Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Nichteinhaltung von gerichtlichen Terminen aus schwerwiegenden Gründen; [2.] Termine nach ergangenem Urteil; [3.] Beantragung von Beweiskommissionen; [4.] Prüfung von Beglaubigungsmitteln durch die Prokuratoren; [5.] Einreichung von Schriftsätzen durch die Prokuratoren; [6.1.] Anforderung von Abschriften von Prozeßunterlagen; [6.2.] Abschluß der Beweiserhebung; [6.3.-6.4.] Ahndung von Versäumnissen der Prokuratoren während des Verfahrens, [6.5.] Verbot von Prozeßvertretungen der Prokuratoren ohne Vollmacht, [6.6.-6.7.] Form juristischer Eingaben; [7.1.] angemessenes Auftreten der Prokuratoren im Gericht; [7.2.] Strafe bei Verstößen der Prokuratoren gegen die Gerichtsordnung; [7.3.] Erlaubnis für die Prokuratoren zur Beibringung aller ausstehenden Schriftsätze in einem Termin; [8.1.] Aufforderung an die Prokuratoren zu ordnungsgemäßer Verhandlungsführung; [8.2.] Beibringung der Vollmacht bei Vertretung des Klägers; [8.3.] Beibringung der Vollmacht bei Vertretung des Beklagten; [8.4.] Verbindlichkeit dieser Bestimmungen auch für die Substituten, Vorlage der Vollmacht der Substituten; [8.5.] Wahrnehmung der Termine durch die Prokuratoren, Wiederholung versäumter Termine; [8.6.] Dozieren der Prokuratoren vor Gericht; [8.7.] Anfechtung der Appellation; [8.8.] Vorlage von Abschriften von Generalbevollmächtigungen und anderen Dokumenten.

s.l., s.d.2

I. (Druckausgaben von 15083): München, BSB, 2 J.publ.g 98 a, fol. LXI’-LXIIII = Textvorlage A4. Köln, HAStd, K+R 1, fol. 213’-216 (= LXI’-LXIIII) = B. Bamberg, StB, 22/Inc.typ.D.VI.14, fol. LXI’-LXIIII. Berlin, StB, 4“ Inc. 1802,7, fol. LXI’-LXIIII. Erlangen-Nürnberg, UB, H62/INC 588, fol. LXI’-LXIIII. Freiburg, UB, R 861, a, fol. LXI’-LXIIII. Göttingen, SUB, 4 J GERM II, 2907, fol. LXI’-LXIIII. Halle, UB/LB, Kg 1948, 4º, fol. LXI’-LXIIII. Hamburg, StB/UB, Inc App B/64, fol. LXI’-LXIIII. Leipzig, UB, Jus.publ.1-lo, fol. LXI’-LXIIII.5

II. (Druckausgaben von 1507)6: München, BSB, 2 J.publ.g 99, fol. LII’-LIIII’ = C. Bamberg, StB, 22/Inc.typ.D.VI.18, fol. LII’-LIIII’. Berlin, StB, 4“ Gv 9600, fol. LII’-LIIII’. Göttingen, StB/UB, 4 J GERM II, 2905 RARA, fol. LII’-LIIII’. St. Gallen, StdB, Alte Drucke, Nr. 28, fol. LII’-LIIII’.7 Wien, ÖNB, 232439-C. Alt Rara, fol. LII’-LIIII’. Wien, ÖNB, MF 5572, fol. LII’-LIIII’. Wolfenbüttel, HAB, 66.9. Jur. 2º (4), fol. LII’-LIIII’.

Druck/Edition: Aller Deß Heiligen Römischen Reichs gehaltenen Reichstäge Abschiede, pag. 100–103; Aller des heiligen Römischen Reichs Ordnungen, pag. LXXVI-LXXIX’; Lünig, Reichs-Archiv II (Partis Generalis Continuatio I), 1. Abt., S. 279–282; Schmauss/Senckenberg, Neue Sammlung II, S. 119–122.

/LXI’/ Wie nun fur am kunigklichen Camergericht jnn sachen soll procedirt werden.

Erstlich woͤllen wir, das die auffgerichten ordnung des heyligen Reichs Jn den puncten vnd artickeln, das künigklich Camergericht vnd sunderlich den Proceß betreffendt, Nach dem Buchstaben in gericht gebraucht vnnd gehalten sollen werdenn.

[1.] Wan auß redlichen vrsachen einer sein bestympt Termyn nit halten moͤcht.

Item. Ob yemandts sein gegeben vnd bestympten termyn auͦß redlichen, genügsamen vrsachen nicht halten moͤcht, soll er das nit in gericht, sunder darnach in der Cantzeley vor den Assessorn, so darzü verordnet werden, fürwenden vnd bescheyt darauff erwarten.

[2.] Wie gehandelt werden soll auff gesprochen vrtheyll.

Item. Dieweil durch die Procurator rede, so auff die gesprochen vrtheil vnd sententz beschehen, vil zeit verlorn vnd die sachen verzogen werden, Wollen wir, das hinfür auff die vrtheil, so am gericht eroͤffnet vnd außgesprochen, durch die Procurator /LXII/ zu ferrer handlung kein Termyn noch vrtheil, briefe oder ander Proceß begeert werden, sundern sollen eyner yeden partheyen Termyn lauͦdt der ordnung8, auch vrtheil vnd alle andere nottürfftige briefe vnd proceß on sunder begeren der Procurator vom Camerrichter in gemeyn erkant vnd gegeben werden. Wo aber eyniche parthey mit vrtheil zů beweisung zügelassen würde, die soll alßbaldt nach eroffner vrtheil Termyn probandi jm gericht bittenn.

[3.] Wie man Commissarien begeren soll.

Item. So einer zuuolfürung seiner auffgelegten beweysung Commissarien begern vnd ernennen wolt, das soll vnd mag beschehen nach der Audientz vor den Assessorn, So darzu verordnet worden, in gegenwertigkeit des andern theils procurator; vnd sollen sich beider partheyen procurator alßbaldt deßhalben mit eynander vertragen oder concordirn. Wo sie sich nit vertragen moͤchten, alßdan sollen sie den oder die Commissarien, ynen von verordneten Assessorn an stat des Camerrichters von ampts wegen gegeben werden, annemen, doch yedem theil sein nottürfftig einrede vnd exception, so vil recht ist, zu seiner zeit da wider fürhynwenden, vorbehaltenn.

[4.] Wie es mit besichtigung der siegell, handt- vnd zeichen der Notarien gehalten werden soll.

Item. Als mit besichtigung der siegell zeichen, der Notarien handt- oder andern geschrifften durch die procuratores offtmals im gericht vil vnnottürfftiger, vndienstlicher Rede, den partheyen zu schaden vnd zuuerlengerung der sachen reichende, gebraucht werden, Woͤllen wir, das solich besichtigung vnd bekantnus der siegell, geschrifften, Notarien hynfür nit in gericht, Sunder nach der audientz in der Cantzley von den beysitzern, so darzu verordnet werden, beschehen soll.

[5.] Procuratores sollen alle handtlung in geschrifft fürwenden.

Item. Die Procuratores sollen alle yre materien vnd handlung in geschrifft fuͦrwenden vnd nichts anders dan also oder gleichen maynung reden: in der sachen zwischen A und B gib ich diese geschrifft, nemlich Libell, Exceptiones, Artickel, Replicas, Duplicas et cetera.

[6.1.] Wie man Copeyen begeren soll.

Deßgleichen soll der widertheil nichts reden, dan mit kurtzen worten begern Copias; vnd was er darwider sagen oder fürwenden will, Soll er thůn in geschrifft in seiner ordnung oder Termyn, so yn gegeben würdt; doch sol hiemit nyemandts abgeschnytten sein, wider gewaldt vnd mandat zureden oder das die partheyen vertragen oder gestorben sein oder sunst dergleichen meynung mit kurzen worten fürzuwenden.

[6.2.] Und mag ein yede parthey, so nichts neuͦwes furbracht wirdt oder fürbringen wil, mündtlich beschliessen vnd generalia contra sagen; vnd soll alßdan der gegenteyl von stund auch mündtlich beschliessen vnd handlen on weyter termyn, Es were dan etwas neůwes, so er mit seynem eyde beteůren mocht, fürgefallen.

[6.3.] /LXII’/ Item wir woͤllen auch alle partheyen vnd procurator hiemit gewarnet vnd erjnnert haben, das alle die jhenen, so mit bey vrtheilen verlüstig würden, deßhalben vnd auch von wegen des verzogens rechten, wie recht ist, in kosten vnd schaden erteylt vnd gesprochen werden sollen. Vnnd wo solichs, auß freuenlichen außzügen, schuldt, versaůwmnuß oder vnwissen den9 Procuratorn geschehen, scheinbar vnd klarlich erfunden würdt, So sollen die selben procuratores solichen kosten vnd nachtheil oder schaden yrer partheyen selbs außrichten vnd bezalen schuldig sein.

[6.4.] Item. Als sich offtmals begibt, das die procurator, so sie yrer vor geübten handlungen vergessen haben oder yr acta nicht recht vbersehen haben, Sich deßhalb im gericht auff die prothocoll oder acta referiren, woͤllen wir, das der procurator, so vngerecht erfunden wirdt, nach bestympter peen bezalen soll.

[6.5.] Item. Es sol sich kein Procurator eynicher sach vnderfahen zu handeln oder in gericht für zubringen, Er hab dann deßhalb genugsam gewalt; wo er aber nit genugsam gewalt hette, sol er solichs anzeygen vnd bestandt thůn on ferrer einrede oder disputiren; vnd so er das nit thun wolt, soll er stillschweigen nit vndterwinden bey vermeydung nach bestympter peen.

[6.6.] Item. Alle exceptiones peremptorie, dilatorie oder ander wider Libell, artickell, kuntschaft oder sunst auch replica, duplica, triplic, wie die genant sein oder fürbracht werden moͤgen, sollen laůdt der ordnung10 artickels weyse einbracht werden.

[6.7.] Vnd alle solich artickel sollen principaliter auff die geschicht oder That vnd nicht auff das recht gesetzt oder gestelt werden; doch mag man das recht, so auß vor articulirter That fleůßt, damit wol anzeůgen.

[7.1.] Wie die Procuratores schympffwort, Spotwort etc. meyden sollen bey einer peen.

Item ein yeder Procurator sol Schimpffwort, Spotwort oder sunst vndienstlich oder vnnütz red im gericht oder Cantzley vor den verordneten Assessorn oder Prothonotarien vermeyden vnnd nyemandts weder mündtlich oder geschrifftlich schympfiren, Sunder sein sachen züchtigk, kürtzlich vnd mit dienstlichen worten oder geschrieben fürtragen, bey vermeydung nachgemelter peen.

[7.2.] Item ein yeglicher, So der obgeschrieben artickel einen oder meer verbrechen, vberfaren oder da wider handeln vnd die nit halten würde, als offt das geschicht, So soll er einen gülden zu peen geben Vber die ander peen der ordnung11 vnd gemeyner rechten. Vnd soll auch nit weyter zu handeln zugelassen werden, dann in dem standt, wie er die sachen findet, laůdt der ordnung.

[7.3.] Item. Es soll vnd mag ein yede parthey oder Procurator in einem Termyn omnia producirn vnd concludirn, laůdt der ordnung, zu Lindaw gemacht12, on obbenant Straff oder peen etc.13.

[8.1.] /LXIII/ Wie sich Procuratores mit genugsamen gewalt, Ratificirn, Caution vnd andere wege der massen versehen sollen, das die partheyen nit zu schaden kommen. Auch was peen darauff steet mit nachuolgenden acht Artickeln, die eynem yedem nutzbarlich sein.

So vns als Richter vnd vrtheylern von ampts wegen gebürt, auff sehen zuhaben, das der Processen des rechten vor vns durch nyemandts anders dan die principal, yr volmechtige derselben Anwelt vndersatzten vnnd die person das Recht mit gebürlicher Caution zuletst ordenlich vnd der massen gehandelt, das dem gericht noch den partheyen kein schympfierung oder nachteyl geschehe, Vnd wir ausser verhandtlung eůwer Procuratorn vnd Substituierten in den gerichts acta manichfeltige gebrechen in eůwren vnd den vndersatzten gewelten vnd andere seůwmnuß vermercken, Eüch darumb für vns mehemals gefordert vnd ernstlich beuolhen, Jn eůwern sachen die gerichts acta zü besichtigen, Vnnd in den yr mangell vnd gebrechen in geweltem [!] vnd anderm befindet bey euͦwern partheyen, euch mit genugsamen gewalt, Ratification, Caution vnnd andere wege dermassen versehen vnd versorgen, das eůwernthalben darjnn kein mangel befunden, das gericht nit schympffiert noch die partheyen zu schaden kommen werden, Auch euch erlaůbt vnd noch erlaůben, so yr euch auß eůwerm auff schreiben in dem nit genugsam erkünden mochtet, die principal acta in der Cantzley laůt der ordnung14 zu besichtigen, vnd yr dan in dem bißheer kleinen fleiß fürgewandt, darauß vns vnd dem gericht mergklich nachtheil vnnd den partheyen schaden nit wenig erwachsen: Demselben fürbaß fürderlich zu begegnen, vnser richterlich ampt der notturfft nach mit zutheilen, Erfordern vnd ermanen wir eüch Procuratores sampt vnd besunder, das yr vnd ein yeder zwischen hie vnd dem ersten gerichts tag nach der nehstkünfftigen vacantz, welche Termyn wir euch peremptorie ernennen vnd darzu setzen, mit trewem fleiß daran zu sein, den dermassen fürwendet vnd verschaffet, das nach bestympter zeyt eins yeden sach mit nottürfftigen gewelten vnd undergewelten, ratification vnnd Caution, wie zü recht geburt, versorgt, verschafft vnd bestellet, das fürther kein gebreche, kein nichtigkeit noch hyndernuß eůwernthalb befunden werde. Vnd so yr in bestympter zeyt sunder nachmals seůwmig befunden würdent, woͤllen wir alßdann yeden von eüch in die gerichts kosten, auch der partheyen schaden, sunder entgeltnuß derselben, von dem eůwern zu bezalen condemniern vnd straffen.

[8.2.] In dem Procuratores der kleger in Recht erscheinen mit einbringung der ladung, Jnstrumenten, acta vnd andres der vorigen Jnstancien vnnd darneben zubestandt sich erbieten, soͤllen dieselben auff yren bestandt de rato in preparatoriis iudiciorum biß zu beuestigung des kriegs zugelassen werden, die in mitler zeit treůwen fleiß fürwenden, von yren principaln Ratification yres vorigen handels vnnd fürther gewalt zu der gantzen sachen verschaffen; vnd so einicher von yne in dem seůwmig würde, Alßdann kosten vnd schaden auff die sach gangen, von dem yren außrichten vnd bezalen vnd zü weyther handtlung in der hauptsach nicht gelassen werden sunder erlaubnüs des gerichts.

Jn dem aber Procuratores auff vor gethane Caution sunder ferrer gewalt oder /LXIII’/ erlaůbnuß den krieg beuestigen vnd handelten vnnd vor beschluß der sach kein genugsam Ratification noch gewalt für sich vnnd yr undersatzten vnd andere, die von yren wegen gehandelt hetten, im recht brechten, Sollen dieselben nit allein in die gerichts kosten, sunder auch in andere scheden vnd nachteyll, [so] dem gericht vnd partheyen daůn entstünde, so vil recht ist, von dem yren vergenügen, außrichten vnd bezalen.

[8.3.] Jn dem die Procuratores Jn recht erscheinen vor den beklagten, sollen dieselben nit zugelassen werden, sie theten dan vor genugsam Caution mit burgen oder anderm, wie recht ist, de Judicato soluendo, das ist für solich Summa oder estimation des gůts, darfür der beklagt in rechtfertiger [!] stunde.

[8.4.] Vnd wie vor von den Procuratorn gemelt steet, sollichs mit yren vndersatzten auch gehalten werden soll.

Jn dem die Procuratores yren gewalt mit der Citation oder sunst in anfang des rechten einbrechten laůt der vorigen gerichts ordnung15 vnd dieselb in macht yres gewalts vor beuestigung oder nach beuestigung des kriegs als herren desselben andere Procuratores vndersetzten, Sollen die vndersatzten in allen sachen vnd in yeder besunder, darjnn sie vndersatzt weren, vnderschiedlich vnd benenlich anzaygung thůn mit einbringung der principal constitution, Jnn macht sie vndersatzt seind; vnd so nach beuestigung des kriegs sie vndersatzt weren, solichs meldten vnd sich an die gerichts acta ziehen. Deßgleichen auch zuthůn, so sie vor den Prothonotarien gesatzt oder vndersatzt weren, vnd von den, des relation vnd gestandt zuthun, begeren.

[8.5.] Jn dem Procüratores oder yr vndersatzten die ordnung der recht in yren sachen die substantial Termyn vnderliessen oder die, wie sich in yrer ordnung gebürt, nacheinander volgende nit hielten, sunder einen für den andern stelten oder sunst unformlich gehandelt hetten, mügen und soͤllen auch dieselben soliche Termyn mit dem widertheil verneůwen, Repetirn vnd darjnn der massen sich schicken vnd halten, das yrenthalb kein nichtickeit erfunden werde.

[8.6.] Jn dem Procuratores die Termyn des rechten nit nach yrer ordnung hetten gehalten vnd deßhalben die bessern vnd erholen wolten, sollen solichs thůn nit mit dargeben oder fürbringung der vorigen schrifften, sunder mit worten nach geschribner meynung:

Anfengklich soll der Clager widerumb fürwenden vnd repetirn mit beger vnd bitt jnnhalt derselben, Darauff alßbald der beklagt repetiern sein vorig antwort vnd dardurch den krieg beuestigen. Vnd so in vorigem gerichts handell durch eynich parthey der eydt de Calumnia gefordert vnd gethon were, alßdan denselben bede repetiern sollen Vnd der klager bey demselben eydt sein jnnbracht artickel, vnd solichs er zubeweysung vnd zu erkunden die selben mit lebender oder ligender kunden Jn recht bracht hett vnd alles deßhalben ergangen, deßgleichen thůn, so der eydt vor nit erfordert noch geschworn were, wie vor geschrieben, repetieren; vnd alßbald darnach sol der beklagt sein gethon antwort auch widerfechten ergegen einbrachten gezeügen vnd kuntschafften vnd alles, deßhalb fürgewant, in gleicher massen auch sein gethon exceptiones peremptorias, in dem die fürgewant weren vnd derhalben kundt oder kuntschafft gefürt, repetiern; vnd sollen beyde partheyen, der klager vor vnnd der beklagt nach, alles vnd yegklichs, sie in der sachen fürbracht, geubt vnd gehandelt, Jnn gemeyn vnd mit diesen schlechten worten repetiern, verneůwen, bewilligen, bekrefftigen vnd bestetigen, alles vnd yedes in der sachen handelt, Vnd so solichs geschiet ist, concludirn vnd den richter bitten, mit ynen zu concludirn.

/LXIIII/ aDie Procuratores sollent hinfür in den Termin sich der ordnung, zü Lindaw vnd anderßwo auffgericht16, bey penen, darin verleipt, halten vnd in termino concludendi den mißbrauch, bißher geübt, mit sunderlicher repetirung des ihenen, so vorhyn durch sy genugsam fürtragen vnd bewert ist, auch mit einfürung newes, bey penen ein gulden abstellen. Es wer dann etwas news, so er mit seinem aydt betewern moͤcht, fürgefallen; das sol er schrifftlich für wenden vnd im selben termyn nach ordnung der recht allein mit gemeynen worten ferrerm fürbringen renunctieren vnd beschliessen. So aber ein parthey die ander mit schneller beschliessung vbereylen wolten, sol es hierinn, wie die obgemelt ordnung außweisen, gehalten werden.

[8.7.] Es sollen auch die procuratores hinfür bey peen eines gulden die formalia der appellation vnfüglicher weiß, wie bißher gescheen, der gestalt nit anfechten mit den oder der gleichen worten: „ich gestand dem widerteil keyner appellation, Aber so sich die formalia erfinden, wil ich litem contestirt haben“; sunder, so sie der appellation nit gestunden oder anfechten wollen, sollent sie anzeigen, warumb sie der nit gestanden oder wo sie ires bedunckens mangelhafftig vnd von unwerden sey; vnd nit also dünckler weiß die appellation anfechten vnd litem darauff conditionaliter contestirn, Camerrichter vnd beysitzer mit vberflüssiger besichtigung der Acten zůbeladen.

[8.8.] Vnd so die gemelten Procuratores generalia mandata procuratoria oder ander schrifft vnd brifflich vrkundt in einer sachen eingelegt hetten oder nach furtragen wurden, welcher sie sich in andern sachen auch geprauchen wolten, sollen sie fürhin allweg gleichlaůtende Copeyen der selbigen mandaten vnd briefflich vrkundt zü den selben sachen vnd fellen, darinn sie sich der geprauchen woͤllen, further zů collationirn einlegen vnd die zů den selbigen sachen vnd irer termin referiern.

Anmerkungen

1
 Auf die Wiedergabe des im Corpus Recessuum Imperii abgedruckten (BSB München, 2 J.publ.g 99, fol. LXIIII-LIX’; HAStd Köln, K+R 1, fol. 216–222’), in Quellen und Literatur als „Gerichtliche Terminordnung von 1508“ (jeweils fehlerhafter Druck: Aller Deß Heiligen Römischen Reichs gehaltenen Reichstäge Abschiede, pag. 103–111 (unmittelbar an die RKGO von 1507 anschließend); Schmauss/Senckenberg, Sammlung II, S. 123–132; Goldast, Reichssatzung, S. 219–227; Lünig, Reichs-Archiv II (Partis Generalis Continuatio I), 1. Abt., S. 282–292) bezeichneten Stücks wurde an dieser Stelle verzichtet. Das eindeutig private Gutachten (Verwendung des Personalpronomens „ich“) wurde zwar laut Goldast (ebd., S. 219) „zu Regenspurg gemacht, approbirt und publicirt“, doch wurde die Terminordnung als solche tatsächlich nie ratifiziert und auch in späteren RKGO nicht mehr erwähnt. In der kammergerichtlichen Praxis spielte sie keine Rolle (Dick, Entwicklung, S. 28; Smend, Reichskammergericht, S. 102 Anm. 2, Mencke, Visitationen, S. 14). In der bayerischen Überlieferung findet sich übrigens beim oben wiedergegebenen Visitationsabschied ein weiteres, im gleichen Duktus verfaßtes Gutachten mit Vorschlägen zur Verbesserung des Kanzleibetriebes (Kop.; HStA München, KÄA 3136, fol. 321).
2
 Laut Smend (Reichskammergericht, S. 102) wurde die Prozeßordnung im Dezember 1507 durch die aus kgl., Kurmainzer und bayerischen Räten bestehende Visitationskommission erstellt. In Betracht zu ziehen ist sogar ein Entwurf noch während des Konstanzer RT. Jedenfalls ist nicht auszuschließen, daß sich das Schreiben Nürnbergs vom 3.8. an Georg Griecker [Nr. 935] auf diese Gerichtsordnung bezieht.
3
 Die unter I. nachgewiesenen Drucke (Kolumnentitel: Ordnung zu Regenßpurg) entstammen dem Corpus Recessuum Imperii (Dises buchs inhalt ...) in der Ausgabe von 1508 (Druck Speyer, Peter Drach; Beschreibung der Ausbeigabe Weizsäcker, RTA-ÄR I, S. XIV-XV. Vgl. Schubert, Reichstage, bes. S. 134–136).
4
 Als Vorlage fungiert nicht, was naheliegen würde, die Ausgabe von 1507 (= Kollationsexemplar C), sondern die 1508 geringfügig erweiterte und in der Folge unverändert gebliebene Fassung.
5
 Pennink (Catalogus, Nr. 381) weist ein weiteres Exemplar in der Kgl. Bibliothek Den Haag (Sign.: 226 D 8) nach.
6
 Die unter II. nachgewiesenen Drucke (Kolumnentitel: Ordnung zu Regenßpurg) entstammen dem Corpus Recessuum Imperii (Dises buchs inhalt ...) in der Ausgabe von 1507 (Druck Speyer, Peter Drach; Beschreibung der Ausgabe bei Weizsäcker, RTA-ÄR I, S. XIII-XIV).
7
 Nachweis: Scherer, Verzeichnis, S. 313, Nr. 1193.
8
 Augsburger RKGO vom 10.9.1500, ratifizierte Art. des Lindauer RT (1497), Tit. XII-XV (Schmauss-Senckenberg, Sammlung II, S. 75f.; Lindauer Entwurf: Gollwitzer, RTA-MR VI, Nr. 41, S. 310–323, hier 318–320).
9
 Richtig: der.
10
 Augsburger RKGO vom 10.9.1500, ratifizierte Art. des Lindauer RT (1497), Tit. XIII, §§ 6f.; XIV, §§ 1, 4 (Druck: Schmauss/Senckenberg, Sammlung II, S. 75. Lindauer Entwurf: Gollwitzer, RTA-MR VI, Nr. 41, S. 310–323, hier 319). Vgl. Wormser RKGO vom 7.8.1495, § 14 (Druck: Angermeier, RTA-MR V/1, Nr. 342 (IV), S. 380–428, hier 399f.).
11
 Augsburger RKGO vom 10.9.1500, ratifizierte Art. des Lindauer RT (1497), Tit. XII (Druck: Schmauss-Senckenberg, Sammlung II, S. 75. Lindauer Artikel: Gollwitzer, RTA-MR VI, Nr. 41, S. 310–323, hier 318).
12
 Augsburger RKGO vom 10.9.1500, ratifizierte Art. des Lindauer RT (1497), Tit. XIV, § 5 (Schmauss-Senckenberg, Sammlung II, S. 75f. Lindauer Entwurf: Gollwitzer, RTA-MR VI, Nr. 41, S. 310–323, hier 320).
13
 Der Artikel gehört laut dem Entwurf von 1497 (Gollwitzer, RTA-MR VI, Nr. 41, S. 310–323, hier 321) und dessen Ratifikation durch die Augsburger RKGO von 1500, Tit. XVI, § 8 (Schmauss-Senckenberg, Sammlung II, S. 76) in die Rubrik Appellation.
14
 Augsburger RKGO vom 10.9.1500, Tit. VII (Schmauss-Senckenberg, Sammlung II, S. 69. Lindauer Entwurf: Gollwitzer, RTA-MR VI, Nr. 41, S. 310–323, hier 313. Freiburger RAb vom 6.9.1498, § 28: Gollwitzer, ebd., Nr. 119, S. 718–746, hier 730; Schmauss-Senckenberg, ebd., S. 45).
15
 Augsburger RKGO vom 10.9.1500, ratifizierte Art. des Lindauer RT (1497), Tit. XIII, § 1 (Schmauss-Senckenberg, Sammlung II, S. 75. Lindauer Entwurf: Gollwitzer, RTA-MR VI, Nr. 41, S. 310–323, hier 318).
a
–a Die ... referiern] Fehlt in C.
16
 Augsburger RKGO vom 10.9.1500, ratifizierte Art. des Lindauer RT (1497), Tit. XII-XV (Schmauss-Senckenberg, Sammlung II, S. 75f. Lindauer Entwurf: Gollwitzer, RTA-MR VI, Nr. 41, S. 310–323, hier 318–320).