Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
[1.] Ersuchen an die Gesandten um Vorschläge zum Ausgleich mit Bf. Reinhard von Worms; [2.] Bereitschaft von Worms zur Zahlung einer Geldsumme für den Verzicht des Bf. auf seine vermeintlichen Rechte in der Stadt; [3.] Ablehnung des Vorschlags durch den Bf., dessen mangelnde Verständigungsbereitschaft; [4.] Ihre Antwort hierauf, Verneinung der bfl. Rechte; [5.] Unzulässigkeit des vom Bf. betriebenen Verfahrens am Reichskammergericht; [6.] Unerlaubtes Infragestellen ksl. Verfügungen durch den Bf. und das Reichskammergericht; [7.] Verlangen nach Einstellung des Gerichtsverfahrens gegen Worms.
Trier, 19. Juni 1512
Worms, StadtA, 1 B 1929/1, o. Fol., Kop. (auf der letzten Seite: Praesentatum zu Trier 19. Junii 1512 ksl. Mt. canzler).
[1.] Wolgebornen und edeln ksl. Mt. stadhalter, wirdigen, hochgelerten, erenvesten Kff. und Ff. des hl. Reichs verordent rete, gn. und günstigen Hh. und freund, vor euer aller Gn. und gunst haben wir ein zeit lang her gegen dem erwirdigen Bf. zu Worms und sein erwird herwiderumb gegen uns umb dasjene, des sich sein erwird (davor wir es genzlich haben) on ursach irret, schriftlich handlung gehabt. Darumb es auf seiner erwird schriftlichen furtrag, zu iüngst dargetan an uns, und das wir zu unserm und unser statt notturft schreiben und furtragen solten, bliben ist. Zwüschen dem und in gn. meynung (darvor wir es auch verstanden haben) habt ir, gn. H. vom Serntein, ksl. Mt. canzler, von wegen eur Gn. selbst und anderer unserer gn. und günstigen Hh., ksl. Mt. und des Reichs stenden rete gemeinlich tun furhalten, ob uns icht gemeint sein wolt, mit dem erwirdigen Bf. und seinem stift umb sein forderung und gerechtigkeit, der sie sich gegen uns anmassen, in leidlich weg vertragen zu lassen und das wir selbst wege und maß anzeigen solten, die uns leidlich und dem erwirdigen Bf. versehenlich annemlich sein möchten.
[2.] Auf das haben wir euer aller Gn. zu schuldiger wilfarung anzeige getan und zu erkennen gegeben, das wir des ganz wol begirig und willig weren, und auf unsern notturftigen bedacht, darumb gehabt, etlich wege und masse furgeschlagen, und nemlich disen, das, wiewol wir vertrauen, dem erwirdigen Bf. und seinem stift in angemaßt noch einich ander wege nichts schuldig zu sein, so möchten wir doch umb ruwe und fridens willen leiden, das dem erwirdigen Bf. gein seiner vermeinten forderung von gemeiner statt jerlich und eins ieden jars ein benant gelt verschriben und gehantreicht würd auf genugsam verzigk etc. inhalt unser einer kurzer schrift, euer aller Gn. deshalb uberantwort [Nr. 1261 [41.]]. Nu haben wir es auf solhen unsern furschlag ganz dafür gehabt, derselb erwirdig Bf. were des höchlich und ganz wol gesettigt und benugig gewest. Dann ye, was wir uns in dem emploßt und begeben haben, ist ksl. Mt. zum fordersten und euer aller Gn. und gunst zu eren beschehen, auf das ir Mt. in erkanntnus, dafür wir es haben, das ir ksl. Mt. uber und wider des erwirdigen Bf. und unsern willen in dem und dergleichen fall das für sich selbst zu tun hette und euer aller Gn. unsers zeitlichen anlaufens verhebt blieben und unsern halb ainiger ursachen, darumb, das gemein statt den schweren unkosten, den sie deshalb viel jar lang hat tragen und leiden müssen, versparen und an andere gemein notturft und nutze der statt wenden und prauchen möcht, dadurch sie ksl. Mt. und dem hl. Reich in zufelligen sachen soviel desto stattlicher zu dienen und zu volgen hette.
[3.] Und aber so vernemen wir aus des erwirdigen Bf. antwort [Nr. 1261 [43.]], so euer Gn. uns an donerstag nehst [17.6.12] haben zugestelt, das seiner erwird, berürt unser uberfolligs erpieten anzunemen, mit nicht gemeint ist. Und also so will euer aller Gn. gn. und milts ansehen, umb das wir miteinander vertragen würden, bei seiner erwirde kain statt fienden, sonder sein gemüte steet, wie seiner vorfarn will und forsatze alweg gewest ist, uns und gemaine statt ye mehr zu helligen und zu vervolgen. Ruft an, umb das man sein erwird bei demselben zu seiner ausfürung im ksl. camergericht beleiben lasse etc.
[4.] Und so es nu anders nit sein will und das wir anfechtung und widerstreits von seiner erwird ye lenger und mehr gewarten müssen und uns das billich und das uberfellig, des wir uns erpieten und allain umb fridens willen gern weisen lassen wolten, ye nit furtragen will, und dann der fordern handlung nach, wie vorsteet, von seiner erwird gein uns schriftlichen einbracht, die ordnung ietzunt an uns ist, dagegen zu unser und gemeiner statt notturft zu handeln, so sagen wir, eins rats und gemeiner statt zu Worms geschickten, dawider, in massen, wie hernachvolgt, und also:
Es hat der hochwirdig F., H. Reinhart, Bf. zu Worms, den vermeinten spruch zu Antwerp mit der execution als der, [der] sich on den mit nicht zu behelfen weiß, abermals angeben und dadurch understanden, seiner clagen und vermeinten gerechtigkeit ein ansehen oder schein zu machen. Auf das nu eur Gn. und gunst in diser handlung nit mit vieln andern ehaften, dapfern ursachen (so wir dawider tun möchten) aufgehalten werden, repetiren dagegen die gesanten der statt Worms ir nehst einbracht schriften. Darin eur Gn. und gunst ab seiner eigen bekanntnus wol verstanden haben, das demselben spruch metu penarum und nit anderst gnug geschehen ist und das deshalb ime zu clagen on not und des weder fug noch recht hat. Das sein erwird aber solh vermeint herlicheit, ob ime die von recht ye gebürt, an dem doch aus hievor furgewanten eins rats onwidersprechlichen exception und allem andern, so hernachvolgt, nichts ist noch sein mag, so haben und hetten doch sein erwird und stift die allesambt frevenlich verschuldt und verwürkt aus vorerzelten warhaftigen ursachen, die wir hie widerumb repetiren, derohalb sein erwirde diser zeit kain recht hat.
[5.] Nu will sein erwird eur Gn. und gunst verwönen, als ob er gros recht gegen gemeiner statt Worms hette, das im bisher verhalten worden und im einichs wegs zu begeben oder nachzulassen were. Aber sein erwird will versweigen und umbgeen, wie er die in denselben wege verwürkt hat. Und auf das eur Gn. und gunst bericht empfahen, wie und welher weise der gemelt unser erwirdiger Bf. über und wider das alles dise sach an ksl. camergericht gezogen hab, geben wir eur Gn. und gunst zu erkennen, das Dr. Haringus Friese, dumher zu Worms, des erwirdigen Bf. advocat am ksl. camergericht, derselben, auch diser zeit ein assessor, nach des erwirdigen unsers Bf. und stifts begangen rebellion und ungehorsam, nach ksl. Mt. confiscacion und der donation, an uns beschehen, mit versweigung der warheit und dartun der unwarheit, unser darzu unerfordert und im rück, und demnach nit von ksl. Mt. noch an sitzendem camergericht noch durch einich zeitig oder richtlich erkantnus zu Augspurg zu zeiten, da kein camergericht gehalten wurd, bei etlichen beisitzern in klainer anzale ein vermaint penalmandat ausbracht und dasselb hernach zu Regensburg angeben und, unser abermals unerfordert, ein vermeint klag furgenommen. Das aber ksl. Mt., sobald derselben dieselb ungebürlich clage zu wissen getan, gegen Bm. und rat dem camergericht und Bf. ernstlich abgeschafft und ir Mt. fiscal, darumb sich in zu recht zu geben, bevolhen. Darauf sein erwirde etlich jar gegen ksl. Mt. fiscal, auch Bm. und rat on weiter ansuchen stillgestanden ist bis zu nehstgehaltem reichstag zu Augspurg. Hat sein erwird ksl. Mt. umb recht zu gestatten angesucht. Das im ksl. Mt. in der sachen gegen irer Mt. fiscal und nit gegen Bm. und rat erlaubt und zugeben inhalt irer Mt. manigfältig brief, mandate, declaration, inhibition und protestation, wie wir hievor bei nehster schrift einbracht haben und ietzt repetiren. Darin uns auch ernstlich geboten wirdet, uns gegen unserm Bf. umb angezogne stücke in recht nit einzulassen. Were auch ungebürlich und zu befremden, auch wider offenbar geschribne recht, das Bm. und rat ksl. Mt. aigen handlung, die des hl. Reichs oberkaiten betreffen und daraus fliessen, in recht verantworten oder verteidingen müßten, als auch die rechtgelerten mit lautern, offenbaren determination und beschlüssen der geschrieben recht anzeigen, das Bm. und rat auf die vermeint unsers erwirdigen Bf. clagen zu antworten nit schuldig sein, sunder ksl. Mt. fiscal. Demnach auch die ksl. Mt. ir manigfaltig ausgangen mandaten und schriften nit anders dann des Reichs rechten gleichformig und ganz gemeß gestalt. Darumb Bm. und rat sich keins wegs versehen hetten (doch niemants damit zu iniuryren, sunder zu irer ehaften und onvermydlichen notturft zu sagen), das das ksl. camergericht, des Reichs geschriben rechten zuwider, ksl. Mt. donation, decret, aigne handlung und gnugsam rechterbieten, durch ir Mt. fiscal beschehen, Bm. und rat mit einer vermeinten interlocutorien auf des Bf. clagen zu antworten, schuldig zu sein erkant hetten, als doch mit der tat geschehen ist, sunder bei getanen peremtorialexception billichen hetten bleiben lassen. Darzu so hat ksl. Mt. von röm. ksl. machtvolkomenheit, mit wolbedachtem mut, zeitigem rat und rechter wissen solh vermaint penalmandat, citation und alles, das bisher darauf ergangen und gehandelt ist, genzlich aufgehebt, cassiert, vernicht und abgetan, Bm. und rat aller penen, darin verleibt, saltem ad cautelam absolviert, des wir abschrift hiebei, mit A gezeichnet [liegt nicht vor], einlegen, also das solh vermaint penalmandat an im selbs nichtig ist und kain würklicheit hat, und werden Bm. und rat mit schwerem kosten unbillich und ganz wider recht umbgetriben. Und die rebellion und ungehorsam, durch sein erwird begangen, wirdet nit erdichtlich (als sein erwird meldet) angeben, sunder mit offenbarer, lauterer warheit, darzu mit gnugsamer zeugnus und kuntschaft, zuvor von ksl. Mt., der besunder on meniglichs widersprechen zu glauben ist, und nachmals von Ff., Gff. und edeln, wie das ir Mt. brief und sigel anzeigen und, wo not, ir Mt. nochmals on allen zweifel erkennen würde. Und ist den geschickten, ferrer seiner erwird ungehorsam zu beweisen, on not, und were sunderlich einem F. und lehenman des Reichs wol gebürlich, ksl. Mt. aigen kuntschaft, urteile und decrete mit solhem vergeß nit anzutasten und billich underlassen, dann des Ks. urteilen und decreten, so aus rechter wissenheit ergeen, soll und mag nieman[d] widersprechen. Es zimet auch ganz keinem richter, wer der ist, iemants darüber noch dawider statt und verhöre zu geben. Aus welhm dann unwidersprechlich volgt, ob es gleich were, das ein erbar rat sein erwird an seinem vermeinten entschuldigen gegen der vielberürten acht und rebellion, zu gehalten reichstagen furgenommen, zu verhindern und der zu widersprechen understanden, das hette einem erbarn rat wole gezimet, dweile das ksl. Mt. urteil und decret, angezeigter form und maß ergangen, für die onwidersprechlich warheit zu halten und mit nichten zu waigern noch zu afterreden sein.
[6.] Aber über und wider das und ksl. Mt. urteile, decret, penalinhibition und andern geboten, wider sein erwird deshalb ausgangen, zu schimpf und der ganz unangesehen, damit sein erwird ein weg finden möcht, demselben zu widerkommen, hat sein erwird dem ksl. camergericht angeben, wie der rat zu Worms, auch der ksl. fiscal inen tun beleumen und berüchtigten, wie das ksl. Mt. sein erwird der gerechtigkeit, die er und der stift in und an der statt Wormbs gehabt hetten, umb rebellion und verachtung privirt und entsetzt und dieselben einem rate zu Worms zugestelt hette. Und also hat sein erwird die gemelten ksl. Mt. decreten und mandaten in ein beleumung und berüchtigung gezogen, die im rechten verboten sein, und dagegen ein hilf gesucht, gleich als ob einem rat zu Worms von den vielgemelten ksl. urteilen, confirmation, decreten und anderm zusagen, sich dero zu rümen oder zu gebrauchen, nit gezime und gleich, als ob ein rat gedächte, dieselben urteil, confirmation und decreten in ein klag und forderung zu ziehen und den erwirdigen Bf. allererst darumb durch ein gerichtlichen process zu berechten. Das doch dem rechten nach ganz kain ansehen hat, auch eins rats meinung gar nit ist. Und auf solh angeben hat sein erwird von dem camergericht ein ladung nach form des angezeigten gesetze diffamari (wiewol wider recht) gegen einem rat ausbracht. Dagegen ist ksl. Mt. fiscal erschienen und hat zu merer anzeige seiner und seins stifts ungehorsam und über ksl. Mt. kuntschaft noch 36 articul vor dem ksl. camergericht einbracht. Darauf sein erwirde auch geantwort hat und der zeugen eins deils, aufgenommen, globt und gesworn haben, wiewol seiner erwird procurator, zugegen, die handlung nit allain aufgehalten, sunder auch der zu entrinnen understanden. Das uns numals, nachdem ksl. Mt. fiscal auch vertagt ist, nit zu kleinem nachteil reicht. Zudem beschicht Bm. und rat unrecht und hetten wol ursach, deshalben ernstlicher antwort zu geben, dann seiner erwird procurator ietzt nehstverlaufen freitags, den 28. tag May, auf des ksl. fiscals articul zwen monat termein begert hat. Bm. und rat haben auch etlich brieflich urkund einbracht, sich dero zu diser handlung zu gebrauchen. Der hat sich aber seiner erwird procurator [Peter von Aufseß] zu recognosciren gewidert, also lang, bis ime das zu tun mit recht ist aufgelegt worden, auch dabei zu merer verhinderung articul eingelegt, die solhem seinem furnemen (wo das gleich wider die ksl. urteil, confirmation und decret geschehen möcht) nit statt hette und dem furnemen ganz frembd und undienstlich seien und weren, und also, das sein erwird durch solh ir frembd und ungeschickt ursachen sich selbst aufhelt und ein rat zu Worms dardurch in grossere mühe und arbeit zu gemainer statt swerem unkosten und schaden wider recht und billicheit ursacht und umbfürt.
[7.] So nu die vielgemelten ksl. urteiln, confirmation, decreten, donation, mandaten und gescheft, wie die mit rechter wissenheit unsers allergnst. H., des röm. Ks., von ambts wegen ausgangen und nachvolgends an ein erbar rat gelangt, in iren zirlichen formen scheinbarlich vor augen, auch dem erwirdigen Bf. lang hivor zu wissenheit bracht sein, so volgt daraus für alles widersprechen, das sein erwirde nach dato derselben von stund an und ye nu zur zeit und hinfüro umb dis sein fürnemen zu einem rat und gemainer statt ganz kain forderung gehabt hab noch auch hienfüro haben mag, und des weiter und mehr, das sich sein erwird darüber und darwider gegen dem rat und gemeiner statt umb das, [dessen] sie sich der berümen, gebrauchen, erfrauen, halten und trösten, kainer diffamation noch beleumung hat mogen anmassen, noch das sich sein erwird deren heute oder zu tagen anmassen möge, noch das sie sich des vielgemelten gesetze diffamari mit recht ye hab brauchen noch behelfen mögen noch heut oder hienfüro behelfen möge. Und volgt zuletst noch weiters daraus, das die vermaint ladung, in solhem schein ausbracht, mitsambt dem process, darauf geübt, als wider des Reichs recht an im selbst nichtig und gegen gemeiner statt unbündig gewesen und noch sein, und das seiner erwird im gerichtlichen process darumb ewig stillsweigen aufzulegen, auch sein erwird einem erbarn rat in kosten und schäden, deshalb erlitten, schuldig und fellig zu verteilen ist und in diser gütlichen handlung billich daran zu weisen, einen erbarn rat seins furnemens hienfüro zu erlassen, auf das ein erbar rat sich der vielgemelten irer urteiln, donation, decreten und anders beruwiglich gebrauchen und ungeursacht bleiben moge, gegen und mit seiner erwird und wirdigen pristerschaft deglichen unwillen zu haben. Dem sie doch nach allem irem vermögen gern vorsteen wolten, underteniglich bittend, die alt, erbar statt in solhem gnediglich zu bedenken.