Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Empfang des Auftrags zur Erstellung eines Ratschlags; [2.] Warnung, sich durch Unterstützung des jungen Hg. von Mailand den Kg. von Frankreich zum Feind zu machen; [3.] Empfehlung zur Verständigung mit den ksl. Widersachern und zu künftiger Neutralität; [4.] Bitte um Erörterung der schwierigen Thematik mit den engsten ksl. Räten.

Innsbruck, 11. April 1512

Wien, HHStA, RK, Maximiliana 27 (alt 20) 1512 Apr., fol. 26-27, Orig. Pap. m. S. und eigenhändiger Unterschrift.

[1.] Allergnst. H., mir ist an heut, dato ditz brief [11.4.12], ain schreiben und bevelh von euer ksl. Mt., am 29. tag des monats Marcii zu Trier ausgangen [Nr. 813], zukomen und mitsambt ainer abgeschrift der antwurt, so der Kg. zu Frankreich dem Andreas von Burgo auf die werbung und instruction, die er und der Rigault von euer ksl. Mt. gehebt, gegeben hat, uberantwurt. Daryn mir euer ksl. Mt. anzaigt, nachdem in derselben antwurt vil guts anzaigt werde und aber euer ksl. Mt. kain sicherhait oder rechten grund der sachen hab, euer Mt. hette dann vor des Kg. zu Frankreich tochter Reinata in euer Mt. handen, daz ich demnach etlich euer Mt. treffenlich rete vom regiment darzu erfordern, inen solh antwurt antragen und mitsambt inen ainen ratslag, was uns gut bedunk, daz euer Mt. darauf zu handlen und zu tun sey, verfassen und euer Mt. berichten sollen, wie dann solhs in gemeltem euer Mt. bevelh mit verrerm inhalt begriffen ist.

[2.] Darauf ich H. Bartlmeen, H. zu Firmian, H. Hans Casparn von Laubenberg und Dr. Kuen, der dann vor bey disen handlungen und ratslegen auch gewesen, zu mir genomen, inen solhs alles und was vor in disen dingen gehandlt, sovil darzu nodturftig gewesen ist, fürgehalden und mitsambt inen bewogen, nemblichen auf den artikl, daz etlicher eur Mt. rät gutbedunken ist, dieweil euer Mt. allain die guten wort und nit die versicherung mit der Reinata furgeslagen wird, auch der Kg. von Frankreich dem Hg. von Geldern, als sich zu versehen sey, hilf beweyse, daz demnach die aragonesisch potschaft Urreas als für sich selbs in namen seins Kg. zu den Sweytzern ziehen und bey inen praktiziern solt, damit sy sich zu dem Kg. zu Frankreich in kainen weg verpünden, sonder den Babst und seinem pund anhangen und daz sy den jungen Hg. zu Mayland [Massimiliano Sforza] einsetzen sollten und mit euer Mt. zu der ksl. kronung gen Rom zugen. So solt inen gegen der einsatzung des jungen Hg. von Mayland dreymalen 100 000 fl. rh. gegeben werden, mit verrerm anzaigen, in euer Mt. bevelh begriffen. Tragen wir fürsorg und ist sich genzlichen zu versehen, wo euer ksl. Mt. mit dem jungen H. von Mayland ainicherlay wider den Kg. zu Frankreich handlen liess, daz beschehe durch den Urreas oder ander, daz der Kg. zu Frankreich dadurch in grosse verdechtlichait, widerwillen und unainigkeit gegen euer Mt. komen würd. Dann dieweil derselb jung H. von Mayland in euer Mt. handen und ganz in euer Mt. gewalt ist, kund er wol gedenken, daz solhs an euer Mt. wissen und sondern bevelh nit beschehe. So künden wir nach gestalt aller sachen und kriegsleuf, wie die yetz stehen und sovil wir des wissen tragen, bey uns noch nit befinden, daz euer Mt. den Kg. zu Frankreich begeben oder zu veind machen oder villeicht in, als wol zu gelauben ist, darzu dringen soll, daz er sich mit dem Babst und Kg. von Aragon wider euer Mt. vertrag. So hat auch euer Mt. unzher über vil handlung bey den Venedigern kainen frid erlangt noch bey Babstlicher Hlkt. und Aragon ainicherlay grunds, darauf sich zu verlassen were, befunden. Zudem so ist wol zu gedenken, solt den Sweytzern ainicherlay zusagen oder vertrostung beschehen, daz sy von stund an darauf ligen und solh gelt, obgleich wol die einsatzung nit beschehe, von eur ksl. Mt. haben wollten. Wo inen dann die bezalung nit verfolget, als wir dann besorgen, in euer Mt. gelegenhait dieser zeit nit seye, solh dreymalen 100 000 fl. rh. oder ain mynders zu entrichten, so möchten sy sich zu Frankreich oder an ander ort verpinden und solh gelt, sovil inen müglich, bey euer Mt. oder derselben landen und leuten zu bekomen understeen, daz doch euer Mt. und derselben landen, besonder, dieweil die land durch die langwirigen krieg hart gehelligt und berambt sein, zu grossem nachtail raichet. Wo aber der Urreas durch sich selbs oder aus bevelh seins Kg. mit den Sweytzern in ander weg handelt, damit sy sich zu dem von Frankreich nicht verpünden ausserhalben des fürslags des jungen H. von Mayland halben und anderer artikl, die euer ksl. Mt. beruerten, daz möchte villeicht euer Mt. bey Frankreich weniger suspition bringen, wiewol dieselben verdechtlichait, so er von euerMt. oder durch euer Mt. erbland züg, dannocht bey Frankreich hart zu verhueten ist.

[3.] Und nachdem sich die sachen all stund verkern, wir auch nit wissen, wie sich die ding teglich zutragen, so ist noch des besluss unsers gutbedunkens, dieweil der von Gurk, desgleichen der von Serntein, canzler, ungezweyflt numals bey euer ksl. Mt., die der ding und sonderlich des besluss der ratsleg, zu Augspurg, Innsprugg, Sterzingen, beschehen, darauf dann noch alle handlung steet, gut wissend sein, das euer Mt. die sachen mit inen disputiern und bewegen las und in alweg dieser zeit den Kg. zu Frankreich oder Sweytzer nicht zu veinden oder aufruerig mach, sonder fleyss hab, damit euer Mt. die, so euer Mt. widerwertig wern, zu frid und in guten verstand bring und in mitler zeit sehe, an welhem ort euer Mt. mit rechtem grund und guter versicherheit, darauf sich euer Mt. endlich verlassen mag, entgegengangen wird. Alsdann mag sich euer Mt. an demselben ort anhengen und disen sweren kriegsleufen euer Mt. und derselben landen und leuten zugut ain fürderlich, erlich endschaft zugeben oder aber, wo euer Mt. den frid annymbt, nachmals sich an kainen tail slagen, sonder neutral beleiben. Des auch euer ksl. Mt. unsers bedünkens, dieweil euer Mt. an allen orten wenig glaubens gehalden oder rechte, austregliche hilf, die sy doch euer Mt. schuldig gewesen, beschehen ist, gut fug und glimpfen het.

[4.] Aber nachdem die sachen über land zu beratslagen beswerlich und also gestalt sein, daz sich die alweg in ainem tag verendern mügen, wir auch der ding hie nit sonders bericht sein und euer Mt. vil treffenlicher ret, wie obstet, bei sich hat und selbs hocher und pas dann wir zu bewegen und zu ermessen waist, so ist unser gutbedünken und undertenigist bit, daz euer Mt. die sachen durch sich selbs und gemelt euer Mt. ret, wie obstet, beratslag und uns solhs zu tun aus den obgemelten ursachen gnediglichen erlasse, wiewol wir euer Mt., der wir uns hiemit undertenigist bevelhen, zu gehorsam unser müe und arbait halben aus schuldiger phlicht gern gutwillig befunden werden woltn. Gebn zu Ynsprugg am hl. ostertag Ao. etc. duodecimo.