Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Erklärung des Kgs. zur Antwort der Reichsstände auf die Proposition, zum Verhandlungsmodus und zur Freistellungsforderung. Protest Kursachsens gegen das Sessionsrecht der Kurkölner Gesandten für das Domkapitel während der Sedisvakanz nach dem Tod des Kf. Kölner Gegenprotest. Einstellung der Verhandlungen.

/211/ (Vormittag, 8 Uhr) Kgl. Kommissare und Reichsrat, einberufen im Auftrag der kgl. Kommissare1 . Für diese erscheinen Gf. Georg von Helfenstein und der bayerische Rat Heinrich von Haslang [in Vertretung des Hg. als Prinzipalkommissar].

Helfenstein referiert: Haben die in der Replik zur Verhandlungsaufnahme2  zugesagte Erklärung des Kgs. zur Freistellung3  erhalten. Übergabe an die Reichsstände und Verlesung.

/211 f./ Danach ermahnt Helfenstein die Reichsstände im Auftrag des Kgs. nochmals, die Verhandlungen nunmehr schleunig fortzusetzen.

/212/ Beschluss der Reichsstände für die mündliche Antwort: Zunächst Abschrift der kgl. Erklärung. Alßdan wolte man die, so furdarlich es gesein konte, in fernere beratschlagung ziehen und erwegen. Vortrag der Antwort durch den Mainzer Kanzlera.

/213/ KurfürstenratDr. Franz Kram referiert für die kursächsischen Gesandten: Kf. August bedauert das Ableben des Kölner Ebf., auch beabsichtigt er nicht, dem Erzstift zustehende Rechte zu entziehen. Als aber die colnische gesandten und rethe sich wellen anmassen, habendem befelch nach befügt zu sein, in namen und an stat des dhumb capittels zu Coln session und stim zu haben, were solchs wider das herkomen. Derwegen inen befolhen worden, darwider zuprotestieren, und obe villeucht einige actus /214/ furgangen, das dieselbige den colnischen nichst geben oder den andern churfursten benemen solten. Bitten um Verzeichnung des Protests durch Mainz4.

Erwiderung der Kölner Gesandten: Es ist bekannt, wes sy gesucht und fürgewendet; welches dem herkomen nit zuwider. Da dan die sachen durch den totfal weilundt des von Colns churfursten etc. wolten gesperret werden, wolten sie mit einer gegen protestation bedingt haben, das solche versperrung kunfftiglichen nit solte in ein actum gezogen werden, das auch dieselbig eim ertzstifft Coln nit solte einigen nachtheil geperen. Liessen der sechssischen protestation auf irem unwerdt beruhen und nemen sich dern weiter nit an.

/215/ Die sächsischen Gesandten beharren auf ihrem Protest und lassen den Gegenprotest auf sich beruhen.

Nota: Von dissem tag [an] ist man in allen handlungen stilgestanden disser eingefallener zweyung halben.

Anmerkungen

1
 Die Kommissare (von Helfenstein und der bayerische Rat von Haslang) hatten am 25. 10. (Sonntag) die Verordneten der weltlichen Kff. zu sich berufen, um etwaige Einwände gegen die Einberufung des RR wegen der noch andauernden Differenzen um die Zulassung der Kölner Räte vorab zu klären. Die Gesandten überließen die Entscheidung den Kommissaren, um die Vorlage des wichtigen kgl. Schreibens zu ermöglichen, auf das diese hinwiesen (Protokollierung in Kurpfalz, fol. 303’–304’). Im Bericht der kgl. Kommissare an Ferdinand I. vom 26. 10. 1556 wird betont, dass die Zulassung der Kölner Deputierten nur /314/ quoad audiendum gestattet wurde (HHStA Wien, RK RTA 37, fol. 313–321’, hier 313’–314’. Or.).
2
 Nr. 425.
3
 Nr. 448.
a
 Kanzler] Kursachsen (fol. 106a) zusätzlich: Replik Helfensteins: Erwartet, dass die Reichsstände die sachen irem erbieten nach fordern und in keinen fernern verzug stellen; wie er dan nochmals wegen kgl. Mt. anmahnung wolle gethan haben etc.
4
 Vgl. dazu eine Notiz in Kursachsenfol. 106e’: Die Mainzer Kanzlei hat ihn, den Protokollanten, gebeten, ihr seine schriftliche Aufzeichnung von Protest und Gegenprotest zu übergeben. Welches ich [Ulmann] den hern rethen angezeicht. Druf mir bevolen, mich darvur zuhuten und solchs keins wegs zuthun, dan ein naupen [Tücke ( Grimm XIII, 474)] darhinder. Derwegen ichs underlassen. Eine wohl bereits für die Übergabe vorbereitete Abschrift des entsprechenden Protokollauszugs von Hd. Ulmann ist an dieser Stelle in Kursachsen (fol. 106c–106e) eingelegt. Eine anderweitige schriftliche Fassung des Protests konnte nicht aufgefunden werden.