Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2746, fol. 103r–105r (Kop.); ÜS fol. 103r: Furtrag ksl. Mt.; AV fol. 103r: 3. Julij 1541, Ratisponae.

Uff Sontag, den 3. Julij nachmittag umb drey uyren hait die röm. ksl. Mt. chur- und fursten und gemeyne stende des reichs zu sich in irer Mt. hoff forderen und denselbigen in beysein irer Mt. broder, der röm. kgl. Mt., durch Navium vorgeben lassen, das die chur- und fursten und gemeyne stende, auch dero abwesenden botschaften und gesandten on zweyvel gnoichsam bericht, welchergestalt H. Wilhelm Hg. zu Guylich sich hiebevor in irer Mt. furstenthumb Gelre und graffschaft Zutphen unbillicherweiß ingedrungen und dieselbige noch understunde irer ksl. Mt. zu furenthalten, hette auch nit underlassen zu Franckfurt und anderßwo etliche schryften außgehen lassen und solich seiner fstl. Gn. thatlich furnemen den stenden verbloempter weyße lassen furtragen, damit ksl. Mt. gerechtigkheit zu verblenden. Und wiewoll ksl. Mt. gnoichsam ursach gehapt, anders darwidder zu handlen und solichs abzustellen, so hette doch ire ksl. Mt. das byßher gnedigst gedult byß auf der chur- und fursten, auch gemeyner stende zusamenkunft auf diesem gegenwortigen reichstag, denselben irer Mt. gerechtigkheit furzuhalten, und, damit ir kfl. und fstl. Gn., Gn. und G. nit lang aufgehalten und solich irer Mt. gerechtigkeit an den tag gebracht, so hetten ir ksl. Mt. dieselbe in schryften verfassen lassen, die sie hiemit ubergeben mit erpietung, eynem jedem stande eyn abtrugk derselben zuzustellen1. Und were hierauf irer ksl. Mt. gnedigst gesynnen und begeren, das die stende soliche irer Mt. gerechtigkeit durchsehen und zu hertzen fassen und sich hierin der gepur ertzeigen wulten, wie sich dan ksl. Mt. zu ir kfl. und fstl. Gn., Gn. und G. gnediglichen versehe, und were, es auch umb dieselbe mit gnaden zu erkennen, gneigt2.

Darauf Kff., Ff. und stende nach gehaptem bedencken geantwort, als die röm. ksl. Mt. chur- und fursten, auch gemeynen stenden und der abwesenden botschaften irer ksl. Mt. gerechtigkheit zu dem furstenthumb Geldern und graffschaft Zutphen itzo hette furtragen lassen, hetten sie solichs angehoirt und in aller underthenigkeit verstanden, das sich zwischen irer ksl. Mt. und dem durchleuchtigen, hochgeborn fursten und herrn, H. Wilhelmen Hg. zu Guylich, Cleve etc., spen und irrung desselbigen furstenthumbs Geldern und graffschaft Zutphen halber erhalten, wie dan ir ksl. Mt. ire habende gerechtigkheit inen, den stenden, in schriften uberantworten lassen, sich auch daneben allergnedigst erpotten, jederm standt eyn abdruck davon zuzustellen. Darauf weren ir kfl. und fstl. Gn., Gn. und G. urputig, dieselbige zu empfhangen und zu gelegner zeit zu ersehen und zu erwegen. Dweil sie aber solichen mißverstandt zwischen irer Mt. und hochgedachtem herzogen nit gern gehört, sonder lieber in der gute hingelegt und vertragen sehen, so erpoeten sie sich (wenn es ire Mt. erleiden mocht), was zu hinlegung solchs irthumbs dienstlich und furtreglich, mit hochstem fleiß furzunemen.

Darauf meins gnedigen herrn gesandten durch Dr. Frysenn furtragen lassen: Wir, die gesandten des durchleuchtigen, hochgeborn fursten und herrn, H. Wilhelms Hg. zu Guylich etc., unsers gnedigen herren, hetten itzt angehört eyn schwere clage, so ir ksl. Mt. allergnedigst vor den Kff., Ff. und stenden etc. haben lassen furtragen und denselben ire angemaste gerechtigkeit zugestelt des furstenthumbs Gelre und graffschaft Zutphen halber, als das ir fstl. Gn. gegen irer ksl. Mt. offenbare gerechtigkheit oder derselbige zu nachteil die soll ingenomen haben. Nun hetten sich die gesandten hochgedachtes unsers gnedigen herrn der schwerer beclagung mitnichtem verhofft, in betrachtung, das ir fstl. Gn. obgemelte furstenthumb und graffschaft durch rechtmessige ankunft und titel als nemlich der succession, auch gewonnen recht und urtheil, so in sein kraft ergangen, und darauf gefolgter executoriall, dazu eyner rechtmessiger transaction, so sie mit dem letsten inhaber mit bewilligung bannerherrn, ritterschaft und landtschaft on betrug oder eynichem unrechtem zugang ingenommen, das ouch ir fstl. Gn. solche ire titel, ankhunft und gerechtigkheit oft und zu vielmallen durch ire botschaften, auch selbst personlich irer ksl. Mt. auf das allerunderthenigst furgeben lassen, der allerunderthenigster verhoffnung, ire Mt. soll die ungnaden, so sie etwan durch angeben etlicher mißgunstiger seiner fstl. Gn. vielleicht gefast, allergnedigst haben fallen und sich der entschuldigung benugen lassen. Dweil aber ir ksl. Mt. itzo auf ire angemaste forderung verharrete und dieselbige iren kfl. und fstl. Gn., Gn. und G. zugestelt, so were anstat unsers gnedigen herren unser allerunderthenigst bitt, ire ksl. Mt. wollen uns auf das allergnedigst copei und abschryft derselben, auch das wir frey und unbefart hochgedachtes unsers gnedigen herrn antwort, entschuldigung, gerechtigkeit und gegenwehr darthun, allergnedigst vergunnen. Wollen wir alßdan unsers gnedigen herrn gerechtigkeit und entschuldigung dermassen mit bestendigem grundt beibrengen, das ir ksl. Mt. die ungnad gnedigst wurde fallen lassen und das ir kfl. und fstl. Gn., Gn. und G. darab vernemen sollen, das hochgemelter unser gnediger herr zu gemelten furstenthumb und graffschaft und innemung derselben guet fueg und recht gehapt und noch hab. Das umb ire ksl. Mt. als iren allergnedigsten herren weren ire fstl. Gn. mit landen und leuthen und allem vermugen in aller underthenigkheit als eyn undertheniger, gehorsamer irer ksl. Mt. und des hl. reichs furst zu verdienen gneigt.

Der kayser hat durch Navium wider antworten lassen, das sich ire ksl. Mt. der chur- und fursten, gemeiner stende und der abwesende botschaften antwort und erpieten gnedigst bedancket mit gnedigem gesynnen und beger, das ir kfl. und fstl. Gn., Gn. und G. die ubergeben schriften am furderlichsten durchsehen wolten, dann, dweil ir ksl. Mt. keinen zweyvel druge, ir kfl. und fstl. Gn., Gn. und G. wurden darauß der ksl. Mt. gerechtigkeit gnoichsamlich verstendigt werden, und, nachdem mein gnediger herr von irer ksl. Mt. personlich hieher zu erscheynen ernstlich beschrieben und darzu gnoichsam vergleitet, doneben ir ksl. Mt. der sachen vorhin gnoichsam bericht were, so achten ir Mt. unnötig, disser zeit ichwes derhalb anzuhören.

Wie nu Dr. Frieß darauf meins gnedigen herrn entschuldigung, warumb sein fstl. Gn. nit personlich erschienen, erholen und sunst meins gnedigen herrn notturft weither antzeigen wellen mit dem anfang ‚allergnedigster herr‘, hat die ksl. Mt. iren broder, den Kg. Ferdinand, mit der handt gnomen und ist anstunt abgetreden, in sein gemach verruckt und hat solich weither furtragen meins gnedigen herren gesandten nit anhoren wellen, welchs die also in gedult nemen mußen, und sein also die stende voneynandern gescheiden3.

Anmerkungen

1
 Vgl. Assertio Iuris Imperatoris Caroli Huius Nominis Quinti, in Geldriae Ducatu, & Zuthphaniae Comitatu, aedita in Comitijs Ratisbonensibus, anno M. D. XLI. & Confutatio oppugnationum Guilielmi Cliuiae Ducis, Franckfordiae exhibitarum, Anno M. D. XXXIX., o. Ort, o. Jahr, Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2746, fol. 106r–150v (Druck).
2
 Zum Konflikt zwischen Karl V. und Hg. Wilhelm von Jülich um Geldern bis zum Sommer 1541 vgl. Heidrich, Der geldrische Erbfolgestreit, S. 1–56. Vgl. auch die Zusammenfassung der Vorlage bei Übergabe der ksl. Rechtfertigungsschrift zum Konflikt um Geldern, Regensburg, o. Datum [1541], Madrid, Real Biblioteca, Fasz. Mss. 2232, fol. 78r–78v: Substancial de ce que semble l’on pourroit dire aux estatz en présentant l’escript contre le duc de Cleves: Que lesdictz estatz ont entendu, comme le duc Guillaume de Cleves s’est intruyt ès duché de Gheldres et conté de Zutphen et pour [colorer] son intension fit publier ung escript à l’assemblée de Francfort, palliant et desguysant par icelluy le vray, juste tiltre et bon droit de sa Mté èsdites duché et conté, laquelle a compourté jusques à maintenant ladite intension et de respondre audit escript, pour préalablement faire entendre en ceste diètte le très grand et insupportable tort dudit duc et comme il a voulsu circonvenir les estatz de ceste Germanie par ledit escript et avoit mandé sadite M expressément ledit duc par ses lettres [pourtans] suffisant saulfconduit et assheurance afin de pouvoir soy trouver en ceste journée oultre le devoir, qu’il y avoit comme prince de l’empire, ce qu’il a contempue, et pourtant sa Mté en la contumace dudit duc vous veult bailler certaine et véritable informacion de ce que dessus et pour non travailler la compagnie de longues parolle[s] et que le tout soit mieulx entendu et incorporé l’a fait mectre en l’escript, que se présente et dont l’on baillera austant en impression à chacun desdits estatz, afin que plustot et facillement le puissent veoir, ausquels sadite Mté prie affectieusement vouloir avoir de dessus tel et si bon regard, que mérite l’affection de sadite M envers eulx et aussi le bon droit de sadite Mté et l’évidant et inexcusable tort dudit duc etc.
3
 Zu den Regensburger Verhandlungen über das Geldernproblem vgl. im Übrigen auch die Berichte über die Verhandlungen mit den Ständen von Jülich-Berg, Düsseldorf, 1541 November 16, Below, Georg von (Hrsg.): Landtagsakten von Jülich-Berg 1400–1610, 2 Bde., Bd. I: 1400–1562, Düsseldorf 1895 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde Bd. XI), Bd. I, Nr. 62, S. 355–361, und über die Verhandlungen mit den Ständen von Kleve-Mark am 23. November 1541, Crecelius, W.: Der Geldrische Erbfolgestreit zwischen Kaiser Karl V. und Herzog Wilhelm von Jülich, Berg und Cleve (1538–1543), in: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 23 (1887) S. 50–155, hier S. 106–112, auch Below, Landtagsakten, Bd. I, Nr. 64, S. 362–364 (Reg.).