Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Strittiges Geleit für Räte und Diener des verstorbenen Mgf. Albrecht Alkibiades von Brandenburg-Kulmbach. An den Kg.

Supplikation der Fränkischen Einung an den Kg. (gemäß kgl. Dekret vom 16. 1. 1557 den Mitgliedern des Hauses Brandenburg um Gegenbericht zuzustellen; von den Reichsständen kopiert am 3. 2. 1557)1 , unterzeichnet von den Bff. Georg von Bamberg und Melchior von Würzburg sowie den Gesandten der Stadt Nürnberg: Kg. hat sie am 12. 1. über die Bitte der Gesandten des Hauses Brandenburg informiert, drei der beim RT anwesenden Räte des verstorbenen Mgf. Albrecht Alkibiades und [dessen Kanzler] Lic. Christoph Strass mit Geleit zu sichern. Sie haben dies trotz erheblicher Bedenken bewilligt, falls das Geleit auf diese Personen beschränkt wird, sie sich friedlich verhalten und Wilhelm von Grumbach nicht in das Geleit einbezogen wird2 . Entnehmen dem entgegen jetzt dem Verzeichnis des Hauses Brandenburg, zu dem Kg. ihre Stellungnahme fordert, dass das Geleit 14 namentlich genannten Personen und dazu generell allen adeligen Hofdienern des Mgf. erteilt werden soll3 . Vermuten hinter der Ausweitung neue, gegen die Einung gerichtete Praktiken, verweisen auf den Missbrauch des Geleits durch Grumbach und andere in der Vergangenheit und erwarten besonders von den nicht namentlich Genannten ähnliche Übergriffe. Bitten zum einen, das Geleit auf die drei anwesenden Räte sowie auf Strass zu beschränken, und zum anderen, jedem Rat im Höchstfall drei Diener beizugeben und dafür nur Personen zuzulassen, die bisher keinen Landfriedensbruch begangen haben. Vorgabe, im Geleit die Territorien der Einungsstände zu meiden oder eine unumgängliche Durchreise vorher anzuzeigen.

Erwiderung der Gesandten des Hauses Brandenburg an den kgl. Vizekanzler Jakob Jonas (von den Reichsständen kopiert am 3. 2. 1557)4 , unterzeichnet von den kfl. und f. Gesandten des Hauses Brandenburg: Die Supplikation der Fränkischen Einung zielt darauf ab, das erbetene Geleit zu hintertreiben. Das Haus Brandenburg erbittet das Geleit nicht bei den Ständen der Einung, sondern beim Kg., um damit Räte und Diener des verstorbenen Mgf. Albrecht Alkibiades vor befürchteten Repressionen der Einung zu schützen. Räten und Dienern kann kein gesetzwidriges Verhalten nachgewiesen werden, sondern sie haben nur ihre Dienstpflichten erfüllt und stehen nicht in der Reichsacht. Bitten um die Gewährung des Geleits in der geforderten Form und versichern, dass die Einung keine Gewaltakte zu befürchten hat. Richten die Eingabe an Jonas mit der Bitte um befürwortende Weitergabe an den Kg., den sie mit anderweitigen Aufgaben beschäftigt wissen.

Dekret Kg. Ferdinands I. an die Mainzer Kanzlei (28. 1. 1557; in den Kurien verlesen am 1. 2., von den Reichsständen kopiert am 3. 2.)5 : Da die Vermittlungskommission im Markgrafenkrieg nach dem Tod von Mgf. Albrecht Alkibiades kein Gutachten zum strittigen Geleit abgeben möchte6 , sollen die Reichsstände anhand der diesbezüglichen Eingaben veranlassen, dass die Kommission nicht nur das Gutachten erstellt, sondern zusammen mit dem Kg. auch die Differenzen zwischen dem Haus Brandenburg und der Fränkischen Einung zur gütlichen Vergleichung bringt.

Das Dekret wurde am 1. 2. in KR/FR vorgelegt und verlesen sowie dem SR übergeben7.

Beschluss im KR am 4. 2.8 : Da die Angelegenheit nicht das gesamte Haus Brandenburg, sondern einige Einzelpersonen betrifft, soll sie von den Reichsständen und nicht von der Vermittlungskommission geklärt werden.

Beschluss im SR am 4. 2.9 : Anschluss an KR und FR.

Beschluss im KR am 5. 2.10 : [Entscheidung über das Geleit wird dem Kg. überlassen mit der Empfehlung:] Kg. möge das Geleit den darum konkret Ansuchenden mit der Bedingung gewähren, dass sie sich friedlich und ordnungsgemäß verhalten. Bestätigung oder Neueinsetzung der Vermittlungskommission wird mangels Weisung aufgeschoben.

Beschluss im Ausschuss des SR am 5. 2., anschließend im Plenum gebilligt11 : Bezüglich des Geleits Anschluss an KR und FR. Bildung einer neuen Vermittlungskommission: Die bisherigen Mitglieder Straßburg und Regensburg wollen mangels Vollmacht und aus Kostengründen nicht daran teilnehmen, werden aber vom Plenum gebeten, weiterhin an der alten Kommission mitzuwirken, falls diese bestehen bleibt.

Beschluss im FR am 5. 2.12 : Im Anschluss an das kgl. Dekret soll die bisherige Vermittlungskommission ihr Mandat nach dem Tod von Mgf. Albrecht Alkibiades behalten: Ihr Auftrag betrifft nicht nur dessen Person, sondern aufgrund der Involvierung beim RT 1555 das gesamte Haus Brandenburg. Nur die bisherigen Mitglieder sind für die Vermittlung bevollmächtigt, nur sie verfügen über die notwendigen Informationen. Über das strittige Geleit hat ebenfalls die Kommission zusammen mit dem Kg. zu befinden.

KR/FR am 5. 2.13 : KR hat zum Mandat der Vermittlungskommission noch keinen Beschluss gefasst und will die Entscheidung über das Geleit dem Kg. mit der Empfehlung überlassen wie im Beschluss vom 4. 2. FR schließt sich an. Bekanntgabe des Beschlusses an SR, der sich ebenfalls anschließt14.

Dekret der Reichsstände (dem Kg. mündlich vorgetragen am 5. 2. 155715 , schriftlich übergeben am 7. 2., kopiert am 11. 2.)16 : Die Entscheidung über das Geleit für die mgfl. Räte und Diener wird Ks. und Kg. als Reichsoberhaupt mit der Empfehlung überlassen, es allen, die namentlich beim Kg. darum ansuchen, mit der Bedingung zu gewähren, dass sie sich friedlich und gemäß den Reichsordnungen verhalten.

Resolution Kg. Ferdinands I. vom 9. 2. 1557 (kopiert am 10. 2.)17 : Wird das Geleit jenen erteilen, die namentlich darum ansuchen und sich während des Geleits beim RT 1555 ordnungsgemäß verhalten haben.

Anmerkungen

1
  HHStA Wien, MEA RTA 26 Fasz. 2, fol. 322–326’. Or. mit dem kgl. Dekret vom 16. 1. als Dorsv. von Hd. Kirchschlager. HStA München, KÄA 3178, fol. 52–54’. Kop. Vgl. die Eingabe auch als Beilage zur Supplikation Grumbachs [Nr. 534].
2
 Vgl. dazu dessen Supplikation [Nr. 534].
3
 Vgl. dazu einen Kurpfälzer Protokollauszug (HStA München, K. blau 106/3, fol. 308–311’; an Kf. Ottheinrich geschickt als Beilage zum Bericht der Gesandten vom 7. 2. 1557: Ebd., fol. 306–307’, 325’. Or.; präs. o. O., 16. 2.): Die Gesandten des Hauses Brandenburg baten den Kg. am 12. 1. 1557 um das Geleit für 3 Räte und Kanzler Strass, das die Fränkische Einung in ihrer Stellungnahme an den Kg. trotz ihrer Bedenken [mit oben genannten Bedingungen] bewilligte. Daraufhin legten die Vertreter des Hauses Brandenburg dem Kg. ein Verzeichnis von 14 Personen vor und forderten das Geleit daneben für alle Hofdiener des verstorbenen Mgf. Gegen diese Forderung erfolgte obige Supplikation der Fränkischen Einung (ebd., fol. 308–309).
4
  HHStA Wien, MEA RTA 26 Fasz. 2, fol. 328–330’. HStA München, KÄA 3178, fol. 47–50’. Kopp.
5
  HHStA Wien, MEA RTA 26 Fasz. 2, fol. 332. Or., unterzeichnet von Jonas und Kirchschlager. HStA München, KÄA 3178, fol. 55. Kop.
6
 Vgl. zum Zusammenhang den Kurpfälzer Protokollauszug (wie Anm. 3, fol. 308–311’): Am 26. 1. 1557 wurde die Vermittlungskommission informiert über die Geleitforderung des Hauses Brandenburg vom 12. 1., die diesbezügliche Supplikation der Fränkischen Einung und die Reaktion des Hauses Brandenburg (vgl. deren Erwiderung an Vizekanzler Jonas), das eine schriftliche Stellungnahme abgelehnt und die Entscheidung dem Kg. überlassen habe. Kg. übergab die Akten der Vermittlungskommission und forderte deren Gutachten. Diese stellte am 28. 1. fest, ihr Mandat sei infolge des Todes von Mgf. Albrecht Alkibiades erloschen, ein Gutachten zur Geleitfrage ohne erneute Beauftragung durch die Reichsstände also nicht möglich. Deshalb Rückgabe der Akten an den Kg. zur Vorlage vor den Reichsständen. Daraufhin erfolgte das Dekret des Kgs. [vom 28. 1.].
7
  Österreich B, fol. 714; Nürnberg, fol. 268.
8
 Kurpfälzer Protokollauszug: HStA München, K. blau 106/3, fol. 312.
9
  Nürnberg, fol. 269’ f.
10
  HHStA Wien, MEA RTA 26 Fasz. 1, unfol. (enthalten im Protokoll Bagens zum mgfl. Vergleichstag). Vgl. auch das folgende Korreferat mit FR.
11
 KÖLN, fol. 27’ f. (Ausschuss); Augsburg, fol. 108 f. (Plenum). In Nürnberg, fol. 282, der Hinweis darauf, dass die Nürnberger Gesandten an dieser Beratung nicht teilgenommen haben.
12
  Österreich B, fol. 728–730.
13
 Ebd., fol. 649 f.; HHStA Wien, MEA RTA 26 Fasz. 1, unfol. (Protokoll Bagens zum mgfl. Vergleichstag).
14
 Wie Anm. 13 sowie Augsburg, fol. 109 f.
15
  Kurpfalz, fol. 503’ f.; Würzburg, fol. 211’–212’; Nürnberg, fol. 287’–289’.
16
  HHStA Wien, MEA RTA 42, unfol. Kop. mit Vermerk zum mündlichen Vortrag am 5. 2. und zur schriftlichen Vorlage am 7. 2. HStA München, KÄA 3178, fol. 9–11, hier 9 f. Kop.
17
  HHStA Wien, MEA RTA 42, unfol. HStA München, KÄA 3178, fol. 5–8, hier 6. Kopp.