Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
Nr. 786 Lic. Heinrich Weitershausen (Mitglied des hessischen Regiments) an das hessische Regiment
[1.] Freundliche Antwort Hg. Ulrichs von Württemberg auf Weitershausens Werbung; [2.] Vorbereitungen in Augsburg für den Reichstag, Warten auf das Eintreffen von Ff. und Gesandtschaften; [3.] Rüstungen des Ks., des Kg. von Frankreich und der Eidgenossen, Mutmaßungen über die Verschiebung des Reichstags; [4.] Unterredung mit Paul von Liechtenstein in Sachen Reichstag, Bitte um Übersendung weiterer Weisungen; [5.] Ernennung Gf. Sigmunds zum Haag zum Reichskammerrichter; [6.] Beratungen über die Verlängerung des Schwäbischen Bundes.
Augsburg, 8. Dezember 1511
Marburg, StA, Best. 2 Nr. 321, o. Fol., Orig. Pap. m. S.
[1.] Gruß. Wirdig, gstrengen und ernvesten, gunstigen, lb. Hh., als ir mich abgefertigt habt, das ich ehirstlich zu mynem gn. H. von Wirtemberg ryten und von wegen meins gn., jungen H. [Landgf. Philipp von Hessen] und euwer etlich werbung an sein ftl. Gn. tun solt inhalt meiner instruction [liegt nicht vor] und mich darnach zu dem reichstage hier gein Augspurg fugen etc., hab ich am ehirsten mein werbung by Wirtemberg getain und von seinen ftl. Gn. antwort entphangen, wie ir inligend vernemen moget [liegt nicht vor]. Dieselbig antwort hab ich uch bis daher nit uberschickt, nachdem sie nit anders geschaffen ist dan freuntlich, gn. und gut, wie dan euwer, meins H. hofmeisters [Ludwig von Boyneburg], bevelh und bescheit dermaissen gewesen ist.
[2.] Darnach bin ich kommen hier gein Augspurg und nu by funf wochen hie gelegen und ymmer gewartet, ob und wan diser reichstag furgang gewynnen welle. Wiewoil nu ksl. Mt. H. Paulsen von Lichtenstein des reichstags halb hier gein Augspurg geschickt, der dan gute zeit hie gelegen ist und noch, auch vil Ff. und etliche vor guter zeit ire herberg hie haben verfahen und bestellen lassen, dazu ksl. Mt. iren furierer [Volprecht Hager], ist der, [der] da herberg bestelt, nach meiner ankunft hier geschickt, herberg zu verfahen, der dan auch ksl. Mt. wapen, ob den 200, hait drucken laissen, dieselbigen an ire herberge zu slagen, und ksl. Mt. herus gein Inspruck komen gewesen ist, also das man ganz dafur gehabt, ire Mt. solt in eigner person hier uf den reichstag kommen sein, so ist aber doch bis daher nymant von Ff. oder irer botschaft, die ich vernomen hab, diß reichstags halb hierkommen.
[3.] Es ist auch die ksl. Mt. itzo wider hinter sich von Inspruck gein Villach in Kernten gerückt. Und ist die sage, wie er in seinen erblanden ufs sterkst ufbiete und das sich die Bepstlich Hlkt., der Kg. von Hispanien und die Venediger wider den Kg. von Frankrich verpunden haben, auch die Switzer uf 30 000 stark ungeverlich ufbracht, die dan auch algereit uber den Komersee komen sein sollen, alles in willen und furnemen, den Kg. von Frankreich us Italien und Meylant zu tryben. Aber der Kg. von Frankreich hait den Switzern zwen haubtman, gebruder, bastarde von der kron, unter ougen und entgegengeschickt. Hait iglicher 2000 lanzen, ist ein lanz, als ir wissen, vier pferde, und dazu yder 15 000 zu fues. Hait man dafur, wo dieselbigen mit den Switzern zu hauf stossen, sie werden ein hart treffen miteinander tun. Und ligt unser H. Ks. zu Villach mit 8000 stark. So zeucht ime sein haubtman Jorg von Lichtenstein mit 8[000] oder 10 000 zu. Und ist darumb ein sage usgeschollen, das diser reichstag zu disem mael nit furgehin, sonder ufgeschoben und erstreckt werden sol.
[4.] Als ich nu dasselbig gehort und verstanden, hab ich ganz in willen gehabt, mich zu erheben und wider anheym zu fugen, und geacht, wan glich diser reichstag furgehe, moge man den dannoch zeitlich gnug widerumb beschicken. Doch hab ich mich zuvor by H. Paulsen von Lichtenstein ansagen wullen und gedacht, ich werde ouch villicht von ime witern bericht entphaen, darnach ich mich zu richten hab. Also bin ich zu ime gangen, hab mich gegen ime angesagt und daruf antwort von ime entphangen, wie ir auch inligend vernemen moget [Nr. 787]. So ich nu sein antwort dermassen gehort, bin ich von meiner fordern meynung, abzuryten, wider abgefallen und hab uch solchs alles also wullen anzeigen, euwers bescheits dorin zu gewarten. Darumb, gunstigen, lb. Hh., wes ir getain wolt haben, das ich diß tags also lenger hie sol warten ader mich wider anheym fugen, das moget ir mir by disem boten zu erkennen geben. Demselbigen wil ich gehorsamlich und gern nachkomen.
[5.] Ander neuwer zeitung weis ich sonderlich nit, dan das mir Dr. Franz Braun von Monchen vor warheit gesagt hait, das Gf. Sigmont vom Hage camerrichter worden sy. Hab das ampt angnommen, zugeschrieben und daruf zu Worms herberg bestellen laissen [vgl. Nr. 1553].
[6.] [...] Es ist auch ein buntstag hie gehalten, und haben die Ff., stett und prelaten, im bund begriffen, ire rete und botschaft hie gehabt by drien wochen, und ist unter andern Dr. Engellender von Menz wegen ouch hie gewest, H. Sigmont von Lentersheym von des Mgf. wegen, H. Wolf von Aheim von wegen Hg. Wilhelms von Beyern etc. Haben gehandelt, den bunt lenger zu erstrecken. Es ist aber bis noch nichts entlichs beschlossen, sonder sol man itzt bis sontag uber funf wochen widerumb hie sein, des bunts halb witer ze handeln. Damit bitt ich, wullt mich als euwern willigen diener gunstiglich bevolhen haben. Datum zu Augspurg uf montag nach St. Niclastag Ao. etc. 11.
Nr. 787 Aufzeichnung Lic. Heinrich Weitershausens über seine Unterredung mit Paul von Liechtenstein (Innsbrucker Hofmarschall)
[1.] Übermittlung der Gehorsamsbereitschaft des hessischen Regiments gegenüber dem Ks.; [2.] Angekündigte Teilnahme verschiedener Ff. und Städte am Reichstag; [3.] Sein Verbleib in Augsburg.
[Augsburg, 8. Dezember 1511]
Marburg, StA, Best. 2 Nr. 120, o. Fol., Orig. Pap. (Beilage zu Nr. 786).
Antwort, so mir H. Paul vom Lichtenstein geben hait
[1.] Item uf St. Niclastag [6.12.11] bin ich gangen zu H. Paulsen von Lichtenstein, hab mit ime geredt dise meynung: Lanthofmeister und andere regenten des Ft. zu Hessen anstat des d[urchleuchtigen], h[ochgebornen] F. und H., H. Philips, Landgf. zu Hessen etc., meins gn., jungen H., haben mich als seiner ftl. Gn. diener hier gein Augspurg zu dem reichstage, der dan zu vergangnem St. Gallentag [16.10.11] furgenommen gewesen ist, geschickt und gefertigt und mir bevelh und gnugsamen gewalt geben, solchen reichstag von wegen desselbigen meins gn. H. und irer zu verstehin und daruf neben andern stenden des hl. Reichs alles das zu helfen furnemen, handeln, beratslagen, bewilligen und beschliessen, das röm. ksl. Mt., unserm allergnst. H., dem hl. röm. Reich und gemeiner cristenhait zu lob, ere, wolfart und underhaltung dienen mocht. Wiewoil ich mich nu bis daher by seinen Gn. als deren, so von wegen ksl. Mt. des reichstags halb hier verordent, nit angesagt, dan ich dasselbig nochmaln und so noch nymant zu dem reichstag kommen sy, vor unnoit geacht, so sy ich doch numehir in die funfte woch hie gelegen, uf den reichstag gewartet und ymmer der zuversicht gewesen, der solt seinen furgang gewonnen haben. Aber itzo sehin mich die leuf und handlungen dermassen an, das ich besorgen hab, das diser reichstag noch etwas in die lenge ufgezogen werden, das auch villicht sein Gn. selbs widerumb hinweg und abryten mocht. Darumb hab ich mich dannoch zuvor by seinen Gn. anzeigen und ansagen wüllen. Daruf gebeten, das sein Gn. desselbigen also welle ingedenk sein, ouch solchs, wo es noit sein wurd, ksl. Mt. anzeigen und zu erkennen geben, damit sein Mt. landhofmeisters und ander regenten gehorsam darus spuren und vermerken moge. Dan lanthofmeister und regenten wyssen, wie etwan der d[urchleuchtige], h[ochgeborne] F. und H., H. Wilhelm [d. M.], Landgf. zu Hessen etc., meins gn. jungen H. vater seliger gedechtnus, sich ye und alwegen gegen röm. ksl. Mt. willigs gehorsams gehalten und geflissen hait. Dasselbig werden sie, sovil an ine ist und dwil ire regiment weret, in alle wege ouch tun, dazu ouch meinen gn. jungen H. mit allem vleis dahin ziehen und wysen, das er zue seinen mondigen zeiten in die fustappen seins vaters treten und sich gegen röm. ksl. Mt. ouch eins solichen gehorsams befleissen sol, als sein vater selig ye und ye getain hab etc.
[2.] Daruf hait mir H. Pauls von Lichtenstein dise antwort geben, er hore gern, das lanthofmeister und regenten röm. ksl. Mt. mit beschickung des reichstags gehorsam geleist haben, desglichen das erpieten, solchen gehorsam ksl. Mt. in alle wege zu leisten, wie ich dan geredt hab, und sy nit on, er hab davon, das ich dergestalt dagewest sy, bis uf disen tag kein wissen gehabt. Nu sy es warheit, er sy daher verordent von ksl. Mt. des reichstags halb, hab auch bevelh gehabt, die handlung mit Kff. und Ff., so sie kommen weren, anzufahen. Aber dwil sie nit kommen, sien itzo mandat zum dritten mal usgangen [wohl Nr. 778]. Und wiewoil usgeschollen sy, das diser reichstag sol erstreckt sein, on zwivel von den, so ksl. Mt. und den stenden des Reichs nit guts gonnen, so wulle er mir doch nit bergen, das es die meynung nit hab, sonder es haben etlich Ff., die am nechsten gelegen sien, zugeschrieben, das sie allemal in 8 oder 14 tagen wullen zu Augspurg sein, nemlich Bf. von Wurzburg, Bamberg, Eystet, Hg. Ulrich von Wirtemberg, Hg. Wilhelm von Beyern, dazu der Bf. von Menz, wiewoil derselbig allerley beswerung furgewent hab. Dieselbigen alle werden sich in 14 tagen erheben und zu dem reichstage fugen. So sy Hg. Erich von Brunswig schon uf dem wege. So haben die Rstt. drien iren gewalt geben, als nemlich dem Bm. hie zu Augspurg, Ulrich Artzt, Dr. Nytharten zu Ulm und dem Nützer [= Gabriel Nützel] von Nüremberg. Dasselbig moge ich meinen Hh. lanthofmeister und regenten also schryben und zu erkennen geben. So wulle er ksl. Mt. iren gehorsam mit beschickung und wartung diß reichstag ouch schriben und zu erkennen geben, ungezwivelt, ksl. Mt. werde dorab gefallens haben.
[3.] Hab ich gesagt, ich hab mich gegen seinen Gn. nit darumb angezeigt, das ich welle hinter sich ryten, sonder darumb, ob sein Gn. villicht nach ereugung der leufe wurde hinweg und abryten, das ich mich darnoch zuvor by seinen Gn. anzeugt hab. Ich wulle auch daruf witer hie verharren nach mynem bevelh und meinen H. lanthofmeister und andern regenten solchs, wes mir von ime angezeigt sy, zu erkennen geben. Bin damit von ime gescheiden.
Nr. 788 Lic. Heinrich Weitershausen an das hessische Regiment
Bevorstehende Ankunft des Ks. und verschiedener Ff.
[Augsburg], 24. Dezember 1511
Marburg, StA, Best. 2 Nr. 120, o. Fol., Orig. Pap. m. S.
Gruß. Wirdig, gstrengen und ernvesten, gunstigen gepietend Hh., wie ir mir geschrieben habt [Schreiben liegt nicht vor], das ksl. Mt. uch abermaln zu dem reichstage hier gein Augspurg erfordert hab und mir darumb bevolhen, das ich mich ansagen sol und solchen reichstag von euwer wegen verstehin und verwalten, das ich auch uch by disem boten widerumb anzeigen sol, was von Ff. und stenden des Reichs hierkomen und was sust diß orts neuwer zeitung furhanden sien etc., habt ir on zwivel numehir mein schrift, die ich uch vor ankunft euwer botschaft getain [Nr. 786, 787], entphangen und darus verstanden, wie ich mich hab angeben, was mir von H. Paulsen vom Lichtenstein zue antwort sy worden und was die leufe und neuwe zeitung sien. Nu hab ich seyther nit sonders erfaren, dan das ein sage ist, ksl. Mt. werde umb ader nach der hl. drier Kgg. tag schirst [6.1.12] hier zum reichstage kommen. Es hait ouch Jorge, trompter, disem boten zu Insprug gesagt, wie ksl. Mt. hofgesinde bevelh hab, sich zu der hl. drier Kgg. tag hie gein Augspurg zu fugen. So wirt Mgf. Fridrich von Brandenburg uf disen tag hierkommen, dan er hait sein botschaft [Sigmund von Lentersheim] hier in sein herberg geschickt und ist dise nacht gelegen zu Westendorf. Ich versehe mich auch, der Hg. von Wirtemberg werde in kurz hie sein, dan man richt in seinen herbergen uf ine zu. Das hab ich zum teil selbs gesehin. So hait er seither meiner nechsten schrift etwovil weins zu seiner underhaltung hierfüren laissen. Es ist auch hierkommen botschaft von Mgf. Joachim von Brandenburg, Dr. Itel Wolf vom Stein. Ligt also auch hie und wartet des reichstags. Das ist, gunstigen Hh., das ich uch diser zeit weis zu schriben. [...] Datum uf den hl. cristabint Ao. etc. 11.