Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Erstellung dieses Ratschlags auf Ersuchen Hg. Wilhelms; [2.] Billigung der Vorschläge zum polnischen Heiratsprojekt; [3.] Empfehlung, den Ks. nochmals um Unterstützung der Bewerbung Gf. Ludwigs von Vohburg als Koadjutor in Salzburg zu bitten; [4.] Möglichkeit einer Tätigkeit Gf. Ludwigs als Salzburger Administrator; [5.] Dessen Versorgung im Erzbistum Salzburg als Maßnahme zur Vermeidung von Konflikten mit Hg. Wilhelm; [6.] Vorschläge für die vom Bf. vom Gurk verlangte Schuldentilgung.

[München, 9. März 1510]1

München, HStA, KÄA 1243, fol. 54a-55b, Orig. Pap.

[1.] Durchleuchtiger F., gn., lb. H., als eur ftl. Gn. iren hofmeister Gregorien von Egloffstain ytz von Augspurg zu uns alher mit enteckung dreyer nachvolgender sachen, darin dieselb eur Gn. unsers gutbedunkens und rats begert, abgefertigt hat, sind wir mit vleis ob den sachen gesessen und haben die unsers pösten verstands erwegen und eröffen darauf eur ftl. Gn. unser gutbedunken, wie hernachvolgt:

[2.] Erstlich in dem handl, den heyrat etc. gen Polan betreffend,2 ist uns durch gemelten eur Gn. hofmeister ain maynung, so die vormünder und räte, die ytz bey eurn Gn. zu Augspurg sind, under in selb geratslagt haben, eröffend, im beschluß mit kürz darauf ruend, das die ksl. Mt. widerumb solichs heyrats halben und dergestalt ersuecht werden soll, das ir ksl. Mt. in ansehung eur Gn. merklichen und grossen schulden genediglich geschehen ließ, sich im handl wol zu erfaren, was und wievil der zuegab und heyratsteur gefallen und erlangt werden möcht. Würde dann gefunden, wie das anzaigen Gf. Peters [von Bösing] sich helt, oder ob des nit mer dann halber teil sich erfund und das durch vertraut potschaften gewislich und an fäl erfaren würd, des sollte die ksl. Mt. widerumb bericht und ir rat und gutbedunken weiter darauf gesuecht und vernomen werden etc., wie wir dann eur Gn. hofmeisters furtrag auf die oder dergleich maynung vernomen haben. Wil uns solich geratslagt maynung nit wider, sunder gefällig sein, mögen auch unsernhalben, die also bey der ksl. Mt. ze üben, wol raten und wissen kainen schaden darauf steend dann allein die costung, so darüber laufen würd etc. Die ist auf Gf. Peters so tapfer ansuechen unsers bedunkens wol ze wagen und sich der, wo die gleichwol vergebens geschähe, nit zu beschweren. Solich maynung eur Gn. vormünder und räte, ytz bey ir, mit pöstem fueg und untertenigen worten, darzu dienend, wie dann ir ratslag, vom hofmeister uns angezeigt, in sich begreift, dabey wir es von kurz wegen besten lassen und alle wort hiein nit einziehen, der ksl. Mt. wol furzetragen wissen und sy damit zu bewegen, das also, wie obstet, geschehen ze lassen.

[3.] Am andern, gn. F., unsern gn. H. Gf. Ludwigen [von Vohburg] und den erzstift zu Salzburg belangent,3 ist unser gutbedunken, mögen auch euer ftl. Gn. wol raten, sy laß sich die ksl. Mt. in disem treflichem handl, der dem haus Bairn zu grossem nutz gedienen und der ksl. Mt. on schaden sein mag, nit so leichtlich abweisen, sunder halt gestreng, doch undertäniger und diemitiger weis, auch, wo not ist, mer dann ainest nochmals an, ir ksl. Mt. durch die ursach, in der instruction [liegt nicht vor] deshalb begriffen, ze bewegen, den guten und erbergen handl bey dem erzstift zu Salzburg an allen orten laut angeregter instruction, auch bey dem stuel zu Rom – es werde das zu Salzburg bewilligt oder nit – genediglich ze fudern, wie dann des, wo ir ksl. Mt. in solichs genediglich bewilligen würd, weiter instruction mit beweglichen, guten ursachen an baide ort, gen Salzburg und Rom, gestellt werden möge. Und ob gleichwol zu Salzburg der will nit gefunden würd, das man sich doch aus ursachen, hievor angezeigt, nit versehe, dannoch möchte die Bäbstlich Hlkt. aus irer bäbstlichen macht Gf. Ludwigen mit dem erzstift Salzburg auf vleissig furbet und gestreng anhaltung der ksl. Mt. für irn swestersun, Gf. Ludwigen, nach gelegenheit seins alters wol versehen. Und ir Hlkt. möchte leichtlich nit ursach haben, besunder diser zeit werender verwantnus baider ständ, solichs irer Mt. angeregtem irem swestersun zu verhinderung abzeschlahen.

[4.] Und ob die ksl. Mt. sorg trueg, angeregter Gf. Ludwig möchte dadurch nit mer in weltlichen stand treten, so im der erzstift laut der instruction zuestuend, darauf ir ksl. Mt. ze berichten, ob sich ain fal, das er widerumb wertlichs stands werden muest, in zwainzig jaren begäb, so mag er dazwischen den erzstift wol haben und verwalten und in sovil jaren solich weich, die in weltlichs verhindern möchten, nit annemen und dannoch nichtzmynder den stift als ain administrator wol regiren, wie dann ytz ze Regenspurg durch Hg. Johannsen [von der Pfalz] geschicht, auch durch Hg. Ruebrechten [von der Pfalz], weylend administratorn zu Freysing, geschehen ist, der dann vom stift wider zu weltlichem stand und auch zu heyrat sich begab, der ksl. Mt. unverporgen.

[5.] Wir achten auch, des möcht zum handl nit undinstlich sein, der ksl. Mt., wo die je so hart dem handl wider sein wollt, zu eröffen, Gf. Ludwig hab sich gegen eurn Gn. anders nit noch von kains andern bistumbs wegen verpflichten wellen, geistlich ze werden und gravenstitel ze haben, im werde dann zu dem erzstift Salzburg geholfen, wie dann des eurn Gn. sein aygen hantschrift mit verpflichtung seins gesworen aids zu handen gestellt ist. Auf das die ksl. Mt., künftig aufrur, widerwillen und unlust zwischen eur Gn. und sein genediglich zu verhueten, eur baider Gn. gebruedern aus angeborner tugend und siptschaft wol schuldig sey, angeregten eur Gn. brueder, Gf. Ludwigen, zu solichem erzstift ze helfen, in ansehung, das von künftiger bruederlicher ainigkeit wegen eur Gn. H. und vater [Hg. Albrecht IV. von Bayern] in seinem leben Gf. Ludwigen zu geistlichem stand furgenomen und ine darauf nit an sonder mue und costung [zum] tumbrobst zu Freysing durch zuegeben des Bäbstlichen Stuels gemacht hat. Dann weilend gemelter sein H. und vater wol erwegen hat, das durch etlich, so zwischen der brueder aufrur ze machen genaigt sind, Gf. Ludwig bewegt werden möcht, weilend seins H. und vaters ordnung4 nit zu halten und, so er nun manpar würde, sich gegen eurn Gn. aufzewerfen und mit eurn Gn. ze regirn oder ainen tail am Hgt. ze haben understen. Das dann wider seins H. und vaters ordnung, auch wider irer ksl. Mt. brieflich bestattung und darzu wider gemain ksl. recht wär. Und so im das nit gestat würd, möchte daraus krieg, auch verderben land und leut erwachsen, wie dann eur Gn. H. und vater mit seinen bruedern [Hgg. Wolfgang und Christoph] offenbarlich begegnet und er daraus verursacht ist, das durch solich sein aufgerichte und bestätigte ordnung zu verkomen. Solich künftig beswärlich zufall möge ir ksl. Mt. leitlicher und fueglicher nit furkomen dann mit solicher irer gn. furderung eur Gn. brueder, Gf. Ludwigs, zu dem erzstift Salzburg, wie dann das und merers ir ksl. Mt. aus hoher vernunft pas ze bedenken wisse, dann ir das angezeigt werden mög.

Ob aber ir Mt. sich ye zu solicher furderung nit bewegen wollt lassen, achten wir, ir Mt. sollt gebeten werden, das doch ir Mt. aufs wenigist zuelassen und begunnen well, das eur Gn. sambt irn vormündern den EB zu Salzburg [Leonhard von Keutschach] und das capitl selb ersuechen und ze bewegen understen mög, Gf. Ludwigen laut der instruction anzenemen. Und so das bey ine erlangt würde, als man sich auf des EB freuntlich beweisen genzlich versicht, das alsdann die ksl. Mt. solichen handl bey der Bäbstlichen Hlkt. statlich und genediglich zu völliger volziehung furdern welle, als sich eur Gn., die dadurch in rue gestellt und der sorg künftiger irrung eur Gn. brueders entledigt werde, des und aller gnaden bey irer Mt. unterteniglich versehen und das umb irer Mt., alles vleyß ir leben lang zu verdienen, willig und unvergessen sein wolle.

[6.] Fürs drit, den [Bf. Matthäus] von Gurk und sein schuldvordrung berürend, ist unser gutbedunken, die nachlassung der 2000 fl. angesehen gleich wie der andern eur Gn. vormünder und räte, ytz bey ir, und ye lenger eur Gn. frist und zeit der künftigen bezalung bey im erlangen mag, ye mer das für eur Gn. ist. Darauf die räte weiter mit ime handlen und besliessen mögen, auf was geraum zeit ime yede bezalung geschehen soll. Nachdem aber die letzt bezalung der merern suma auf ain zeit, uns angezeigt, beschehen sol, haben die vormünder und räte bey eurn Gn. zu erwegen, ob dieselb summ neben andern merklichen bezalungen wol und fueglich ze geschehen sey. Auf das sy, ain lange zeit solicher bezalung oder die ganzen summ ime järlich zu verzinsen zu erlangen, hohen vleis ankern sollen. Und mocht nit ungeschickt sein, nachdem der handl, den erzstift Salzburg berürend, an zweyfl an den von Gurk langen und ime der nit verhalten bleibt, eur Gn. liessen ine im handel pfächten [= einbeziehen] und ersuechen, solichen handl eur Gn. brueders halb bey der ksl. Mt. ze fudern, als er dann eurn Gn. auf die groß belonung und sein erbieten ze tun wol schuldig ist. Uns hiemit eurn ftl. Gn. undertaniglich bevelhend.

Anmerkungen

1
 Mit Begleitschreiben von diesem Tag (sambstag vor sonntags letare) übersandten die Verfasser den Ratschlag an Hg. Wilhelm, der auf dem Augsburger Reichstag weilte. Und wo die ksl. Mt. nit mer gen Augspurg, als die rede steet, ditzmals käme oder ob eur ftl. Gn. seiner Mt. zukunft nit erwarten kunt oder wolt, wo auch eurn Gn. durch ir Mt. vor irer zukunft anheyms zu reiten erlaubt würde, so ist doch unser gutbedunken, eur Gn. schaid von irer Mt. endlich nit ab, sonder wo ir Mt. vor eur Gn. abschaiden nit gen Augspurg käme, eur Gn. reit zu irer Mt. und bring baid eur Gn. sachen, des heyrats und erzstifts Salzpurg halb, in pössern stand, damit eur Gn. wissen mög, wes sich die in disen zwayen irn sachen zu irer Mt. zu versehen hab. München, HStA, KÄA 1243, fol. 57, Orig. Pap. m. S. – Mit Schreiben aus München vom 11. April 1510 teilten die Mitvormünder und Räte Hg. Wilhelms Hg. Wolfgang mit, sie hätten heute ein Schreiben Hg. Wilhelms aus Augsburg erhalten, in dem er über Mangel an Futter und Holz klage, die er dort nicht bekommen könne. Da Hg. Wolfgang wisse, daß Hg. Wilhelm auf ksl. Mt. erfordern der enden sein mueß, bäten sie darum, diesem unverzüglich 50 Scheffel Hafer und 50 oder 60 Fuder Brennholz zukommen zu lassen. Die Kosten würden sie erstatten. München, HStA, KÄA 1969, fol. 130, Orig. Pap. m. S.
2
 Zu den eventuell schon seit 1508 oder spätestens 1509 laufenden, letztlich gescheiterten Verhandlungen über eine Heirat Hg. Wilhelms von Bayern mit Elisabeth, Tochter Kg. Kasimirs IV. von Polen, vgl. Marth, Dynastische Politik, S. 209-224.
3
 Zu den Bemühungen von Hg. Wilhelms Bruder Ludwig um die Stelle als Koadjutor von Salzburg vgl. ebd., S. 258f.
4
 Das Primogeniturgesetz Hg. Albrechts IV. von Bayern vom 8. Juli 1506. Druck: Gebert, Primogeniturordnung. Vgl. dazu Weinfurter, Einheit Bayerns.