Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Begründung für den vorläufigen Verzicht auf die Indienstnahme Kf. Joachims gegen Venedig; [2.] Aufforderung zur persönlichen Teilnahme am geplanten Reichstag.

Innsbruck, 17. Juni 1511

Berlin, GStAPrK, I. HA, Repos. 1 Nr. 5, fol. 3-4, Orig. Pap. m. S. ( p.r.p.s.; c.d.i.p.; Gegenzeichnung: Serntein).

[1.] Hat mit dem Kf. über dessen Eintritt in ksl. Kriegsdienste gegen Venedig mit einer Anzahl Pferden verhandelt und dabei gehofft, durch eine ehrliche Schlacht, bei der er den Kf. gerne dabeigehabt hätte, die an Venedig verlorenen Gebiete zurückzugewinnen. Hat dann aber aus Gründen, die er dem Kf. und den Reichsständen in seinem Schreiben dargelegt hat (Nr. 763 [3.]), Friedensverhandlungen mit seinen Feinden zugestimmt und auf Ersuchen des Papstes den Bf. von Gurk und andere ksl. Räte entsandt, der zuversicht, ein eerliche rachtigung und friden zu erlangen, uns auch begeben, etwovil mynder, dann uns der tractat zu Camerick zugibt, zu nemen. Das sich aber alles zerslagen und dermassen geschickt, das wir uns dheins fridens mer versehen, sonder, dieweil die gedachten unser veynd und widerwertigen umb der slacht willen, so inen die Franzosen mitsampt den teutschn knechten abgewonnen haben, yetzo in einem merklichem schrecken und flucht sein. Deshalben wir zu diser zeyt nit lenger stillsteen werden, sonder nemen wir den krieg eylunds an die hand und müssen, nachdem uns auf unser schreyben und aufbot von den stenden des Reichs dhein hilf beschehen ist, alles gelt und hilf, so wir in unsern erblichen Ftt. und landen, auch bey uns selbs aufbringen mogen, furwenden und darstrecken und on alles aufhalten, dieweyl das gelück, ob Got wil, uns yetzo vor augen ist, understeen, unsern veynden abzuprechen. Läßt deshalb und weil die von Kf. Joachim gewünschte Sicherstellung durch das Innsbrucker Regiment nicht möglich ist, dessen Indienstnahme vorläufig ruhen.

[2.] Aber nachdem wir yetzo des concilium, auch ander treffenlicher sachen halben, daran nit allein uns und dem hl. Reich, sonder auch gemeiner cristenheit merklich und vil gelegen ist, ein concilium und darzu einen reichstag zu halten furgenommen, wie dann dein lieb aus unserm ausschreyben, so wir tun, eygentlichen vernemen wirdet, 1 begern wir an dein lieb mit besonderm, ernstlichem und hochstem vleis, du wellest auf solichn reichstag persondlich mit einer geringen anzal pferden ungerüst erscheinen und dheinswegs aussenbeleyben, dann wir genzlich der zuversicht sein, all ander Kff. werden auf demselben tag perschondlich erscheinen und komen, auch ansehen, das solich vorgemelt handlung nicht durch potschaft zu handlen und auszurichten sein, und uns das nit abslagen, als wir uns zu dir versehen. Das wellen wir gegen deiner lieb mit sondern gnaden erkennen und zu guetem nit vergessen. Wir wellen auch alsdann mit deiner lieb auf demselben reichstag gedachter bestallung halben weyter handlen. [...] Geben in unser stat Ynnsprugg am 17. tag Juny Ao. domini etc. im 11., unsers reichs des röm. im 26. jaren. 2

Anmerkungen

1
 Die zu diesem Zeitpunkt gemachte Ankündigung, einen Reichstag abhalten zu wollen, erscheint insofern bemerkenswert, als der Ks. sich noch in seinem Mandat vom 20. Mai (Nr. 763 [8.]) ausdrücklich gegen die Durchführung eines erneuten Reichstags ausgesprochen hatte. Bei dem hier von ihm in Aussicht gestellten entsprechenden Ausschreiben müßte es sich wohl um Nr. 771 handeln, das allerdings erst am 20. Juli erging.
2
 Mit Schreiben aus Innsbruck vom 15. Juni 1511 (sonntag trinitatis) teilte Zyprian von Serntein Kf. Joachim mit, da er einige Zeit nicht am ksl. Hof gewesen sei, habe er sich nicht für die Abfertigung des kftl. Gesandten einsetzen können. Nunmehr habe er aber immerhin erreicht, daß der Ks. dem Kf. gemäß beiliegendem Schreiben (Nr. 767) antwortet. Bittet diesen, trotz seiner nicht zustande gekommenen Bestallung dem ksl. Ersuchen um persönliches Erscheinen auf dem Reichstag Folge zu leisten. Und dieweil abermals yetz kurzlichen die Venediger ain treffenlich volk und gross geschütz verlorn haben und widerumb in den abfall kumen sein und die ksl. Mt. ytz mit ainem clainem volk mer dann hernach mit ainem grossem ausrichten mag, versich ich mich genzlichen, daz ir ksl. Mt. alles volk, so ir Mt. zu roß und fuess aufs peldest in irer Mt. erblichen Ftt. und landen, auch sonst allenthalben in der nehne aufbringen kann oder mag, von stund an hinein in das veld schicken will und wirdet understeen, etwas tapfers auszurichten. Und versicht sich ir Mt., daz die Kgg. Frankreich und Aragoni irer Mt. treulich zusetzen werden. Morgen wird der Ks. hier einen Landtag mit den Tiroler Landständen abhalten, in der Hoffnung, von ihnen eine stattliche Hilfe zu erlangen. Berlin, GStAPrK, I. HA, Repos. 1 Nr. 5, fol. 5-6, Orig. Pap. m. S.