Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Nr. 351 Supplikation Matthäus Brandts, Gesandter Kg. Johanns I. von Dänemark und Hg. Friedrichs I. von Schleswig-Holstein, an die Reichsstände

[1.] Ersuchen um Anerkennung der Zugehörigkeit Hamburgs zum Hgt. Holstein; [2.] Wiederholung des Angebots einer Prüfung des Status von Hamburg durch Kommissare; [3.] Langes Warten auf Beantwortung seines Gesuchs durch den Ks., Bitte an die Reichsstände um Unterstützung seines Auftrags.

[Augsburg, ca. 20. März 1510]1

Weimar, HStA, EGA, Reg. E Nr. 57, fol. 62a-63a, Kop.

Druck: Harpprecht, Staatsarchiv, Nr. 180.

[1.] Hochwürdigsten, hochwurdigen, durchleuchtigosten, durchleuchtigen, hochgebornen Kff., Ff. und reichsstende, gnst., gn. und lb. Hh., euer kftl., ftl. Gn. und stenden des Reichs fug ich in undertanigem gehorsam zu wissen, das ain statt, Hamburg genant, im lande zu Holstain gelegen, ain zeit lang in des Reichs anfordrung für ain Rst. erfordert und angeschlagen worden ist.2 Und wiewol der durchleuchtigist, hochgeborn F. und H., H. Johann, zu Denmark etc. Kg., und seiner kgl. wirden bruder, auch der durchleuchtig, hochgeborn F. und H., H. Fridrich, zu Sleswig und Holstain etc. Hg., meine gnst. und gn. Hh., sich zugleich wie naturliche erbherrn und landesfürsten der genanten statt Hamburg als irs aigentumbs und zugehörs zum lande azu Holstain–a anziehen,3 die auch gemainlich in allen anforderungen [folgt offensichtlich eine hier fehlende Passage], mit undertaniger bit, sy bey irem altveriarten, gerugsamen besitz one hindernus zu bleiben abfordern lassen, mit darbey erbietung, das ir kgl. wird und ftl. Gn. solchen iren aigentumb an der stat Hamburg, das die iren Gn. und dem land Holstain allwege auch noch und nicht dem Reich zustee, erweisen mochten.

[2.] Wo ader [= aber] röm. ksl. Mt., unser allergnst. H., oder das hl. Reich ungesehen und ungehört irs berumpten beweisens und gerechtikait beschwärung, nachtail oder zweifel daran hetten, haben mein gnst. und gn. Hh., als oft solich anfordrung beschehen, bitten lassen und ich ytzund abermals von wegen irer kgl. wird und ftl. Gn. undertaniglich gebeten, yn etzliche bey iren landen nach gesessen Kff. und Ff. des hl. Reichs zu richtern und commissarien, die sach machtig zu richten und beyzulegen oder, wo das nicht allain iren beweis rechtlicher form anzuhoren, den nach getaner verhör an gebürlich ende zu ubersenden, furter, was recht, darauf zu geschehen, zu geben, dann irs verhoffens sol aus ir kgl. wird und ftl. Gn. beweis, wen der vorb gegeben commissarien erhört, ausfundig, das die statt Hamburg ir aigentumb sey, und soll nicht in sonderheit, dergleichen das land zu Holstain und also ain Ft. und zusamengehor in ainer erfordrung mit zwaien auflegungen angeschlagen werden. Des sy doch bisher kain austragliche antwurt erlangt, welchs meinen gnst. und gn. Hh. in den anslegen und derselben erlegungen groß beschwärungen und stäte einred geborn hat.

[3.] So ich dann ytzund von Denmark bis gen Ynnspruck bey 200 meylen in der sach an röm. ksl. Mt. mit kgl. wirden von Denmark schrift [liegt nicht vor], darine sein wirde auch richter oder comissarien gebeten, gefertigt bin, von dan mich ir ksl. Mt. gen Augspurg, da ich nun bis in die 7. wochen warte, widerumb verweist, mir daselbst anstat vilgemelter meiner gnst. und gn. Hh. austrägliche antwurt zu geben, gnediglich zugesagt, hab ich doch von ir Mt. oder ir Mt. hofräten, an die die sach verweist, all meins anregen noch bisher kain antwurt erlangen mögen. Dieweil aber die sach röm. ksl. Mt. aigene person nicht allain, sonder euer kftl., ftl. Gn. und das ganz Reich belangt und meinen gnst. und gn. Hh. hinfuro kain beschwärung mit dem zwifachen anslahen aufgelegt werde, sonder jetzlich tail sich in kunftigen anslegen geburlicher tax on einred zu halten wisse, so bit ich in allem undertanigem gehorsam, euer kftl., ftl. Gn. und reichsstende wellen sich meinen gnst. und gn. Hh. zu fruntschaft und gefallen mit röm. ksl. Mt. der sach bereden und zu austrag verainigen und etzliche reichsfursten, meinen gnst. und gn. Hh. uf die na gesessen, zu richtern oder commissarien, die sach angezaigter weis in namhaftiger zeit zu verhörn, unfruchtsam nachraisen [und] unkosten fort mer zu vermeiden, ernennen und geben. Das werden mein gnst. und gn. Hh. umb euer kftl., ftl. Gn. und stend des Reichs mit fruntlichen diensten und besondern gunsten fruntlich verdienen und gunstig beschulden. So will ichs mit meinen undertanigen, gehorsamen und stets willigen diensten allzeit ganz willig verdienen. Bit des gn. und austrägliche antwurt.

Nr. 352 Supplikation Matthäus Brandts, Gesandter Kg. Johanns I. von Dänemark und Hg. Friedrichs I. von Schleswig-Holstein, an Kf. Friedrich III. von Sachsen

[1.] Bitte um Unterstützung bei der Erfüllung seines Auftrags bei den Reichsständen (bzgl. Hamburg); [2.] Erklärung für das Fehlen Kg. Johanns und Hg. Friedrichs auf dem Reichstag.

[Augsburg, ca. 20. März 1510]

Weimar, HStA, EGA, Reg. E Nr. 57, fol. 64a, 65a, Kop.

[1.] Durchlauchtigster, hochgeborner F., gnst. H., auf eur kftl. Gn. bevelh, mir durch den ernvesten, gestrengen Degenhart Pfeffinger etc. gestern gescheen, gibe ich eur kftl. Gn. in undertenigem gehorsam hiemit uber die supplication, so ich gleichlauts von wegen der durchleuchtigsten und durchleuchten, hochgeborn Ff. und Hh., H. Johansen, zu Denemark etc. Kg., und H. Fridrichs, seiner kgl. wir[d] bruders, Hg. zu Sleswig und Holstein etc., meiner gnst. und gn. Hh., an Kff., Ff. und reichsstende, itzundes zu Augsburg versamelt, bracht habe [Nr. 351], mit einer copien. Doraus eur kftl. Gn. bericht, auch gedachter meiner gnst. und gn. Hh. anligend beger, bit und vorweisung der sach vom camergericht an ksl. Mt. wol vornehmen wirdet. So ader [= aber] meinen gnst. und gn. Hh. umb fern und unsicherheit willen des weges, iren beweis an der zeit an ksl. Mt. ins velt gen welischland zu bringen, unmoglich, doch ir ksl. Mt. mit schriftlicher und mündlicher bit, yn zu der sach reichsfürsten zu comissarien oder richter zu geben, moglichs vleis aus Denemark haben besuchen lassen und ir ksl. Mt. die sachen bisher betagt, mit gn. zusage, alhie der sachen, sindemal dis so langwirig, auch als oft hin und her meinen gnst. und gn. Hh. zu grossem nachteil, nachreisen und unkost vorweist were, gn. und austregliche antwort zu geben. Und nuhe die sach, als ich bericht, an gemeine reichsstende gestellet, auch das mein gnst. und gn. [Hh.] mit der sach, dieweil nichts unbillichs, sonder entschaft derselben begert, furder nicht dorften hin und her geweist werden, so ist an eur kftl. Gn. als des hl. Reichs erzmarschalk mein underteniges biten, eur kftl. Gn. wolle sich meinen gnst. und gn. Hh. zu fruntschaft mit der mühe beladen und gelegenheit der sachen, auch ksl. Mt. gn. zusage gnediglich ermessen und dorauf und dem biten und begern meiner gnst. und gn. Hh. gemeß mich mit austreglicher antwort gnediglich helfen abfurdern. Das werden mein gnst. und gn. [Hh.] umb eur kftl. Gn. in freuntlicher schwagerschaft fruntlich vordinen. So wil ichs in stetem gehorsam und untertenigen dinsten meinen Hh. von eur kftl. Gn. rümen und nachsagen, dorzu ganz willig und gern vordinen.

[2.] Auch, gnst. H., ab gesagt werden wolde, wo mein gnst. und gn. Hh. der sachen so gericht, warumb ir kgl. wir[d] und ftl. Gn. nicht alhie auf reichstage vor gemeinen stenden erschinen, ist, gnst. H., diese ursach, das ir kgl. wird und ftl. Gn. zur zeit meiner abefertigung umb den reichstag gar kein wissen gehabt. So ist das ksl. mandat, das inheldet, uf den 13. tag January alhie zu Augsburg zu erscheinen [Nr. 61], allererst am 4. tage desselben monats meinem gn. H. von Holstein allein und nicht dem Kg. von Denemark, der doch hirzu meinem gn. H. gleich und furderlicher, dann er der eldest F., gehorig zukomen. Mochte ader die sach meins vorsehens allenthalben bis uf nehste vorsamlung gestellet werden und mein gnst. und gn. Hh. als reichsfursten darzu berufen, würden ir kgl. wird und ftl. Gn. die sach und iren entlichen entschid am allerliebsten vor gemeinen stenden erwarten.

Nr. 353 Deklaration Ks. Maximilians und der Reichsstände zum Status Hamburgs als Rst.

Augsburg, 3. Mai 1510

Wien, HHStA, Reichshofrat, Antiqua 13-5, fol. 765b-766a, Kop. ( a.m.d.i.p. et congregationis imperii).

Druck: Lünig, Reichs-Archiv 13, S. 965; Lundorp, Acta Publica, S. 674f.; DuMont, Corps universel, S. 127f.

Ks. Maximilian und die auf dem Augsburger Reichstag versammelten Stände antworten auf das Hamburg betreffende (nicht vorliegende) Schreiben Kg. (Johanns) von Dänemark und Hg. Friedrichs von Schleswig-Holstein sowie das entsprechende Ansuchen ihres Gesandten (Matthäus Brandt, Nr. 351), daß sie aus vielen Urkunden und zahlreichen seit langer Zeit bis heute beschlossenen Reichsanschlägen ersehen haben, daß Hamburg immer als Rst. angeschlagen und zum Reich gehörig betrachtet worden ist, wie eine Rst. ksl. und kgl. Freiheiten und Privilegien, vor allem die Goldmünze betreffend, erhalten hat, in keinem Reichsanschlag ausgelassen worden ist und deshalb auch als Rst. anzusehen ist. Sehen sich verpflichtet, Hamburg auch künftig beim Reich zu halten. Sollten der Kg. von Dänemark oder der Hg. von Schleswig-Holstein sich hierdurch beschwert fühlen und glauben, eigene Rechte an Hamburg zu haben, so sollen sie ihre Ansprüche gegenüber dem Reichskammergericht geltend machen.1

Anmerkungen

1
 Diese Datierung ergibt sich aus der Äußerung Brandts, er habe sein Anliegen Ks. Maximilian bereits in Innsbruck (bei dessen dortigem Aufenthalt Ende Januar 1510) vorgetragen und sei dann durch diesen nach Augsburg bestellt worden, wo er nunmehr seit sieben Wochen warte.
2
 Zuletzt war Hamburg sowohl zum Kölner Reichsanschlag von 1505 für die Ungarnhilfe als auch zu den beiden vom Konstanzer Reichstag 1507 beschlossenen Reichsanschlägen für die Romzugshilfe bzw. für die Finanzierung des Reichskammergerichts herangezogen worden. Vgl. Heil, Reichstagsakten 8, Nr. 363 S. 513; Ders., Reichstagsakten 9, Nr. 271 S. 564, Nr. 272 S. 574.
a
–a Ergänzt aus Harpprecht.
3
 1508 strengte der Reichsfiskal auf ksl. Geheiß eine Klage gegen Hamburg wegen verweigerter Zahlung der Reichssteuern an, im Jahr darauf mußte sich der Reichskammerrichter Gf. Adolf von Nassau mit einer Beschwerde Hg. Friedrichs von Schleswig-Holstein wegen der Heranziehung Hamburgs zum Konstanzer Anschlag von 1507 befassen. Vgl. Heil, Reichstagsakten 9, S. 1268 Anm. 113.
b
 Ergänzt aus Harpprecht.
1
 Zur historischen Bedeutung dieser Deklaration vgl. Reincke, Hamburgs Aufstieg, S. 26; Loose, Hamburg, S. 145.; Häberlin, Reichsgeschichte, S. 476f.