Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Bitte um Stand und Session auf dem Reichstag gegen den Widerstand Kf. Friedrichs von Sachsen.

[Augsburg], 11. März 1510

Weimar, HStA, EGA, Reg. C Nr. 181, fol. 3a, Kop.

Regest: Glagau, Landtagsakten, S. 102 Anm. 1.

Allerdurchleuchtigster, großmechtigster Ks., allergnst. H., wiewol euwer ksl. Mt. mich sampt meynen zugeordenten zu diesem itzigen reychstag gefordert hat, ich auch daruf als die rechte, ehafte furmunderin meynes eynigen sons [Landgf. Philipp] in craft meines H. und gemahels seligen [Landgf. Wilhelm d. M.] veterlicher ordnong oder lesten willens, auch gemeynes rechtens gehorsamlich erschyenen bin und euer ksl. Mt. mich dermassen angezeugt, umb stand und session demutiglich gebeten, auch von derselben gn. antwort und zusag entpfangen hab, so ist mir doch solichs bysher verzogen wurden (als ich bericht bin) us etlichen ungegrunten inreden meyns ohemen Hg. Fridrichs von Sachsen, Kf. Nachdem ich mich dan des zu seiner lieb uber meyne habende gerechtigkeit, vorergangne handlung, auch sein eygen montlich und schrieftlich mir beschene zusag keyneswegs versehn gehabt hab, so bite dieselben euer ksl. Mt. ich gar demütiglich, sie wolle als mein allergnst. [H.] in ansehong oberzelter ursachen mir nachmals stand und session gnediglich geruhen zu vorschaffen. Als dann itzo ymands zu mir des und anders halb ichts zu sprechen zu haben vermeynt, demselben will fur euer ksl. Mt. ich alzeit genugsams rechtens pflegen, gn. antwort gewartend. Datum montags nach letare Ao. etc. decimo. 1

Anmerkungen

1
  Landgf.in Anna hatte ihre Situation dem Ks. bereits mit folgendem Schreiben aus Marburg vom 14. Oktober 1509 (sontag nach Dionisii) dargelegt: Hat ihn vor einiger Zeit über den Tod ihres Gemahls (Landgf. Wilhelm d. M. am 11. Juli 1509) unterrichtet und, nachdem dieser nicht nur zu seinen Lebzeiten dem Ks. stets zuverlässig gedient, sondern auch in seinem Testament von dieser Treue geschrieben hatte, gebeten, ihr, ihren Kindern (Elisabeth und Philipp) und ihrem Ft. Schutz und Schirm zu gewähren. Weiß gegenwärtig nicht, ob der Ks. dieses Bittschreiben erhalten hat. Ihr Gemahl hat in seinem Testament sie und einige ihr zugeordnete Personen als Vormünder ihrer beiden Kinder und ihres Landes eingesetzt, wogegen sich jedoch mehrere Angehörige der Landstände gestellt und sie nicht zur Ausübung ihrer Vormundschaft und der Landesverwaltung haben kommen lassen, zudem entgegen dem Testament und wider das ksl. geschriebene Recht, das ihr als Mutter ihrer Kinder vor allen anderen die Vormundschaft einräumt, ein eigenes neunköpfiges Regiment eingerichtet und sich selbst zu Regenten ernannt haben. Wird ihm hierüber bald durch eine Gesandtschaft Genaueres berichten. Vorläufig bittet sie ihn als obersten Vogt der Christenheit, Beschirmer der Witwen und Waisen und eingedenk der treuen Dienste ihres Gemahls, sie, ihre unmündigen Kinder und ihr Land in Schutz und Schirm zu nehmen und nichts zu glauben, was ihre Mißgönner unter dem Vorwand, daß es zum Wohl ihres Sohnes Philipp sei, möglicherweise vorbringen werden. Er allein ist ihr natürlicher Erbherr und ihrer zu Recht mächtig. Wird in diesem Sinne ihren Sohn Philipp erziehen, damit er als Erwachsener gleichfalls zu einem treuen Diener von Ks. und Reich wird. Teildruck: Glagau, Landtagsakten, S. 100f. Anm. 2. Zu diesem Schreiben und zu den nachfolgenden Verhandlungen auf dem Augsburger Reichstag über den hessischen Vormundschafsstreit vgl. Glagau, Vorkämpferin, S. 61-66; Puppel, Regentin, S. 171; Dies., Regentschaft, S. 255f.; Scheepers, Regentin per Staatsstreich?, S. 106-108; Klein, Politik und Verfassung, S. 197.