Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Verwunderung über die Entscheidungen des Ks. in Sachen Durchzugsrecht für die eidgenössischen Truppen und Einsetzung Massimiliano Sforzas in Mailand durch die Eidgenossen; [2.] Kritik am ksl. Zögern bei der Neuordnung des Innsbrucker Regiments; [3.] Entschluß zur Durchführung eines Landtags in Tirol.

Innsbruck, 16. Mai 1512

Innsbruck, TLA, Maximiliana XIII 256/VIII, fol. 34-35, Orig. Pap. m. S. (Vermerk: Cito, cito, cito!).

[1.] Lb. H. canzler, wir tun euch zu wissen, daz an heut [16.5.12] Dr. Schellenberger, ksl. Mt. rat, hieherkomen ist und mir, Paulsen von Liechtenstain, anzaigt, er hab von euch ain schreiben, sovern er die Aydgnossen mit irem zug durch ditz land nit wenden müge, daryn er doch fleyss ankern sol, daz er mich der Aydgnossen zug und anderer sachen halben durch geschrift auf der post oder durch poten grundlicher berichten sol. Sich auch auf mein frag und beger bewilligt, daz er müge leyden, daz ich, genannter Pauls von Liechtenstain, die andern zwen aus uns darzueneme, und uns darauf zu versteen gegeben, wie ir Mt. will und maynung seye, daz die Aydgnossen durch ditz land der Gft. Tyrol gen Beren [= Verona] ziehen, die statt daselbs einnemen und die Franzosen aus citadell treyben, doch die nit zu tod ze slagen noch zu beschedigen. Und so alsdann sy zu Bern wegrucken, das dann von diser landschaft 4000 mann anziehen und dieselb statt Bern mitsambt 500 pherden, so Dietrichstainer [= Sigmund von Dietrichstein] bringen werd, der dann mitsambt den Sweyzern gen Bern ziehen sol, von ir Mt. wegen innhaben und nodturftiglichen versehen. So habe auch ir Mt. dem Bf. zu Tryent geschriben, er soll in mitler zeit, dieweyl die Sweyzer also zu Bern oder in der Venediger land sein, den bestand gegen inen annemen und halten. Indem hab ir Mt. verordnet, daz der jung H. von Mayland [Massimiliano Sforza] daz Ft. Mayland einnemen oder dareingesetzt werd und den Sweyzern ain jerliche provision vom Hgt. Mayland zu geben als schutzherren bemelts Hgt., wie uns dann das durch den gemelten Dr. Schellenberger mit mer worten angezaigt ist. Darab wir nit unpillich verwundern und von wegen ir Mt. und diser landschaft nachtail und schaden, so daraus erwachsen mag und unsers bedunkens ganz vor augen ist, erschrecken gehebt.

[2.] Und wiewol wir ir Mt. mitsambt andern unsern mitverwonten regenten zu mer maln geschriben, daz ir Mt. ain ordnung in disem regiment verordne oder aber ander, die disen zufallenden sweren hendln pas dann wir vorsein möchten und dieselben pas dann wir ausrichten künden, hieherstelle, wie ir dann des selbs wissen habt, so ist doch dasselb nit beschehen noch auch uns auf all unser handlung und schreiben kain beschaid, auch der obbemelten grossen sachen halben kain bevelh oder schriften zukomen, was doch ir Mt. willen und gemuet oder was uns daryn zu handln were. So aber dise sachen kain pitt [= Verzögerung] erleyden mügen und uns, auch den andern vom regiment aus den erzelten und andern ursachen nit müglichen ist, wo wir anders ir Mt., auch derselbn land und leut nutz und wolfart und unser aygen leyb und eer bewaren wellen, lenger dermassen zusehen, angesehen, daz aus solhen hendln grosse empörung und aufruer und verlierung ditz und ander land entsteen möcht, so bitten wir euch, ir wellet ksl. Mt. furderlichen anzaigen, daz ir Mt. ander in ditz regiment hieher verordne, die den sachen pas dann wir vorsein kunnen, dann wir dermassen und mit solhen hendln in der regierung zu beleiben nit wissen.

[3.] Zudem haben wir uns mitsambt den andern vom regiment entslossen, daz wir in kurz, als ungeferlichen in dreyen wochen, irer Mt., auch diesem land zu gut ainen landtag in diser Gft. Tyrol halden, alsdann ainer ersamen landschaft aus der not solh gros hendl und sachen anzaigen und mitsambt inen ratslagen wellen, wie sich darein zu schicken, auch wie ir Mt. und ainer landschaft nachtail und irenthalben verderblicher schaden und, als zu besorgen ist, verlierung des ganzen lands, da doch Got vor sein welle, zu verhueten und zu furkomen sey, wiewol wir uns Bern nicht annemen werden, als wir dann ir Mt. vormals zugeschriben haben. Solhs wist ir der ksl. Mt. der nodturft nach wol anzuzeigen. Geben zu Innsprugg am 16. tag May Ao. etc. duodecimo.