Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Teilnehmer; [2.] Unterstützung des Romzuges Kg. Maximilians durch die Eidgenossen; [3.] Aufforderung an Luzern, Zug, Glarus und Fribourg zum Anschluß an die Position der übrigen eidgenössischen Orte; [4.] Vortrag des französischen Gesandten Philippe de Roquebertin; [5.] Werbungsverbot für eidgenössische Söldner.

Zürich, 8. Dezember 1507 (mitwoch nach Nicolai). 

Solothurn, StA , Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 203–209 (Kop., Datumverm., abweichende Reihenfolge: Pkt. 5 vor 4) = B. Basel, StA, Eidgenossenschaft E 1, fol. 176–178 (unvollständige Kop., Datumverm.). Bern, StA, A IV 10, pag. 268–271 (Kop., Datumverm.). Luzern, StA, TA 4, fol. 304–307 (Kop., Datumverm.). Schaffhausen, StA, Tagsatzung 1507, unfol. (verletzte Kop.). Zürich, StA, B VIII 84, fol. 219–220’, 221–222 (Kop.).

(Differenzierteres) Regest: Eidgenössische Abschiede III/2, Nr. 295, S. 411–413 = Textvorlage A.

[1.] aTeilnehmer: Zürich: Bürgermeister [Marx] Röist, Bürgermeister [Matthias] Wyss, Heinrich Göldli, Ritter, Ulrich Felix; Bern: Dr. Thüring Fricker; Luzern: [nicht vertreten]; Uri: Ammann [Jakob] im Oberdorf; Schwyz: Vogt [Hans] Schiffli; Obwalden: Ammann [Peter] Wirz; Nidwalden: Arnold Winkelried; Zug: [nicht vertreten]; Glarus: [nicht vertreten]; Basel: Bürgermeister [Wilhelm] Zeigler; Fribourg: [nicht vertreten]; Solothurn: Benedikt Hugi d. J.; Schaffhausen: Bürgermeister [Konrad] Barter; Abt von St. Gallen: Landvogt [Johann] Schenkli; Stadt St. Gallen: Bürgermeister [Hans] Ab der Rüti; Appenzell: Ammann [Hans] Meggeli (Am Eggeli) .

[2.] Zwischen den Gesandten der acht Orte Zürich, Bern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Basel, Solothurn und Schaffhausen sowie des Abts von St. Gallen, der Stadt Gallen und des Landes Appenzell auf der einen Seite und dem röm. Kg. auf der anderen wurde in Kaufbeuren eine Vereinbarung über Art und Umfang der eidgenössischen Hilfe zum Romzug getroffen [Nr. 925, Pkt. 1.1]. Vor der Versammlung erschienen kgl. Gesandte1 und baten um eine Erläuterung der Zusage in dem Sinne, daß die Eidgenossen den Zug unverdinget tun würden und den röm. Kg. gegen diejenigen unterstützten, die ihrer Pflicht gegen Kg. und Reich nicht nachkommen würden, ohne davon den frz. Kg. oder jemand anderen auszunehmen. Gerade der frz. Kg. tue alles, um den röm. Kg. an der Erlangung der Kaiserkrone zu hindern. Er habe den röm. Kg. und das Hl. Reich mit Krieg überzogen und andere Feindseligkeiten begangen und beabsichtige, den Papst und den Hl. Stuhl unter seine Kontrolle zu bringen, wogegen die Eidgenossen als Glieder des Reiches und der Kirche Hilfe leisten sollten.

Die eidgenössischen Gesandten antworteten, daß sie nach der in Kaufbeuren erfolgten kgl. Zustimmung zum Hilfsangebot der Eidgenossen lediglich abgefertigt worden seien, um die kgl. Gesandten anzuhören und zu erfahren, in welchen Punkten der Kg. weitere Erläuterungen für notwendig erachte. Im übrigen blieben sie bei der in Kaufbeuren gegebenen Antwort, daß sie den Romzug zur Erlangung der Kaiserkrone gegen Bezahlung unterstützen wollten; wer dem röm. Kg. den Weg versperren wolle, gegen den würden sie ihm helfen, doch niemandem sonst schädigen.2 

Die kgl. Gesandten baten nach einer Unterredung erneut um eine Zusage in der von ihnen gewünschten Weise, oder die Eidgenossen sollten wie im Bayerischen Krieg stillsitzen, keiner Partei helfen und ihre Knechte zu Hause behalten. Die Gesandten brachten in ihrem eigenen Namen vor, daß es den Eidgenossen zur Ehre und zum Nutzen gereichen würde, wenn sie helfen würden, für den röm. Kg. und den Papst einige von Venedig widerrechtlich eroberte Städte zurückzugewinnen, falls der Kg. seinen Weg durch das Territorium Venedigs nehmen werde, das den Romzug durch allerlei Intrigen verhindern wolle.

Wegen dieser Punkte wurde ein weiterer Tag auf den 3. Januar (montag nach dem neujahrstag) ausgeschrieben. Jeder Bote soll zu Hause Bericht erstatten, die einzelnen Orte sollen bis dahin über ihre Haltung entscheiden. Dieser Tag wird dem röm. Kg. dann einen Termin für die Beantwortung seiner Artikel festsetzen. Luzern, Zug, Glarus und Fribourg werden über die jetzigen Verhandlungen schriftlich informiert, letztere drei Orte sollen überdies ersucht werden, an dem angesetzten Tag teilzunehmen.3 

[3.] Luzern, Zug, Glarus und Fribourg sind von einigen Tagsatzungen ferngeblieben. Daraus könnten Irritationen und Streitigkeiten entstehen. Auch können die Vögte im Thurgau, im Rheintal, zu Baden und anderswo nicht angehört oder instruiert werden. Überdies treten Hauptleute und Knechte in die Dienste der beiden Kgg. Diese beiden Punkte sollen die Gesandten ihren Obrigkeiten referieren und auf dem Tag zu Luzern beraten, was diesbezüglich zu tun ist.

[4. Vortrag des frz. Gesandten Philipp de Roquebertin: Rechtfertigung der frz. Haltung im Geldernkrieg, Bitte um Verweigerung der von Kg. Maximilian gegen Venedig angeforderten Söldner, Bitte um Bewilligung von Söldnern für Kg. Ludwig, Rechtfertigung der Verhaftung der Gff. Borromeo].4 Die eidgenössischen Gesandten nahmen diesen Vortrag zur Berichterstattung an ihre Magistrate an und warnten Roquebertin wie zuvor auch die Gesandten des röm. Kg. vor der heimlichen Anwerbung von Knechten.

[5.] Alle Gesandten sollen ihre Magistrate zu Maßnahmen gegen die Dienstverpflichtung ihrer Knechte für den röm. oder den frz. Kg. veranlassen sowie zu Beratungen über die Durchsetzung des Reislaufverbotes für den Fall auffordern, daß beschlossen werden sollte, keinen der beiden Kgg. zu unterstützen. [...].

Anmerkungen

a
–a Teilnehmer ... Eggeli] Fehlt in B.
1
 Laut dem bzgl. dieser Verhandlungen auch sonst informativen Bericht Erasmus Toplers an die Nürnberger Hh. Älteren (Konstanz, 27.12.1507) handelte es sich um Christoph Schenk von Limpurg, Georg vom Thurn, Philipp van Loyt, Hans von Landau, Hans Schad, Hans von Landenberg und Topler selbst (Gümbel, Berichte, Nr. 20, hier S. 138–140).
2
 Die Instruktion Basels zum Züricher Tag schloß die Teilnahme an einem Krieg gegen Frankreich kategorisch aus (Kop., s.d., jedoch Basel, vor dem 6.12.1507; StA Basel, Eidgenossenschaft E 1, fol. 175–175’).
3
 Entsprechendes Schreiben der in Zürich vertretenen Orte an Luzern vom 11.12.1507 (Or., sambstag nach Nicolai; StA Luzern, TG 115, unfol.).
4
 Der Vortrag Roquebertins ist im StA Zürich (A 225.1, Stück-Nr. 42 und die – falsch eingeordneten – letzten beiden Seiten von Nr. 41), im StA Bern (A V 1418, Stück-Nr. 42) und im StA Solothurn (Eidgenössische Abschiede 1507–1510, AG 1,5, pag. 207–209) als eigenständiges Stück erhalten. Ein weiterer differenzierterer Vortrag Roquebertins vor dem Züricher Magistrat enthielt neben den oben skizzierten Punkten noch zusätzliche Aspekte: Er wies die gegenüber den eidgenössischen Gesandten in Kaufbeuren gemachte Anschuldigung zurück, Kg. Ludwig wolle Kg. Maximilian am Romzug hindern; vielmehr habe dieser mehrfach angeboten, darüber eine schriftliche Erklärung abzugeben. Auch sei er bereit, den röm. Kg. mit allen Ehren durch das Hm. Mailand ziehen zu lassen, wenn er wie sein Vater Ks. Friedrich auf die Begleitung durch ein großes Heer verzichte, da der röm. Kg. gedroht habe, sich des Hm. zu bemächtigen. Kg. Maximilian habe außerdem geplant, dem frz. Kg. mittels eines nachgemachten Schlüssels die Stadt und das Schloß Chiavenna (Cleven) wegzunehmen. Er habe die Gff. von Arona durch Vermittlung des Bf. von Wallis dazu gebracht, vom frz. Kg. abzufallen, und habe diesen Versuch auch bei etlichen mailändischen Adligen unternommen. Weiter habe der röm. Kg. den Großmeister von Mailand [Charles d’Amboise] umbringen lassen wollen. Er habe den frz. Gesandten zum Konstanzer RT [Gian Antonio Crivelli], einen kgl. Beichtvater, drei Monate lang im Gefängnis festgehalten. Und schließlich habe der röm. Kg. einigen eidgenössischen Orten angeboten, ihnen Lugano (Louwertz) und Locarno (Luewis) zu übergeben, den Wallisern Domodossola (Thum) und den Graubündnern das Veltlin mit dem Cleven- und dem St. Jakobstal. Darunter seien auch Besitzungen des frz. Kg. (StA Zürich, A 225.1, Stück-Nrr. 41; 43; Gagliardi, Anteil I, S. 695 Anm. 145).