Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Verarmung und Verschuldung Erfurts durch massive Mißwirtschaft der alten Stadtführung; [2.] Bitte um Unterstützung bei der Erlangung eines ksl. Zahlungsmoratoriums.

[Erfurt], 26. März 1510

Magdeburg/Wernigerode, LHA, A 37b I, II XV Nr. 37b, fol. 3b-5a, Kop.

[1.] Gruß. Gnst., gn., gunstige und lb. Hh., eur kftl. und ftl. Gn., wirden und euch bitten wir undertänigs vleis clagende [zu] wissen, das, wiewol offenbar und landkundiglich am tag, das unser stat Erfurt noch inwendig dreissig jaren den nechstverschienen als ain geachte, berümpte und habhaftige comune als ungeverlich aine in oberteutschen landen gehalten, genent und gewest ist, haben doch unser alten Hh. und regenten, so ungeverlich in solcher zeit in reten regiert, uns, unser arme gemaine und landhintersessen, wiewol sie (Got lobe) in bestimpter zeit noch ungeverlich bei menschengedenken nie kainen merglichen haubtkrieg ader mißwachs an wein, korn, getraidich, weid [= blaues Färbekraut] und andern erdfrüchten (wenig jare ausgeschlossen) gehabt oder sonst sonderlich not erlitten, daraus inen versehenlich dise beschwerung, darinnen die stadt laider diser zeit stet, erwachsen sei möcht, one ainig redlich ursach, sonder allain durch ir unordenlichs und unfursichtigs regiment und regirung in grossen, merglichen verderblickeit und unuberwintlichen schaden one nottrang gefürt und gebracht haben, uns armen burger, unser erben, nachkomen und gemaine stat mit merglichem jerlichen widerkäuflichen und leibzinsen ubermessig beschwert, allenthalben an haubtsummen, auf die sechsthalbhundert mal tausent fl. rh. laufende, darzu in vielen harten und beschwerlichen verschreibungen, als sie in aufbringung etlicher merglicher sumen gelts uber angezaigte zinsen und gülten, ainstails dem rechten ungemeß, gegeben, unser leib, habe, güter und rechte one unser wissen und vileicht one ainiche bewilligung des hochwirdigsten in Gott Vaters F. und H., H. Uriels, EB zu Mainz, des hl. röm. Reichs durch Germanien erzkanzlers und Kf., unsers gnst. H., und seiner kftl. Gn. vorfarn loblicher gedechtnus als unser rechten erbherrn in widerkaufen sechs, sieben und etwan noch mer fl. ufs hundert und in leibzinsen zehen fl. uf zwai, drei und etwan noch meer und demnach ainstails vast junge personen hertiglichen und beschwerlichen verschrieben, der stat sigel ferne in frembde land geschickt, darzu die abtzins, wenn sie den zinspflichtigern dieselbigen ain jare, zway oder drei (als oftmals beschehen) unbezalt haben aufwachsen lassen, furter zu haubtgut gemacht und neue zins darauf verschrieben, also das zins uf zins gegeben seind, solchs darzu fur und fure verschwigen und den schaden ye lenger ye beschwerlicher und untreglicher wider pillickait und pflicht, damit sie der stat verwant gewest, steigen lassen, das zu besorgen, solchs uns, unsern erben und gemainer stat zu ewigem nachtail raichen werde.

[2.] Dweil uns nun solchs alles in rücke und one unser wissen, auch (als wir anderst nicht vermerken) bewilligung unsers gnst. H. von Mainz und seiner ftl. Gn. vorfarn loblicher gedechtnus beschehen, so ist an eur aller kftl. und ftl. Gn., wirden und euch unser undertänig, vleissig und dinstlich bitte, eur kftl. und ftl. Gn., wirden und ir geruchten, uns so gn. sein und bei ksl. Mt., unserm allergnst. H., fordern und vorbitten, das sein ksl. Mt. uns und gemainer stat Erfurt aus angezaigten und mer gegründten ursachen durch ain moratorium solutionis oder andere wege und mitel, wie sein ksl. Mt. und eur kftl. und ftl. Gn., wirden und ir aus ksl., ftl. und hohem verständnus uns und gemainer stadt allernützlichst und zutreglichst erkennen werden, nachdem wir und unser güter auch in ksl. schutz, schirm und vertedingt seint, deß auch ksl. bullen und privilegien mit gulden ingesigel haben, dermassen privilegiern und befreyen wolt, das wir solcher zinsen und haubtgelts etlich jar lang, so lengst solchs immer gesein möcht, frei sitzen, di zinsleut auch gegen uns und gemainer stat mit forderung der zinsen und haubtsumma stilsteen und das die zinsen mitler zeit, bis so lang wir wider zu aufnemen und gedeyen komen, nicht aufwachsen möchten, angesehen, das uns unmüglich ist, die lenger dermassen zu raichen oder das haubtgelt diser zeit abzulegen. Und eur kftl. und ftl. Gn., wirden und ir wollen sich hierinnen zu unser notturft und bestem gnediglichen und furderlichen erzaigen und bearbaiten, als wir uns der und aller gnaden zu eur kftl. und ftl. Gn., wirden und euch hochlichen vertrösten. Das geburt uns und wollens alle zeit geflissen sein umb dieselbigen eur kftl. und ftl. Gn., wirden und euch als unser gnst., gn. und günstige, lb. Hh. in aller undertänigkait willig zu verdienen. Geben under Lorenzen Stoltzen und Martin Eckarts von aller viertail wegen und der nachbenanten hantwerk, nemlich der schmide, kürßner, lower [= Lohgerber], wollenweber und flaischhacker, insigel, von wegen ganzer gemaine aufgedruckt, der wir ander alle hierzu mitgeprauchena, und [sic!] dinstag nach dem sontag palmarum Ao. domini etc. decimo.

Anmerkungen

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 Hierauf bezüglicher Vermerk am Textende: Ist zu bedenken, die zwuen, als nemlich Lorenz Stoltz und Martin Eckharts, sein allein ine einem vierteil vormunde gewest und also der ander drei firteil vormunde nit gesiegelt haben.