Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Bitte um Stellungnahme zu einer geplanten Heiltumsschenkung Ehg.in Kunigundes; [2.] Aufzeigen verschiedener Möglichkeiten zur Weiterbehandlung des Konflikts um die Hftt. Altenwaldeck und Miesbach; [3.] Bitte um Beilegung einiger Nachbarschaftskonflikte.

München, 22. September 1510

München, Geheimes HausA, Hausurkunden 905, Konz.

Unser vormunder Johanns von der Laiter, H. zu Pern [= Verona] und Vincenz, mitsambt Gf. Cristoffn von Ortenberg sullen ksl. Mt. von unsern wegen auf den glaubsbrief, so sy hievor haben [liegt nicht vor], verner zu erkennen geben:

[1.] Nachdem die hochgeborn F.in, ksl. Mt. swester, frau Kunigund, witib, unser lb. frau und mueter, in willen und furnemen sei, ain testament und lesten willen zu verordnen und aufzerichten, darin sy unter anderm das kosterlich, zirlich eingefasst heiligtumb, damit die ksl. Mt. dieselbn unser lb. frauen und mueter negst alhie reichlich begabt hat, den reglswestern zu München, dabey sy ytz ir wonung hat, nach irm tod zu verschaffen, also das solh heiligtumb und kirchenzir fur und fur in ewig zeit bei dem reglhaus beleiben soll, es wurde dann dasselb reglhaus durch prunst dermassen verdorben, das die reglswestern das nit mer zu erpauen vermochten. So mög man alsdenn von dem silbergeschmeid und gold, so an solichem heiligtumb ist, solh reglhaus wider erpauen und das darumb angreifen etc. Darauf uns obvermelte unser freuntliche, lb. frau und mueter zu ir erfordert und fruntlich ersucht und gepeten hat, das wir als ir sune und regirender F., angezeigt ir testament zu hanthaben und zu halten, mit aigner hand unterschreiben und mit unserm daumring versecretiren solten. Und als wir auf solich ir lieb ersuchen ainen bedacht und schub auf unser vormunder genomen, haben wir bey denselben unsern vormundern in rat gefunden, das sy fur guet ansehen well, die sachen an die ksl. Mt., von deme ir lieb solh heiligtumb und kirchenzir gegeben sei, gelangen ze lassen und irer Mt. gemuet, willen und meynung darin auch zu erlernen. Das wir mitsambt unsern zugeordenten vormundern in aller gehorsamer untertenigkeit hiemit tuen und getruer meynung anzaigen, wo solh heyligtumb und kirchenzir den reglsweestern nach unser frauen und mueter tod beleiben sollt, das damit dem wirdigen heiligtumb, so darin verfasst ist, gar wenig ere von den cristgeleubigen erzaigt, sonder also verporgen in dem reglhaus, inen zu ainem schatz, verligen und behalten wurd. Davon weder Got noch die welt lob noch er, gnad oder ergetzlicheit erlangen mocht. Wo aber solh heiligtumb und kirchenzir nach ir lieb tod in unser ftl. hofcapellen zu München verordent wurde, darin wir dann an solicher zir grossen mangel haben, so wurde solh kirchenzir bey konftigen Kss., Kgg., Ff. und frembden personen, so an die ende komen, geeret, gepreist und dest mer davon gehalten, auch uber vil jar gelobt und ausgeprait, das solhe clainet und zir von ainem röm. Ks. seiner swester gegeben und damit vereret wär worden. Unser, Hg. Wilhelms, gemuet, meynung und will stet auch nit anders, dann das wir solhe klainet und zir, by unser hofcapellen zu er und gedechtnus ksl. Mt., irer swester, unser lb. frauen und muter, in ewig zeit zu behalten und zu beleiben, bestellen und verfugen wollten. Und nachdem wir uns zu ksl. Mt. versehen, als ir Mt. diß heiligtumb und kleinet unser frauen und mueter negst geben hab, ir Mt. gemuet, meynung und will sei dazemal gewest, auch noch hut, das die nach irm tod zu des Ft. Bairn zir und ir Gn. zu lob gebraucht und dabey zu ewiger gedechtnus, wie vor stet, beleiben sullen, hierauf sullen unser potschaft und räte die ksl. Mt. von unsern wegen unterteniglich bitten, damit ir Mt. der obgenannten unser frauen und mueter als ir Mt. swester hirinn gnediglich schreiben und an sy begern, damit dieselb unser frau und mueter angeregte heiligtumb, cleinet und kirchenzir nach irm absterben uns als irm sun und erben des Ft. Bairn und zu derselben Ff. hofcapellen aus vorangeregten ursachen zu ewiger gedechtnus volgen laß und das solich kostlichait bey der weiber regelhaus, darein nyemant frombder von cristenlichem volk kumbt, nit also versteckt und ungezeigt bleib und verloren. Daran tu sy irer Mt. fruntlich gevallen, meynung und begeren.1

[2.] Verrer sullen unser potschaft und räte die ksl. Mt. erinnern des betlichen ersuchens, so mermals laut hiebeiliegender instruction [liegt nicht vor] beschehen ist von wegen der Hftt. Altenwaldegk und Miespach, die unserm Ft. über unser offenbar unwidersprechlich gerechtigkeit, alt herkomen und gebrauch mit gwalt entzogen und des on recht entsetzt und entwert wellen werden.2 Und wiewol laut angeregter hiebeiligender instruction in kurzvergangen tagen mit ksl. Mt. auch von der sachen gehandlt und solh unser anbringen und beswärung Hansn Casparn von Laubenberg als weilend Hochprandtn Sandizellers gelassner witibn und kinder verordenter vormunder zugeschickt, darauf dann von demselben von Laubenberg, als wir von andern vergebens bericht werden, der ksl. Mt. weitleuftig, ungegrundt unterricht gegeben sein sol. Wiewol uns solh unterricht noch einich leidlich antburt der notturft nach von ksl. Mt. hieinn nye furgehalten ist, so eraischet hierauf unser merklich notturft, das wir disen handel lenger nit ruen lassen. Und wiewol wir und an unser stat unser vormunder auf die offenbar unser gerechtigkeit und gwaltig entwerung nach vermog der rechten guten fueg hetten, uns in massen weilend unser H. und vater loblicher gedechtnus [Hg. Albrecht IV. von Bayern] getan hat, bey unser gerechtigkeit, altem herkomen und gebrauch zu hanthaben und also an recht nit entweren ze lassen, haben wir doch bisher ksl. Mt. als unsers gnst. H. und vetters verschonet und angesehen seiner Mt. vilfeltig, merklich und tapfer hendl und obligen, damit ir Mt. uber di maß beladen ist. Dieweil uns aber die harr im handel schedlich sein wil und keinen lengern aufschub in der sachen leiden mögen, wo wir anderst unser offenbar gerechtigkeit behalten und die nit beligen lassen wellen, so ist hierauf an di ksl. Mt. unser gar untertenig bit, nachdem ir Mt. diser zeit irs sweren obligens halben mit dem handel in aigner person nit zu bemuen ist noch dann gewarten mag, ir Mt. welle der sachen halben ainen ksl. comissari, als unsern H. und frund, den Bf. von Augspurg [Heinrich von Lichtenau], verordnen, der uns, auch obgenannten Hans Casparn von Laubenberg anstat der Sandizellern und irer kind ainen tag fur sich ernenn und zueschreib und auf denselben tag yeder teil in gutlicher verhör vor solichem comissari erschein und sein notturft daselbs furbring, mit furkertem vleis nach verhörung der sachen die gütlich zu vertragen, wo nit, die alsdenn ksl. Mt. gestalt der sachen zu berichten oder die zu austrag fur ir Mt. und des hl. Reichs camergericht zu weisen, oder das ir ksl. Mt. zwen irer rate zu verhörern der sachen nidersetz, zu dene wir auch zwen ordnen wellen, die di sachen, wie vorstet, notturftiglich verhören und alsdann, wo sy die gutlich auch nit mögen vertragen, gestalt derselben di ksl. Mt. berichten. Unterteniglich bittend, di ksl. Mt. welle der weg ainen also furnemen und darauf gn. comission und bevelhbrief ausgeen lassen.

[3.] Zwischen dem Hauptmann von Niederösterreich, Wolfgang von Polheim, und dem ksl. Pfleger zu Gampern einerseits sowie dem hgl. Pfleger zu Friedburg unterhalb von Braunau andererseits gibt es Konflikte um den Kirchweihschutz zu Pöndorf sowie um Holzgründe im Grenzraum zwischen Österreich und Bayern. Dabei versuchen die Kaiserlichen, Hg. Wilhelm und seinen Amtleuten gewaltsam Rechte zu entziehen, die aus der Regierungszeit Hg. Georgs von Bayern-Landshut stammen. Dieweil wir aber mit ksl. Mt. uns nit gern in gegenhandlung noch gwaltig hanthabung unser obrigkeit nit einlassen, sonder als ein sun gegen seinen vater und oberern ye gern in aller gehorsam zu erzaigen begirig sind, ergeht an den Ks. die Bitte, einen Beschautag anzuberaumen, auf dem vor Ort die strittigen Verhältnisse in Augenschein genommen werden sollen, um anschließend nach Möglichkeit einen gütlichen Ausgleich herbeizuführen. Der Ks. möge dies im Interesse guter Nachbarschaft nicht länger hinausschieben. Actum zu München unter unser vormundschaft secrete an St. Mauricientag Ao. etc. decimo.

Anmerkungen

1
 Zu dieser Auseinandersetzung um die Heiltümer, die Ks. Maximilian seiner Schwester Kunigunde anläßlich seines Besuches bei ihr in München am 8. Juli 1510 geschenkt hatte, vgl. Graf, Kunigunde, S. 192-196. – Am 1. Januar 1511 stellte der Ks. in Freiburg i. Br. folgende Urkunde aus: Hat bei seinem Besuch in München im vergangenen Sommer seiner Schwester Kunigunde verschiedene Heiltümer geschenkt, die diese nunmehr in das reglhaus des driten ordens St. Franciscus zu St. Cristoffen, genannt der Pütrich, in München zum Lobe Gottes zu geben beabsichtigt. Gibt hierzu seine Zustimmung, also das soliches heyltum auf dieselbe ir liebe ubergab in dem gemelten regelhaus nun hinfur ewiglich sein und beleiben sol, von meniglich unverhindert. München, Geheimes HausA, Hausurkunden 905, Kop. ( p.r.p.s.; a.m.d.i.p.; Gegenzeichnung: Serntein). Teildruck: Graf, Kunigunde, S. 196.
2
 Der hier angesprochene Konflikt bestand schon in der Zeit Ks. Friedrichs III., da dieser die Hft. Waldeck als Reichslehen betrachtete, während Hg. Albrecht IV. von Bayern die Landeshoheit darüber beanspruchte. 1504 verzichtete der Hg. auf seine Ansprüche, so daß Waldeck an die Witwe und die Kinder Hochprants von Sandizell fiel. Vgl. Andrelang, Landgericht Aibling, S. 262f.