Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil
[1.] Sie sind als Vertreter der acht Orte Zürich, Bern, Uri, Schwyz, Unterwalden (Obwalden und Nidwalden), Basel und Solothurn sowie des Abts von St. Gallen, der Stadt St. Gallen und des Landes Appenzell am vergangenen Sonntagabend [24.10.] in Konstanz eingetroffen. Am gleichen Abend wurden sie von den kgl. Hofkammerräten empfangen, die ihnen ein Schreiben übergaben, worin der röm. Kg. sie aufforderte, seinen Räten ihren Auftrag zu eröffnen.2 Sie haben erwidert, daß sie Befehl hätten, sich nur gegenüber dem Kg. selbst zu äußern; sie erwarteten, daß er sich zu diesem Zweck hierher oder an einen in der Nähe gelegenen Ort begeben werde. Am Montagmorgen [25.10.] wiederholte sich dieser Vorgang in Gegenwart Mgf. Kasimirs von Brandenburg. Anschließend informierten die Räte den Kg. durch ein Schreiben.3
Die kgl. Antwort traf gestern [29.10.] ein und wurde ihnen in Gegenwart des alten Mgf. [Friedrich] von Brandenburg und anderer kgl. Räte eröffnet: Der Kg. sei aus Innsbruck abgereist, um sie anzuhören, und wolle sie in Kempten treffen. Obwohl sie wegen der vielen Truppen in der Umgebung Bedenken hatten, dorthin zu reisen, haben sie im Interesse von Frieden und Ruhe eingewilligt und werden morgen mit bewaffneter Begleitung aufbrechen. Sie hoffen, den Kg. dort anzutreffen und ihm nicht weiter nachreisen zu müssen, da sie dafür nicht ausgestattet sind. Dies haben sie gegenüber den kgl. Räten auch klargestellt.
[2.] Währenddessen gibt es in der Eidgenossenschaft rege Aktivitäten in Hinblick auf auswärtige Dienste der Kriegsknechte. Fordern sie nachträglich auf, dies zu unterbinden. Dadurch wird sonst ihre Mission gefährdet. Und sorgen uns lib und lebens und des unsern, und wird also nit allein unser, sonder frids notdurft erhöischen, darin allen fliß und ernst furzekeren.
[3.] Auch die Agitation im Zusammenhang mit dem eroberten Schloß [Joux] des Mgf. [von Rötteln, Ludwig von Orléans] – mit nit kleinem erbieten golds und gelts – mißfällt ihnen sehr. Sie teilen diese Haltung mit den Orten, die sie vertreten und auf deren Befehl sie dies schreiben. Diese Angelegenheit könnte zu einem Krieg führen. Fordern sie deshalb auf, die Teilnehmer an der zum 7. November (sontag nach allerheilgen tag) ausgeschriebenen Versammlung, Bern, Luzern, Fribourg und Solothurn4, aufzufordern, einen Krieg wegen dieser Angelegenheit unbedingt zu vermeiden. Die Verpflichtung der vier Städte zur Verhinderung dieses Übels wiegt schwerer als die Beistandspflicht für den Mgf., nicht zuletzt auch wegen der Konsequenzen für das Verhältnis unter den Eidgenossen. Da sie dies Kürze der Zeit wegen nicht an ihre Magistrate zu Hause schreiben können, bitten sie, dies für sie zu übernehmen und darüber hinaus nach ihrem Gutdünken auch Dritte zu informieren.5
Konstanz, 30. Oktober 1507 (sambstags vor allerheiligen tag am abent).
Solothurn, StA , Denkwürdige Sachen, Bd. 22, pag. 93–94 (Kop.) = Textvorlage A. Schaffhausen, StA, Missiven 1507, unfol. (Kop.) = B