Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil
Nr. 150 Ks. Maximilian an Hg. Georg von Sachsen – Mecheln, 28. Dezember 1508
Dresden, HStA, Geheimer Rat, Loc. 8182/7, fol. 361–361’ (Or., Vermm. prps./amdip., Gegenz. Serntein).
Er, Hg. Georg, ließ durch den ksl. Rat Sigmund Pflug über Friesland verhandeln1, welche handlung aber vor unserm abschid aus disen unsern Nyderlanden aus vil ursachen zu end zu bringen not ist und wir uns dann auf unsern ausgeschribnen Reichs tag gen Wormbs in kurz verfuegen werden. Fordert ihn deshalb auf, den sächsischen Obermarschall Heinrich von Schleinitz mit Vollmacht zu Verhandlungen über Friesland sowie über die auf Linz und Engelhartszell verwiesenen2und weitere von sächsischer Seite geltend gemachte ksl. Schulden zu ihm in die Niederlande zu schicken. Er ist zuversichtlich, mit Schleinitz zu einem Abschluss zu kommen. Er wird diesen dann zum Reichstag nach Worms mitnehmen, wohin er, Hg. Georg, gemäß beiliegendem ksl. Schreiben [Nr. 50] auch kommen soll, und alda mit dir furter, was not wurdet, handlen. Er soll sich mit der Abfertigung Schleinitz’ beeilen.
Nr. 151 Heinrich von Schleinitz an Hg. Georg von Sachsen – Brüssel, 3. Februar 1509
Dresden, HStA, Geheimer Rat, Loc. 8182/7, fol. 306–307’, hier 307 (eigh. Or., sonnabent nach purificacionis Marie virginis glo[riosissi]me).
[...]. Was sein [durch Wolf von Schleinitz überbrachtes] eigenhändiges Schreiben an Caesar [Pflug] und ihn wie auch die beiden früheren hgl. Weisungen1an ihn angeht, konnten sie deshalb noch nicht beim Ks. vorstellig werden. Somit weiß er auch noch nicht, ob er, Hg. Georg, persönlich am Reichstag teilnehmen soll oder nicht. Falls der Ks. gegenüber den sächsischen Anliegen nicht mehr Entgegenkommen zeigt, wäre es besser, zu Hause zu bleiben. Der Ks. wird den im Ausschreiben [Nr. 50] angegebenen Termin [21.2.] wahrscheinlich selbst nicht einhalten können.2Die diesbezüglichen Informationen werden ihm, dem Hg., also noch rechtzeitig zugehen. Wolf von Schleinitz wird über diese und andere Angelegenheiten berichten. Sowie Caesar Pflug und er selbst Antwort wegen des Reichskammergerichts erhalten, werden sie ihm diese mitteilen. [...].
Nr. 152 Heinrich von Schleinitz an Hg. Georg von Sachsen – Brüssel, 17. Februar 1509
Dresden, HStA, Geheimer Rat, Loc. 8498/1, fol. 323–324’, hier 323–323’ (Or., sonnabends vor faßnacht).
Bestätigt den Eingang eines hgl. Schreibens.1Er hat mit Caesar Pflug über den vom Hg. angesprochenen Artikel beraten. Hinsichtlich ihrer beim Ks. auszurichtenden Aufträge hegen sie wenig Hoffnung. Sie halten sich seit drei Wochen hier in Brüssel (Broßla)auf. Lediglich zweimal konnten sie mit den ksl. Räten verhandeln, allerdings ergebnislos. Er hat den Eindruck, dass er, der Hg., und sein Besitz hier als Eigentum des Ks. angesehen werden und keineswegs die Bereitschaft besteht, ihm etwas Gutes zu tun. Vielmehr will man ihm noch weitere Lasten auferlegen. Pflug und er vertreten die Ansicht, dass man andere Wege gehen sollte. Hier am Kaiserhof wird man kaum etwas erreichen. Falls er, Hg. Georg, nach Prag [zur Königskrönung Ludwigs (II.)] eingeladen wird, sollte er sich nicht verweigern; es könnte zu seinem Vorteil sein. Er glaubt auch nicht, dass hier ein Bescheid zu erlangen ist, der einen Besuch des Reichstages für den Hg. empfehlenswert erscheinen ließe. Falls doch, wären beide Reisen ohne weiteres miteinander vereinbar. Für den Besuch in Prag wäre ein angemessenes Auftreten notwendig. Seine Begleitung sollte deshalb mindestens 500 Pferde umfassen. Pflug und er haben die feste Zusage, dass sie noch heute eine verbindliche Antwort [des Ks.] erhalten werden. Sie erwarten davon wenig Gutes, wollen aber nichts unversucht lassen. Er geht davon aus, dass der Ks. in Kürze nach Worms aufbrechen wird. Spätestens dann ist ihre Mission, erfolgreich oder nicht, beendet. Ich habe warlich bey guten ganzen tagen vil verdißlicher zeit allein der unartigen hendel halbin, die hie haufig vorhanden sein, daran ein itzlich tugentsam mensch vil unlust befindet.Auch sind die Aufenthaltskosten sehr hoch. [Bevorstehender Krieg gegen Venedig; Nr. 55].
Nr. 153 Hg. Georg von Sachsen an Bf. Thilo von Merseburg – s.l., 24. März 1509
Dresden, HStA, Kopialbücher, Nr. 111, fol. 9’ (Auszug, sonnabent nach letare).
Der ksl. Fiskal hat am Kammergericht ein an ihn, den Bf., gerichtetes, mit einer Vorladung verbundenes Mandat zur Bezahlung von 25 fl. erwirkt.1Er wird, wie zuvor auch, auf seine Bitte hin als Hg. von Sachsen diese Zahlung für ihn leisten. Derglichen die besuchung des reichstags, gein Wurms berombt, durch seiner gnaden [Hg. Georg] selbs person oder aber, so sein ftl. Gn. in eigner person denselben nicht besuchen wurde, das seiner ftl. Gn. geschickten reten zu bevelhen, gemeltem bischof solchs zu benemen und auch hinder sein ftl. Gn. zu zihen, wie vor alters gescheen.
Nr. 154 Instruktion Hg. Georgs für Sachsen für Hermann von Pack zum Visitationstag in Regensburg – s.l., 27. März 1509
[1.] Missachtung der von Hg. Georg auf dem Konstanzer Reichstag formulierten Bedingungen für die Reaktivierung des Reichskammergerichts; [2./4.] Belastung der von Sachsen eximierten Gff. und Hh. mit dem Kammerzieler; [3./4.] Streit um den Anteil Hg. Heinrichs von Sachsen am Kammerzieler; [5.] Bedingungen für die Mitwirkung Packs als sächsischem Gesandten am Visitationstag.
Dresden, HStA, Geheimer Rat, Loc. 8233/1, fol. 24–28 (Kop., dinstag nach judica).
[1.] Hermann von Pack [sächs. Rat, Amtmann zu Sachsenburg und Weißensee1] hat den Auftrag, nach Regensburg zu reisen und dort neben den Gesandten Ebf. Jakobs von Trier und anderen Verordneten mit Bf. Wiguläus von Passau über die Angelegenheiten des Kammergerichts zu beraten. Er soll dabei folgende Punkte zur Sprache bringen: Nach Vorlage seines Kredenzbriefes soll er dem Bf. gegenüber erklären, dass er aufgrund dessen schriftlicher Aufforderung zur Entsendung von Räten [zum Visitationstag] abgeordnet wurde, obwohl wir wol merglicher weise wieder billikeit des camergerichts beswert werden, darumb uns des zu mussigen nicht unbillichgewesen wäre. Falls Pack auf diese Beschwerden angesprochen wird, soll er erklären, dass es nicht nötig sei, sofort darauf einzugehen; dies würde sich im Laufe der bevorstehenden Verhandlungen ohnehin ergeben. Wenn bei den Beratungen die Missstände am Kammergericht, wie diese im Schreiben des Bf. dargelegt wurden2, und dessen weitere Finanzierung zur Sprache kommen, soll Pack auf seine, Hg. Georgs, Erklärung während der Verhandlungen über das Kammergericht auf dem Konstanzer Reichstag verweisen: Abwol uns oder den unsern, als die [an das] vorgemelt camergericht aus alt herkomender freiheit nicht gehoren, unnot, so es aber vor gut angesehen, haben wir uns doch das camergericht zu bestellen gefallen lassenund wie andere Reichsstände der Umsetzung der beschlossenen Ordnung zugestimmt. Doch hat er hinsichtlich des geistlichen Zwanges3wie andere Ff. erklärt, diesem nicht mehr als bisher, nämlich gemäß dem Gemeinen Recht, zu unterliegen. Auch war die Finanzierung des Gerichts ursprünglich auf ein Jahr befristet. Er hat für sich und die von ihm eximierten Stände den Anteil am Kammerzieler bezahlt, verbunden mit der Erwartung, dass das Kammergericht ihn und andere in ihren Rechten schützen würde. Er musste jedoch inzwischen feststellen, dass er und die eximierten Stände durch die Forderung nach einer nochmaligen Zahlung4 über den bewilligten Zeitraum von einem Jahr hinaus belastet werden sollen.5Die erste Tranche hatte er auch für sich und Bf. Thilo von Merseburg6als seinem Schutzverwandten bezahlt.
[2.] Das Kammergericht forderte auch zu Sachsen gehörende Gff. und Hh.7zur Zahlung auf und ging mit rechtlichen Mitteln gegen sie vor. Indessen wurden sie als sächsische Lehnsleute von alters her in allen Reichsangelegenheiten den Hgg. von Sachsen zugerechnet. Das Kammergericht ist für sie aufgrund der bestehenden Freiheiten auch nicht zuständig. Zugleich liegt ein Verstoß gegen die in Konstanz verabschiedete Bestimmung über die fortwährende Exemtion vom Reichsdienst vor.8Sein Einspruch blieb jedoch wirkungslos. Stattdessen wird gegen die sächsischen Gff. und Hh. prozessiert. Das Kammergericht schützt anders als erwartet nicht seine Rechte, sondern verletzt sie. Er hatte in Konstanz unter Protest erklärt, dass dieses Gericht keinen geistlichen Zwang ausüben dürfe. Dennoch wurde davon Gebrauch gemacht, indem diese Sachsen zugehörigen Stände mit Acht und Bann bedroht werden. Dies ist für ihn inakzeptabel. Derwegen, weile wir wieder ufgerichte ordnung und unser bewilligung dermassen beschwert, wir derselben beschwerung kein anderung befunden, gedenken wir, ins camergericht nicht ferner, dann wir schuldig, zu bewilligen ader auch ichten forder lon [= Leistung, Zahlung] darbey zu tun.Falls seinen Beschwerden allerdings abgeholfen wird, wird er wie andere Stände auch zum Unterhalt des Gerichts beitragen. In diesem Fall soll Pack einen Beschluss zu dessen weiterer Finanzierung mittragen.
[3.] Der Kammerrichter, Bf. von Passau, beschuldigte ihn, Hg. Georg, gegenüber dem sächsischen Prokurator [Christoph Hitzhofer], seinen Anteil am Kammerzieler nicht vollständig bezahlt zu haben. Dieser Vorwurf besteht zu Unrecht. Ihm und seinem Bruder [Hg. Heinrich] wurden zusammen 100 fl. auferlegt. Da dieser über ein Viertel des gesamten Einkommens aus dem Hm. Sachsen verfügt, obliegt ihm auch die Zahlung eines entsprechenden Anteils. Er hat dies dem Kammerrichter mitgeteilt und dementsprechend 75 fl. bezahlt. Die Zahlungsverweigerung seines Bruders ließ er auf sich beruhen; die Einforderung dieser Gelder ist Sache des Bf. von Passau.
[4.] Möglicherweise wird dagegen eingewandt, dass Kammerrichter und Beisitzer nur die bestehende Ordnung vollzogen und die laut Verzeichnis als Zahler ausgewiesenen Stände gemahnt hätten; auch sei man davon ausgegangen, dass die dem Kammergericht zugesandte Ordnung auf dem Beschluss der Stände beruhe. Darauf ist zu erwidern, dass für ihn, Hg. Georg, nur verbindlich sei, was er auch bewilligt habe. Was gegen Gemeines Recht und altes Herkommen verstoße, sei ohne seine vorherige Einwilligung für ihn nicht bindend. Auch wenn sächsische Gff. und Hh. in dem an das Kammergericht übersandten Verzeichnis aufgeführt seien, so sei dies angesichts des zitierten Artikels [des Konstanzer Reichsabschieds] und gegenüber dem Herkommen unerheblich.
[5.] Unter der Voraussetzung, dass die sächsischen Gff. und Hh. nicht weiter belastet werden und auf die Ausübung des geistlichen Zwangs verzichtet wird, wird er weiterhin, wie es von andern vor gut angesehen wird, zum Unterhalt des Kammergerichts beitragen. Dann soll Pack auch Beschlüssen über die weitere Finanzierung zustimmen und nach seiner Rückkehr unverzüglich den sächsischen und bfl. merseburgischen Anteil bezahlen. Hingegen dürfen die sächsischen Gff. und Hh. damit nicht behelligt werden. Sollten Kammerrichter, Beisitzer und die anderen Teilnehmer [an der Visitation] jedoch auf ihrer Meinung beharren und seine Beschwerden ignorieren, soll Pack in nichts einwilligen, sondern sich deshalben an ksl. Mt. und stende des Heiligen Reichs uf zukunftigen, ytzt angesatzten reichstag berufenund unter Protest seinen Abschied nehmen.
Nr. 155 Hg. Georg von Sachsen an Bf. Thilo von Merseburg – s.l., 17. April 1509
Dresden, HStA, Kopialbuch, Nr. 111, fol. 12 (Auszug).
Er wird seinen derzeit am Kammergericht in Regensburg befindlichen Räten befehlen, bezüglich des fälligen Kammerzielers die Exemtion des Bf. durch Sachsen geltend zu machen. Entsprechenden Befehl werden auch die Gesandten zum Wormser Reichstag bezüglich der Reichsanschläge von Köln [1505] und Konstanz [1507] erhalten, sein gnad des zu benemen und auch hinder sich an meinen gn. herrn zu zihen.