Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 391 Nr. 148 Bd. 1, fol. 126r–131v (Kop.); DV v. a. Hd. fol. 131v: Vertzaichnus, was der landgraf an die ainungsverwanten stende der session halben mit Hg. Heinrichen von Braunschwig gelangt und was ime darauf zu ant[wort] geben; 1541; ÜS fol. 126r: Actum Sonnabent nach Letare anno etc. 41 in beisein aller religionsverwanten stende, so damalß ankohmen.
Erstlich haben ihnen die Ff. Hessen und Anhalt die gestalte notel, welchermassen etzlicher stedt, auch Dr. Helten1 und Dr. Braunß2 personn halben an die ksl. Mt. zu supliciren sein solt, gefallen lassen.
Ist auch hierbey durch die stende bedacht, dieweil die von Goßlar etzlicher thetlicher handlung halben, ynen von denen von Braunschweigs dienern begegnet, ein instrument haben verfertigen lassen, daß solchs der ksl. Mt. mit zu uberantworthen sein solte, dergleichen ein außtzug auß der von Magdeburgk schreiben, an den churfursten gethann.
Zum andern ist vorgetragen worden, was der von Pappenheim von der ksl. Mt. zue antwort erlangt und nemlich, daß die ksl. Mt. geneigt, die stende ires anligents selbst zu hören, und ire ksl. Mt. wuste die ding niemants zu bevehlen. Die ksl. Mt. wölte auch den stenden ungeverlich umb acht schlege derwegen stunde und zeit benennen lassen.
Dorauf geratschlagt, were zue der ksl. Mt. zu schicken, und von allen stenden bedacht, nutz und gut zu seyn, daß die fursten ksl. Mt. zu ehren selbst mitgingen. Dieweil aber Hessenn des allerley bedencken gehabt, ist geschlossen, daß der von Anhalt mitgehen sol und mit seiner fstl. Gn. Dr. Pistoris von Hg. Heinrichs zue Sachssenn wegen. So sol auch Hessen, Wirtenberg, Straßburg, Augspurg, Ulm und Premenn mitschicken.
Nachdeme auch den stenden ein suplicationn, von denen von Goßlar außgangen, vorgelesen worden, ist durch die stende im besten erwogen worden, noch zur zeit damit innenzuhalten und, biß die stende uff ire supplicationn [Nr. 244] von der ksl. Mt. resolutionn erlangten, stiller zu stehen und in sonderheit, weil die stende bitten theten, die von Goßlar anher vergleiten zu lassen, und doch die von Goßlar antzeigten, daß sie nicht kohmen möchten, darmit eines wider das ander nicht lauffen durfte.
Zum dritten hat der lantgrafe antzeigen lassen, Hg. Fridrich Pfgf. hette seiner fstl. Gn. secretarium Rupertum3 [sic!] zue ihme, dem lantgrafen, geschickt und zweyer puncten halben bericht thun lassen. Erstlich die meß belangende, der were albereit resolvirt, a –dan seine fstl. Gn. hetten in die meeß, welche die ksl. Mt. vor anfange des reychs handlungen zu halten vorgenummen, nit willigen wollen–a.
Zum andern, weil sich irrung erhielten zwischen Hessen und Braunschwig, daß sie villeicht nicht gern beyeinander sitzen wurden, so were der ksl. Mt. bedencken, daß Hessenn zum ersten vorhalten anheimisch pleiben und seiner fstl. Gn. rethe schicken solte. Alß aber seine fstl. Gn. Pfgf. Fridrich, dem von Prata4 und andern ksl. Mt. deutzschen rats derhalben sein beschwerung durch ire rethe antzeigen lassen, warumb sein fstl. Gn. dem von Braunschwig zu weichen nicht bedacht, daß auch Hg. Heinrich sich des sonder zweifel hochlich ruhmen wurde etc., so were dorauf zu antwort gefallen, der ksl. Mt. gemut were nicht so rauhe gewesen. Der secretarius hette es auch nicht recht geworben, sonder geirret. Das were aber irer Mt. gemut, dieweil zwischen ihnen irrung, daß ire ksl. Mt. dem lantgrafen zu bedencken anheimstellet, op er zum ersten vorhalten kohmen wölte oder schicken oder selbst antzeigen, wie ihme zu thun were.
Er, der lantgraff, hette auch Pfgf. Fridrichen und andern der ksl. Mt. deutzschen rethen antzeigen lassen, er konte bey dem vom Braunschweig nicht sitzen, d[och] mit einer protestationn, was disfalß von ihme gethann, daß es der ksl. Mt. zue underthenigkeit und umb fridenß willen beschee, doch darmit seine geburliche clage wieder gemelten von Braunschwig nicht fallen zu lassen, darmit kunftiglich an tag kohmen möchte, was mit warheit oder unwarheit dargethann, doch wolten sein fstl. Gn. auf ein ander banck sitzen.
Aber seiner fstl. Gn. rethe hetten hierneben, doch one bevelh ein andern furschlag gethann, nemlich, daß der ksl. Mt. vorhalten den stenden underschiedlich bescheenn möchte. Dan weil man sich doch hernacher trennet, wann man antwort geben muste, so solte auch nicht viel doran gelegen seyn, daß der underscheidt im antragen auch gehalten. Welches Hg. Fridrich an die ksl. Mt. zu tragen angenohmen hette. Doch sollte sich der lantgraff mitlerzeit auf ander mittel bedencken. Pfgf. Fridrich hette auch seiner fstl. Gn. rethen ferner antzeigen lassen, wiewol die ksl. Mt. ir solche nottel ließ gefallen, so hetten sie doch aller stende halben bedencken, dann es zuvor im reich nicht also herkohmen, ire ksl. [Mt.] wölten es aber vleissigen. Dieweil nuhn Hessenn hieran viel gelegen, seine fstl. Gn. auch der religionn halben nemlich des aufgehaltenen secretarien und dan des gehaltenen tags zue Braunschwig halben dartzue kohmen, so haben sein fstl. Gn. der stende rath und bedencken gebethen, wes er sich des sitzens halben zu verhalten.
Darauf ist von der stende wegen dem lantgrafen zur antwort gegeben worden, daß sein fstl. Gn. des secretarien handlung abgeschlagen, doran hetten seine fstl. Gn. recht und wol gethann. Daß aber hernacher berurts secretarien handlung durch die keyserlichen rethe umbgekärt und daß es nicht so rauhe gemeynet, gern gehört. Und wiewol es war, daß die beschwerung zwischen Hessenn und Braunschwig, wo die vorhaltung ad partem beschee, leic[h]tlich zu verhuten, so hette es doch mercklich und viel bedencken, dann es were hievor im reich dermassen nit herkohmen, wie es die ksl. Mt. auch selbst angetzogen. Were auch leichtlich zu erachten, daß es die andern churfursten schwerlich wurden nachgeben. Und do es einmhal im reich solte furgenohmen werden, könte ein jeder bedencken, was nachteil es dem reich teutzscher nationn einfuren wölte. Dan des reichs hendel weren hievor alwegen in gemeynem rath furgenohmen worden und, wen man bereit in religionsachen ad partem gehandelt, so were man dennocht in andern sachen beyeinander plieben. Und do man ein mhal solte einreumen, daß die furhaltung ad partem beschee, so wurden hinfurder alle handlung particular werden.
So were es diesen stenden auch zum hochsten beschwerlich, dann das wurde gewießlich furfallen, daß etzliche viel stende, die unser religionn weren, hienuber uff die papistischen seiten möchten wöllen getzogen werden alß Pfaltz, die marggrafen, Gulich und etzliche stedte mehr, darumb es auch in keynen weg ratsame, daß der ksl. Mt. erstes vorhalten ad partem beschee auß vilen bedencklichen ursachen. Und wiewol es beschwerlich gnug, daß Hessenn und Braunschweig beyeinander sitzen solten, so were doch noch beschwerlicher, daß darumb das reich wieder das alt herkohmen zertrennet werden solte.
Do auch die protestationn des lantgrafen halben solte bescheen, were leichtlich zu erachten, daß Braunschweig dargegen wurde protestiren und sich also ein rede auß der andern zutragen, dadurch des reichs hendel verhindert und sich sunsten allerley unraths dorauf zutragen möchte. So were auch seyner fstl. Gn. nicht zu rathen, sich auf ein ander banck zu setzen, dann auf den vhal muste sein fstl. Gn. nideriger vor und uber sich sitzen lassen. Das were auch nicht guth und villeicht kunftiglich allerley einfurung machen wolte.
Darumb der stende bedencken alß fur einen wegk, daß durch die ksl. Mt. verfugt wurde, daß Hessen und Braunschweige zue verhutung protestirenß und unlusts zum ersten vortragen beiderseitz doheimen plieben und ire rethe schickten. Der ander wegk, da Hessenn und Braunschwig personlich bey dem antragen sein solten, daß durch die ksl. Mt. b –mit vorwissen der parth–b ein protestationn gestalt, welche beide partheien thun möchten, doran sie auch begnugig sein musten und weither nichts reden noch furwenden liessen.
Hierauf sich der lantgraff weiter selbst vernehmen lassen, daß das erst furtragen von wegen der ksl. Mt. ad partem bescheen solte, hette er selbst bedencken, wuste es auch nit zu rathen. Daß aber er und Braunschweig zuegleich aussenpleiben solten, gebe einen grossen außstandt, so were es auch ein grosse ungleicheit. Dann er wuste sich der stuck, yme von Braunschweig auferlegt, gantz unschuldig. Hinwieder aber, was er von Braunschweig geschrieben, das were war, hette sich auch albereith gegen der ksl. Mt. erbothen, solches alles whar zu machen. So hielte er es auch dafur, daß dem von Braunschwig zu protestiren von unnöthen, dann die außchreiben geben, was eyn jeder gehandelt. Solte auch die protestationn gefallen, so stehec kein mittelfurst zwischen ihnen, darumb er an Braunschwig sitzen muste. Das were ihme ungelegen. Dann wann der von Braunschwig ihnen irgents auf ein fuß drette, so schluge er ihnen an halß, dorauß auch nichts guts erfolgen wölte. Daß er sich auch auf ein ander banck setzen solte, muste er selbst bekennen, daß es ihme verkleinlich, und dorumb der stende weiter bedencken begert.
Dorauf die stende sich folgender antwort vereynigt: Daß seyne fstl. Gn. von hendeln solten geschoben werden, were beschwerlich, auch diesen stenden nicht wol leidlich. Und wiewol die stende geneigt, von andern wegen zu reden, so wusten sie doch die nicht wol zu treffen. Dann wiewol diß ein weg sein möcht, daß zum ersten furtragen kein furst personlich darbey were, so acht manß doch, daß es nicht erheblich.
Zum andern, daß die ksl. Mt. verordnet, daß nicht nach ordnung, sonder ein ungeferliche session uff ditzmal gehalten oder daß jedermann stehen muste, so were doch zu bedencken, die fursten wurden ire rethe und adel bey sich haben und do etwas under denselbigen erregt, daß alßdann wölte gesagt werden, man hette sich nicht geleitlich gehalten. Dorumb nochmalß der bequemste weg, daß Hessen und Braunschwig zum ersten furtragen personlich nicht zusamenkehmen. Und wiewol es beschwerlich, da sie beide außgeschlossen und villeicht mancher die sachen dadurch wölte alß vor verglichen achten, so hielten es doch die stende dafur, wer beiderseitz außchreiben gelesen, wurde leichtlich zu befinden haben, welchem theil der unfug tzutzumessen. Zudeme, wann gleich beide Hessenn und Braunschweig beyeinaner sessen, daß dadurch solcher arwann [sic!] nicht aufgehoben, sonder ebenso w[enig] vor ein gleichmessige sach von unverstendigen wölte geacht werden, alß da peide theil aussenplieben. Aber die stende hielten es dafur, daß es so vil mehr gelimpfs brengen wölte, wan seine fstl. Gn. darumb aussenplieben, daß sein fstl. Gn. bey Braunschwig nicht sitzen wölten. So konte es auch wol dahin gericht werden, daß hernachmalß in reichsrheten durch Hessen und Braunschwig ein tag umb den andern gesessen und von dem andern die rethe geschickt wurden.
Hinwieder lantgraff kurtz geantworth: Sein fstl. Gn. verstunden die antwort der stende freundlich und genediglich, seine fstl. Gn. weren aber nicht bedacht, sich außchieben zu lassen. Wölte ehr uff seyn pferde sitzen und davon reithen, seinen rethen bevehlen, was gemeyne stende beschlussen, auch mitzuwilligen. Darumb er auch der ksl. Mt. wolte anzeigen lassen, da seine fstl. Gn. gegenwertigkeit nicht vonnöthen, daß die ksl. Mt. ihm genedigst erlauben wölte.
Dargegen die stende sich vornehmen lassen: Dieweil sein fstl. Gn. diese sachen albereit an die ksl. Mt. gelangen lassen, so hielten es die stende dorfur, die ksl. Mt. wurde solche wege zu treffen wissen, die seiner fstl. Gn. leidlich und wol antzunehmen, dann was von den stenden itzt bedacht, das were freuntlicher, undertheniger und dinstlicher meynung bescheen.
Welches der lantgraff wol zufriden gewesen. Stehet aber noch unerledigt. Darneben haben sein fstl. Gn. auch angetzeigt, sie hab iren dienern, allenthalben frid zu halten, gebothen. Das wölt sein fstl. Gn. auch thun, wölte aber ihnen der von Braunschwig schlagen, so muste er sich weren.