Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Der Kg. hält sich nach wie vor vier Meilen entfernt von Straßburg auf. Soweit er in Erfahrung bringen konnte, wartet er auf eine Nachricht von seiner Tochter Margarethe, die in die Niederlande gereist ist, um dort an seiner Stelle an einer Ständeversammlung zu Verhandlungen über die Übernahme der Statthalterschaft teilzunehmen. Falls es Schwierigkeiten gibt, wird sich der Kg. unverzüglich in die Niederlande begeben – unter Hintanstellung aller übrigen Angelegenheiten. Wenn die Ehgin., wie erhofft, als Statthalterin akzeptiert wird, wird der Kg. in jedem Fall persönlich am RT teilnehmen.

[2.] Der RT wurde deshalb nach Konstanz ausgeschrieben, um Grenzstreitigkeiten der dort beheimateten Stände mit den benachbarten Schweizern zu bereinigen. Außerdem soll über die Kaiserkrönung des röm. Kg. und über Angelegenheiten Italiens beraten werden. Und schließlich wird der röm. Kg. schwerwiegende Anschuldigungen gegen den frz. Kg. wegen des Bruches des Vertrags von Hagenau erheben. Für alle Fälle hat der röm. Kg. gegenüber Arianiti und anderen ein Übereinkommen mit Frankreich nicht völlig ausgeschlossen. Doch hält er alles in der Schwebe, während er in erster Linie auf die Erklärung Venedigs wartet; nach wie vor hofft er – aufgrund seiner Auslegung des von Pasqualigo übergebenen Schreibens1 – auf ein Bündnis gegen Frankreich bei gleichzeitiger Neutralität des Kg. von Spanien.

[3.] Er wird sich bei weiteren Gesprächen mit dem röm. Kg. bedeckt halten und alles daran setzen, dessen freundliche Einstellung gegenüber Venedig zu erhalten und die Dinge so zu belassen, wie sie jetzt sind. Diejenigen, die mit den deutschen Angelegenheiten vertraut sind, vertreten die Auffassung, daß es der röm. Kg. nach dem Tod seines Sohnes Kg. Philipp umso leichter haben wird, die Ff. auf dem RT für seine Ziele zu gewinnen, da sie nicht mehr befürchten müssen, daß er sich nur selbst erhöhen und seinen Sohn zum röm. Kg. krönen will. Diese Willfährigkeit der Ff. bedeutet für den Kg. einen Zuwachs an Autorität und Macht, was man im Umgang mit ihm wird berücksichtigen müssen. Er, Querini, hofft, daß auch die Signorie dies beachtet und die Bedeutung eines guten Verhältnisses zum röm. Kg. genügend würdigt.

[4.] Der Gesandte Kg. Ferdinands (zentilhomo aragonexe) bemüht sich weisungsgemäß um eine Erklärung des röm. Kg. bezüglich Kastiliens. Doch befinden sich am Hof auch Gesandte von kastilischen Granden, die Anhänger Kg. Philipps waren. Diese bemühen sich beim Kg. darum, entweder die Reise Kg. Ferdinands nach Kastilien zu verhindern oder wenigstens dafür zu sorgen, daß sie wegen ihrer Parteinahme für Kg. Philipp keine Nachteile zu gewärtigen haben. Der röm. Kg. hält sich nach beiden Seiten hin bedeckt; er wartet den Ausgang des nach Ostern zusammentretenden RT und die Erklärung Venedigs ab.

Straßburg, 27. März 1507.

Venedig, BM, Cod. marc. ital. VII/989 (= 9581), fol. 6’-7 (ital. Kop.; Postverm.: Per easdem postas et nuntium.2) = Textvorlage A. Venedig, BFQS, Cl. IV, Cod. V (= 769), fol. 77’-78 (ital. Kop.; Postverm. wie A) = B.

Anmerkungen

1
 Siehe Nr. 22 [Pkt. 3].
2
 Verweist auf den Postvermerk in Nr. 29.