Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Bestrebungen gegen die Pfahlbürgerfreiheit Straßburgs, Heimkehr der in dieser Sache zum Ks. geschickten Gesandtschaft, Wiedergabe des ksl. Pfahlbürgerartikels; [2.] Verlesen der geplanten neuen Reichsordnung; [3.] Empfehlung zu deren Annahme trotz Bedenken; [4.] Wortlaut des Pfahlbürgerartikels; [5.] Dessen Billigung durch die Reichsstände, geplante Übernahme in den Reichsabschied; [6.] Erfolgreicher Versuch der Straßburger Gesandten zur Suspension des Pfahlbürgerartikels bis zum nächsten Reichstag; [7.] Vergebliches Bemühen um eine ksl. Bestätigung der Straßburger Pfahlbürgerfreiheit, Vermerk im Reichsabschied über die Weiterbehandlung der Thematik auf dem kommenden Reichstag; [8.] Zusicherung weiterer Informationen über den Fortgang der Angelegenheit.

Straßburg, [Mitte September 1512]1

Straßburg, AM, AA 337 Fasz. 1, fol. 15a, 16a, Konz.

[1.] Ameister: Lb. fründ, unser Hh. rät und 21 haben uch nehstmols besenden lossen und fürgehalten etwaz beswärnis, so inen zu handen gestossen der burger halb, so us dem land har in dise stat ziehen und ir güter under den Hftt. uswendig ligen haben, und uch darby zu versten geben, wie sie ir botschaften deshalb zu ksl. Mt. abgevertiget, und waz dieselben handeln und in begegen wurd, uch nochmols ouch nit wöllen verhalten. Die haben nun allen fliß ankört und sint wider anheimsch komen, und stat die sach, als ir hören werdet. Daruf sol man lesen den artikel [Nr. 990 [24.]]. Wann der usgelesen, sol der ameister reden:

[2.] Witer, lb. fründ, so hat die ksl. Mt. und die steend des Richs zu underhaltung fridens und rehtes im hl. Rich sich einer ordenung [Nr. 1011] ouch vereinbart. Wiewol dieselbe noch nit gar beslossen noch besigelet, haben doch unser Hh. uch die ouch nit wöllen verhalten, als ir hören werdet. Daruf lese man die ordenung.

[3.] Wiewol nun, lb. frund, unser Hh. ab solcher ordenung nit sonders gefallens tragen, ouch die verordenten ratsfründ darin nit bewilliget, sonder sich vor den stenden bezigt und protestiert, des nit bevelhd zu haben noch darin zu gehellen, dwil aber solchs durch Kff., Ff., prelaten und andere stett und steend des Richs, wie ir verlesen gehört haben, dermossen bewilliget und zugeseit worden und zu besorgen ist, ouch genzlich beslossen und besigelt zu werden, und aber unser Hh. darneben bedenken, wie ein stat Straßburg und unser voreltern sich gegen und by dem hl. Rich dermossen allzit gehalten, daz, waz durch Kff., Ff., andere Fry- und Rstt. und steend des hl. Reichs angeslagen und bewilliget worden, daz sie sich in solichen dingen des nie geweigert, sonder dem hl. Rich als nit daz myndste glid desselben alzit angehangen ist, auch in ansehung der seltzemen, geswinden und untruwen loif, so sich allenthalben in landen halten und vor ougen swäben, so wer unser Hh. gutbedunken, wo solchs sinen furgang ye gewynnen solt, daz man sich dann des nun, zu ziten grösser unrat und unruwe zu vermiden, ouch nit wideren solt. Dann unser Hh. bedunkt, besser sin, einen kleinen schaden zu lyden und verkiesen, dann eins grössern uberfals, als ir dann wol vermerkt haben, zu erwarten. Doch wolten sie uwern rat und gutbedunken in solchem ouch haben, domit es in allen dingen brüderlich, fruntlich und fridlich zugang. Wo do uwer will und meynung ouch sin wolt, unsern Hh., den räten und 21, darin gewalt zu geben, würden sich unser Hh. in solchem dermossen halten und schicken als die, die einer stat Straßburg, uwer aller und der ganzen gemeynd ere, nutz und frumen zu behieten und bewaren, allzit geneigt gewesen und furter zum truwlichsten gern tun wollen.

[4.] Als ksl. Mt. und den steenden des Richs [folgt fast wörtlich Nr. 990 [23.] von verschyner zeit bis unleydlich were], so setzen, ordenen und wollen wir, daz hinfur kein stat noch einiche andere oberkeit derenglichen burger in der gestalt, wie obnan berürt, annämen sol noch mög. Wo aber yemants solcher gstalt burger angenomen hett oder würde (das doch dheinswegs sin soll), so sollen doch dieselben burgere nichtsdestmynder von allen iren gütern, die sie dennoch behalten und durch ir dienstlut buwen, den Hftt., darunder sie gelegen sint, steur und gewärf geben und alle dienstbarkeit bewisen, wie vor zu der zit, ehe und derselbig an andern orten burger worden, bescheen und von alter harkomen ist. Und ob yemants dowider einiche friheit hett, wöllent wir, daz die yetzo als dann und dann als yetzo widerruft und abgeton sin soll, all geverd hindangesetzt.

[5.] Diser artikel waz durch angebung und übung etlicher widerwertigen ksl. Mt. und den steenden des Richs also häftlich anbroht und ingeleget, daz alle andere steend und stett des Richs inen solchs liessen gefallen, dann andere stett in disem fall nit also gefryet und harkomen sint als ein stat Straßburg. Deshalb sie dest lihtlicher darin bewilliget, also das diser artikel dermossen, als obstat, in den abscheid des Richs ordenung zu Cöln gesetzt und vergriffen gewesen.

[6.] Nochdem aber die verordenten myner Hh. ratsfrund, nemlich zum ersten H. Ott Sturm und H. Gotfrit von Hohenburg und nochmols H. Ludwig Böcklin, ritter, und H. Cunrat von Duntzenheim mitsampt dem Dr. [Sebastian Brant], zu ksl. Mt. abgevertiget und irer Mt. und den steenden des Richs anzeig und gruntlichen bericht geben uber der stat Straßburg friheiten, harkomen und unlidlich beswärd, so einer stat us solchem (wo es sinen furgang behalten wurd) erwachsen möht, haben sie mit vil nochloufen, müg, arbeit und fliß, so sie in den sachen gebrucht, sovil erlangt, daz diser artikel solt also bliben sten bis zum nehsten richstag. Wolt alsdann ksl. Mt., ob yemants deshalb beswärnus zu haben vermeint, selbs verhören.

[7.] Daran aber die Hh. nit gerüwen, sonder by ksl. Mt. uf ein ingelegte supplication [Nr. 1496] flißlich und ernstlich umb ein sonder declaration und bestätigung diser friheit der burger halb gearbeitet. Ob daz etwaz zimlichs solt costet haben, hetten die Hh. des bevelhde gehaben. Dwile aber solchs noch gestalt der loif dise zit nit hat gemöht usbracht werden, haben doch H. Ott Sturm und H. Gotfrid Homburg [= von Hohenburg] als die, so des richstag userwartet, so vil zum letsten erlangt und mit arbeit zuwegen broht, daz solcher bswärlicher artikel in der gesetzten ordenung des Richs nun ze zeiten usgeton worden ist a, wiewol in eym neben- cleinen abscheit [sic!] fur ein gedehtnis vergriffen ist, daz man uf den nehsten richstag witer dovon reden und, waz billich und reht, ermessen soll [Nr. 1592 [13.]]–a.

[8.] Solchs haben unser Hh. uch guter meynung nit wollen verhalten, guter hofnung, deshalb witer unbeswärt zu bliben. Würd aber nochmols yemants sie deshalb ye witer anstrengen oder ersuchen, würden unser Hh. alsdann mit uwerm rat abermols handeln, wie sich wol geburen wirt, domit ein stat by iren friheiten bliben und beston möge.

Anmerkungen

1
 Die Datierung ergibt sich aus Nr. 1779 [1.], wo die Straßburger Gesandten Ott Sturm und Gottfried von Hohenburg von der Abreise ihrer drei Mitgesandten berichten. In Nr. 1503 [1.] heißt es, letztere seien nach Straßburg zurückgekehrt. Wohl bald danach dürfte die Besprechung im Straßburger Rat stattgefunden haben.
a
–a Am Rand hinzugefügt.