Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Übergabe eines Klagelibells gegen Gf. Adam von Beichlingen und andere Reichskammergerichtsbeisitzer, deren Antwort in Form einer Auflistung der Vorwürfe gegen Dr. Reisacher; [2.] Zurückweisung des gegen ihn geäußerten Generalverdachts, einzelne Argumente hierzu; [3.] Verschiedene Verstöße der Beschuldiger gegen die Regeln eines ordnungsgemäßen Inquisitionsverfahrens; [4.] Vorlage verschiedener Schriftstücke und Nennung weiterer Argumente gegen die rufschädigenden Anschuldigungen; [5.] Entkräftung aller geäußerten Vorwürfe; [6.] Argumentation gegen weitere ihn belastende Schriftstücke und Behauptungen; [7.] Juristische Fragwürdigkeit der gegen ihn erhobenen Anklage; [8.] Bitte um einen Rechtsspruch des Reichstagsausschusses gemäß dem in seinem Libell formulierten Antrag.1

[Trier, kurz nach 15. Juni 1512]2

Marburg, StA, Urkunden 95 Nr. 706a, Orig. Pap.

[1.] Wolgeboren, erwirdigen, edeln, strengen, vesten, hochgelerten, fursichtigen, ersamen und weysen, gn. und gunstigen, lb. Hh., eur aller Gn. und erwirden anstat ksl. Mt., meinen gnst. und gn. Hh., der Kff. und Ff., auch ander meiner gn. und günstigen Hh., des Reichs stend gemeinlich, hab ich aus merklicher notdurft meiner ern und glimpfs wider Gf. Adam von Beuchlingen und andere des ksl. camergerichts beysitzer, so demselben Gf. Adam wider mich anhengig seyen, auf freitag nach unsers Herrn fronleichnamstag jungst [11.6.12] ein schriftlich libell und clag furbracht [liegt nicht vor]. Aus welcher verlesung (als mir nit zweyfeld) haben eur aller Gn. vermerkt das unbillich beschuldigen und beleumen, des sy, die gedachten beysitzer, inen, wider mich furzunemen und zu suchen, erdacht haben. Und so ich alsbald dabey eur aller Gn. demütiglich angerufen und gebeten hab, sy darzu zu halten, das sy mir, wie recht ist, darumb mit ja oder nain antworten, haben sy itzund und nemlich auf dinstag St. Veitstag [15.6.12] mancherhand schriften wider mich auf das gemelt mein libell eur aller Gn. furbracht, und nemlich ein lange schrift von siben blettern, die sich anfahet: „Uber gemeine, langwirige verdechtlickhait etc.“ [liegt nicht vor]. In welcher sy mit etlichen worten ires eingangs prosupponirn und eur aller Gn. einbilden wollen, als ob ein gemeine, langwirige verdechtlighait umb dasjen, das sy mich beschuldigt haben, wider mein person vor solchem irem beschuldigen entstanden und bey inen in gerucht und achtung komen were. Und wollen derselben gemein und langwirigen verdechtlighait, wie sy mit den worten angeben, so sy doch itzund umb etlicher parteien willen verschonen, hernach weiter anzaigen.

[2.] Gn. und günstigen Hh., was erberkait und was anders dan furgesatzter hessiger wil, mich unschuldigen biderman mit unwarhait zu verfolgen, ab solchem angeben vermerkt werden mag, das gib ich eur aller Gn., aller erberkait und ains yden vernünftigen mans gemüt zu ermessen. Dan ab allem irem tuen neben disen worten ist zu vermerken:

Am ersten, das niemant vom volk oder von der gemein mich je verdacht hat noch das je ein leumut oder gerüchde umb ainiche misstat gen mir entstanden sey. So seyen sy eben als beysitzer kain volk oder samblung, sonder sy seyen sonder personen ye gegen mir zu achten. Wie mogen sy dan sagen, das ein gemeine verdachtlickheit gen mir entstanden sey? Hetten sy mich dan eben, die beysitzer, allein an etwas sacher verkerlich oder mißretig gespürt (das doch ir keiner mit warhait sagen mag) und dasselb aus notdurft het sollen furbracht werden, warumb hetten sy dan dasselb lang verschwigen und nit zeitlich furbracht? Dadurch es nit langwerig und in gepurlich weg gestraft und hinfur furkomen were worden. Aber inen und irgleichen, wie man dan in allen iren schriften, reden, sitten und ungestymen geberden wol spurt und bisher gespurt hat, ist nit zuvil, ains uber das ander nach vermeintem irem erdichten proceß zu heufen und mich mit ye mer lügen unverschambterweise zu ubertragen. Das muß ich inen gonnen, bis das Got der almechtig die ksl. Mt. und des Reichs stenden ire gemüt offnet, umb das war oder unwar ze finden und zu richten.

Wo bleibt der erber fursatz, als inen das in iren eyden aufgelegt ist, dem hohen und dem nidern gleich zu richten, die billickheit vor augen zu haben und noch des Reichs rechten zu richten und gerichtlich zu handeln? Wo ist indert in irem aid ausgetruckt, dermassen das ksl. camergericht offentlich zu schmehen? Und wollen das verpluemen, wie sy in betrachtung irer eydspflichten wollen ire und des camergerichts ere verwart haben. Oder wie erlich oder schentlich solch ir handlung dem camergericht a, ob auch zu erhaltung angezogner hergebrachter erberkait des gerichts geschehen,–a sey, gib ich eur aller gnaden und gunst als den hochverstendigen zu ermessen.

[3.] Da sy nun vermainten, das ich bey inen alein oder auch in gemein bey dem volk verdachtlich were (das doch nit ist, auch mit warheit nit mag gesagt werden) und das, umb schant zu verkomen oder mistaten kunftiglich zu vermeiden, zu inquiriren wider mich von noten gewest were und sich gepürt hette, solten sy als Drs. und beysitzer gewist und wol bedacht haben, was zu einer inquisition gehort, wie und in was form das von rechts wegen solte furgenomen werden.

Und nemlich zum ersten, das man solt den richter, der umb solchs bequeme und geburlich were, angesucht haben. Welchs aber nit geschehen ist, sonder der Gf. von Beuchlingen und sy, die andern beysitzer, sein anhenger, haben sich zusammengeheuft, conventikel gemacht, sich nit offentlich an gewonlicher gerichtsstatt, sonder in die winkel, nemlich in des genanten Gf. herberg, in Dr. Haring [Sinnama, gen.] Friesen haus, item auch in Dr. Sebastian Rotenhan herberg, etwo bey tag, etwo auch in der nacht zusamengeselt und uber mich umb dits schmehlich ursuchen geratschlagt. Seyen auch nit richter gewest, sonder als beysitzer mein genossen und nit oberer, und wo sy solchs eben wider ein gemein person, die sunst dem camergericht on zweifel und on mittel underworfen were, in der weis also furgenomen und geübt hetten, so weren sy desselben auch nit richter gewest, auch nit sein mogen aus der ursachen, das der angeber oder anclager nit mag richter sein.

Am andern, das eben der recht und ordenlich richter der weis an besondern enden in seiner herberg oder in einem andern winkel nit moge in solchem richten oder erkennen.

Am dritten, das in selben weg ein richter nit mocht handeln, dan desjenen, der also vermeint oder angegeben wurde, beleumet oder verdechtlich zu sein, wie recht ist, darzu erfordert.

Und zum furnemlichsten, wo gleich der richter bequeme, die gerichtsstat ordenlich und andere notzirlickheit des rechten gehalten weren oder wurden, so müst fur das allerwesenlichst vor augen sein die ursach, warumb jemant zu inquiriren oder mit erfarung umb verdacht einicher misstaten gein ime im rechten zu handeln were.

Und nemlich fama publica, das ist ein offenbarer leumut und ein gemeine, vilfaltige rede, die entstanden were von erbern, dapfern, unbeleumpten, unparteilichen und unverdechtlichen personen und auch von dem merer tail des volks in der statt, und das ein solche gemeine red und verdechtlickheit were bey dem volk, das die mit einicherley verpluemen oder verpergen nit wolte oder mochte gestilt werden.

Item das auch dem, so verdacht, gein dem also wolt und solt inquirirt werden, der beschuldigung artikel furgehalten und zu erkennen gegeben wurden, notdurftig fragstück darauf zu geben.

Der aber aller keins, darzu auch sunst ganz kein gerichtsordenung ist gehalten, dan ye, wie vorstet, so ist kein richter verhanden gewest, sonder eytel angeber und beschuldiger durch aus. Ich bin auch darzu nit gefordert worden, wie sunst gerichtlich solt geschehen, ob gleich in einem geringen handel were.

Aber in erkentnus irs ippigen fursatz ist wenig verwunders not, dan wie sy inen furgesetzt und erdacht haben (sovil an inen ist), mich on alle ursach von meinem erenseß zu treiben und zu dringen und mit demselben durch calumpnien und geverden iren anfang zu tun gesucht haben. Also und damit inen am selben (so es in aufrichtig und erber weg nach rechter ordenung geschee) nit mislinge, haben sy sich umb solch ire eigen vermessen selbs zu richtern zu machen understanden, auf das ir calumpnien durch ir selbs conprobation auctorisirt und gein dem gemeinen man geferbt wurd, ut calumpnia praeconcepta super venientia deterioris decreti appareret esse vera.

[4.] Das aber, gn. und günstig Hh., solch ir fursatz erdicht und einichs glaubens nymer wirdig eracht werden moge, so lege ich hiebey ire selbs schreibens copei, mit A bezaichnet, das sy des eylften jars negst auf den zehenden tag in Julio und also unlange vor disem irem furnemen an meinen gn. H. Hg. Wilhelmen [von Bayern] getan [liegt nicht vor]. In dem sy an sein ftl. Gn. mit grosser commendation meiner personen gesunnen haben, mir lenger, dan davor beschehen was, bey dem camergericht vergonnen zu bleiben, als auch sein ftl. Gn. mir darauf erlaubt und inen das zugeschriben hat inhalt derselben seiner ftl. Gn. brief hiebey, mit B bezaichnet [liegt nicht vor].

Item so haben sy darnach weiter an sein ftl. Gn. geschriben, umb mir zu vergonnen, die sex jar aus, so zu erhaltung des camergerichts bestimbt seyen, alda zu bleiben inhalt beyligender copy, mit C bezaichnet [Schreiben liegt nicht vor].

Item so haben sy Dr. Johan Blankenfeld freitags vor omnium sanctorum negst [31.10.11] auf den reichstag gein Auspurg3 mit andern abgevertigt, bey gnantem meinem gn. H. zu erlangen, auf das mir also am camergericht zu bleiben erlaubt werd, und wo sein ftl. Gn. darein nit willigen oder auf den tag nit komen wurd, bey des Reichs stenden anzuhalten, umb dasselb durch furschrift von gnantem F. zu erlangen. Das on zweifel nit geschehen, wo ich in einichem argen leumut gein dem volk oder auch inen in sonderheit gewest were.

Darzu bin ich, vor und ehe [ich] an das ksl. camergericht beruft [worden bin], solchs ires erdichten angebens bey erbern leuten nie verdacht, sonder alweg erbers wandels und wesens gewest und noch, als eur aller Gn. und gunst ab zweien sendbriefen, von gedachtem meinem gn. H., Hg. Wilhelmen, an ksl. Mt. und an sy, die beysitzer, ausgangen (der copey hiebey mit D und E bezaichnet [liegen nicht vor]) vernemen mogen. Es ist auch die lauter unwarheit, das ich bey weiland Gf. Adolfen seligen von Nassau, camerrichter, in einichen argen verdacht gewest, in ansehung, das er mir vor andern gn. und gehaim, mich auch in allem meinen tun warhaftig und aufrichtig bis in seinen tod befunden hat.

Mit was glauben mag sich dan ansehen lassen, das sy schreiben, uber gemeine langwirige verdechtlickheit wolten sy eur aller Gn. etlich argwon anzaigen etc.? Wo mochten sy einichen leumut wider mich vermerkt haben, do sy und ich von allerheiligentag jüngstverschienen [1.11.11] bis ad octavas regum [12.1.12] nit in Wormbs, sonder wir alle vast in viln underschiedliche ort verritten und zurstreit waren?4

Were dan vor gemelten iren selbs schreiben an Hg. Wilhelmen arger leumut wider mich gewest, mit was fugen hetten sy mich mogen commendirn und zu ern anzaigen? Warumb haben sy denselben erdachten argen leumut, Dr. Blankenfeld zu Augspurg anzuheben, underlassen? Warumb liessen sy mich nit gerichtlich furhaischen vor meinen ordenlichen richter, die nit sy (als die angeber und die fursetzlich selbssecher), sonder die ksl. Mt. und des hl. Reichs stende von rechts wegen seyen?

So nun mit kainer warheit gesagt mag werden, auch niemant unparteilicher ab gemeltem meinem widerwertigen angeben einichen glauben wider mich empfangen mag, warab mocht dan (wie sy schreiben) einiche vermutung des argen gein mir entsteen? Was seyen dan die judicia oder anzaig, die das bringen oder gepern mogen?

Dan ob man (des ich nit hoff) dem geverlichen angeben und beschuldigen umb ploesse und verdechtliche wort glauben wolt, welchs bidermans eer, glimpf, guter leumut, unschuld, stat, wesen, leib, gut und gerechtigheit weren sicher? Wie mocht dan die [recte: der] unverletzt bleiben, wie unschuldiger er were, wie erberlich der handel und wandel, da sein geursachter feind und mißgonner umb sein beschuldigen glauben, stat und volg funde? Wer aller vernunft, der billikhait, guten sitten und des Reichs rechten und aller guter ordnung zuwider und raicht zu ganzer zerstorung aller oberkeit und stende des menschlichen wesens. Ich bin aber der ungezweifelten zuversicht und ganz der hoffnung, eur aller Gn. werden ab solchem meiner widerwertigen unzimlichen beschuldigen und beleumen (so sy durch dise und fordere schrift und wort gein mir wider Got, ere und recht je mer frevenlich uben) vermerken, das sy mir unrecht tun und inen das nit gezime und gein inen inhalt meiner notclag und libels zu meiner ern notdurft mit recht irem rechtspruch urteilen und erkennen, das sy mir darumb kerung und abtrag schuldig seyen, mir auch der gein inen fruchtparlich verhelfen.

[5.] Und wiewol ich, dofur ichs ansiech, auf solch mein wars und unwidersprechenlichs anzaigen des frembden, unzimlichen und ungerechten irs furnemen nit schuldig were, zu den nachvolgenden iren angegeben stücken, so sy gein mir gedenken und erdichten, weiter und in sonderheit zu verantworten oder entschuldigung zu tun, auf das ich im selben und sunst nit vermerkt werde, als ob ich einiches wares, das gein mir gesucht werden mocht, scheuch oder forcht hett, so sag ich erstlich gen demjenen, das von Dr. [Peter van] Clapis zu schreiben geschepft wurt, die schachtl mit dem confect betreffend, inhalt einer sondern schrift, hiebeygelegt, mit F bezaichnet, anhebend „Anno 1512“ [liegt nicht vor]; am andern, umb das ich, mir die acta zwischen [Gerhard von] Erklenz und seiner widerparteyen zu complirn und zu behendigen, bey dem leser erfordert hab etc., sage ich, was ich allerhand gerichtsacta empfangen und besichtigt hab, das ist aus beschaid und bevelch des camerrichters beschehen. Anders mag mit warheit niemant sagen.

Das ich dan Erkelenzen (wie sy weiter anzaigen) geschriben und ir meiner widerwertigen argwilligs und erdichts beschuldigung angezaigt und darauf begert hab, sich und mich mit der warheit zu entschuldigen, das hat mir in erkantnus meiner unschuld und betrachtung meiner er wol gezimpt, trag auch des kein scheuch und ist mir deshalben keins urlaubs, bevelchs oder decrets not gewest. Sy, mein[e] widerwertigen (wie das ab irem tun wol verstanden wurt), hette[n] mir zu einicher fertigung und hilf meiner entschuldigung ir hilf versechlich ehe versagt dan mitgeteilt.

Darnach zu dem vermeinten capitl, das sich anfecht „Zum andern, so hat Dr. Dockheim [= wohl: Dr. Valentin Ostertag aus Dürkheim] etc.“, sage ich aus den erzelten meinen waren und unwidersprechenlichen ursachen, das dasselb vermeint capitl erdicht, weder war noch glaublich sey.

Es sey auch nit war, das einicher gepurlicher richter in allem meiner widerwertigen tuen gesucht noch einiche rechte ordenung darin gehalten sey, und des mer, wo gleich mit einicher gerichtsordnung were angefangen und gehandelt worden, das derjen, den sy fur den richter bedeuten wollen, ir mitangeber und mein iniuriant gewest und noch sey und der einichen ursachen, wo er gleich sunst richter gewest, in dem val nit het richten mogen obstante sibi nequis in sua causa etc.

Es ist auch nit war, das ich mit Dr. Clapis in einicher gehaim oder sonder fruntschaft, gemeinschaft oder geselschaft gewest sey. Auch ist nit war, das er zu meiner behausung einichen schlussel oder offnung in geheim oder offentlich ye gehabt hab. Es ist auch nit war, das ich mit einichen procuratores ye verstand gehabt noch einichem zu erkennen gegeben hab, ob, wie oder wan urteil fur oder wider inen oder einen andern ergeen werd, sonder derselb unbenant procurator und sy, mein widerwertigen, haben solchs auf mich erdicht und ertacht.

Es ist auch nit war, das ich meinen gehaimen bevelch, so ich von camergerichts wegen an die ksl. Mt. zu Freiburg zu bringen gehabt hab5, iemant andern dan in laut der instruction geoffenbart oder weiter anbracht, mag auch mit warheit von mir nit gesagt werden. Und das eur aller Gn. vermerken, das sy inen diß angeben gleich andern irem ursuchen gein mir erdacht haben, so ist vor augen weilend Gf. Adolfen, camerrichters, loblicher gedechtnus, schrift hiebey, mit H bezaichnet [liegt nicht vor], darin er solch mein werbung zu ganzem wolgefallen empfecht und erkent.

Weiter wider das vermeint capitl, sich anfahend „Zum vierden etc.“, sag ich also, es sey nit war, auch gar kein anzaig einicher vermutung, das ich mich mit einichem procurator geheimst oder je verstanden hab zu furderung, verhinderung oder certification einicher urteil, so gefallen oder gegeben werden solte. Ist auch nit war, das ich einichen beysitzer, mir einen zufal in einicher urteil zu machen, je ersucht oder gebeten hab.

Wider das fünft vermeint capitel, anfahend „Zum fünften, als die edeln Hh. etc.“, sag ich also, das ich wider die Hh. von Bern [= Verona = von der Leiter] noch ir behabte urteil6 (davon das vermeint capitl nach der lenge sagt) gar nichts gearbeit, geraten, geworben noch geschriben hab, sonder was ich gehandelt hab, ist in gemeinem camergerichtsrat und (darfur ichs hab) zu furderung der camergerichtsurteil oberkeiten und derselben execution dis lang zeit vor meinem ankomen zum beysitzerambt ergangen. Anders mag mit warheit von mir nit geschriben noch gesagt werden.

Mir ist auch von einichem gelt durch einigen procurator noch sunst durch einichen menschen einich anmutung nie beschehen. Ich hab auch deshalben an einichen menschen nie geschriben, geworben noch durch jemant werben oder handeln lassen, dieweil doch ich zuvoraus mit keiner geselschaft oder kaufleuten gemein oder sundere kuntschaft hab, von inen auch nie ersucht worden bin.

[6.] Furter, als mein widerwertigen ein lange vermeinte schrift, mit A bezaichent [liegt nicht vor], eingelegt, darin sy angeben, wie sy iren vermeinten proceß (den sy ein generalinquisition nennen) gein mir gestelt und gehalten haben und furter in einer andern schrift (bezaichnet mit B [liegt nicht vor]) anzaigen ein besag, so Dr. Clapis auf solchen vermeinten proceß wider mich getan hat, und darnach abermals ein lange, vermeinte schmachschrift, bezaichnet mit C [liegt nicht vor], durch Gf. Adam von Beuchlingen sambt seinen anhengern gestelt, vor dem camergericht und mir in ruck verlesen (die sy des Gf. entschuldigung nennen), auch furgetragen haben, sag ich des ersten wider den vermeinten proceß, das der weder general- noch specialinquisition genent mog werden, sey auch sunst einiches guten oder erbern name[n]s und ansehens gar nit wirdig noch vehich aus den hievor angezaigten gegrunten, rechtmessigen und unwidersprechlichen ursachen und das mer darumb, dan sy seyen nit richter gewest, haben auch die nit seyen mogen davon auch. So haben sy auch kainen schreiber darzu brauchen mogen.

Es ist auch keinem schreiber in solchem argen, unzimlichen und verkerlichen tun glauben zu geben, mochten auch niemermer richters namens in solchem wirdig werden, dan sy haben sich selbs enpert als die angeber, accusatores, delatores und diffamatores und das aus iren eigen gemüten und versamelten argwilligen rat, ainige ganz on einige erber, gut, redlich oder ehaftige bewegung und ganz on einige vorgende anzaigung, besag oder beruchte. Zudem, so es zu erorterung irs angebens chomen solt, das sy in solchem iren proceß, item in Dr. Clapis eingelegter besag dennoch die lautern unwarheit und eytel erticht angegeben haben und das sich eben das widerwertig demjenen, das Gf. Adam von Beuchlingen zu seiner vermeinten entschuldigung schreibt. War und offenbar ist, wie ich dan dasselb in einer schrift, mit F bezaichent, sich anfahend „Anno 1512 etc.“, nach der leng clerlich ausgefurt hab, wie dan eur aller Gn. – zweifelt mir nit – ab solchem meinen anzaigen war und glaublich finden werden.

bUnd zuvoraus ist nit war, das ich mich bey einichem Kf. oder F. oder einichem andern (wiewol, ob gleich beschehen, mir das wol gezimpt hette zu erkentnus meiner unschuld und betrachtung meiner ern) schriftlich oder müntlich irer, meiner widerwertigen, unerlicher schmach halben beclagt, vor und ehe sy die unwarhaft und erticht protestation frevenlich und mit argen gemüt gegen mir offentlich getan haben.–b

[7.] Und las mich gar nicht irren, hoff auch, eur aller Gn. werden meiner widerwertigen schmuck, den sy bey ende irer supplication in dem schein tun, als ob inen als den mereren in der anzal vor mir umb ir furnemen geglaubt werden solt und als ob sy nit als parteien, sonder als beysitzer in den dingen gehandelt hetten und das sy als gezeugen umb die warheit irs tuns verhort solten werden, zu keinem glauben empfahen oder ansehen. Dan wie sy solchs ir verkerlichs und unzimlichs tun gein mir gesucht und gehandelt haben, das het inen, ob sy gleich richter weren (das doch nit ist), also zu tun gar nit gezimpt. Und bey aller erberkait werden sy des billichen verdacht und verargwenigt, haben sich auch damit gein mir widerpartey gemacht. Davon auch so mogen sy nit gezeugen sein, dan in des Reichs rechten ist hochvernunftiglich und von noten fursehen, das ein geudischer [= überheblicher] beschuldiger und der jemant beleumet, beschuldiget oder angibt, den, so beleumeten, nit mag im rechten denuncieren oder verfolgen und noch vil minder als gezeug besagen, dan sunst so entstunde aus plossem neid des veinds, das niemant leibs, ern oder guts sicher wer. Und ligt daran nit, das ir, meiner widerwertigen, in der zal vil ist. Wol ist inen so vil dester mer verkerlich, das sy sich zu unzimlicher verhandelung fursetzlich geheuft und zusamen verstanden haben, seyen auch im rechten so vil dester mer verhaft und straflich.

[8.] Und so nun aus allen iren schriften, worten und geberden in disem iren tun, gein mir geübt, vermerkt wurdet, das sy mich an meinen ern und glimpf beleumet und zu vervolgung meines stands und wesens gearbeit haben und zu arbeiten je nichts verhalten wider Got, die billickait, des Reichs rechten und alle gute ordnung, ist an eur aller Gn. und gunst mein undertenig, demütig bit und beger, sy wollen mit irem rechtspruch erkennen und erklern in aller massen, wie ich hievor am freytag vor St. Veitstag negst [11.6.12] in meinem libell gen inen schriftlich dargetan, auch underteniglich gepeten hab.7

Anmerkungen

1
  Dr. Dietrich Reisacher war ab 1502 Rat Hg. Georgs von Bayern und seit 1509 Beisitzer am Reichskammergericht. Vgl. Lieberich, Die gelehrten Räte, S. 180. Bereits in einer am 10. März 1512 dem Reichskammerrichter in Worms in publica audientia vorlegten expurgatio hatte er die Entstehung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe geschildert und ihre Berechtigung zurückgewiesen. Demzufolge hatte am 12. Februar 1512 der damalige Verweser des Reichskammerrichteramtes, Gf. Adam von Beichlingen, ainen, gnant Dr. [Peter van] Klapis, in seiner Gn. herberg venklichen angenomen und in beysein etlicher gefragt, […] welh beysitzer schankung nemen und welicher ime gesagt habe, was seinethalb im rat gehandelt. Sol gedachter Clapis mich für ainen angezeigt haben, dem Gerhart von Erklens hab ein schachtel confects und dorinnen 12 fl. oder mynder geschenkt. Gegen diese Unterstellung, die auch in der später dem Reichstagsausschuß übergebenen Rechtfertigungsschrift Dr. Reisachers erwähnt wird (vgl. Nr. 1556 [5.]), verteidigte sich der Beschuldigte im Folgenden detailliert und bat abschließend den Reichskammerrichter darum, dafür zu sorgen, daß er nicht länger ungerechtfertigterweise verleumdet werde, sondern sein Beisitzeramt unbeeinträchtigt ausüben könne. Wien, HHStA, RK, Maximiliana 27 (alt 20) 1512 Apr., fol. 81a-87b, Orig. Pap.
2
 An diesem Tag legten laut Aussage Dr. Reisachers ([1.]) die Reichskammergerichtsbeisitzer verschiedene gegen ihn gerichtete Schriftstücke vor, auf die er mit seiner Rechtfertigungsschrift antwortete. Laut Bericht des Frankfurter Gesandten J. Heller vom 4. Juni (Nr. 1710 [11.]) wurden der Reichskammerrichter Gf. Sigmund zum Haag und die Beisitzer zum 6. oder 7. Juni in Trier erwartet.
a
–a Am Rand hinzugefügt.
3
 Ausgeschrieben für den 16. Oktober 1511. Vgl. Nr. 771 [4.].
4
 Grund für die Abwesenheit der Beisitzer von Worms war die Beurlaubung des Reichskammergerichts in der Zeit von November 1511 bis 6. Januar 1512. Vgl. Nr. 1553.
5
 In Freiburg i. Br. hielt sich Ks. Maximilian von November 1510 bis Februar 1511 auf.
6
 Gemeint ist wohl das Urteil des Reichskammergerichts vom 10. Oktober 1508, das die Hh. Johann d. Ä. und Johann d. J. von der Leiter aufgrund ihrer gegen Venedig gerichteten Klage auf Rückgabe ihrer alten Besitzungen in Verona und Vicenza erlangt hatten. Vgl. Nr. 94 Anm. 12.
b
–b Am Rand hinzugefügt.
7
 Im Herbst 1512 wurde Dr. Reisacher aufgrund eines von den Reichskammergerichtsvisitatoren erstellten und durch Ks. Maximilian gebilligten Gutachtens als Beisitzer suspendiert. Vgl. Harpprecht, Staatsarchiv, S. 132-134; Mencke, Visitationen, S. 16f. Am 29. Mai 1514 teilte der Ks. in einem Schreiben an den Reichskammerrichter Gf. Sigmund zum Haag und die Gerichtsbeisitzer mit, etlicher Stände des Reichs Bottschafften, die auf jüngst gehalten Reichstag in unser und des Reichs Stadt Trier über die Gebrechen unser und des Reichs Cammergericht verordnet gewest seyn, hätten ihn darüber informiert, daß sie im Konflikt zwischen Dr. Dietrich Reisacher und anderen Beisitzern des Reichskammergerichts etlicher Injurien halben haltend in Ersehung obgemelter Gebrechen bey Ihnen betracht, wie nutz und gut seyn möchte den gedachten doctor Reysacher seines Beysitzer Amts gnädiglich zu erlassen, und durch den Bayerischen Creys einen andern an sein statt zu verordnen. Aufgrund dessen habe er Dr. Reisacher des Beysitzer Amts gnädiglich erlassen, aber nit entsetzt. Hierüber hätten sich jedoch sowohl EB Leonhard von Salzburg als auch Hg. Wilhelm von Bayern beschwert, da die Suspendierung ohne eindeutig nachgewiesene Verfehlung sowohl Dr. Reisacher als auch sie selbst in Mißkredit bringe. Letzterer habe daraufhin ihn (den Ks.) gegen seine Mitbeisitzer um Recht angerufen. Da von diesen bislang keine entsprechende rechtliche Klage vorgebracht worden sei, gebiete er, Dr. Reisacher sein Beisitzeramt wieder ungehindert ausüben zu lassen. Weil zudem EB Leonhard und Hg. Wilhelm bislang keinen neuen Amtsinhaber benannt hätten, werde er auf dem nächsten Reichstag zusammen mit den Reichsständen über die Vorwürfe gegen Dr. Reisacher erneut beraten. Druck: Harpprecht, Staatsarchiv, Nr. 216.