Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
[1.] Seine Unterredung mit Kf. Friedrich von Sachsen über ihre beiderseitigen Differenzen; [2.] Wunsch Hg. Georgs nach Einigkeit mit Kf. Friedrich, dessen Widerstand gegen ein gemeinsames Vorgehen in der hessischen Angelegenheit, Mutmaßungen über die Gründe; [3.] Eigene Interessen Hg. Georgs in der Erfurter Streitsache; [4.] Nochmaliges, aber nicht uneingeschränktes Bekenntnis zur Eintracht mit Kf. Friedrich; [5.] Rat, auf mögliche Benachteiligungen des Hauses Sachsen durch den Ks. zu achten.
Augsburg, [Ende Februar/Anfang März] 15101
Kop.: A) Dresden, HStA, GR, Loc. 9853/5, fol. 60a-63b (mit wenigen kleinen Korrekturen); B) Ebd., Loc. 10511/2, fol. 282a-284b ([1.] fehlt).
Inhaltsangabe: Rogge, Herrschaftsweitergabe, S. 283f.
[1.] Auf dem reichstag zu Augspurg auf die fasten Ao. etc. decimo ist mein gn. H. [Hg. Georg von Sachsen] bey seinen vettern [Kf. Friedrich und Hg. Johann von Sachsen] im closter zu Unser Lb. Frauen brüder [= Karmeliterkloster] gewest und irer beyderseits gebrechen halben anregens getan, wie dieselbig meynung hiernach verzeichent steht2:
[2.] Wir haben es allewege vor gut angesehen, das nichts erlichers, nützlichers [und] unsern landen und leuten bessers were, denn das wir in allem oblygen vor einen man stunden. Wir haben es auch in allen vorfallenden hendeln fleyssig gesucht, es ist aber, in der hessischen sachen mit uns vor eynen man zu stehen ader zu handeln, ganz abegeslagen umb ursach willen der irrigen sachen, so zwischen uns swebten. Im handel sey es auch bezeigt, dann sein lieb und seiner lieb bruder haben unsern bruder Hg. Heinrichen an sich gefast, und sobalde wir gleych nicht verfolget irem besließ, do haben sie sich von uns gesundert. Und also durch dise unschickliche handlung, die wir unsernthalben dargeflossen wollen achten, so hat dozumal dise sach ungeendet mussen bleyben, wie sie noch steht. Daraus wir nicht anders haben abnemen konnen, denn das ire lieben alle einen sunderlichen vorteyl vor uns gesucht ader gewost, darzu sie uns nicht haben wollen komen lassen. Ader müste der unwill so groß sein, den ire lieben gegen uns gefast, das sie auch unser beywesen ader handlung nicht hetten leyden mögen? Den unwillen abzuwenden, hetten wir möglichen vleys mit erbietung, wie wir mit iren lieben entlich vertragen müsten werden, iren lieben furgeslagen, es hat aber sein entschaft nicht erraycht.
[3.] Der erfurtisch handel were auch vorgefallen. In dem vor einen man mit iren lieben, indem das uns semptlich betrifft, zu stehn wir nye geweygert. Auch wo es ire lieben alleyn antreffe, so wolten wir dennoch mit rat und beystand von iren lieben nicht setzen, also doch, das es in allen fellen geschehe, denn was vorteyls ire lieben gehabt, in der hessischen sachen von uns zu stellen, das wüsten wir nicht. Aber was vorteyls uns in der erfurtischen sachen begegnen mochte, wolten wir iren lieben nicht vorhalten: Uns gelanget an, ire lieben hetten in langer arbeyt gestanden, des Bf. [von Mainz] gerechtigkeit an sich zu bringen hinder uns. Aus diser vorbitterung, so itzund zwüschen seiner lieb und dem Bf. ist, wolten wir ime wol neher sein.
Die erfurtischen lehen, so uns ire lieben lang vorgehalten, verhofften wir itzund vom neuen rat wol zu bekomen.
Wir vorhofften auch, durch disen handel unsern sone [Hg. Johann] zu provisor auf dem Eysfelt [= Eichsfeld] zu machen.
Wir verhofften, die lehen, so dem jungen Landgf. [Philipp] zu Hessen vom stift [= Erzstift Mainz] zustehen, semptlich zu erlangen.
Wir verhofften, so etwas unfreuntlichs solte furgenomen werden, das die von Erfurt uns ein gute pastey sein solten.
Dieweyl ire lieben den Bf. von Meyssen kegen uns in allen widerwertigkeiten zu schützen gedechten, sich auch understanden hetten, unsern bruder Hg. Heinrichen auf ire seyten zu ziehen, ime wider uns beystendig zu sein etc., solte uns darkegen der Bf. zu Meinz auch wol furzubehalten sein, in hoffnunge, das wir noch wol einen finden wolten, der sich mit unserm bruder Hg. Heinrichen vorgleycht.
[4.] Umb diser und mehrer ursach willen mochte uns wol furfallen, uns mit iren lieben zu sundern, und sunderlich, dieweyl kgl. [recte: ksl.] Mt. hirinne ein sunderung macht. Aber die lieb, die wir zum haus zu Sachsen tragen, hette uns noch darinne aufgehalten, das wir in dem alleyn nichts gehandelt ader getan. Wo auch ire lieben wege suchten, domit die ursach unsers scheydens, als [= nämlich] die irrigen artikel, entlich müsten hyngelegt werden, und ire lieben in allen erlichen sachen mit uns vor einen man stehn wolten, so gedechten wir uns keinen nutz zu bewegen lassen, von iren lieben zu stellen, es treffe leyb ader gut an, doch das es uns wider geschehe. Were aber ir gemüte anders, so konten sie betrachten, das wir uns das beste auch schuldig wern. Hiraus ire lieben ermessen konten unser gemüte und meynunge. Wir meynten es nicht anders dann fruntlich und als derjenig, der gerne wolte, das es gleych zugienge, dem haus zu Sachsen zu ere und nutz, mit weyter anzeygunge, ob in disem unserm antragen ichts unschicklichs furbracht, das iren lieben verdrieslich und beschwerlich were, das es ire lieben nicht anders denn fruntlich und das es aus treuem herzen geschehen, wolten vormerken. Dann wo unser gemüte anders were, wolten wir vil lieber disen handel heymlich bey uns enthalden dann uns desselbigen unsers gemüte also offentlich gegen iren lieben zu emplossen.
[5.] Ire lieben hetten es nu vor ine. Und wo ire lieben das auch bedechten und zu tun geneigt, so were dennoch not, darauf zu trachten, wie man bey ksl. Mt. solch mandat und anders, dem haus zu Sachsen abtreglich, vorkomen mochte. Des solte unsernthalben nicht mangeln.