Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
[1.] Notwendige Vermeidung einer Verzögerung im Erfurter Streitfall; [2.] Empfehlung für einen erneuten Vorstoß beim Ks. zur Sicherung der kursächsischen Rechte in Erfurt anstelle eines bewaffneten Vorgehens gegen die Erfurter; [3.] Nachteile einer Straßenblockade gegen Erfurt, Gefahr der Unterstützung der Stadt durch den Ks.; [4.] Diverse Möglichkeiten zur Behauptung und Rückgewinnung sächsischer Rechte in Erfurt.
ohne Ort, [Ende Juli 1512]
Weimar, HStA, EGA, Reg. A Nr. 199, fol. 24a-28a, Konz.
Instruction, was unser rete mit unsers vettern Hg. Georgen reten, die auf montag nach St. Peterstag ad vincula schirst [2.8.12] zu Gryme einkomen werden, handeln sollen auf die artikel, so zu Meissen verzeichent sind [liegen nicht vor].
[1.] Erstlich der zweyer artikel halb, die erfortisch und gulchisch sachen belangend, wyl unsers ermessens not sein, alles daz zu besichtigen vleisiglich, das den reten zu Collen in disen beden sachen zugeschriben ist. Daraus werd befunden, ob nu daruber ichts weyters, uns zutreglich und zu nutz, bey ksl. Mt. diser zeyt in disen zweyen sachen mag bevolhen und gehandelt werden, und waz also fur gut befunden, das demselben vleisig nachgangen werde.
Wo aber der weg, so fur gut angesehen, bey ksl. Mt. entsteen oder wir dadurch verzogen und der handel domit anhengig gemacht werden wolt, ist zu beratslagen, was dann furzunemen sey, dann uns verzug, und sonderlich in der erfurtischen sachen, ganz beswerlichen und nit allein uns, sonder auch unsern armen undertanen von allen stenden, wie dann euch reten bewust, was clagen teglich an uns gereichen der schuldigen halben, auch wie die unsern mit wachen, dinsten und daz sie in geraitschaften sitzen müssen, beswert sein.
[2.] Wolt nu gesagt werden, ir als unser rete sollen zum ersten darzu reden, oder ob furfiele, das unsers vettern rete angeben, die straß sold den in Erfurt gelegt werden oder dergleichen furnemen mit einem reitenden krieg, wie vormals auch auf der pan gewest und unsers vermutens von unsers vettern reten gewißlich furgeslagen werd etc., derhalb ist unser bedenken, daz unser rete dise meynung anzeigen: Wiewol wir achten, das in beden, der erfurtischen und gulchischen, sachen bey ksl. Mt. nichts zu erlangen sey, so bedunkt uns doch, daz noch mit allem vleis bey ksl. Mt. zu suchen were und in der erfurtischen sachen underteniglich zu bitten, daz ir Mt. nit wolt misfallen haben, daz wir uns der mandata und anders, so die ksl. Mt. uns auf unser, Hg. Fridrichs, manchfeldigs, undertenigs ansuchen genediglich geben hat, gebrauchten und dawider nichts wolle ausgeen noch handeln lassen, dann wir hetten solchs nit auf winkeln oder sonst unbillicherweis ausbracht, sonder uf unser warhafte bericht, die noch unverlegt were. So hette ire Mt. uns auch nichts darinnen geben oder zugelassen, dann allein daz, so unser vater seliger und loblicher gedechtnus [Kf. Ernst von Sachsen] und wir fur der aufrur an und in Erfurt gehaben, darinnen doch kein neuigkait were. Darinnen wir unsers verhoffens ye billich gelassen, ehe einige handlung furgenomen wird. Dann uns also in handlung zu begeben, sey wol zu achten, wie beswerlich daz were, auch in ansehung, das wir uns zum dickern mal erboten und nochmals urbutig weren, wann wir zu dem gelassen, wie obberurt, daz unser vater und wir fur der aufrur an und in Erfurt gehabt, das wir alsdann Meinz, den in Erfurt und wer uns ansprach nit erlassen wolt, dem wolten wir an geburenden enden kein billikait fur sein etc. Das und anders solt in der bit anzuzeigen sein, daraus unser undertenigkait zu vermerken und uns zu gutem komen mocht. Und sonderlich solt auch vermeld werden, wie die in Erfurt in steender handlung, uber daz die ksl. Mt. in der citation [Nr. 1084] stilstand geboten, uns zu gegenwher merklich verursachten, einen unser rete gefangen in Erfurt gefurt, auf uns und die unsern gefragt, die glocken und cleynoter aus den kirchen von den dorfern und die stat gefort, auch aus den kirchen, die unser collation sein, und ander beswerung mer furgenommen. Daz wir ksl. Mt. zu undertenigkait alles geduldet, wie wir dann yrer Mt. zu gefallen in diser sachen lang zeit gedult gehabt hetten. Und mocht nymands mit warhait sagen, daz wir oder ymands mit unserm wissen wider sie furgenommen oder gehandelt hetten. Und das bedacht werd, ob gut sey, an die stend derhalb zu gelangen zu lassen und zu bitten, uns bey ksl. Mt. zu verbitten, uns bey unser undertenigen und zymlichen bit und erbieten bleiben zu lassen, und daz solchs auch mit der besten weise furgetragen werd. Und wo ditz alles abgeslagen, als wol vermutlich, ob dann gut wolt sein, ksl. Mt. weyter anzuzeigen, zu bedenken oder ob erstlich in der gulchischen sachen auch antwurt gehort oder auf disen artikel allein ksl. Mt. weyter anzeige zu tun sein sol.
Weyl ksl. Mt. uns in disen sachen so gar verlassen wolt und wir nit zu dem komen mochten, das unser vater und wir fur der aufrur an und in Erfurt gehabt, uber manchfeldigs, gn. zusagen und vertrosten, auch unangesehen und unbedacht die undertenigen und getreuen dinste, die unser eltern seliger gedechtnus und wir mit darstreckung leib und guter ksl. Mt. forfaren und yrer Mt. getreulich und underteniglich getan, so musten wirs Got dem almechtigen bevelhen und gedult haben, bis der almechtig uf bessere wege schickte, auch unser Hh. und freund rat suchen und gebrauchen, das zu bekomen, so wir von Got und billikait wegen haben solten. Seiner Mt. dabey auch anzeigen, das wir seiner Mt. nit verhalten wolten, weyl diser last ob uns lege, daz wir seiner Mt., wie wir doch mit unserm merklichen schaden bisher auch allemal underteniglich getan, auch, wo es on, daz noch gern nach unserm vermogen tun wolten, nit gedienen mochten. Und darauf zu bitten, in ansehung unser gelegenhait des nit mißfallen zu haben und unser gn. Ks. zu sein und bleiben und uns in gn. bevelh zu haben. Daz wolten umb ir ksl. Mt. wir underteniglich verdienen etc.
[3.] Und wann nu daz alles gescheen und von ksl. Mt. gewaigert und abgeslagen, darauf zu gedenken, waz dann zu tun sein solt. Wurd nu furgeslagen, die straßen zu legen oder den undertanen zu vorbieten, mit den in Erfurt nit zu handeln etc., wie dann vor oft angeregt wurde etc., solchs ist in unserm bedenken nit zu tun aus ursachen, wie vormals auch gehort, dann so die straß gelegt, hetten sie sich gleichwol ein lange zeit in der stat zu enthalten. Mitler zeit müst stets unkost darauf geen. So wurden sie sich auch understeen, mit gewald zu speisen und, waz ir nodturft were, hineinzubrengen. Und ob sich ymands understund, mit gewald sie zu schutzen, so müst doch wider mit gewald darzu getan werden. Damit es zum heubtkrig keme. Zudem wurden wir ksl. Mt., wo es darzu kem, gleich als wol auf uns laden, als wan wir ander wege aus verleyhung gotlicher gnad fynden und furnemen wurden, die uns furtreglicher sein mochten, dann yre Mt. wurd mandat und ander dergleichen hendl wider uns ausgeen lassen.
[4.] Was aber furzunemen sein solt, das die in Erfurt dahyn mochten bracht werden, das sie das tun musten, das sie billich teten etc., solchs ist in unserm bedenken, weyl die sache gros, nit wol zu finden. Domit aber unser bedenken in dem nit verborgen bleibe, so denken wir, das erstlich, Got den almechtig[en] durch die fromen geistliche[n] unser[s] Ft. vleisig zu bitten, verordent werden solt, uns diser beswerung und lasts gnediglich abzuhelfen.
Zum andern, daz unser vetter und wir entlich beslossen, unser leib und gut in diser erfurtischen und gulchischen sachen treulich zusamenzusetzen, und ganz eintrechtiglichen und aus treuem herzen miteinander handelten an alles auszuchs, wie dann treue freund miteinander handeln sollen. Und so dise bede ding bescheen, so hetten wir bey uns gar kein zweivel, der almechtig Got wurd sein gnade scheynlich in disen sachen merken lassen. Und das wir alsdann unsere freund und mit den wir in pundnus sein, beschriben, irn rat und hilf in disen sachen suchten. Wolten wir Got auch vertrauen, sie solten sich und sonderlich der merer tail also gegen uns erzeigen, wie sie von uns in gleichem fall wolten getan haben. Und daz wir nichtsdestweniger bey unsern fromen verwandten und undertanen umb hilf und rat auch ansuchung teten und uns selbs also schickten mit dem, so zu solchen sachen gehorig, sovil moglich ist, daz die in Erfurt, ir anhang und ander unser widerwertige sehen, das wir solch vorunrechtung nit lenger von ine haben wolten. Dann bis auf dise stund sein unser sachen dermaßen nye furgenommen, sonder alle gute gesucht wurden und ksl. Mt. in allem yrem begeren uns zu nachtail und beswerung wilfarung erzeigt wurden.