacht gewest und den homeister gegen Bebstlicher Hlkt. und ksl. Mt. beschwert, in gestalt, als solt der homeister sich des wegern, das er zu recht und zu billikeit zu tun schuldig, und von Bebstlicher Hlkt. ein breve, vast beschwerlich, an den hoemeister ausgangen, erlangt. Daraus der homeister geursacht wer worden, sich auch gegen Bebstlicher Hlkt. und ksl. Mt. zu entschuldigen, und hette derhalben seine oratores und vor nye an beide heupter geschickt, bei Bebstlicher Hlkt. seins gemüts anderung erlangt. Daraus auch diser tag hergeflossen. Aus dieser bericht wir zu vermerken hetten, welich teil das ander beschwert und unzimlich zu rede gesetzt hette.

[4.] Als aber ferner gemelt were, das wider des ordens undertanen solt anreizung sein bescheen, dieselben zu beclagen und in die acht zu brengen, das würd villeicht auf Thomas Judicke [= Jodeck], der die von Danzig in die acht hett [gebracht], gedeut.10 Solichs wurd yrem H., dem homeister, und allen den seinen wider billich aufgelegt, dann der homeister, dergleichen di seinen hetten desselben menschen keine kunde, vil weniger, das sie yme hülf zu seinem furnemen bezeigen solten. So wüste auch keiner, was forderung ader zuspruche derselbt Thomas Judicke zu den von Danzke hette.

[5.] Und als dieser handel nach der lenge gehort und besichtiget, haben wir die geschickten des homeisters als clegere, was für mittel dem homeister und seinem orden leidlich weren, uns zu vermelden, [gebeten]. Darauf haben sie uns diese volgende artikel, hernach verzeichent, eröffent und zu verstehen gegeben:

Zum ersten, zu versuchen, dieweil aus furgebrachten händeln clar befunden, das kgl. irlauchtikeit zu den landen Preussen, Pomerellen, Culmen und Michelau keine gerechtigkeit nicht gehabt ader noch hette und die mit unrecht dem orden abgedrungen, das er dieselben land als ein cristlicher Kg. dem orden wolt widergeben, in ansehung, das er derselben wenig ader gar nichts genösse ader gebrauch, und wolde der vertrege und eynigung, in maßen etwan zu Thorn im jar, so man geschrieben, 1436, dergleichen zu Prisca kurz darnach aufgericht, geleben.

Zum andern, so dies nicht mocht erlangt werden, das alsdann dem orden das preusische land, darzu doch kein Kg. forderung gehabt, eingereumt und wider uberantwurt werde und das sich der orden der andern dreier lande Pomerellen, Michelau und Culmen verzihe und das die obangezeigten vertrege, zu Thorn und Prisca aufgericht, ausserhalb des artikels der dreier land widerumb verneuet würden.

Zum dritten, so solichs nicht wolt angenomen werden, das alsdann von rechtlichen wegen auf Bebstliche Hlkt., ksl. Mt., sämptlich und sunderlich, auf Kff., auch sämptlich und sunderlich, ader auf einen iglichen F. ym Reich zu stellen gehandelt würde, doch dergestalt, das sich kein teil zu dem andern in mitler zeit keins argen nicht versehen noch befaren dörfe.

Zum letzten, so dieser obgeschribner artikel keiner wolt angenomen werden, das dieser unwill yn einen funfzehenjärigen bestant gefürt, dergestalt, das der Kg. den homeister ader seine nachkomen der dreier artikel, zu schweren, zu dienen und halben teil der Polan yn orden zu nemen, unangezogen ließe und das der homeister die andern artikel, in dem ewigen fried11 begriffen, unangefochten ließ.

[6.] Und als wir in der handlung sovil vermerkt, das die geschickten kgl. wird zu Polan nicht gewilligt gewest, die land, so dem orden abgedrungen, aller ader einsteils widerzustellen, haben wir aus dem vertrag, der do der ewig fried genant wirt, vier artikel ausgezogen, darauf unsers ansehens der sachen merern teyl haftung bestehe, und davon mit den parteien zu handeln understanden:

Erstlich, als in berurtem ewigem fried gemelt würde der eid, so ye zu zeiten ein zukomender homeister dem Kg. zu Polan schweren und tun solde etc.

Zum andern, das ein homeister, ausgescheiden den Babst, keinen andern H., dann allein ein Kg. zu Polan fur seinen H. erkennen solt etc.

Zum dritten, das ein homeister Polan zu gleicher zale mit den Teutzschen hinfurter in orden einnemen soll, auch in des ordens ampt zugleich die Polan mit den Teutschen versehen.

Zum vierden, das ein homeister zu allen malen, so das in namen eins Kg. zu Polan begert würd, mit aller macht seins ordens und wider alle und iegliche, nymands ausgescheiden, dem Kg. hülf und beistant tun solt etc.

[...] Diese vorgeschriebne artikel haben wir, die geschickten, des homeisters geschickten furgehalten und begert, uns irs gemüts und was sie bedachten, darinnen auf zimlickeit, dem orden treglich, zu meßigen, uns zu vermelden.

[7.] Darauf uns antwurt begegent, das die vorgemelten artikel diser ganzen sachen lasten auf ynen trügen und weren dem homeister und seinem orden dermaßen beschwerlich, das sie ungezweifelt, wir wurden an sie nicht begern, solichem des ordens beschwerlichem und unbillichem furnemen zu vervolgen, als sie auch des in yren einbrachten schriften weiter bericht getan hetten und zu merer der sachen bericht uns diese underrichtung getan:

Der homeister möcht den begerten eyd, im ewigen fried begriffen, eren halben in ansehung, wie er und sein orden ksl. Mt. und dem hl. Reich als F. des Reichs zugetan, nicht tun, dann iuramentum non debeat esse iniquitatis vinculum [CIC, Liber sextus I,4,1].

Auf den andern artikel hetten sie bericht geben und begrünt fest, wie ytz nest gemelt.

Auf den dritten artikel hetten sie vermelt, Polan yn den orden zu nemen wer wider alle yre eide und pflicht, so sie in iren statuten gelobt und geschworn. Auch betröffe solichs nicht allein den orden, sunder den adel und ritterschaft teutscher nacion gemeinlich, denen sie, die geschickten, zu nachteil nichts zu begeben hetten.

Auf den vierden artikel, der dinste halben, sagten des homeisters geschickten, das der artikel zuvil gemein und an alle maß gestellt were, derhalben sie dene aus ursachen, ym ersten artikel angezeigt, nicht bewilligen mochten. Aber doch, wue wir, ksl. Mt. und kgl. wird zu Hungarn geschickten, in den vorgemelten artikeln ynen anderung verschaffen würden, die dem homeister und seinem orden mit ichte treglich sein mochten, alsdann wolten sie sich anderer mehr beschwernus weiter vernemen lasen. Hetten sie ires H., des homeisters, besunder bevelh und wolten auch ksl. Mt. zu gehorsamer, underteniger erzeigung und kgl. wird zu Hungarn zu wilfarung sich alles pillichen wesen berichten lasen und ganz und williglich vervolgen.

[8.] Aus angezeigtem bericht der beschwernus des ordens hetten wir, ksl. Mt. und kgl. wird [Wladislaw II. von Ungarn und Böhmen] geschickten, ursachen empfangen, uns mit den geschickten reten kgl. wird zu Polan der vier artikel halben zu underreden. Und als wir mit ynen gehandelt, uns, in den artikeln uf zimliche, billiche wege zu mitteln, zu vergünstigen, haben sie in bedenken genomen und uns mit antwurt begegent:

Unsers fürnemens und handlung trügen sie befremdens, dann dasselbte wer dieser tagberaumung ganz zu entgegen und ungemeß, dann diser tag wer von kgl. wird zu Polan keiner andern gestalt angenomen, dann der zuversicht, wir würden den homeister und orden gütlich berichten und underweisen, sein unbillichs widersetzens und aufhalt uber kgl. wird vilfältig, gutlich erfordern abzustellen und den fußstapfen seiner vorfarn, wie der contract des ewigen frids clerlich vermelt, volzihung zu tun. Als sie auch in namen kgl. wird, den homeister und den orden, wie vorgemelt, gütlich zu underrichten, beten, dann unser furnemen in den angezeigten vier artikeln ader auch in allem dem, das in dem ewigen frid begriffen, eyniche anderong ader meßigung zu tun, were irem H. ganz unleidlich, wosten ader wolten auch derhalben nichts handeln, mit bette, den homeister und orden gutlich zu underrichten, wie vor etc.

[9.] Solichs, wie vorgemelt, haben wir, ksl. Mt. und kgl. wird zu Ungarn geschickten, des hoemeisters und ordens geschickten also angesagt. Die haben sich darauf erboten, wie wir euer ksl. Mt. zugeschrieben haben. So haben wir auch der sachen zum besten furgeschlagen, ein zeit lang, nemlich 10 ader 15 iar, der sachen zu gutem willen und gedult zu stehen.

[10.] Solichs, auch des homeisters rechterbieten haben die geschickten kgl. wird zu Polan, an iren H., den Kg., gelangen zu laßen, angenomen und zugesagt, wes in dem yres H., des Kg., gemüte sein werd, sol dem homeister zugeschrieben werden. Und haben uns darauf unsern endlichen abschied gegeben.

Anmerkungen

1
 Aufgrund des langen, letztlich vergeblichen Wartens auf das Eintreffen des päpstlichen Gesandten konnte mit den Verhandlungen in Posen erst am 3. Juli begonnen werden. Ihr Verlauf ist anhand einer lateinischen Handschrift polnischer Provenienz ausführlich dargestellt bei Liske, Zjazd w Poznaniu w roku 1510. Die verschiedenen Stellungnahmen der Gesandten des Hochmeisters Friedrich von Sachsen sowie der polnischen Delegierten sind in deutscher Sprache wiedergegeben bei Hirsch/Töppen/Strehlke, Scriptores Rerum Prussicarum, S. 270-288, eine verkürzte Fassung davon bei Schütz, Historia Rerum Prussicarum, fol. 432a-440b. Die Namen der Gesandten Kg. Sigismunds von Polen nennt der Bericht des Danziger Sekretärs Ambrosius Storm aus Posen vom 7. Juli 1510, gedruckt bei Biskup, Acta, Nr. 231. Zum Posener Tag und seinen Ergebnissen vgl. auch Forstreuter, Ordensstaat, S. 40-45; Voigt, Geschichte Preußens, S. 383-387; Matison, Politik, S. 458-474; Dies., Lehensexemtion, S. 237 Anm. 161; Sach, Hochmeister, S. 58-61; Goldberg, Zwanzig Jahre, S. 14-16; Biskup, Zjazd w Posnaniu 1510; Ders., Ordensland, S. 501.
1
 Urteil Ks. Friedrichs III. vom 5. Dezember 1453 im Rechtsstreit zwischen dem Deutschen Orden und dem Preußischen Bund. Regest: Eibl, Regesten 24, Nr. 185. Vgl. Biskup, Zusammenbruch, S. 431-433.
2
 Zweiter Thorner Friede von 1466.
1
 Zum folgenden Abriß der Beziehungen zwischen dem Deutschen Orden und Polen vgl. Labuda, Entstehung; Biskup, Blüte; Ders., Zusammenbruch.
2
 Reg. 1199-1247.
3
 Reg. 1210-1239.
4
 Wladislaw II. Jagiello, 1377-1401 Großfürst von Litauen, ab 1386 Kg. von Polen.
5
 1414-1418.
6
 Erster Thorner Friede vom 1. Februar 1411. Druck: Weise, Staatsverträge 1, Nr. 83.
7
 Friede von Brest vom 31. Dezember 1435. Druck: Ebd., Nr. 181.
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  Kg. Kasimir IV., 1447-1492.
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Der Dreizehnjährige Krieg 1454-1466.
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1496 verklagte der Großkaufmann Thomas Jodeck Danzig vor dem Reichskammergericht, doch wies die Stadt die Vorladung zurück mit dem Argument, sie sei nie Glied des Reiches gewesen, sondern anerkenne nur den Kg. von Polen als ihren Herrn. Daraufhin verhängte Kg. Maximilian am 5. Juni 1497 die Reichsacht gegen Danzig. Sie wurde erst am 4. August 1515 wieder aufgehoben. Vgl. Wermter, Reichsacht; E. Hoffmann, Danzigs Verhältnis, S. 12-38; Borchardt, Danzig und Elbing, S. 70-75; Simson, Geschichte, S. 342f.
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Zweiter Thorner Friede vom 19. Oktober 1466. Druck: Weise, Staatsverträge 2, Nr. 403 (lat. Originalfassung); Weise, Thorner Vertrag (dt. Übersetzung mit inhaltlichen Erläuterungen).