Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Stuttgart HStA, A 262 Bü. 11, unfol. (Ausf.).

Verschinen Montags, den 30. tag Maij, haben di ainigungsverwandten stend der ksl. Mt. ain suplication von wegen der beschwerden, so euren fstl. Gn. in beeden des Vennigers und Lanndenbergers sachen am camergericht begegnen, uberantwort [Nr. 246], ist aber von irer Mt. noch dhain antwort gevallen. Und als wir ferner bei bemelten stenden zum treulichsten angehalten, gebetten und begert, das sie anzaigter beschwerden halben mit der erkanntnus furgeen und dise sachen fur religionsachen erkennen und annemen, auch beratschlagen wolten, wie dem zu begegnen, damit eure fstl. Gn. vor weitterem nachtail verhuet belibe, haben sich bemelte stend ainer antwort entschlossen, wie eure fstl. Gn. ausser derselben missive hiebei gnedigclich vernemen werden.

Da wir nun ausser der antwort so vil vermerckt, das etlich jetzomal nit schliessen, sonder solhs hinder sich bringen wölten, haben wir dagegen angezeigt, dieweil die furgebrachten beschwerden on zweifel nit anders dann fur ain pur religionsachen zu halten und zu achten, sie es auch gemainlich darfur hielten, so weren unsers erachtens sie, di stend, vermög der ainigung und verfassung, auch inhalt des artickels, so derhalb in jungstem smalckhaldischen abschid begriffen, schuldig, mit der erkanntnus furzugeen, und nit vonnötten oder zugelassen, sollichs hinder sich zu bringen, wie dann in gleichen fällen gegen ander stenden beschehen, und darauf nochmals begert, die stend wölten mit der erkanntnus furschreitten, so haben wir doch solhs jetzomal uber unsern vleis und sollicitieren weitter, dann di missive außweist, nit konnden erhalten, sonder haben sie uns zu erkennen geben, das etlich gesandten allain mit ainem gemessen bevelh zu disem tag abgevertigt, denen wölte nit geburn, one vorwissen irer herrn furzugeen, mueßten es hinder sich bringen und deren weren auch wenig, darumb solten anstatt eurer fstl. Gn. wir dise antwort jetzmal annemen und deren halben, so es hinder sich bringen wolten, gar fur dhain abschlag oder gefarrlich aufzug versteen, dann dieselbigen gesandten hieltens fur ire personen selbs auch fur ain religionsach, so wölten sie, di stend, daran sein, das furderlich hinder sich geschriben und richtige antwort, als sie auch verhofften, erlangt wurde. Und sovil wir vernomen, achten wir di, so es hinder sich wellen bringen, seien Hg. Hainrichs zu Sachssenn gesandten.

Es haben di ainigungsverwandten stende dise tag auch, als von eurer fstl. Gn. antwort geredt worden, under anderm etlicher sachen und sonderlich deren von Goslar halben anregung gethon und gemeldet, das vermög des jungsten nunburgischen [= naumburgischen] abschide [Nr. 7] in selbigen mit der erkanntnus, ob es religionsachen oder nit, auch sollte furgeschritten werden, und wir aber deshalb nichts in unser instruction begriffen, so ist an eure fstl. Gn. unser underthenig bitt, di welle den nunburgischen abschid lassen ubersehen, di sachen, darinnen erkanntnus geschehen sollt, auszaichnen und uns bevelh schicken, wes wir uns in demselben und jeder in sonderhait, so di furgenomen, halten und darin furbringen, bewilligen oder abschlahen sollen. Dem wellen wir underthenigklich geleben.

So haben wir auch die ericourtischen sachen und uns deßhalb zugeschickte suplication an die ksl. Mt. gebracht, die ist uns mit antwort begegnet, das ir Mt. nichts thon werde, davon sich eure fstl. Gn. billich beschwern möcht, wie eure fstl. Gn. auf der suplication, di uns wider behendigt, verzaichnet finden. Und hat der H. Nauis uns ad partem angezeigt, das di ksl. Mt. etwas verwunderung darab entpfangen, dann es were nichts deßhalb an ir Mt. gelangt, wa auch ir Mt. gelt anlegen wollten, wurde ir Mt. in rath finden, das sie dasselbig zu erledigung irer land oder etlicher schwerer verschreibung gegen Fuckher und sonst, darauf etwa vil interesse lauffet, anlegt, also das wir anders nit verstanden, wann das di ksl. Mt. sich der end, wie eure fstl. Gn. bericht worden, nit eingelassen habe.

Der Kf. Mgf. Joachim und Mgf. Jörg, beed von Brandenburg, haben auf den andern Junij verschinen ain pottschaft abgevertiget, darunder F. Hanns von Anhallt, zu dem Martino Luthero, die sollen mit ime handlen, ob sie in hieheer könndten bringen, oder, wo er je nit gar alheer wöllt komen, das er sich herzu bis in Mgf. Jörgen lannde thon sollt, darmit man den zu vergleichung der religion an der hand haben möcht.

Die stend haben auch dise verschinen tag durch ain ausschutz uns und di von Eslingen gegeneinander verhört, welhe auch nach beschehener verhör etlich mittel furgeschlagen, namblich, das eure fstl. Gn. sich der vörstlichen oberkait in der statt Eslingen zwing und bann begeben und dhainen darin fahen solte lassen, dagegen solten di von Eslingen euren fstl. Gn. an gueter oder gelt, wie man das thadingen möcht, ain widerlegung thon und möchte eure fstl. Gn. dasselbig ain abtrag oder widerlegung nemen. Dieweil aber unser bevelh dahin gestanden, so verloffner handlung halben euren fstl. Gn. und deren diener ain ansehenlicher und billicher abtrag begegnen und von deswegen mittel furgeschlagen wurden, das wir dieselbig anhören und euren fstl. Gn. berichten solten, und wir dann dis mittel nit dahin konnden versteen, das es verloffner handlung halb ain abtrag mit sich brecht, sonder das eure fstl. Gn. sich irer habenden gerechtigkhait begeben sollt, so haben wir dasselbig nit wissen anzenemen, sonder abgeschlagen1.

Verner haben sie uns furgehalten, dieweil jetz angezeigt mittel nit annemblich, ob nit das ain weg möcht sein, das eure fstl. Gn. das angelegt verbott aufthet und das dise spenn all, wie di furbracht, vor eurer fstl. Gn. neun räthen rechtlich außgefiert wurden, so dann solhs unserm bevelh auch nit gemeß, haben wir nichts deßhalb wellen willigen, und steet dise handlung auf dem, das der ausschutz alle handlung wider an di stend bringen und, wes sie sich ferner entschliessen wurden, das solte euren fstl. Gn. oder uns unverhalten beleiben. [...]. Datum Ragennspurg, den 7. Junij anno 41.

[Zettel:] Gnediger furst und herr, die verordente zu dem gesprech haben ir relation, wes sie bisheer in der religion gehandelt und wie weit sie sich mitainander verglichen, ksl. Mt. schriftlich uberantwort2. Es ist aber gemainen stenden dasselbig noch nit angezeigt, sonder ist verschinen tags, den 4. Junij, Mgf. Joachim von Branndenburg Kf. und der Bf. zu Lunden bei dem Lgf. zu Hessen erschinen und angezeigt, das di theologi ir relation, wes die bisheer gehandelt, ksl. Mt. gethon, auch di ksl. Mt. gesindt gewesen, dasselbig gemainen stenden zu eröffnen. Dweil aber ir kfl. und fstl. Gn. so vil vernemen, das bemelte theologen sich in etlichen artickel nit vergleichen könndten, hetten sie bei irer Mt. erlangt, das ir Mt. die relation angestellt. Und weren ir kfl. und fstl. Gn. woll genaigt, sich mit disen stenden in unverbindtlich underredt einzulassen und zu versuchen, ob doch solh unverglichen artickel etwas neher möchten gebracht werden. Als nun unsere gnediger herr, der Lgf. zu Hessen, des Kf. zu Brandenburgs und Bf. zu Lunden anbringen an di ubrigen ainigungsverwandten stend gelangen lassen und ernennte stend dhain [= kein] bericht gehabt, was in der religion verglichen seie oder nit, auch durch di theologos, so von disem thail bei dem gesprech gewesen, so vil vernomen, das sie in den unverglichen artickel weitter mit Gott oder gewisse nichts wusten nachzugeben und das allain etlich wörtlin, daraus etwo zanck oder vorthail zu erwecken und zu erlangen, darzu gesetzt wolten werden, so haben di ainigungsverwandten stend, vor beschehener relation, auch zuvor und ee sie verstendig, warauf die handlung beruewet, in dhain weitter handlung konnden oder wissen einzulassen, deßhalb sollich weitter und sonder handlung aus anzaigten ursachen noch der zeit nicht wellen bewilligen3, sonder abgeschlagen und, wie zu vermuetten, wirdet die ksl. Mt. nunmer den stenden der theologen handlung furbringen lassen, sonst ist in ander des reichs sachen bisheer gar nichts gehandelt.

Des Turckhen und Ofen halben wissen wir weitters, dann in unserm nechsten schreiben angezaigt, nichts zu schreiben. Actum ut in litteris.

[Beilage:] Die schmalkaldischen Verbündeten an Hg. Ulrich von Württemberg, Regensburg, 1541 Juni 7

Stuttgart HStA, A 262 Bü. 12, fol. 101r–104v (Kop.).

Eurer L. und fstl. Gn. schreiben [Nr. 245], darinnen sie anzaigen, welhergestalt derselben uber di hievor zugefuegten beschwerungen in den purgationsachen, Cristoffen von Veningen und Landenberg belangendt, von dem kaiserlichen camergericht noch weitter beschwerd in auflegung aines aidts, den eurer L. und fstl. Gn. anwaldt Eberhart von Karpffenn nicht allain bei Gott, sonder auch bei den heilligen schweren solt, begegen, welhes aber euren L. und fstl. Gn. zuwider und entgegen unser allerseits cristlichen augspurgischen confession und appologia, auch irer gewissen halben nicht thun könndten etc., haben wir seines inhalts sambt angehafter eurer L. und fstl. Gn. bitt und begern, vernomen und solh des camergerichts unbillich furnemen nicht gern gehört etc. und wellen euren L. und fstl. Gn. hinwider nicht pergen, daß wir solhe eurer L. und fstl. Gn. beschwerung mit vleis bewegen und uns derwegen in gemain ainer schrift, an di ksl. Mt. zu thun [Nr. 246], verglichen und entschlossen, auch dieselb schrift irer Mt. uberantworten lassen, wie eure L. und fstl. Gn. sonder zweifel von iren anheer verordenten rethen bericht davon empfangen haben werden, und wellen uns versehen, di ksl. Mt. werde darauf di verfuegung und verschaffung zu thun wissen, damit eure L. und fstl. Gn. mit solh unbillichen beschwerungen verschonet pleiben mögen etc.

Nachdem aber eure L. und fstl. Gn. in beschluß desselben ires schreibens ferner suchen und begern auf den vhall, da ksl. Mt. bevelh bei dem camergericht nicht wurcken oder ire Mt., bevelh zu thun, sich waigern und also eure L. und fstl. Gn. dardurch in mer beschwerung gefiert wurden, alsdann dise als pur religionsachen zu erkennen und anzunemen etc., so wissen wir doch euren L. und fstl. Gn. nicht zu verhalten, das wir, der mererthail, solhe beschwerungen, so euren L. und fstl. Gn. von dem camergericht des aidts halben unbillicher weiß begegen, darfur achten, das sich dieselb in unsere cristliche religion ziehen und eure L. und fstl. Gn. mit der clausula des aidts, bei den heilligen zu schweren, billich zu verschonen, dieweil dieselbigen one verletzung der gewissen nicht mag gelaistet werden, darumb auch eure L. und fstl. Gn. auf den fall, das wider sie auf di acht solte procediert und in beschwerdt gefiert werden, vermug der ainigung mit rath, hilf und beistand nicht zu verlassen etc. Es seindt aber etliche in gantz klainer anzalh aus unserm mittel mit ainem gemessen bevelh und instruction von iren herren, gnedigen fursten und herrn, auf den numburgischen abschide, darin auch allein etlich orten außtruckenlich benennet, anheer geschickt, welhe sich aber, ob sy woll fur ire person solhe sachen auch darfur achten, das sie in di religion gehörig, one vorwissen derselben irer gnedigen fursten und herrn in dhain entliche antwort und erkentnus diser sachen halben einlassen mögen und gebetten, ir zu verschonen, solhes hinder sich zu gelangen, ungezweifelt, ire herrn wurden sich auch desfalls aller gebur zu vernemen lassen wissen. Darumb ist unser frundtlich und underthenig bitt, eure L. und fstl. Gn. wellen aus berurten ursachen derselbigen halben dhain beschwerung nicht haben, dann wir zweiffeln nicht, ire herrn werden sich auch also erklären und vernemen lassen, das eure L. und fstl. Gn. des ain frundtlichs guts gevallen und gnug haben werden.

Und do solher aidtsleistung halben an ksl. Mt. camergericht wider eure L. und fstl. Gn. procediert wurde, bedechten wir, das eure L. und fstl. Gn. darwider hetten protestieren und di gethonen recusation, auch ksl. Mt. suspension als in ainer sachen, di in die religion laufen wölte, anziehen lassen, wie eurer L. und fstl. Gn. advocaten und rechtsgelerten solhes femer werden zu erwegen wissen, welhes wir euren L. und fstl. Gn. hinwider nicht haben bergen wellen. Datum Regennspurg, Dinstag nach dem hl. Pfingstag anno 41.

Anmerkungen

1
 Zum Konflikt zwischen Hg. Ulrich von Württemberg und der Stadt Esslingen vgl. die Supplikation Esslingens an [reichsstädtische Gesandte], o. Datum, Memmingen StadtA, A Bd. 317, unfol. und Schmidt, Reichsstadt und Territorialstaat, S. 71–104.
2
 Vgl. das Regensburger Buch, Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,1, Nr. 150/151, S. 268–391 und die Gegenartikel der protestantischen Kollokutoren, Regensburg, 1541 Mai 31, ebd. Bd. 3,1, Nr. 152und 153, S. 392–437.
3
 Zur Vermittlungsinitiative Kf. Joachims von Brandenburg und Johanns von Weeze, Ebf. von Lund, Anfang Juni 1541 vgl. besonders ihre Kompromissvorlage [Nr. 109] und die Stellungnahme der Protestanten dazu [Nr. 112].