Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Berichterstattung der eidgenössischen Reichstagsgesandten über die Antwort des Ks. auf ihre Werbung: Freude des Ks. und der Reichsstände über die militärischen Erfolge der Eidgenossen gegen den Kg. von Frankreich zum Schutz der Kirche, Gewährung des Durchzugsrecht für die eidgenössischen Kriegsknechte durch die ksl. Lande, Bereitschaft zur Abberufung der beim frz. Kg. befindlichen ksl. Truppen, Vorschlag einer Einbeziehung des Papstes und des Kg. von Aragón in die zwischen Ks. und Eidgenossen bestehende Einung, Plan einer Eroberung Mailands für Massimiliano Sforza durch die Eidgenossen gegen Zahlung hoher Beträge, ksl. Rüstungsgebot an die Gft. Tirol; [2.] Weitere Beratungen mit ksl. Gesandten auf einer neuen Tagsatzung in Zürich.

Zürich, 2. Juni 1512

Kop.: Zürich, StA, B VIII 85, fol. 176-178; Bern, StA, Allgemeine eidgenössische Abschiede, Bd. M, pag. 265-268.

Teildruck: Anshelm, Berner Chronik, S. 297f. (mit leichten Abweichungen von der Vorlage).

Regest: Segesser, Abschiede, Nr. 442.

Abscheid des gehaltnen tags, angefangen Zurich mitwuchen
in pfingstfurtagen Ao. etc. XII [2.6.12]

[1.] [...] 4. Es weist ein jeder bott sinen Hh. und obern wol ze sagen, wie die boten, so jetz by röm. ksl. Mt. uf dem richstag zu Trier gewesen sind, uns erscheint hand, das sie mit grossen eren empfangen, gehalten und gelassen syen, nit allein von ksl. Mt., sunders andern Ff. und Hh. ouch, und si all gross gevallen haben, als sy bedücht, an jetzigem unserm furnämen und zug, so wir dann tünd zu hilf und trost unserm Allerhlst. Vater, dem Bapst, und der hl. cristenlichen kilchen wider den franckrichischen Kg., unsern find. Und als dieselben unser boten mit underteinigem erpieten nach der gepur ksl. Mt. gebeten haben, sy wölle in sölichem ir gn. getruw ufsechen zu uns Eydgnossen han, ouch uns durch irer Mt. land pass geben und uns etlich hilf tun mit einem reisigen zug und buchsen, desglich die landsknächt, so by dem franckrichischen Kg. syen, abmanen, das ksl. Mt. si daruf mit vil gn., guten worten abgefertiget hat, sin Mt. sige desselben in gn., guten willen. Und besunder habe sin Mt. verschafft und einen posten lassen hinryten, das den unsern pass söll gegeben werden, züdem zwen seiner rätn abgefertiget, die söllichs den unsern, so in das väld zuchen, zü Chur sagen söllen. Und soverr wir uns in die sach schicken wölten, unser fürnämen zu beharren, welte sin ksl. Mt. die landsknächt ouch beschriben und abmanen, das sy nach und nach haruß kämen, dann iro ouch nit vil mer da innen, sunders by 1200 umbkomen werden. Dann wir wissind, in was fruntlichen, verbrüderten einikeyt sin Mt. und sin bruder, der Kg. von Frankrich, etlich zit her miteinandern gestanden syen und sich ouch nit wol schicken welle, glich so gächlingen davon ze fallen, in betrachtung des, ob wir mit dem Kg. gericht wurden, möcht siner Mt. der krieg dadurch ufgeladen werden.

Demselben vorzusind, were ouch nutz und gut, nachdem sunst ein erbeynung zwüschent uns were, die in etlichen artiklen und meinungen mit wyterm und besserm vergriff zü erlutern und besonder mit Bäpstlicher Hlkt., ouch dem Kg. von Hyspanien wyter eynung und verstäntnus ze machen, als nochmals, so man zu worten käme, davon geredt möcht werden. Und ob wir darin einig wurden, wölte sin Mt. uns Eydgnossen dann alle hilf tun mit volk ze roß und ze füß, ouch geschütz und sin lib und güt trostlich zü uns setzen.

Und so Gott schickte, das das Hgt. Meyland erobret und der recht F. desselben stammens [Massimiliano Sforza] ingesetzt wurde, söllte uns derselb an unsern erlittnen costen geben drümal 100 000 tuggaten, die in den nächsten drü jaren nacheinandern comend zü bezalende, und darzü aber uns in gemein alle jar jerlich zü rechter pension 40[000] oder 50 000 tuggaten und uns desselben wolhablich vergwisen und besorgen.

Und sin Mt. hette ouch jetz mit der Gft. Tirol verschafft, das si sich rüstind und also wartetind bys uf wytern bescheid. Und so das angienge, wollten sy komen mit tröstlicher hilf und mit 4[000] oder 5000 zü roß.

[2.] Und als wir boten jetz uf disem tag disen abscheid gehört, haben wir uns daruf entschlossen, der sach zü güt einen tag zu bestimmen, und denselben angesetzt, namlich uf zinstag nach unsers Herrn fronlichnamstag [15.6.12] hie in Zürich an der herberg ze sind mit vollem gwalt und der sach halb mit unsers H., des röm. Ks., rätsanwelten, die uf sölichen tag ouch beschriben sind, wyter ze handlen und ze tun das, wo die notturft erfordert und unsern biderben [= tüchtig, vortrefflich] luten, so im feld sind, trostlich, ouch aller unser Eydgnoschafft loblich, nutzlich und erlich sin mag. [...]